Tarifvertrag

Gewerbe:
Öffentlicher Dienst
Branche
Öffentlicher Dienst
Datum:
12.10.2006
Schlagworte
  • Krankenhäuser
  • Tarifvertrag
  • Zukunftssicherung

Tarifvertrag zur Zukunftssicherung der Krankenhäuser der Länder

Tarifvertrag
zur Zukunftssicherung
der Krankenhäuser der Länder
(TV-ZUSI-L)
vom 12. Oktober 2006
Zwischen
der Tarifgemeinschaft deutscher Länder,
vertreten durch den Vorsitzenden des Vorstandes,
einerseits
und
…..
andererseits
wird Folgendes vereinbart:
2
Präambel
1
Die Umstrukturierung des Gesundheitswesens erfordert von den Krankenhäusern,
dass sie sich in der Konvergenzphase bis 2009 an die neuen Bedingungen anpassen,
um ihre wirtschaftliche Handlungsfähigkeit zu erhalten bzw. zu verbessern.
2
Durch die
Änderung der Finanzierung und die erforderliche Umstrukturierung können sich wirt-
schaftliche Probleme für Krankenhäuser ergeben, die dazu führen können, dass die
Krankenhäuser die erforderlichen Investitionen nicht vornehmen können.
3
Es besteht
dadurch die Gefahr, dass die Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft ihre Aufgabe
bei der Versorgung der Bevölkerung nicht mehr erfüllen können.
4
Öffentliche Kranken-
häuser müssen auch künftig eine wichtige Rolle im Gesundheitswesen spielen.
5
Zur
Sicherung und zum Erhalt öffentlicher Krankenhäuser und ihrer Tarifbindung im TV-L
sollen im Einzelfall abweichende Regelungen vom TV-L auf der Grundlage eines Zu-
kunftskonzepts möglich sein.
Abschnitt I
Geltungsbereich/Anwendungsbereich
§ 1
Geltungsbereich
1
Dieser Tarifvertrag gilt für Beschäftigte, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, auf das
der TV-L und die den TV-L ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge Anwendung
finden und die in einem Krankenhaus beschäftigt sind, das in seinen Einrichtungen oder
Tochtergesellschaften Leistungen nach dem SGB V erbringt.
2
Dieser Tarifvertrag gilt für Arbeitgeber, die Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher
Länder (TdL) oder eines Mitgliedverbandes der TdL sind.
3
Ausgenommen sind Auszubildende, Schülerinnen und Schüler nach dem Krankenpfle-
ge-, Hebammen- oder Altenpflegegesetz sowie befristet Beschäftigte, die erstmalig in
einem befristeten Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund mit einer Gesamtdauer bis zu zwei
Jahren bei demselben Arbeitgeber stehen.
4
Psychiatrische Fachkrankenhäuser, ihre Einrichtungen und Tochtergesellschaften sind
von diesem Tarifvertrag ausgenommen, solange sie nicht unter die Regelungen des 2.
Fallpauschalenänderungsgesetzes oder einer entsprechenden Regelung fallen.
§ 2
Anwendungsvereinbarung
1
Für die Zeit der Konvergenzphase nach dem 2. Fallpauschalenänderungsgesetz kann
zur wirtschaftlichen Zukunftssicherung eines Krankenhauses im Interesse der Träger
und zur Sicherung von Arbeitsplätzen für die Beschäftigten von den Regelungen des
TV-L und den diesen ergänzenden Tarifverträgen durch landesbezirkliche Anwen-
dungsvereinbarung (AWV) zeitlich befristet im Rahmen dieses Tarifvertrages abgewi-
chen werden.
2
Die Anwendungsvereinbarung wird wirksam, wenn sie von den Tarifver-
tragsparteien und dem Arbeitgeber unterschrieben ist.
