Rechtsanwalt Bernfried Rose

20354, Hamburg
Rechtsgebiete
Erbrecht Mediation
15.05.2020

BGH zur Vaterschaftsanfechtung der Mutter – Weder Verzicht noch Verwirkung wirksam

Dass das Recht einer Mutter auch im Rahmen der Vaterschaftsanfechtung weitreichend ist, bestätigt der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner jüngsten Entscheidung im Abstammungsrecht. Einer Mutter stehe grundsätzlich das Recht auf Anfechtung der Vaterschaft zu. Ein Verzicht auf dieses Recht sei wirkungslos, so der BGH.

Wer ist der Vater?

Beziehungspause, Schwangerschaft, Heirat und dann wieder Trennung. So turbulent gestaltete sich das Familienleben eines Paares aus Bayern, das letztlich zu einem handfesten Rechtsstreit wurde. Klar war, dass die Frau während einer Beziehungspause von einem anderen Mann schwanger geworden war, der ursprüngliche Partner aber nach der darauffolgenden Hochzeit rechtlicher Vater des Kindes wurde. Nachdem aber auch die Ehe nur ein knappes Jahr halten sollte, wollte die Mutter gerichtlich feststellen lassen, dass ihr Ex-Ehemann nicht leiblicher Vater des Kindes ist. Das wollte der Mann nicht mit sich machen lassen – er wehrte sich gegen die Vaterschaftsanfechtung der Frau. Letztlich hatte nun der BGH über die Möglichkeit der Anfechtung der Vaterschaft durch die Mutter zu entscheiden.

Die gesetzliche Möglichkeit der Vaterschaftsanfechtung

Im Familienrecht ist geregelt, wie es überhaupt zu einer rechtlichen Vaterschaft kommen kann. Vater wird danach, wer zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Kindesmutter verheiratet war, wer die Vaterschaft anerkannt hat oder wessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde. Ebenfalls im Abstammungsrecht ist die Möglichkeit vorgesehen, diese rechtliche Vaterschaft nachträglich anzufechten. Ausüben kann dieses Recht nicht nur der gesetzlicher Vater und der biologische Vater, sondern auch die Kindesmutter. Für eine erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung ist dabei entscheidend, dass aufgrund unterschiedlicher Gründe erhebliche Zweifel an der Abstammung bestehen. Ist die Anfechtung erfolgreich, wird die bisher bestehende Vaterschaft zu dem Kind aufgehoben.

BGH stärkt Recht der Mutter
Der BGH betont in seinem Urteil, dass die Mutter eines Kindes grundsätzlich das Recht habe, die Vaterschaft nachträglich anzufechten. Dieses Recht habe der Gesetzgeber bewusst nicht an weitere Voraussetzungen geknüpft. Vielmehr stellten die Richter in ihrer Entscheidung klar, dass das Anfechtungsrecht der Mutter nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden könne.
Daran ändere sich auch dann nichts, wenn die Mutter wie im vorliegenden Fall bewusst durch eine Heirat eine rechtliche Vaterschaft geschaffen habe. Hier hatte die schwangere Frau zwar den Mann geheiratet, obwohl beiden bewusst war, dass der Ehemann nicht biologischer Vater des Kindes ist, und damit eine rechtliche Vaterschaft begründet. Damit gehe aber kein Verzicht des Anfechtungsrechtes der Mutter einher. Da das Recht der Mutter nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden könne, sei ein solcher Verzicht in jedem Fall wirkungslos.

Auch eine mögliche Verwirkung des Anfechtungsrechts verneint der BGH. Die Möglichkeit, dass ein unwirksamer Verzicht über den Umweg einer Verwirkung doch wieder Wirkung entfalten könne, solle ausgeschlossen werden. Ob es grundsätzlich Fälle einer Verwirkung des Anfechtungsrechts geben könne, ließen die Richter offen. In diesem Fall sei eine Verwirkung in jedem Fall aber nicht gegeben, so die Auffassung des Gerichts (Beschl. v. 18.3.2020, Az.: XII ZB 321/19).

Alles anders nach Reform des Abstammungsrechts?

Die Entscheidung des BGH macht deutlich, wie weit das Recht auf Vaterschaftsanfechtung der Mutter reicht. Weder ist ein rechtsgeschäftlicher Verzicht auf ein Anfechtungsrecht wirksam, noch greift in der Regel der Vorwurf der Verwirkung dieses Rechts. Wie dieser Fall zeigt, auch selbst dann nicht, wenn die von einem an­de­ren Mann schwan­ge­re Frau durch die Hei­rat eines Drit­ten be­wusst eine recht­li­che Va­ter­schaft ge­schaf­fen hat.

Allerdings könnte das Recht der Mutter künftig Einschränkungen erfahren. Seit vergangenem Jahr liegt ein Entwurf für eine Reform des Abstammungsrechtes vor. Darin wird der Vorschlag diskutiert, ob das Anfechtungsrecht der Mutter ausgeschlossen werden soll, wenn diese bewusst eine nicht biologisch verwandte Person als Elternteil anerkannt hat. Sollte dieser Entwurf umgesetzt werden, könnte in diesen Fällen auf ein Anfechtungsrecht der Mutter verzichtet werden. Ob ein solches, sehr zugunsten der Mutter ausgefallenes Urteil also auch in Zukunft entschieden wird, bleibt abzuwarten.

Weitere Informationen zur Vaterschaftsanfechtung finden Sie auch unter: https://www.rosepartner.de/vaterschaft-anfechten.html