Rechtsanwalt Bernfried Rose

20354, Hamburg
Rechtsgebiete
Erbrecht Mediation
17.08.2020

Klarstellung von EU-Richtlinie im Internetrecht – Nur Postanschrift fällt unter „Adresse“

Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun nochmal deutlich gemacht, welche Nutzerdaten Online-Plattformen wie YouTube im Falle eines Auskunftsanspruches herausgeben müssen. Nach der europäischen En­force­ment-Richt­li­ne 2004/48/EG ist das nur die Postanschrift. E-Mail-Adresse, IP-Adresse oder Telefonnummer fallen gerade nicht darunter, so der EuGH.

Streit um Nutzerdaten landet vor dem EuGH

In dem konkreten Verfahren vor dem EuGH war es um illegale Uploads von urheberrechtlich geschützten Filmen auf YouTube gegangen. Die Con­stan­tin Film Ver­leih GmbH ist In­ha­be­rin der aus­schlie­ß­li­chen Nut­zungs­rech­te zweier Filme. Diese waren in den Jahren 2013 und 2014 ohne Zustimmung des Rechteinhabers von Nutzern auf YouTube hochgeladen worden.

Constantin Film verlangte wegen dieses Rechtsverstoßes Auskunft über die Nutzer, die die Filme illegal hochgeladen hatten. YouTube verweigerte allerdings die Auskunft. Insbesondere E-Mail-Adres­se, Te­le­fon­num­mer und IP-Adres­se wollte die Plattform nicht preisgeben. Seitdem stritten die Beteiligten über die Frage, welche Nutzer-Informationen auf Grundlage des Internetrechts herausverlangt werden können. Maßgeblich dafür ist das europäische Recht und insbesondere die En­force­ment-Richt­li­nie von 2004. Dort ist unter anderem geregelt, dass in einem Fall von Rechtsverstößen der Rechteinhaber die Auskunft über die „Adressen“ der betreffenden Nutzer herausverlangen könne. Was genau aber unter „Adressen“ in diesem digitalen Kontext zu verstehen ist, musste der EuGH klären.

"Adres­se" meint nur Post­an­schrift

Der EuGH hat sich in seiner Entscheidung insbesondere an dem Wortlaut der Richtlinie orientiert (Urteil v. 09.07.2020 - C-264/19). Im Ergebnis fallen daher unter dem Begriff „Adressen“ keine virtuellen Angaben wie E-Mail-Adres­se, IP-Adres­se oder Te­le­fon­num­mer, sondern allein die Postanschrift des Nutzers. Der ge­wöhn­li­che Sinn des Be­griffs "Adres­se" er­fas­se nur die Post­an­schrift und könne sich ohne weitere Präzisierung eben nicht auch auf andere Nutzerdaten beziehen, so der EuGH. Für eine weitere Auslegung des Begriffes gebe es keine Anhaltspunkte. Damit bleibt es laut EuGH am Ende bei einer engen Auslegung der EU-Richtline.

Zudem sieht der EuGH eine enge Aus­le­gung des Begriffs „Adresse“ auch im Ein­klang mit dem Ziel der Re­ge­lung zum Aus­kunfts­recht. Die EU-Richtlinie sei auf klar umschriebene Auskünfte beschränkt. Die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums betrifft zudem zwangsläufig auch den Schutz von personenbezogenen Daten der Nutzer. Diese verschiedenen Interessen seien miteinander in Einklang zu bringen, so die Argumentation der Richter.

Spielraum für nationale Regelungen bleibt

Damit hat der EuGH für die Auslegung der maßgeblichen Richtlinie einen Weg vorgezeichnet. Dies betrifft dann auch die Anwendung im nationalen Recht.
Unabhängig davon, hat der EuGH in seiner Entscheidung auch darauf hingewiesen, dass es den einzelnen Mitgliedstaaten frei stehe, den Inhabern von Rechten des geistigen Eigentums einen weitergehenden Auskunftsanspruch einzuräumen. Dies stehe al­ler­dings unter dem Vor­be­halt, dass ein an­ge­mes­se­nes Gleich­ge­wicht zwi­schen den ver­schie­de­nen be­trof­fe­nen Grund­rech­ten ge­währ­leis­tet ist und die an­de­ren all­ge­mei­nen Grund­sät­ze des Uni­ons­rechts, wie etwa der Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­grund­satz, be­ach­tet wer­den. Dem nationalen Gesetzgeber und Gesetzesanwender wird damit ein gewisser Spielraum im Internetrecht zugesprochen.

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