Rechtsanwalt carsten laumann

4107, Leipzig
Rechtsgebiete
Zivilrecht IT-Recht
11.10.2012

OLG Schleswig zur Unwirksamkeit von "Nichnutzungsgebühr" und einer SIM-Karten-"Pfandgebühr" im Telekommunikationsvertrag

Klauseln

Wird in 3 aufeinanderfolgenden Monaten kein Anruf getätigt bzw. keine SMS versendet, wird dem Kunden eine Nichtnutzergebühr in Höhe von € 4,95 monatlich in Rechnung gestellt.

Die zur Verfügung gestellte SIM-Karte bleibt im Eigentum der T... . Für die SIM-Karte wird eine Pfandgebühr wird fällig. Die Höhe der Pfandgebühr richtet sich nach der jeweils bei Vertragsabschluss gültigen Service- und Preisliste. Sie wird dem Kunden nur dann mit der Endabrechnung in Rechnung gestellt, wenn er diese nicht innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsende an T... zurücksendet.

SIM-Karten-Pfand" je Karte 9,97 €

(für den Verbleib der SIM-Karte beim Kunden)"

Fußnotentext:

"17 Die Pfandgebühr wird fällig, soweit Sie uns die zur Verfügung gestellte SIM-Karte nicht innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsende zurücksenden. Für die Rücksendung der SIM-Karte verwenden Sie bitte folgende Adresse (...)."

Unwirksam!

Aus dem Urteil

Nichtnutzungsgebühr
Die Regelung über die Nichtnutzungsgebühr - oder auch Nichtnutzergebühr - in der Beschreibung des Tarifs "Vario 50/Vario 50 SMS T-Mobile" (Anlage K 1) ist keine kontrollfreie Preisvereinbarung (1). Sie hält der Inhaltskontrolle nicht stand…

Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen darf nämlich nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nur Entgelte für Leistungen verlangen, die er auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbringt. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH, der auch der Senat folgt, sind die Gerichte nicht gehindert, Preisklauseln daraufhin zu überprüfen, ob dem Preis eine echte (Gegen-)Leistung des Verwenders zugrunde liegt …

Dem als "Nichtnutzungsgebühr" bezeichneten Entgelt liegt keine Gegenleistung der Beklagten zugrunde. Dass sie überhaupt keine Leistung für den Kunden erbringt, wenn dieser ihre mit dem Paketpreis bereits abgegoltenen Inklusivleistungen nicht in Anspruch nimmt, ist evident. Die Frage, ob es sich um eine "echte" Gegenleistung handelt (oder ob etwa nur eigene gesetzliche Verpflichtungen erfüllt bzw. Gemeinkosten auf einzelne Kunden umgelegt werden), stellt sich daher gar nicht.…

Dass die Beklagte ein gesondertes Entgelt für die Nichtnutzung verlangt, ohne eine Gegenleistung zu erbringen, hat zugleich zur Folge, dass die streitgegenständliche Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht standhält. Dies ist mit wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts nicht vereinbar.

Pfandgebühr für SIM
Die Festsetzung der "Pfandgebühr" ist keine nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB kontrollfreie Preisvereinbarung.…

Die in den Klageanträgen zu 2. und 3. näher bezeichneten Klauseln in Ziffer 7.1 der AGB der Beklagten und im Preisverzeichnis halten der Inhaltkontrolle nicht stand.…

Für den Kunden ist auch weder aus Ziffer 7.1 der AGB, noch aus der Preisliste erkennbar, dass eine Erstattung des Pfandes im Falle einer verspäteten Rücksendung der Karte in Betracht kommt. Dass die "Pfandgebühr" dem Kunden mit der Endabrechnung in Rechnung gestellt wird, spricht aus Sicht des Kunden deutlich dafür, dass diese Gebühr endgültig bei der Beklagten verbleibt. …Selbst wenn man aber eine andere, für den Kunden günstigere Auslegung zugrunde legen würde, stände jedenfalls der Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB fest. Auch für einen verständigen Verbraucher ist nicht klar erkennbar, dass er möglicherweise eine Rückerstattung der "Pfandgebühr" verlangen kann, wenn er die SIM-Karte doch noch an die Beklagte zurücksendet. Die beanstandeten Klauseln sind dazu geeignet, den Verbraucher zu veranlassen, den mit der Endabrechnung verlangten Betrag von 9,97 € "abzuschreiben" und sich nicht nachträglich um die Rücksendung der Karte sowie um eine Erstattung zu bemühen. …

Auch als Schadensersatzpauschale kann der Betrag nicht erhoben werden. Dies würde zumindest an dem speziellen Klauselverbot in § 309 Nr. 5 a und b BGB scheitern.

OLG Schleswig | Urteil 03.07.2012 | 2 U 12/11