Rechtsanwalt Bernfried Rose

20354, Hamburg
Rechtsgebiete
Erbrecht Mediation
14.11.2019

Der Familienpool – Vermögen in der Gesellschaft schützen und übertragen

Gerade Eltern – nicht nur - im fortgeschrittenen Alter machen sich verstärkt Gedanken über eine möglichst „steueroptimierte“ Weitergabe ihres über Jahre hinweg aufgebauten Vermögens.

Die Nachfolge soll, gerade wenn neben dem Ehegatten, mehrere Abkömmlinge vorhanden sind, möglichst gerecht gestaltet werden. Daneben ist es auch oft der Wunsch der Altvorderen, dass Familienvermögen, insbesondere Immobilienvermögen, in Gänze zu erhalten und, wenn möglich, dies auch in die „übernächste“ Generation.

Die klassischen Nachfolgeinstrumente sind schenkweise Übertragungen zu Lebzeiten oder durch letztwillige Verfügungen in Testamenten oder Erbverträgen.

Lebzeitige Zuwendungen erfolgen häufig unter dem Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts oder eines Wohnrechts.

Im Testament oder Erbvertrag kann die Zuweisung von Einzelwerten durch Vermächtnisse, Vorausvermächtnisse oder Teilungsanordnung erfolgen.

Nachteile der „klassischen“ Vermögensübertragung unter Nutzungsvorbehalten

Herkömmliche Übertragungen von Immobilien und anderen Vermögenswerten haben üblicherweise Schwächen. Hier einige Beispiele:

  • Bei einer Schenkung oder Erwerb von Todes wegen unter Nießbrauchsvorbehalt verlieren die ehemaligen Vermögensträger ihr Eigentum und können hierüber nicht mehr frei verfügen (zum Beispiel Verkauf).
  • Die mit Immobilien Beschenkten sind aufgrund der –bei Grundstücken in der Regel im Grundbuch eingetragenen- Rechte der Eltern, faktisch nur eingeschränkt in der Lage, den Vermögenswert zu verkaufen oder zu beleihen.
  • Steuerlich ist auf die richtige Gestaltung von Nießbrauchrechten zu achten, um ein nicht beabsichtigtes „Auseinanderfallen“ der steuerlichen Zurechnungen zu verhindern, denn Miet- oder Pachteinnahmen werden grundsätzlich dem Nießbraucher zugerechnet.
  • Einzelübertragungen durch lebzeitige Übertragung oder durch letztwillige Verfügungen auf einzelne oder mehrere Kinder führen oft zu Streitigkeiten, da Wertunterschiede der Vermögenswerte zu empfundenen „Ungerechtigkeiten“ führen.
  • In Schenkungsverträgen sollten sorgfältig und dem Stand der Rechtsprechung entsprechende Kataloge für Rückforderungsrechte für den Schenker enthalten.
  • Die jeweiligen steuerlichen Auswirkungen im Hinblick auf Erbschaft-, Schenkung- und Einkommensteuern müssen in jeder Phase der Planung und Gestaltung beachtet werden.

Wunsch nach Bündelung größerer Familienvermögen

Nicht selten besteht gerade bei größerem Immobilien- und Betriebsvermögen der Wunsch, dieses Vermögen zu bündeln und für Folgegenerationen zusammenzuhalten.

Die klassischen Einzelübertragungen von Vermögenswerten können dies in der Regel nicht gewährleisten.

Es kann daher sinnvoll sein, zu Lebzeiten Privatvermögen und/oder Betriebsvermögen in einer Familiengesellschaft (auch als Familienpool bzw. Familienvermögensgesellschaft bezeichnet) zusammenzufassen.

Gründe für eine Familiengesellschaft / Familienpool

  1. Langfristige Bündelung von Familienvermögen zum Erhalt dieser Werte.
  2. Möglichkeit der Verhinderung von „Zersplitterung und Zerschlagung“ des Familienvermögens, zum Beispiel durch den mit dem Tod des Beschenkten verbundenen Erbganges auf „ungeliebte“ Schwiegerkinder.
  3. Ausnutzen steuerlicher Einspareffekte.
  4. Ehegatten und Kinder werden schon zu Lebzeiten an dem aufgebauten Vermögenswerten beteiligt.
  5. Verringerung von Haftungsrisiken.
  6. Der Übertragende kann bis zu seinem Ableben die Kontrolle über das aufgebaute Vermögen zu behalten.
  7. Möglichkeit des Schenkers, das übertragene Vermögen, zum Beispiel bei unerwünschten oder unerwarteten Entwicklungen oder Ereignissen zurückfordern zu können.

Wie wird ein Familienpool gegründet?  

Familiengesellschaften können in der Rechtsform einer Personengesellschaft (zum Beispiel GbR, KG bzw. GmbH & Co. KG) oder als Kapitalgesellschaft (zum Beispiel als GmbH) gegründet und geführt werden.

Bei der Wahl der Rechtsform müssen zwingend die jeweiligen steuerlichen Begebenheiten beachtet werden.

Der Schenker bringt die einzelnen Vermögenswerte in die bestehende oder zu gründende Gesellschaft ein und überträgt anschließend Anteile an der jeweiligen Gesellschaft in der gewünschten Höhe an die Familienangehörigen, und zwar nach Möglichkeit unter Ausnutzung der schenkungssteuerlichen Freibeträge.

Es werden also keine Einzelwerte übertragen/verschenkt, sondern nur Gesellschaftsanteile/-beteiligungen.

