martina heck

04.08.2015

Das Diktiergerät des Porsche-Fahrers als Fahrtenbuch

Die mittels eines Diktiergerätes aufgenommenen Daten über betrieblich bedingte Fahrten, die im Anschluß in eine Excel-Datei übertragen werden, erfüllen nach Auffassung des Finanzgerichts Köln nicht die Anforderungen an ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch.

Anlaß für die Entscheidung war ein Fall, in dem zwischen dem Kläger und dem Finanzamt streitig war, wie der geldwerte Vorteil aus der Überlassung eines Pkw durch den Arbeitgeber des Klägers bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zu bewerten ist, insbesondere ob das vom Kläger geführte elektronische Fahrtenbuch steuerlich anzuerkennen ist.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Steuerberater. Sein Arbeitgeber stellte ihm einen Firmenwagen (Porsche Carrera) zur Verfügung, den der Kläger auch privat nutzen durfte.

Im Rahmen einer Lohnsteuer–Außenprüfung beim Arbeitgeber des Klägers wurde festgestellt, dass der Kläger das Fahrtenbuch in Form eines Diktiergeräts führt. Dabei geht der Kläger, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, wie folgt vor: Er diktiert zu Beginn einer Fahrt den Zweck der Fahrt, das Datum und den km-Stand. Unterwegs diktiert er besondere Vorkommnisse (z.B. Staus oder Straßensperrungen, Umleitungen) und am Ende wiederum den km-Stand. Während der Eingaben läuft das Radio, nach Angaben des Klägers, um seine Angaben zu untermauern. Die Ansagen auf dem Band werden von seiner Sekretärin im Durchschnitt zweimal wöchentlich in Excel–Dateien übertragen. Die Blätter werden aufbewahrt und am Jahresende jeweils gebunden. Auf die zu den Akten gereichten Ausdrucke wird Bezug genommen. Die Bänder werden ebenfalls aufbewahrt und nicht überspielt.

Das beklagte Finanzamt erkannte das Fahrtenbuch nicht an und ermittelte den geldwerten Vorteil nach der sog. 1%-Regelung.

Das Finanzamt argumentierte, eine mithilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei genüge den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nur dann, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen seien oder zumindest in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offen gelegt würden. Das von dem Kläger in Form von Aufnahmen auf einem Diktiergerät und anschließender Übertragung in Excel–Tabellen geführte Fahrtenbuch stelle kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch dar. Sowohl bei den Aufnahmen auf dem Diktiergerät als auch bei den schriftlichen Dokumentationen könnten nachträgliche Veränderungen nicht ausgeschlossen werden. Außerdem seien die Aufzeichnungen nicht mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar. Eine Überprüfung durch Abgleich der Ansagen auf den Bändern mit der Geräuschkulisse im Radio sei äußerst schwierig bis unmöglich und übersteige bei weitem eine Überprüfung mit vertretbarem Aufwand.

Der Kläger hingegen vertrat die Auffassung, die Bänder nicht manipulierbar. Es sei absolut nicht möglich, auch nur einen Satz zu löschen, ohne dass man es nicht merken würde. Die schriftlichen Dokumentationen seien Ausfluss der besprochenen Bänder und insoweit ebenfalls nicht änderbar. Eine weitere Dokumentation der Gewissenhaftigkeit der Bandaufzeichnung könne anhand seines Terminkalenders nachvollzogen werden.

Das Finanzgericht Köln urteilte nun, dass das beklagte Finanzamt zu Recht das Fahrtenbuch nicht anerkannt und den geldwerten Vorteil nach der sog. 1%-Regelung berechnet hat.

Ist wegen der Befugnis, einen Dienstwagen auch privat zu nutzen, ein geldwerter Vorteil anzusetzen, so ist dessen Höhe nach der 1%-Regelung zu bewerten, sofern nicht das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen wird, § 8 Abs. 2 S. 2 bis 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG.

Der Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Aus dem Wortlaut und aus dem Sinn und Zweck der Regelung folgt allerdings, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils (Privatfahrten einschließlich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Dazu gehört auch, dass das Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt worden ist. Eine mithilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei genügt diesen Anforderungen nur dann, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder zumindest in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offen gelegt werden.

Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen ist das vom Kläger geführte Fahrtenbuch nach Auffassung des Finanzgerichts Köln nicht ordnungsgemäß.

Das Fahrtenbuch, dessen Ordnungsmäßigkeit zu überprüfen ist, sind die einzelnen vom Kläger im Pkw besprochenen Kassetten und nicht die Excel-Tabellen, die von der Sekretärin unter Abschreiben der Bänder erstellt worden sind. Die Excel-Tabellen erfüllen die Anforderungen an ein Fahrtenbuch bereits deshalb nicht, weil sie das ganze Jahr über als lose Blätter gesammelt und erst am Jahresende gebunden werden. Außerdem sind sie jederzeit änderbar.

Die vom Kläger besprochenen Kassetten stellen aus nachfolgenden Gründen kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch dar:

Sie sind, wenn auch unter Umständen mit Schwierigkeiten verbunden, jederzeit änderbar. Die heutigen technischen Möglichkeiten erlauben es, Bänder zu verändern, ohne dass ein Bruch erkennbar ist. Die Hintergrundgeräusche verhindern dies nicht.
Außerdem kann jedes einzelne Band komplett neu besprochen werden.
Die Bänder sind nicht gegen Verlust gesichert.
Hat der Steuerpflichtige versehentlich während der Fahrt ein Band gelöscht und es neu besprochen, ist dies nicht feststellbar.
Es ist nicht mit vertretbarem Aufwand überprüfbar, ob die Bänder „eins zu eins“ in die Excel-Tabellen übertragen wurden. Nach Auffassung des Finanzgerichts Köln ist ein nicht handschriftlich, sondern mithilfe von elektronischen Aufzeichnungen erstelltes Fahrtenbuch nur dann ordnungsgemäß, wenn die elektronische Aufzeichnung unmittelbar ausgedruckt wird.
Ob das Gericht davon überzeugt ist, dass die Bänder und die Excel-Tabellen die Fahrten zutreffend wiedergeben sind, spielt für die (Nicht-)Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuchs keine Rolle, so das Finanzgericht Köln. Deshalb kann eine weitere Überprüfung anhand von Terminkalendern oder Belegen (z.B. Tankquittungen, Reparaturrechnungen) unterbleiben.

Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, welche Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung in den letzten Jahren zu stellen sind.

Finanzgericht Köln, Urteil vom 18.06.2015 – 10 K 33/15