Rechtsanwalt Frank Weiß

73728, Esslingen
Rechtsgebiete
IT-Recht Urheberrecht und Medienrecht Gewerblicher Rechtsschutz
26.07.2013

OLG Frankfurt zur Dringlichkeitsvermutung

In einem Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 27.09.2012, bei dem es um die Frage der Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung durch zu langes Zuwarten eines Antragstellers ging, kam der Senat zu dem Schluss, dass bezüglich der Frage, wann der Antragsteller nach dessen Kenntnisnahme eines Wettbewerbsverstoßes die Dringlichkeitsvermutung nach § 12 II UWG aufgrund zu langem Zuwarten widerlegt hat, keine starren Fristen als Maßstab anzunehmen sind. Vielmehr gilt es nach Auffassung des Senats, den Einzelfall und dessen Umstände zu betrachten. Ein Zeitfenster von sechs Wochen kann lediglich als ein Richtwert zur groben Orientierung herangezogen werden.

Zwar hatte die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Zurückweisung eines Eilantrags beim Landgericht in der Sache keinen Erfolg. In dieser ging es um einen von einer Verletzung von § 5 II UWG gestützten Unterlassungsanspruch, der jedoch vom Senat nicht anerkannt wurde. Der Senat stellte dazu fest, dass dieser Anspruch von der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht werden konnte, da es zweifelhaft wäre, dass der Begriff „textexpander“, der auch nicht als Marke geschützt ist, als Hinweis darauf verstanden wird, dass die so benannte Software aus einem bestimmten Unternehmen stammt, was jedoch für die Bejahung eines Unterlassungsanspruchs notwendig wäre.

Gleichwohl stellte das Gericht fest, dass die Dringlichkeitsvermutung, welche sich aus § 12 II UWG ergibt, nicht schon dadurch widerlegt sei, dass die Antragstellerin den Unterlassungsantrag eher zögerlich verfolgt hatte. Dieser war die angegriffene Handlung am 10.07.2012 bekannt geworden; die Abmahnung an die Antragsgegnerin erfolgte daraufhin am 10.08.2012. Nach deren Zurückweisung durch die Antragsgegnerin am 16.08.2012 wurde der Eilantrag sodann am 20.08.2012 bei Gericht eingereicht. Nachdem dieser durch das Landgericht zurückgewiesen wurde, schöpfte die Antragstellerin die zweiwöchige Beschwerdefrist aus. Dies kann ihr nach Meinung des Oberlandesgerichts aber bezüglich des Verfügungsgrundes nicht als nachteilig ausgelegt werden.

Daneben wies der Senat darauf hin, dass der Zeitraum von sechs Wochen ab Kenntnisnahme der mutmaßlich wettbewerbswidrigen Handlung keine starre Frist darstellt, sondern lediglich eine grobe Orientierung sein kann, an der sich die Beurteilung der Frage der Wiederlegung der Dringlichkeitsvermutung orientieren Nach Auffassung des Gerichts sind aber zusätzlich auch alle relevanten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

OLG Frankfurt, 6. Zivilsenat, Beschluss vom 27.09.2012, AZ 6 W 94/12