Rechtsanwalt Bernfried Rose

20354, Hamburg
Rechtsgebiete
Erbrecht Mediation
03.06.2015

Immobilien in der Erbengemeinschaft - von der Nutzung bis zum Widerruf des Immobilienkredits

Immobilien in der Erbschaft führen häufig zu Streit und Problemen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn es keinen Alleinerben sondern eine Erbengemeinschaft aus mehreren Miterben gibt. Der nachfolgende Beitrag soll einen Einblick in die wichtigsten Bereiche des Erbrechts und des Immobilienrechts im Zusammenhang mit der Immobilie in der Erbengemeinschaft geben.

Allgemeine Informationen zum Immobilienrecht finden Sie hier: www.rosepartner.de/rechtsberatung/immobilienrecht.html


Verkaufen, vermieten oder selber nutzen?        
In der Erbengemeinschaft gehört zunächst einmal alles allen gemeinsam. So kann zum Beispiel ein Miterbe zwar über seinen Erbteil im Ganzen, nicht aber über „seinen Anteil“ an einzelnen Nachlassgegenständen verfügen. Die Miterben müssen sich also abstimmen oder – wenn dies nicht möglich ist – den Nachlass zwangsweise verwalten bzw. auseinandersetzen. Verfügungen, also z.B. der Verkauf einer Immobilie müssen dabei grundsätzlich von allen Mitgliedern der Erbengemeinschaft mitgetragen werden; bei Verwaltungsmaßnahmen genügt dagegen eine Mehrheitsentscheidung. Kompliziert ist die Rechtslage z.B. besonders in den Fällen, in denen die Miterben über eine Vermietung der Nachlassimmobilie streiten.

Nutzung des Wohnhauses oder der Eigentumswohnung durch einen der Miterben
Häufig kommt es vor, dass einer oder mehrere Miterben eine Immobilie im Nachlass für eigene Wohnzwecke nutzen wollen. Das Erbrecht gewährt jedem Miterben ein selbständiges Recht zum Gebrauch der Nachlassgegenstände, soweit der Mitbebrauch der übrigen Miterben hierdurch nicht beeinträchtigt wird. Letzteres ist bei der Nutzung von Wohnimmobilien aber naturgemäß der Fall. Aus diesem Grund hat jeder Erbe in der Erbengemeinschaft auch einen Anspruch auf eine Benutzungsregelung, die dem „billigen Ermessen“ aller Miterben entspricht. Kommt die Erbengemeinschaft hier nicht zu einem entsprechenden Beschluss, muss geklagt werden. Wer bei der Nutzung zu kurz kommt, kann von den anderen Miterben eine Nutzungsentschädigung in Geld verlangen.

Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft mit Immobilien
Auch wenn viele Erbengemeinschaften Jahrzehnte bestehen und auf die nächsten Generationen übertragen werden, so ist doch die Erbengemeinschaft eigentlich auf Dauer angelegt. Die Beendigung der Erbengemeinschaft erfolgt grundsätzlich durch die Aufteilung des Nachlasses auf die Erben. Diese Teilung hat grundsätzlich „in Natur“ zu erfolgen. Da sich die wenigsten Immobilien in gleiche (und gleichwertige) Teile aufteilen lassen, erfolgt bei Häusern, Wohnungen, Grundstücken etc. die Teilung entweder durch den gemeinsamen Verkauf oder die Teilungsversteigerung.
Voraussetzung für die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist jedoch, dass zunächst die Nachlassverbindlichkeiten berichtigt werden. Gehört eine finanzierte Immobilie zur Erbschaft und hat der Erblasser angeordnet, dass sie einschließlich der Darlehensschulden einer der Miterben erhält (Teilungsanordnung), können die Erben verlangen, dass die noch valutierende Schuld vor der Teilung des Nachlasses getilgt wird, selbst wenn dafür andere Nachlasswerte verkauft werden müssen. Zum Widerruf eines Immobiliendarlehens durch die Erbengemeinschaft finden Sie weiter unten in diesem Text weitere Informationen.

