Rechtsanwalt Alfio Mancani

02670, Warschau
Rechtsgebiete
Europarecht Familienrecht Handelsrecht und Gesellschaftsrecht
11.04.2017

Polen: Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Kapitalgesellschaft

Polen: Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Kapitalgesellschaft

 

Ein weiteres Instrument für die Entwicklung der gewerblichen Tätigkeit im polnischen Recht

 

 

Das polnische Rechtssystem sieht ausdrücklich im Art. 584 Handelsgesellschaftengesetzbuch (HGGB) die Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Kapitalgesellschaft vor.

Diese Möglichkeit ist nicht überall in der EU gegeben, wie beispielsweise in Italien. Im Gegensatz dazu kann man in Polen, ähnlich wie in Deutschland durchaus eine solche Umwandlung vornehmen, wenn alle Voraussetzungen vorliegen. Die vorliegende Arbeit zielt darauf ab, das polnische Recht im Zusammenhang mit einer Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Kapitalgesellschaft zu erleuchten.

 

1.      Voraussetzungen der Umwandlung

 

Für die zuvor genannte Umwandlung sind einige Voraussetzung gemäß dem Art. 584 HGGB erforderlich.

Demnach erscheint die Anfertigung eines Umwandlungsplans des einzelkaufmännischen Unternehmens als conditio sine qua non des gesamten Umwandlungsprozesses. Diesem muss unter anderem ein Gutachten des Wirtschaftsprüfers angehängt werden.  Dabei muss der Bilanzwert des Vermögens des umzuwandelnden einzelkaufmännischen Unternehmens angegeben werden, der an einem Tag des Monates vor der Anfertigung des Umwandlungsplanes bestimmt wird. Des Weiteren muss sowohl ein Entwurf einer Erklärung des Unternehmers über die Umwandlung, als auch des Gründungsaktes (Satzung) angehängt werden. Schließlich sind dem Umwandlungsplan folgende Unterlagen beizufügen, gemäß Art. 584 (7) HGGB:

 

-          Ermittlung des Wertes der Vermögensbestandteile (Aktiva und Passiva) des umzuwandelnden Unternehmens;

 

-          Finanzbericht für die Umwandlung vom Stichtag gemäß § 1.  

 

Als Stichtag bezeichnet man dabei den Tag, an dem man den Bilanzwert des Vermögens des Unternehmens bestimmt hat.

 

Nach Art. 584 (6) HGGB bedarf der Umwandlungsplan der notariellen Beurkundung. Ebenfalls alle Erklärungen des Unternehmers bezüglich der Umwandlung bedürfen der notariellen Beurkundung und müssen die Gesellschaftsform; die Höhe des Grund- oder Stammkapitals; die Rechte, die dem Unternehmer als Gesellschafter gewahrt werden; sowie dem Vor- und Nachnamen aller Mitglieder des Vorstandes der umgewandelten Gesellschaft enthalten.

Der zuvor genannte Wirtschaftsprüfer wird vom zuständigen Registergericht (KRS) bestellt. Dieser ist bevollmächtigt den Unternehmensplan zu überprüfen und innerhalb einer vom Gericht bestimmten Frist (nicht länger als zwei Monate) ein schriftliches Gutachten vorzulegen. In einigen Fällen kann das Registergericht mehrere Wirtschaftsprüfer bestellen.

 

2.      Eintragung

 

Falls alle zuvor genannten Voraussetzungen vorliegen, kann die umgewandelte Gesellschaft ins Handelsregister eingetragen werden. Die gleichzeitige Löschung des früheren einzelkaufmännischen Unternehmens im CEIDIG (Zentrales Register der Gewerbetätigkeiten) erfolgt dann von Amts wegen.

Der Antrag auf Eintragung der Umwandlung muss von allen Mitgliedern des Vorstandes der umgewandelten Gesellschaft gestellt werden. Falls der Vorstand es beantragt, kann eine Bekanntmachung der Umwandlung erfolgen.

 

Für den Fall, dass die Firma des Unternehmens nicht nur in einer Zufügung der Rechtsform der umgewandelten Gesellschaft besteht, sondern teilweise oder gänzlich verändert wird, hat gemäß Art. 584 (3) HGGB die umgewandelte Gesellschaft die Pflicht, in Klammern die frühere Firma neben der neuen Firma mit Zusatz des Wortes „ehemalig“ anzugeben. Diese Pflicht besteht mindestens für einen Zeitraum von einem Jahr ab dem Umwandlungstag.

 

3.      Rechte und Pflichten nach der Umwandlung

 

Die natürliche Person des einzelkaufmännischen Unternehmens wird Gesellschafter oder Aktionär der neuen Gesellschaft ab dem Tag der Umwandlung. Die umgewandelte Gesellschaft tritt in alle Rechte und Pflichten des früheren Unternehmens ein.

Nach Art. 584 (2) HGGB bleibt die umgewandelte Gesellschaft Inhaberin von Genehmigungen, Konzessionen und Ermäßigungen, die dem Unternehmen vor der Umwandlung erteilt wurden, es sei denn, dass sich aus dem Gesetz, der Konzession oder der Ermäßigung etwas Anderes ergibt.

 

4.      Haftung für Verbindlichkeiten des umgewandelten einzelkaufmännischen Unternehmens

 

Die natürlichen Personen, die im Namen des Unternehmens in Umwandlung handeln, haften gesamtschuldnerisch gegenüber dem Unternehmen, der Gesellschaft, der Gesellschafter oder gegenüber Dritte für Schäden, die durch rechtswidrige, vertragswidrige oder satzungswidrige Handlungen oder Unterlassungen entstanden sind, es sei denn, dass sie daran schuldlos sind (Art. 584 (10) HGGB).

Diese Haftung gilt ebenfalls für die natürliche Person, die Inhaberin des früheren einzelkaufmännischen Unternehmens war.

Der Wirtschaftsprüfer haftet gleichermaßen gegenüber dem Unternehmer für Schäden, die er schuldhaft verursacht hat. Im Falle einer Tätigkeit von mehreren Wirtschaftsprüfern, haften alle gesamtschuldnerisch in der zuvor genannten Weise.

 

Nach Art. 584 (13) HGGB haftet der frühere Inhaber des einzelkaufmännischen Unternehmens gesamtschuldnerisch neben der umgewandelten Gesellschaft drei Jahre ab dem Tag der Umwandlung für Verbindlichkeiten des umgewandelten Unternehmers aus der Wirtschaftstätigkeit, die vor dem Umwandlungstag entstanden sind.

 

5.      Fazit

 

Falls Sie daran interessiert sind in Polen ein einzelkaufmännisches Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft umzuwandeln oder eine Beratung im Bereich des Handels- und Gesellschaftsrecht benötigen, bitten wir um Kontaktaufnahme mit den Autoren dieses Informationschreiben:

 

* * *

Adw. Alfio Mancani

Anwaltskanzlei – Kancelaria Prawna Adw. Alfio Mancani

Tel - fax: (+48) 22 11 93 357

E-mail: alfio.mancani@md-partners.pl

 

Dott. Marco Arena

Verantwortlicher des German Desk

Tel: (+48) 22 11 93 357

Email: marco.arena@md-partners.pl

 

* * *

Die Informationen in diesem Schreiben sind zwar aktuell, aber sie stellen kein Rechtsgutachten dar. Dieser kann von unseren Anwälten ausschließlich auf Anfrage und in Bezug auf einen konkreten Fall erstellt werden.