3
3
Die Tarifvertragsparteien erwarten,
- dass sich auch das Land als Träger für die Dauer der Laufzeit der Anwendungs-
vereinbarung zu seinem Krankenhaus bekennt und
- die Bindung zum Tarifrecht der TdL sicherstellt, sowie
- die Beiträge der Beschäftigten nicht zum Anlass für eine Kürzung von geleisteten
Eigenanteilen und/oder Betriebskostenzuschüssen nimmt und
- ferner sicherstellt, dass eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung möglich ist.
Abschnitt II
Besondere Regelungen
§ 3
Voraussetzungen
1
In einer Anwendungsvereinbarung kann zur Sicherung der wirtschaftlichen Zukunftsfä-
higkeit des Krankenhauses ein Beitrag der Beschäftigten im Interesse des Krankenhau-
ses vereinbart werden.
2
Voraussetzung ist, dass
a) die Geschäfts- und Vermögensverhältnisse durch testierte Jahresabschlüsse of-
fen gelegt werden und
b) ein nachvollziehbares Konzept zur wirtschaftlichen Entwicklung des Betriebes
vorliegt, das auch Möglichkeiten nach dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz
zu einer umfassenden Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in der Region
vorsieht.
§ 4
Maßnahmen zur wirtschaftlichen Stärkung des Krankenhauses
und zur Sicherung von Beschäftigung
1
Der Beitrag der Beschäftigten kann darin bestehen, dass
a) künftige tarifliche Ansprüche in Genussrechte im Interesse des Krankenhauses
umgewandelt werden,
b) eine Reduzierung tariflicher Ansprüche vereinbart wird.
2
Eine Kombination der Maßnahmen nach den Buchstaben a und b ist zulässig.
§ 5
Höhe des Beschäftigtenbeitrags und des Arbeitgeberzuschusses
1
Die Summe der Beiträge der Beschäftigten kann bis zu 10 v.H. des Jahresbruttoein-
kommens betragen.
2
Aus welchen Bestandteilen nach § 4 sich der Beschäftigtenbeitrag
zusammensetzt, wird in der Anwendungsvereinbarung festgelegt.
3
Er kann z. B. aus der
Jahressonderzahlung, den leistungsbezogenen Entgeltbestandteilen oder dem monatli-
chen Entgelt erbracht werden.
4
4
Beschäftigtenbeiträge nach § 4 Satz 1 Buchstabe b können bis zu 6 v.H. des Jahres-
bruttoeinkommens betragen.
5
Sind abweichende landesbezirkliche Regelungen zur Höhe des Entgelts bei Beschäf-
nen Beschäftigten nur zu einem Beitrag nach § 4 herangezogen werden, wenn die in
Satz 1 und 4 vorgesehenen Grenzen nicht bereits mit einer solchen landesbezirklichen
Regelung erreicht sind.
6
Das im TV-L für die landesbezirklichen Öffnungen vorgesehe-
ne Mindestentgelt darf nicht unterschritten werden.
7
Bei Beiträgen nach § 4 Satz 1 Buchstabe a kann in der Anwendungsvereinbarung ein
Zuschuss des Arbeitgebers in den Grenzen des § 19a Einkommensteuergesetz verein-
bart werden.
8
In der Anwendungsvereinbarung werden die Einzelheiten zum Beitrag der Beschäftig-
ten einschließlich etwaiger Bedingungen und Ansprüche geregelt.
9
In der Anwendungs-
vereinbarung werden Regelungen zur Information der Beschäftigten über die wirtschaft-
liche Entwicklung des Krankenhauses und gegebenenfalls über Beteiligungsformen
(z. B. Gemeinsamer Ausschuss für die Aufgaben der Zukunftssicherung) getroffen.
§ 6
Ausgestaltung des Genussrechts nach § 4 Satz 1 Buchstabe a
in der Anwendungsvereinbarung
Die Genussrechte der Beschäftigten sind in der Anwendungsvereinbarung unter Be-
rücksichtigung der folgenden Mindestvorgaben auszugestalten:
1. Begründung der Genussrechte.
2. Inhalt der Genussrechte.
3. Ausgestaltung der ausgegebenen Genussrechte als Eigenkapital im Sinne des
HGB, indem sie auf unbegrenzte Zeit ausgegeben werden. Sowohl das die Genuss-
rechte ausgebende Krankenhaus als auch die Genussrechtsinhaber sind frühestens
sechs Jahre nach Ausgabe der Genussrechte berechtigt, die Genussrechte zu kün-
digen.
