Rechtsanwalt Mathias Münch

BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN
10117, Berlin
Rechtsgebiete
Immobilien, Baurecht, Architektenrecht Wohnungseigentumsrecht Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht
23.04.2015

BGH zur Freigabe einer Gewährleistungsbürgschaft

BGH zur Freigabe einer GewährleistungsbürgschaftKann der Auftraggeber keine Gewährleistungsrechte mehr durchsetzen, so hat er die Bürgschaft nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Frist zurückzugeben. Bestehen Mängelrechte teilweise nicht mehr, ist die Bürgschaft „insoweit“ freizugeben („Teilenthaftung“).

BGH, Urteil vom 26.3.2015 – VII ZR 92/14

Der Kläger war ein Generalunternehmer, der für den Beklagten ein Logistikzentrum errichtet hatte. Der Bauherr hatte sich für die Zeit bis zur Fertigstellung und Abnahme der Bauleistung als Sicherheit eine Vertragserfüllungsbürgschaft und für die Gewährleistungsfrist eine Gewährleistungsbürgschaft ausbedungen. Die Gewährleistungsfrist, also die Zeit, nach deren Ablauf Mängelrechte verjähren, war auf 5 Jahre vereinbart. Nach Ablauf von 5 Jahren prozessierten die Parteien noch rund weitere 5 Jahre. Die in dieser Zeit von dem Generalunternehmer für die Bürgschaft an die Bank gezahlten Avalzinsen verlangte dieser als Schadensersatz von dem Bauherrn. Zu Recht, entschieden das OLG Frankfurt (Urt. v. 19.2.2014 – 4 U 252/12) und der Bundesgerichtshof (Urt. v. 26.3.2015 – VII ZR 92/14).

Bauherrn sollten Vertragserfüllungsbürgschaft und Gewährleistungssicherheit vereinbaren

Das Gesetz sieht für den Bauherrn keine Sicherheiten vor, insbesondere keine Vorauszahlungs-, Vertragserfüllungs- oder Gewährleistungsbürgschaft. Für Bauunternehmer kennt das Gesetz dagegen ausdrücklich verschiedene Sicherungsmöglichkeiten: Die Sicherheitshypothek nach § 648 BGB und die Bauhandwerkersicherung nach § 648a BGB. Bauherrn bzw. Auftraggeber tun deshalb gut daran, im Bauvertrag das Insolvenzrisiko des Bauunternehmers abzusichern – zumeist durch Sicherungseinbehalt von Akonto- und Schlussrechnungen oder durch Bankbürgschaft. Da solche Bürgschaften nicht gesetzlich geregelt sind, bestehen auch keine Vorschriften für die Rückgabe einer solchen Bürgschaft. Der BGH meint aber, der Auftraggeber muss die Sicherheit zurückgeben, wenn sie nicht mehr benötigt wird, weil die Gewährleistungsfrist abgelaufen ist und Gewährleistungsrechte nicht mehr geltend gemacht werden können.

Bürgschaft teilweise freigeben werden, soweit Sicherungszweck nicht mehr besteht

Dasselbe gilt nach dem Urteil des BGH vom 26.3.2015 auch für den teilweisen Wegfall des Sicherungszwecks: Nach Ablauf der Gewährleistungsfrist muss die Bürgschaft insoweit freigegeben werden, als zu diesem Zeitpunkt keine durchsetzbaren Gewährleistungsansprüche mehr bestehen, so der BGH. Die Gewährleistungsbürgschaft soll das Risiko absichern, dass der Auftraggeber Mängelrechten auch dann durchsetzen kann, wenn der Bauherr nicht mehr leistungsfähig oder leistungswillig ist. Behält der Auftraggeber nach Ablauf der Gewährleistungsfrist die Bürgschaft und wird erst später rechtskräftig entschieden, dass dem Auftraggeber Gewährleistung gar nicht in der geltend gemachten Höhe zustand, dann stand ihm auch nicht die Bürgschaft in der entsprechenden Höhe zu; die Gewährleistungsbürgschaft sichert nicht die das „Fehleinschätzungsrisiko“ des Auftraggebers ab.

AGB-Klausel ist unwirksam, wenn sie keine Teilenthaftung vorsieht

Mit anderen, untechnischen Worten: Über das Ende der Gewährleistungfrist hinaus darf der Auftraggeber nur so viel Sicherheit behalten, wie ihm Gewährleistung zusteht. Sichert die Bürgschaft einen höheren Betrag, muss er die Bürgschaft teilweise freigeben. Unwirksam ist dabei folgende AGB-Klausel: „Die Bürgschaft ist zurückzugeben, wenn alle unter die Gewährleistungsfrist fallenden Gewährleistungsansprüche nicht mehr geltend gemacht werden können, frühestens fünf Jahre nach erfolgter förmlicher Schlussabnahme…“. Denn diese Klausel bedeutet, dass der Auftraggeber die gesamte Bürgschaft behalten darf und nicht teilweise freigeben muss, wenn sein Gewährleistungsanspruch geringer ist als die Bürgschaftssumme. Das stellt eine unangemessene Benachteiligung dar, entschied der BGH.

Bauherrn und Bauunternehmer sollten das Thema Sicherheiten am Bau sehr ernst und bei der Vertragsgestaltung fachanwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Rechtsanwalt Mathias Münch
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht
BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN, Berlin

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Quelle des Artikelbildes: © Maik Schwertle / pixelio.de

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