Die Teilungsversteigerung – wenn die Immobilie versilbert wird
Können sich die Erben nicht auf die Übernahme der Immobilie durch einen Miterben oder den gemeinschaftlichen Verkauf einigen, bleibt nur die Teilungsversteigerung, um die Erbengemeinschaft weiter auseinander zu setzen. Nur wenn der Erblasser im Testament per Teilungsanordnung bestimmt hat, welcher Erbe das Haus oder die Wohnung bekommt, hilft alternativ die Auseinandersetzungsklage. Bei der Teilungsversteigerung sind weniger Vorschriften des Erbrechts sondern solche des Immobilienrechts bzw. des Zwangsvollstreckungsrechts zu beachten. Ziel ist die Umwandlung der nicht teilbaren Immobilie in teilbares Geld. Zuständig ist das örtliche Amtsgericht, bei dem grundsätzlich jeder Erbe jederzeit einen Antrag auf Teilungsversteigerung stellen kann.

Kündigung bzw. Widerruf eines Darlehens durch eine Erbengemeinschaft
Zum Widerruf eines Darlehens (Kreditvertrag) durch eine Erbengemeinschaft hat der Bundesgerichtshof (BGZH) in einem Beschluss Stellung genommen: „Erben können mit Stimmenmehrheit einen zum Nachlass gehörenden Darlehensanspruch der Erblasserin gegen einen Miterben wirksam kündigen, wenn sich die Kündigung als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung darstellt.“
Die Kündigung eines Darlehens, so der BGH, stelle zwar eine Verfügung dar, Erben könnten jedoch z.B. ein Mietverhältnis über eine zum Nachlass gehörende Sache mit Stimmenmehrheit kündigen, wenn sich die Kündigung als Maßnahme ordnungsgemäßer Nachlassverwaltung darstelle. Bei der Ausübung von Gestaltungsrechten im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses sei eine Mehrheitsentscheidung der Erbengemeinschaft im Rahmen eines Verfügungsgeschäftes zulässig, wenn es sich dabei um ordnungsgemäße Verwaltung handele.
In dem von dem Gericht zu entscheidenden Fall bestand eine Erbengemeinschaft aus vier Brüdern. Die verstorbene Mutter hatte einem von ihnen ein Darlehen über 80.000,- DM gewährt. Ca. 10 Jahre nach dem Erbfall kündigten zwei anderen Brüder ohne Zustimmung des Vierten den Kredit.

Widerruf statt Kündigung bei Bankkrediten – der Widerrufsjoker für die Erbengemeinschaft
Das Urteil ist besonders interessant vor dem Hintergrund, dass derzeit viele Schuldner versuchen, sich von alten Immobilienkrediten frei zu machen. Die historisch niedrigen Zinsen machen es für Darlehensnehmer interessant, auf eine günstigere Finanzierung umzuschulden. Aufgrund der im Falle einer Kündigung fälligen Vorfälligkeitsentschädigung für die Bank, ist die Kündigung des Kredits jedoch keine gute Option. Vielmehr sollte versucht werden, das bisherige Darlehen zu widerrufen. Zwar beträgt die Widerrufsfrist für den Schuldner grundsätzlich nur 14 Tage. Da die Banken in den vergangenen Jahren jedoch überwiegend falsche und damit unwirksame Widerrufsbelehrungen verwendet haben, können diese Kreditverträge noch Jahre später gegenüber der Bank bzw. Sparkasse widerrufen werden.
Ist der Darlehensnehmer verstorben, tritt der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft in dessen Rechtsstellung ein. Bei dem Widerruf eines Verbraucherkredits handelt es sich ebenso wie bei der Kündigung um ein Gestaltungsrecht. Es spricht auch nichts dagegen, dass der Widerruf eines Immobilienkredits nicht ebenso zur ordnungsgemäßen Verwaltung der Erbengemeinschaft gehört wie dessen Kündigung. Die Miterben sollten also bei bestehenden Bankschulden stets prüfen lassen, ob sich im Kreditvertrag eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung befindet und wie die Erfolgsaussichten für einen Widerruf sind. Mit etwas Geschick und anwaltlicher Vertretung lassen sich in vielen Fällen bereits außergerichtlich lukrative Vergleiche mit den Banken schließen, so dass der Vollzug des Widerrufs mit einer damit verbundenen Anschlussfinanzierung bei einer anderen Bank oder Sparkasse häufig gar nicht notwendig ist.

Weitere Informationen zum Widerruf eines Immobiliendarlehens: www.rosepartner.de/rechtsberatung/immobilienrecht/widerruf-immobiliendarlehen.html

Allgemeine Informationen zur Erbengemeinschaft finden Sie hier: www.rosepartner.de/rechtsberatung/erbrecht-nachfolge/erbrecht-erbschaft-testament/erbschaft-erbschein-erbengemeinschaft-abwicklung-eines-erbfalls/erbengemeinschaft.html