4. Festlegung einer Sperrfrist von sechs Jahren. Für die Sperrfrist soll ein grundsätzli-
ches Verfügungsverbot der Beschäftigten über die Genussrechte bestehen.
5. Vergütung für die Kapitalüberlassung.
6. Informationsrechte und Beteiligungsformen.
7. Ein Rückzahlungsanspruch in der Insolvenz oder im Liquidationsfall ist nachrangig.
8. Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverhältnissen, deren Restlaufzeit zum Zeitpunkt
des Inkrafttretens weniger als ein Jahr beträgt, sind von den Regelungen der Ge-
nussrechte auszunehmen.
5
§ 7
Ausgestaltung der Reduzierung tariflicher Ansprüche
nach § 4 Satz 1 Buchstabe b
1
Die Reduzierung tarifvertraglicher Ansprüche ist im Einzelnen in der Anwendungsver-
einbarung auszugestalten.
2
Sie kann auch in einer Veränderung der Fälligkeit von An-
sprüchen bestehen.
§ 8
Beschäftigungssicherung
1
Soweit ein Beitrag der Beschäftigten nach § 4 Satz 1 Buchstabe b vereinbart wird, sind
betriebsbedingte Beendigungskündigungen für die Dauer der Laufzeit der Anwen-
dungsvereinbarung auszuschließen.
2
Soweit ausschließlich ein Beitrag der Beschäftigten nach § 4 Satz 1 Buchstabe a ver-
einbart wird, können in der Anwendungsvereinbarung Maßnahmen zur Beschäftigungs-
sicherung für die Dauer der Laufzeit der Anwendungsvereinbarung festgelegt werden.
3
Während der Laufzeit der Anwendungsvereinbarung dürfen keine Neu-, Um- oder
Ausgründungen mit dem Ziel der Anwendung eines anderen als des in § 1 genannten
Tarifrechts vorgenommen werden, es sei denn, sie sind Bestandteil der Vereinbarung in
der Anwendungsvereinbarung oder die neue Gesellschaft wird tarifgebundenes Mitglied
in einem Mitgliedverband der TdL.
4
Dies beinhaltet während der Laufzeit der Anwendungsvereinbarung auch den Verzicht
auf Einstellung zu Lasten des tarifgebundenen Personalbestandes bei einer nicht an
das Tarifrecht der TdL gebundenen Einrichtung oder Tochtergesellschaft des Kranken-
hauses, sofern nicht zum 1. Mai 2006 bereits eine vertragliche Verpflichtung gegenüber
einem Dritten zur Einstellung bei einer Tochtergesellschaft bestand.
Abschnitt III
In-Kraft-Treten, Laufzeit und Nachwirkung
§ 9
In-Kraft-Treten
Dieser Tarifvertrag tritt am 1. November 2006 in Kraft.
§ 10
Kündigung und Nachwirkung
1
Dieser Tarifvertrag endet am 31. Dezember 2009.
2
Er kann frühestens zum 31. De-
zember 2007 mit einer Frist von drei Monaten zum Quartalsende schriftlich gekündigt
werden.
3
Die Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 Tarifvertragsgesetz ist ausgeschlossen.
4
Bestehende Anwendungsvereinbarungen gelten für den vereinbarten Zeitraum weiter;
längstens jedoch bis 31. Dezember 2015.
6
5
Die Tarifvertragsparteien verpflichten sich zur Verhandlungsaufnahme ab Juni 2009,
wenn eine der vertragsschließenden Parteien dies zuvor schriftlich verlangt.
6
Die Ver-
handlungen sind spätestens sechs Wochen nach Eingang der schriftlichen Aufforde-
rung aufzunehmen.
Berlin, den 12. Oktober 2006
Für die Tarifgemeinschaft deutscher Länder
Der Vorsitzende des Vorstandes