Rechtsanwalt Dipl.-Ing. Jean-Claude Bisenius

75245, Neulingen
Rechtsgebiete
Insolvenzrecht Handelsrecht und Gesellschaftsrecht Internationales Wirtschaftsrecht
22.08.2014

Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren in Baden-Württemberg – Zwischenbilanz der ersten 2 Jahre

Das „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“, kurz „ESUG“, trat als Teil der Insolvenzordnung (InsO) am 01.03.2012 in Kraft. Ziel des ESUG ist es, Unternehmen in Schieflage frühzeitig die eigenständige Sanierung unter Insolvenzschutz zu ermöglichen. Ein ESUG-Verfahren ist eine (vorläufige) Eigenverwaltung oder ein Schutzschirmverfahren. Beiden Varianten gemeinsam ist, dass das Management des Unternehmens das Insolvenzverfahren selbst steuert, in der Regel unterstützt durch einen ESUG-Berater. An die Stelle des Insolvenzverwalters tritt der Sachwalter, der das Verfahren lediglich beaufsichtigt.

bisenius. manage-consult hat jetzt die Anzahl und den Verlauf der ESUG-Fälle im Ländle in den ersten 2 Jahren seit Bestehen des Gesetzes analysiert. Ausgewertet wurden Fälle, bei denen der Insolvenzantrag gemäß § 270a InsO (Eigenverwaltung) bzw. § 270b InsO (Schutzschirmverfahren) im Zeitraum zwischen 01.03.2012 und 28.02.2014 bei einem der 24 Insolvenzgerichte in Baden-Württemberg gestellt wurde.

69 ESUG-Anträge gleichmäßig auf beide Varianten verteilt

Demnach gab es in den ersten zwei Jahren in Baden-Württemberg insgesamt 69 Anträge auf ein ESUG-Verfahren. Diese verteilten sich je zur Hälfte (34 Fälle) auf die vorläufige Eigenverwaltung und auf das Schutzschirmverfahren (35 Fälle).

Für die Analyse stand das Datenmaterial des Insolvenz-Portals www.insolvenz-portal.de zur Verfügung. Das Insolvenz-Portal ist die zentrale Informationsplattform zum Thema “Insolvenzverfahren”. Da das Gesetz keine Veröffentlichung des ESUG-Eröffnungsverfahrens vorsieht, bietet das Insolvenz-Portal den Vorteil, dass zusätzlich zu den reinen gerichtlichen Verfahrensinformationen weitere durch Redakteure recherchierte Inhalte in die Datenbank einfließen. Somit ist gewährleistet, dass die Auswertung nahezu alle ESUG-Verfahren berücksichtigt.

Insolvenzgericht Karlsruhe weit vorne durch einen Sondereffekt

Bei den Insolvenzgerichten liegt Karlsruhe mit 21 Anträgen auf ein ESUG-Verfahren einsam an der Spitze, bedingt im Wesentlichen durch die 16 Anträge nach § 270b InsO der bundesweiten Walter Services Gesellschaften. Es folgen Göppingen mit 9 Anträgen, Stuttgart mit 7 sowie Heidelberg mit 6. Weitere 14 Insolvenzgerichte in Baden-Württemberg verzeichnen 1 – 4 Anträge, die übrigen 6 Gerichte keinen einzigen.

Lediglich 65% der Anträge nach § 270a InsO führten zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung, 6% der Verfahren wurden im Stadium der vorläufigen Eigenverwaltung aufgehoben, während 29% der Anträge in ein Regelinsolvenzverfahren mündeten. Bei den Anträgen nach § 270b InsO war die Erfolgsquote leicht besser: Immerhin 71% der Anträge hatten ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zur Folge, 29% der Verfahren wurden als Regelinsolvenzverfahren abgewickelt.

Nur gut Zweidrittel der Anträge münden in die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung

Die von bisenius. manage-consult ermittelten Zahlen für die ersten 2 Jahre des ESUG in Baden-Württemberg decken sich gut mit den durch Noerr und Roland Berger im kürzeren Zeitraum vom 01.03.2012 bis 21.08.2013 untersuchten bundesweiten 355 Anträgen auf ein ESUG-Verfahren, bei denen 67% als Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet wurden.

Jean-Claude Bisenius, Leiter von bisenius. manage-consult und einer der 5 durch das Deutsche Institut für angewandtes Insolvenzrecht (DIAI) geprüften ESUG-Berater in Baden-Württemberg, kommentierte die Ergebnisse: „Ein ESUG-Verfahren will gut vorbereitet sein. Sonst ist das Scheitern vorprogrammiert. Denn längst nicht jeder Antrag auf Eigenverwaltung oder Schutzschirmverfahren wird vom Gericht genehmigt. Damit das Vorhaben gelingt, stehen wir ESUG-Berater Unternehmen bei der Vorbereitung des Verfahrens zur Seite. Idealerweise geschieht dies frühzeitig, dann wenn noch keine Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags besteht.“

ESUG-Berater klären über die Vorteile von Eigenverwaltung und Schutzschirm auf

Verglichen mit den ca. 4.000 Regelinsolvenzanträgen von Unternehmen in Baden-Württemberg im betrachteten Zweijahreszeitraum bewegt sich die Anzahl der Anträge eines ESUG-Verfahrens lediglich im einstelligen Prozentbereich. Dazu Herr Bisenius: „Bei der Vielzahl der Insolvenzanträge von Unternehmen darf nicht vergessen werden, dass bei etwa der Hälfte der Fälle ein Verfahren mangels Masse abgewiesen und bei der verbleibenden Hälfte ein Großteil der Unternehmen im Zuge des Insolvenzverfahrens liquidiert wird. Dies ist bei ESUG-Verfahren deutlich anders; hier ist das Ziel die Sanierung des Unternehmens mittels Insolvenzplan. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Möglichkeiten des ESUG bei vielen Unternehmern noch unbekannt sind. Darum leisten wir bei bisenius. manage-consult ständig Aufklärungsarbeit – zum Wohle der Schuldner und der Gläubiger!“