Rechtsanwalt carsten laumann

4107, Leipzig
Rechtsgebiete
Zivilrecht IT-Recht
05.06.2013

BGH zur internationalen Zuständigkeit des Wohnsitzgerichtsstandes bei einem Vertrag zwischen Verbraucher und Unternehmer

Leitsatz

Die Anwendbarkeit von Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO setzt nicht voraus, dass der Vertrag zwischen Verbraucher und Unternehmer mit Mitteln des Fernabsatzes geschlossen wurde (im Anschluss an EuGH Urteil vom 6. September 2012, C­190/11, ABl EU 2012, Nr. C 355, 6 = NJW 2012, 3225).(Rn.27)

Sachverhalt
Der Beklagte, der in den Niederlanden wohnt, erkundigte sich im Januar 2008 nach der Anmietung eines Wohnmobils. Nachdem die Parteien mehrere E-Mails gewechselt hatten, schickte die Klägerin dem Beklagten per Fax einen Reservierungsantrag, den der Beklagte unterschrieben an die Klägerin - ebenfalls per Fax - zurückschickte. Auf der Rückseite des Reservierungsantrags waren die von der Klägerin verwendeten Allgemeinen Mietbedingungen für die Anmietung eines Reisemobils abgedruckt, die in Ziffer 19 eine Gerichtsstandsvereinbarung enthielten, nach der für alle Streitigkeiten aus oder über diesen Vertrag als Gerichtsstand der Sitz des Vermieters vereinbart wird, soweit der Mieter keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat.
Wegen technischer Defekte des Motors, die zwischen den Parteien streitig sind, erhielt die Klägerin das Fahrzeug erst nach Ablauf der vereinbarten Mietzeit zurück. Mit der Klage macht sie den ihr aus der verspäteten Rückgabe entstandenen Schaden geltend.

Entscheidung
Die Klage wurde vor einem deutschen Gericht erhoben. Die Beklagte bestreitet dessen Zuständigkeit. Der Bundesgerichtshof gab der Beklagten recht und verwies darauf, dass die Gerichtsstandsvereinbarung wegen Art. 15 Abs. 1 lit. c EUGVVO unwirksam sei und somit 

Aus dem Urteil
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist jedoch die in Ziffer 19 der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Mietbedingungen der Klägerin für die Anmietung eines Reisemobils enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 17 i.V.m. Art. 23 Abs. 5 EuGVVO unwirksam. Die Streitigkeit der Parteien ist eine Verbrauchersache nach Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO, bei der die Klage gegen einen Verbraucher gem. Art. 16 Abs. 2 EuGVVO nur vor den Gerichten des Mitgliedstaates erhoben werden kann, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat und eine Gerichtsstandsvereinbarung nur unter den - im vorliegenden Fall nicht gegebenen Voraussetzungen - des Art. 17 EuGVVO möglich ist.
Nach dem Wortlaut mache Art. 15 Abs. 1 lit. c EUGVVO seinen Anwendungsbereich nicht ausdrücklich davon abhängig, dass die von ihm erfassten Verträge im Fernabsatz geschlossen worden seien (EuGH aaO Rn. 35 f.). Die Vorschrift sei anwendbar, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt seien. Erstens sei es erforderlich, dass der Gewerbetreibende seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit im Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers ausübe oder sie auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaats, ausrichte, und zweitens, dass der streitige Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit falle.
Nach dieser Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs [EuGH | Urteil vom 6. September 2012 C-190/11 - ABl EU 2012, Nr. C 355, 6], der sich der Senat anschließt, ist es im hier zu entscheidenden Fall für die Anwendbarkeit des Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO unerheblich, dass der Mietvertrag über das Wohnmobil nicht mit Mitteln des Fernabsatzes abgeschlossen wurde. Auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage der Kausalität zwischen dem Ausrichten der gewerblichen Tätigkeit und dem Vertragsschluss (vgl. hierzu LG Saarbrücken Vorlagebeschluss vom 27. April 2012 - 5 S 68/12 - juris) kommt es im vorliegenden Fall nicht an, weil der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch die von der Klägerin betriebene Webseite auf deren Unternehmen aufmerksam geworden ist.
Liegt somit eine Verbrauchersache vor, ist die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 17 EuGVVO i.V.m. Art. 23 Abs. 5 EuGVVO unwirksam.

BGH | Urteil 24.04.2013 | XII ZR 10/10