Rechtsanwalt Bernd Fleischer

20354, Hamburg
Rechtsgebiete
Gewerblicher Rechtsschutz IT-Recht Urheberrecht und Medienrecht
09.12.2019

Markenrecht: Mehr Verantwortung für Verkaufsplattformen bei Markenrechtsverletzung durch „fremde“ Produkte

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich derzeit mit der Frage einer Markenrechtsverletzung bei auf Amazon verkauften Waren zu beschäftigen. Nun äußert der Generalanwalt des EuGH, dass eine Verkaufsplattform wie Amazon nach EU-Recht nicht von einer Haftung wegen fremder Markenrechtsverletzungen befreit sei, wenn sie aktiv am Vertrieb der Waren beteiligt ist. Nach dieser Einschätzung wären Verkaufsplattformen künftig mehr in der Verantwortung.

Amazon hatte Versand übernommen

Derzeit hat der EuGH über eine Vorlagefrage des Bundesgerichtshofes (BGH) zu entscheiden.
Das Unternehmen Coty Germany hat verschiedene Unternehmen des Amazon-Konzerns auf Unterlassung und Schadensersatz verklagt, da auf der Verkaufsplattform Dritte Waren ohne Genehmigung von Coty Germany verkauft haben sollen. Eine solche wäre allerdings erforderlich gewesen, da Coty Germany Inhaber der Unionsmarke für die verkauften Produkte ist. Das Unternehmen sieht sich daher als Inhaber einer Unionsmarke in seinem Recht verletzt, Dritten die Benutzung des entsprechenden Zeichens zu untersagen. Der BGH hat nun den EuGH um Auslegung der Verordnung über die Rechte der Inhaber einer Unionsmarke gebeten.

Eigene Haftung für E-Commerce-Plattformen?  

Nach dieser EU-Verordnung hat der Inhaber einer Unionsmarke das Recht, Dritten den geschäftlichen Verkehr mit einem der Unionsmarke identischen Zeichen zu verbieten. Zusätzlich kann der Markeninhaber auch Dritten untersagen, „unter dem Zeichen Waren anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen“.

Bei Amazon gibt es u.a. auch die Versandart „Versand durch Amazon“. Bei dieser Versandart werden die „fremden“ Produkte von Online-Verkäufern in einem Logistikzentrum von Amazon gelagert. Die spätere Verpackung und der Versand werden ebenfalls durch Amazon vorgenommen.

Der EuGH muss an dieser Stelle nun die Position von Amazon genauer unter die Lupe nehmen. Besitzt Amazon die Waren im Sinne der EU-Verordnung? Kommt es auf eine Kenntnis von Amazon über Markenrechtsverletzungen bei den gelagerten Waren an?

Die Frage nach einer aktiven Vertriebsbeteiligung

Die nun veröffentlichte Stellungnahme des Generalanwalts des EuGH in seinem Schlussantrag vom 28.11.2019 könnte für Amazon hinsichtlich einer eigenen Haftung bei Markenrechtsverletzungen von „fremden“ Produkten unangenehme Folgen haben.
Der Generalanwalt hat dazu ausgeführt, dass beim sogenannten „Versand durch Amazon“ Amazon so aktiv am Vertrieb einer Ware beteiligt sein könnte, dass davon ausgegangen werden könnte, dass die Ware zum Zweck des Anbietens oder des Inverkehrbringens im Sinne der EU-Verordnung gelagert werde. In diesem Fall könnte die Verkaufsplattform so maßgeblich an dem Vertrieb der Waren beteiligt sein, dass Amazon künftig verstärkt für Markenrechtsverletzungen von Partnern zur Verantwortung gezogen werden könnte.
Dann befreie die fehlende Kenntnis von einer Markenrechtsverletzung Amazon auch nicht von einer eigenen Haftung, sofern vernünftigerweise verlangt werden könne, dass die für die Aufdeckung einer Verletzung notwendige Mittel bereitstellt würden (Az.: C-567/18).

Nach Einschätzung des Generalanwalts kann Amazon im Rahmen seines „Versands durch Amazon“ also durchaus für fremde Markenrechtverletzungen in die Verantwortung gezogen werden.

Weitere Informationen zum Thema Markenverletzungen finden Sie auch unter: https://www.rosepartner.de/rechtsberatung/markenrecht-urheberrecht/produktpiraterie-markenverletzung.html