Rechtsanwalt Guido Aßhoff

Schulte-Franzheim Rechtsanwälte
50674, Köln
Experte
Gewerblicher Rechtsschutz
Rechtsgebiete
Gewerblicher Rechtsschutz IT-Recht Urheberrecht und Medienrecht
17.12.2013

Peter Schaar zur Vorratsdatenspeicherung: Eindeutiger Hinweis aus Luxemburg für die neue Bundesregierung

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Peter Schaar sieht sich durch die im Schlussantrag des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof festgestellte Europarechtswidrigkeit der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in seiner Einschätzung bestätigt.

Peter Schaar: “Das Votum des Generalanwaltes zeigt, dass die mit der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einhergehenden weitreichenden Eingriffe in die Rechte sämtlicher Nutzer von Telekommunikationsdiensten gegen europarechtlich verbürgte Grundrechte verstoßen und somit nicht mehr haltbar sind. Sollte sich der Gerichtshof, wie in den meisten Fällen, in seinem Urteil der Ansicht des Generalanwalts anschließen, würde dies erneut eine herausragende richterliche Entscheidung zum Schutz der Bürgerrechte vor über das Ziel hinausschiessenden staatlichen Überwachungsmaßnahmen darstellen. Auch für die neue Bundesregierung ist der Schlussantrag ein eindeutiger Hinweis aus Luxemburg, der nicht ignoriert werden kann. Die schnelle Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung auf Basis einer offensichtlich europarechtswidrigen Richtlinie darf nunmehr nicht mehr ernsthaft in Erwägung gezogen werden.”

Gerichte aus verschiedenen Mitgliedstaaten hatten dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (RL 2006/24/EG) mit den Vorschriften der europäischen Grundrechtecharta vereinbar sei. Bereits in 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht die deutsche Umsetzung der Richtlinie für verfassungswidrig und nichtig erklärt; eine gesetzliche Neuregelung hat seither nicht stattgefunden. 

In seinem Schlussantrag, hat der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof, Pedro Cruz Villalón, ausgeführt, dass die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in vollem Umfang unvereinbar mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sei, da sie unter anderem in besonderer Weise in das Recht auf Achtung des Privatlebens eingreife. 

Die Richtlinie stelle einen qualifizierten Eingriff in das Grundrecht der Bürger auf Achtung des Privatlebens dar, weil sie den Anbietern telefonischer oder elektronischer Kommunikationsdienste eine Verpflichtung zur Erhebung und Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten auferlege. Angesichts dieses qualifizierten Eingriffs hätten in der Richtlinie zunächst die Grundprinzipien definiert werden müssen, die für die Festlegung der Mindestgarantien im Rahmen des Zugangs zu den erhobenen und auf Vorrat gespeicherten Daten und ihrer Auswertung gelten sollten.

Generalanwalt Cruz Villalón ist ferner der Ansicht, dass die Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit5 unvereinbar sei, soweit sie den Mitgliedstaaten vorschreibe, sicherzustellen, dass die Daten für die Dauer von bis zu zwei Jahren6 auf Vorrat gespeichert würden.

Die Richtlinie verfolge aber ein vollkommen legitimes Endziel, das darin bestehe, die Verfügbarkeit der erhobenen und auf Vorrat gespeicherten Daten zum Zweck der Ermittlung, Feststellung und Verfolgung schwerer Straftaten sicherzustellen, und sei als zur Erreichung dieses Ziels geeignet und – vorbehaltlich der Garantien, mit denen sie versehen sein sollte – sogar erforderlich anzusehen. Der Generalanwalt hat jedoch in den verschiedenen dem Gerichtshof vorgelegten Stellungnahmen, in denen die Verhältnismäßigkeit der Dauer der Vorratsdatenspeicherung verteidigt wird, keine hinreichende Rechtfertigung dafür gefunden, dass die von den Mitgliedstaaten festzulegende Frist für die Vorratsdatenspeicherung nicht innerhalb eines Rahmens von weniger als einem Jahr bleiben sollte. 

Zur Pressemitteilung des EuGH

Zur Pressemitteilung des BfDI