Rechtsanwalt Mathias Münch

BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN
10117, Berlin
Rechtsgebiete
Immobilien, Baurecht, Architektenrecht Wohnungseigentumsrecht Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht
21.05.2015

„Wer bestellt, der zahlt“ – aber was sind Aufträge?

„Wer bestellt, der zahlt“ – aber was sind Aufträge?

Mietmakler auf der Suche nach Umwegen

„Wer bestellt, der zahlt“, lautet das Motto, das dem neuen Recht der Mietmakler zugrunde liegt. Das „Bestellerprinzip“ kommt, wohl am 1. Juni 2015. Dann könnte das Mietrechtsnovellierungsgesetz in Kraft treten, das im März verabschiedet wurde. Anders als die „Mietpreisbremse“, die erst nach dem Erlass entsprechender Landesverordnungen gelten wird, greift das neue Maklerrecht sofort. Makler, die Wohnungen zur Miete vermitteln, suchen fieberhaft nach Wegen, trotz des Bestellerprinzips weiter Geld zu verdienen, sei es durch neue Angebote für Vermieter, Niedrigpreise oder mehr oder weniger legale Umgehungen des Gesetzes. Fein raus sind Finanzmakler und Immobilienmakler, die Grundstückskäufe vermitteln: Für sie wird kein Bestellerprinzip eingeführt.

Dem Maklerrecht widmet das BGB nur knappe Regelungen. Eine Maklerprovision muss gezahlt werden, wenn ein Vertrag aufgrund der Tätigkeit des Maklers zustande kommt und der Kunde dem Makler die Provision zugesichert hatte. Wenn es um Wohnungsmietverträge geht, gilt das Wohnungsvermittlungsgesetz, in das nun das „Bestellerprinzip“ integriert wird. Die Regel soll sein, dass der Mietinteressent keine Provision zahlen muss, da der Makler zumeist vom Vermieter beauftragt wird. Der Mieter wird nur im Ausnahmefall provisionspflichtig, nämlich wenn er den Makler beauftragt, eine passende Wohnung zu suchen, und der Makler „ausschließlich“ wegen dieses Suchauftrages vom Vermieter mit der Vermarktung der konkreten Wohnung beauftragt wurde.

Genau in diesem „ausschließlich“ liegt der Haken: Hat der Vermieter die Wohnung einmal in seinem Bestand, so gilt sie anderen Mietinteressenten gegenüber nicht mehr als ausschließlich wegen ihrer konkreten Anfrage angeboten. Wenn der erste Interessent die Wohnung nicht anmietet, den Mietvertrag widerruft oder kündigt, ist sie für den Makler „verbrannt“: Greift erst der zweite Interessent zu, fällt die Maklerprovision weg. Noch gravierender liegt der Fall, wenn sich zwei Mietinteressenten mit ähnlichen Vorstellungen an den Makler wenden und er beiden dieselbe Wohnung anbietet. Da der Makler die Wohnung nicht ausschließlich wegen eines der beiden Suchaufträge vom Vermieter an die Hand bekommen hat, muss keiner von beiden Provision bezahlen, wenn ein Mietvertrag zustande kommt.

Das ist ein Problem. Denn das Prinzip „Wer bestellt, der zahlt“ suggeriert, dass der Vermieter eine reale Chance hat, für seine Leistung vom Mieter bezahlt zu werden, und zwar dann, wenn der Mieter den Makler mit der Wohnungssuche beauftragt hat. Der Gesetzeswortlaut spricht jedoch eine andere Sprache. Wenn eine einmal angebotene Wohnung für den Makler wertlos wird, weil er von keinem weiteren Mietinteressenten mehr eine Provision verlangen kann, zahlt der Mieter als „Besteller“ am Ende eben doch nicht. Der Mainzer Staatsrechtsprofessor und Verfassungsrichter Friedhelm Hufen hält das Gesetz für verfassungswidrig. Der Immobilienverband Deutschland (IVD) hat bereits Klage vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt, gestützt auf ein Rechtsgutachten von Hufen. Bis zu einem Gerichtsentscheid kann viel Zeit vergehen, einstweilen müssen Mietmakler mit dem neuen Gesetz umgehen. Klar ist, dass Wohnungen im Bestand der Makler, die öffentlich angeboten werden, für den Mietinteressenten nicht mehr provisionspflichtig sein werden. Zulässig könnte aber sein, dass Makler Lockangebote inserieren und dem Mietinteressenten dann anbieten, für ihn eine solche Wohnung zu suchen. Wird der Makler fündig und schließt der Interessent den Mietvertrag, so ist die Provision verdient.

Ob sich Vermieteraufträge zurückgeben lassen?

Diskutiert werden allerhand Umgehungen des Gesetzes. Nach Recherchen des ARD-Magazins Panorama plant ein Hamburger Maklerbüro, dass Vermieter ihre Wohnungen auf einer Homepage registrieren, die nur Makler finden. Aber auch dann ist die Wohnung „verbrannt“, sobald sie einem Interessenten angeboten wurde. Eine andere Idee: Makler könnten Datenbanken mit freien Mietwohnungen anlegen, ohne bereits einen konkreten Auftrag zur Vermietung zu besitzen. Dann wäre die Wohnung nicht bereits verloren, wenn der erste Interessent keinen Mietvertrag unterschreibt. So leicht wird sich das Gesetz aber nicht umgehen lassen, denn das Wohnungsvermittlungsgesetz verbietet es, Wohnungen ohne Auftrag des Vermieters anzubieten. Ob es möglich sein wird, Vermieteraufträge „zurückzugeben“ und sich später neu erteilen zu lassen, wird die Rechtsprechung zu entscheiden haben. Zweifelhaft ist auch, ob der „Auftrag“ des Vermieters auch nur bezogen auf einen einzelnen Interessenten erteilt werden kann und der Makler auf diese Weise mit einer Wohnung mehrfach neu beauftragt werden kann. Wenig Erfolg verspricht das Geschäft mit Abstandszahlungen für Einbauten. Anstelle der Maklerprovision müssten Mietinteressenten eine Zahlung, z.B. für die Einbauküche leisten. Das Problem: Die Küche ginge dann in das Eigentum des Mieters über und könnte bei Mietende entfernt werden. Zweimal funktioniert der Trick mit dem Abstand deshalb also nicht.

Wenn tatsächlich der Vermieter den Makler bezahlen muss, erhöhen sich seine Kosten, die er als ordentlicher Kaufmann auf seine Preise umlegen wird. Eine Umlage der Maklerprovision als Betriebskosten ist nicht möglich, sie könnte aber in die Miethöhe eingepreist werden. Die „Mietpreisbremse“ wird dabei kaum als Hindernis gesehen. Nach einer Erhebung des Eigentümerverbandes Haus & Grund erhöhen 48 Prozent der privaten Vermieter die Miete nach Vertragsschluss nicht mehr. Bei Neuvermietungen liegt die Miete im Durchschnitt weniger als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Wenn Vermieter dieses Potential ausnutzen, könnte das Bestellerprinzip letztlich sogar die Mietpreise treiben.

Rechtsanwalt Mathias Münch, BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN, Berlin

Veröffentlicht in: Der Tagesspiegel v. 11.4.2015, I4

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