Rechtsanwalt Finn Dethleff

80331, München
Rechtsgebiete
Handelsrecht und Gesellschaftsrecht
19.10.2021

Einstweilige Verfügungen – der Weg aus dem Gesellschafterstreit?

Chancen und Risiken sind sehr gut abzuwägen

Im Falle eines Gesellschafterstreits wird häufig die Möglichkeit zur Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes von den Betroffenen außenvorgelassen und übersehen. Dabei ist es nicht die Rechtsprechung, die die Betroffenen davor zurückschrecken lässt.

Immer mehr Gerichte sind gewillt, einstweilige Verfügungen zu erlassen, um Gesellschafterausschlüsse oder das Einziehen von Geschäftsanteilen im Voraus zu vermeiden, oder zumindest das Durchsetzen gleichartiger Gesellschafterbeschlüsse zu unterbinden. (OLG München, Urteil vom 18. Mai 2021 – 7 W 718/21)

Nähere Informationen zum Gesellschafterstreit finden Sie auf unserer Website: https://www.rosepartner.de/rechtsberatung/gesellschaftsrecht/gesellschaftsrecht/gesellschafterstreit-gmbh.html

Geschäftsführer des Startups lud vertrauliche Daten herunter

Das OLG München befasste sich mit dem Fall, dass ein Gesellschafter, nachdem ein Gesellschafterbeschluss über das Einziehen seiner Geschäftsanteile ergangen war, die Gesellschaft durch einstweilige Verfügung gezwungen hat, ihn weiterhin als Gesellschafter zu behandeln und die Gesellschafterliste beim Handelsregister korrigieren zu lassen.

Die Einziehungsmaßnahme betraf eine Gesellschaft, welche an einer anderen Gesellschaft Anteile hielt. Typisch wie es für Startups ist, waren die Gründungsgesellschafter über die entsprechenden Beteiligungsgesellschaften, häufig in Form einer „UG (haftungsbeschränkt)“, an dem Unternehmen beteiligt. Nähere Informationen zu Startups finden Sie auf unserer Website: https://www.rosepartner.de/startup-gruendung.html

Der Geschäftsführer der Gesellschafterin war zugleich Geschäftsführer des Startups. Ihm wurde vorgeworfen, verschiedene Pflichten verletzt zu haben. Hauptsächlich warf man ihm vor, dass er, aufgrund einer Meinungsverschiedenheit mit einem Investor, vertrauliche Firmendaten des Startups heruntergeladen hatte. Kurz darauf wurde derjenige abberufen und in seiner Geschäftsführerposition gekündigt. Monate danach entschied die Gesellschafterversammlung über die Einziehung seiner Geschäftsanteile. Nähere Informationen zur Einziehung der GmbH-Geschäftsanteile finden Sie auf unserer Website: https://www.rosepartner.de/einziehung-gmbh-geschaeftsanteilen.html

Einstweiliger Rechtsschutz für Gesellschafterin

Das OLG München entschied zugunsten des Beteiligungsvehikels des betroffenen Geschäftsführers und erließ einstweiligen Rechtsschutz, wodurch das Unternehmen verpflichtet wurde, das Beteiligungsvehikel weiterhin als Gesellschafterin zu behandeln und dem Handelsregister eine dementsprechend angepasste Gesellschafterliste zukommen zu lassen.

Im Gegensatz zur Erstinstanz, gab das OLG München dem Antrag der Gesellschafterin weitgehend statt. Begründet wurde das mit der Annahme, dass die bereits vorgenommene Einziehung der Anteile sehr wahrscheinlich rechtswidrig war und im Hauptsacheverfahren keinen Bestand haben würde.

Anteilseinziehung nur bei „Zerrüttung“ des Gesellschaftsverhältnisses

Die erste Instanz war noch der Auffassung, dass sie eine einstweilige Verfügung nur erlassen dürften, wenn die Rechtslage eindeutig und der berechtigte Anspruch der Gesellschafterin mit Sicherheit feststehen würde. Nach Ansicht des OLG München lag nach Würdigung der Vorwürfe keine zur Einziehung berechtigende „Zerrüttung“ des Gesellschaftsverhältnisses vor.

Die Daten, die der Geschäftsführer heruntergeladen hatte, waren bereits für ihn zugängig und aufgrund seiner Tätigkeit war er ebenfalls schon mit ihnen vertraut. Ebenfalls könne eine Anteilseinziehung nicht durch die Summe von verschiedenen Pflichtverletzungen begründet werden, da alle Vorwürfe letzten Endes auf dieselbe Auseinandersetzung gerichtet waren. Nähere Informationen zum GmbH-Geschäftsführer finden Sie auf unserer Website: https://www.rosepartner.de/rechtsberatung/gesellschaftsrecht/gesellschaftsrecht/geschaeftsfuehrer-abberufung-kuendigung.html

Trend zu einstweiligem Rechtsschutz

Interessant ist das Urteil des OLG München, da es einen Trend belegt, dass Rechte von Gesellschaftern bereits durch einstweiligen Rechtsschutz gesichert werden können. Beachtlich ist außerdem wie weitreichend dieser Trend Möglichkeiten eröffnet. Schon bei der Abhaltung von Gesellschafterversammlungen, besonders bei der Untersagung einer Stimmrechtsausübung, kann mit einstweiligem Rechtsschutz gearbeitet werden.

Dennoch sollte man sich gut überlegen solche Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen, da die Schwelle für Anforderungen regelmäßig hoch ist und im Falle einer Aufhebung der einstweiligen Verfügung eine verschuldensunabhängige Schadensersatzverpflichtung droht.

Weitere Informationen rund um das Thema einstweiliger Rechtsschutz und Startups finden sie auf unserer Website: https://www.rosepartner.de/startup-gruendung.html