Rechtsanwalt Mathias Münch

BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN
10117, Berlin
Rechtsgebiete
Immobilien, Baurecht, Architektenrecht Wohnungseigentumsrecht Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht
30.09.2015

Umlaufbeschluss – nur wenn alle Eigentümer schriftlich zustimmen!

Umlaufbeschluss – nur wenn alle Eigentümer schriftlich zustimmen!Ein schriftlicher Beschluss der Wohnungseigentümer im Umlaufverfahren kommt nur zustande, wenn alle Eigentümer der Beschlussfassung und der Beschlussvorlage schriftlich zustimmen. Verweigern einzelne Eigentümer die schriftliche Zustimmung, so muss die strittige Frage in einer Eigentümerversammlung geklärt werden.

Das entschied das LG München I in zweiter Instanz (LG München I, Urt. v. 20.4.2015 – 1 S 12462/14 WEG). Eigentlich ist das eine Selbstverständlichkeit, denn so ähnlich steht es im Gesetz (§ 23 Abs. 3 WEG). Was war also passiert?

Bauliche Veränderung: alle nachteilig Betroffenen müssen zustimmen

In einer Eigentümergemeinschaft hatten alle Eigentümer eine Garage auf dem Grundstück zur Verfügung, bis auf eine Familie mit einem behinderten Sohn. Diese wollte ebenfalls eine Garage errichten und dazu die Zustimmung der Eigentümer einholen, und zwar außerhalb einer Eigentümerversammlung im schriftlichen Umlaufverfahren. Als ein Eigentümer, dem ein Sondernutzungsrecht an dem Bauplatz zustand, sich weigerte, klagte die betroffene Familie gegen den unwilligen Miteigentümer auf schriftliche Zustimmung – und verlor die Klage! Die Kläger hatten nicht den richtigen Weg eingehalten, entschieden das Amts- und das Landgericht. Der Bau einer Garage auf dem gemeinschaftlichen Grundstück ist zweifellos eine bauliche Veränderung nach § 22 Abs. 1 WEG. Solche baulichen Veränderungen können nur beschlossen werden, wenn alle Eigentümer zustimmen, die einen „über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus“ gehenden Nachteil erleiden. Ein solcher Nachteil kann durchaus darin liegen, dass die Garage auf einem Grundstücksstreifen errichtet werden soll, an dem ein anderer ein Sondernutzungsrecht hat.

Schriftlicher Umlaufbeschluss oder Abstimmung in der Eigentümerversammlung

Die Beschlussfassung kann auch schriftlich erfolgen, wenn alle Eigentümer zustimmen, so § 23 Abs. 3 WEG. Es genügt sogar, wenn die in der Eigentümerversammlung Anwesenden zustimmen und die Zustimmung der Nichterschienenen nachträglich schriftlich eingeholt wird. Irgendwelche unverbindlichen schriftlichen Äußerungen zu der geplanten Baumaßnahme reichen aber nicht: Die Eigentümer sollen wissen, dass sie einem Umlaufbeschluss verbindlich zustimmen. Scheitert das Umlaufverfahren, weil ein oder mehrere Eigentümer nicht zustimmen, so kann die Zustimmung nicht durch ein Gericht ersetzt werden. Vorrang vor dem schriftlichen Umlaufverfahren hat nämlich die mündliche Erörterung und Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung. Damit soll den Eigentümern die Möglichkeit gegeben werden, sich zu informieren und gemeinsam ihren Willen zu bilden. Sie sollen nicht gerichtlich – auf ihre Kosten! – gezwungen werden können, einer Beschlussvorlage, über die sie sich nicht ausreichend informiert fühlen, zuzustimmen. Auch wenn Eigentümer, etwa aufgrund einer Behinderung, auf die bauliche Änderung angewiesen sind, ist die Eigentümerversammlung der richtige Ort hierfür.

Verwalter setzt Beschlussvorlage auf die Tagesordnung

Verwaltern ist zu raten, die Eigentümer über bauliche Maßnahmen ausreichend zu informieren und anstehende Maßnahmen jeweils auf die Tagesordnung der nächsten Versammlung zu setzen. Eigentümer können zwar ein Umlaufverfahren initiieren, bei dessen Scheitern gehört das Thema aber auf die Tagesordnung der Eigentümerversammlung. Eigentümern ist zu raten, mit ihrem Anspruch auf bauliche Veränderungen jeweils den sichersten Weg zu wählen. Der besteht nicht darin, einzelne Eigentümer auf Zustimmung zu einem schriftlichen Beschluss zu verklagen, sondern den Verwalter anzuhalten, die Beschlussvorlage auf die nächste Tagesordnung zu setzen. Notfalls muss eine außerordentliche Versammlung einberufen werden. Gegen einen ablehnenden Beschluss der Eigentümerversammlung ist innerhalb der Monatsfrist die Anfechtungsklage möglich.

Rechtsanwalt Mathias Münch
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht
BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN, Berlin

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Quelle des Artikelbildes: © S. Hofschlaeger / pixelio.de

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