Das „Grundgesetz“ der Familiengesellschaft – der Gesellschaftsvertrag

Von zentraler Bedeutung für das „Miteinander“ der Familienangehörigen im Umgang untereinander und insbesondere mit dem Familienvermögen ist ein durchdachter Gesellschafsvertrag. Zum Schutz des Familienvermögens sollte der Gesellschaftsvertrag insbesondere Regelungen enthalten zu:

  • Sicherungsinstrumenten für den Schenker für seine dauerhafte Einflussnahme (Stimmrechte).
  • Der dauerhaften Bündelung der Gesellschafts- und  Familienvermögens.
  • Schutzvorschriften vor Zerschlagung und Zersplitterung durch Abkömmlinge, geschiedene Ehegatten, etc..
  • Bestimmungen dazu. welche Personen überhaupt nur Gesellschafter werden können (sogenannte (Qualifizierte) Rechtsnachfolgeklauseln bzw. Einziehungsrechte).
  • Unter Umständen restriktive Kündigungseinschränkungen.
  • Dem Gesetz und der Rechtsprechung entsprechende Abfindungsregelungen.
  • Gebote, Verbote an die (Familien-) Gesellschafter.
  • Bestimmungen zu Form und Ablauf von Beschlussfassungen.
  • Regelungen zu erforderlichen Stimmquoten für jeweils unterschiedliche Beschlusslagen (Mehrheitsentscheidungen, Einstimmigkeit, etc.).
  • Gegebenenfalls von der Beteiligungshöhe abweichende Gewinnansprüche für den Schenker.
  • Außerhalb des Gesellschaftsvertrages sollte der Schenkungs-/Übertragungsvertrag  einen ausführlichen Katalog von Rückforderungsrechten enthalten.
  • Zusätzlich muss unbedingt ein bestehendes Testament oder ein Erbvertrag auf die Regelungen des Gesellschaftsvertrages überprüft und abgestimmt und gegebenenfalls neu verfasst werden.

Vorteile einer Familiengesellschaft

Familienpools können die Bündelung des Familienvermögens, vor allem größerer Vermögen, in einer Gesellschaft mit generationsübergreifenden Regelungen gewährleisten und die nachfolgende Generation frühzeitig an den Umgang und die Verwaltung des Familienvermögens den frühzeitig heranführen.

Eine nach dem Tod des Erblassers entstehende Erbengemeinschaft wird vermieden und vor allem durch einen Gesellschaftsvertrag die jeweils erforderliche Entscheidungsquote festgelegt. Insbesondere Geschwister können und müssen schon zu Lebzeiten des Übertragenden den gemeinsamen Umgang mit dem Vermögen und untereinander „üben“.

Der Schenker überträgt nur schrittweise Anteile der Gesellschaft und kann die weitere Entwicklung und den Umgang der Beschenkten mit den Vermögenswerten „im Auge“ behalten und gegebenenfalls korrigierend eingreifen bzw. von weiteren Übertragungen absehen.

Auch können dem Schenker zu Lebzeiten die Geschäftsführungs- und Lenkungsbefugnisse übertragen werden.

Wichtig ist, sich als Übertragender (Schenker) durch Rückforderungsvorbehalte dahingehend abzusichern, dass er die Anteile zurückfordern kann, wenn unerwünschte Entwicklungen und Ereignisse eintreten (zum Beispiel Pfändung, Zwangsvollstreckung, Ableben des Kindes vor dem Schenker, Verarmung des Schenker, etc.).

Anderweitige Gestaltungsmittel

Die Gründung einer Familiengesellschaft ist nicht für jede Konstellation das geeignete Gestaltungsmittel und immer abhängig von der Zusammensetzung der Familie, den jeweiligen Zielen und Wünschen des Übertragenden und der unter Umständen Ausgeschlossenen.

Umfassend vorbehaltene Nutzungsrechte (zum Beispiel der Nießbrauch oder Wohnrechte) und auch jederzeitige freie Rückforderungsrechte können den Beginn der 10-Jahresfrist zur Abschmelzung von Schenkungswerten für Pflichtteilsergänzungsansprüchen verhindern.

Alternativen zur Familiengesellschaft sind zum Beispiel:        

  • Gesellschaftsrechtliche Poolvereinbarungen, mit denen unter den Familienmitgliedern vorgegeben wird, wie konkret mit dem Anteil am Familienvermögen und den einzelnen Vermögenswerten umgegangen bzw. verfahren soll.
  • Die Übertragung auf eine gegründete Familienstiftung. Dies hat den Übergang des Vermögens auf einen neuen Rechtsträger zur Folge. Das Vermögen gehört dann nicht mehr den Familienangehörigen, sondern ausschließlich der Stiftung, die wiederum sich selbst gehört.   
  • Testament mit der Anordnung einer (ggf. Dauer-) Testamentsvollstreckung. Im Erbfall wird das ererbte Vermögen dem Zugriff  der Erben entzogen und in der Regel hat nur der eingesetzte Testamentsvollstrecker das Recht, den Nachlass abzuwickeln und/oder dauerhaft zu verwalten.

Planung, Konzeption und Umsetzung eines Familienpools sollten ausschließlich von erfahrenen und spezialisierten Rechtsanwälten, Fachanwälten und Steuerberatern abgestimmt auf die Wünsche und Bedürfnisse des Mandanten begleitet werden.

Ausführliche Informationen finden Sie auch auf der Website von ROSE & PARTNER:

https://www.rosepartner.de/familiengesellschaft-familienpool.html