Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
13.12.2010

Zeitarbeit vor dem jüngsten Gericht - das BAG zur CGZP

 Morgen (am 14.12.2010) trifft sich beim BAG eine Auswahl der Creme de la Creme der Zeitarbeit und ihrer anwaltlichen Berater.

Gegenstand ist die letztinstanzliche Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP - die vom LAG Berlin-Brandenburg abgelehnt wurde. Wie es wohl ausgeht? Offener könnte das Rennen gar nicht sein. Es wird nichts weniger als eine Grundsatzentscheidung erwartet, die viele, viele weiße Flecken in der Tariflandschaft auffüllt; so z.B., welche exakten Anforderungen an die Tarifmächtigkeit eines Dachverbands zu stellen sind. Getöse, Politik und Polemik begleiten das Verfahren (aber nur 12 Stühle für die Journalisten):

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Dass der DGB meinte, die CGZP als “Schmutzkonkurrenz” bezeichnen zu müssen, obwohl ihr Tarif in einem Fall gerade mal 15 Cent unter dem von ver.di lag (in einem anderen  um 50 Cent), spricht für sich: “Keine Konkurrenz” ist das gewerkschaftliche Motto des Tages.

Wie man einschlägigen und natürlich ebenso lesenswerten wie von tendenziösen Parteiinteressen getragenen Publikationen entnehmen kann (z.B. Lembke, NZA 2007, 1333 - pro CGZP - und Ulber, NZA 2008, 435 - contra) geht es um die Kollision zweier grundlegender Betrachtungsweisen.

Die CGZP hat als Spitzenorganisation von verschiedenen Gewerkschaften nach § 2 Abs. 3 TVG gehandelt. Das sind Dachverbände von Gewerkschaften, die, anders als etwa der DGB, selbst Tarifverträge schließen dürfen, weil ihre Satzung das so vorsieht. Das unterscheidet sie von den nach § 2 Abs. 2 TVG vorgehenden Spitzenorganisationen, die nur eine Vollmacht ihrer Einzelgewerkschaften haben.

Nach Betrachtungsweise (1) ist eine Spitzenorganisation immer dann tarifmächtig in Branche X (hier Zeitarbeit), wenn sie in dieser Branche (über ihre Mitgliedsgewerkschaft) ausreichend mächtig ist. Der Knieschuss: Das wäre die CGZP wohl, aber leider steht in ihrer Satzung eine Zuständigkeit für alle Branchen - und dann will das LAG Berlin-Brandenburg eine solche Mächtigkeit eben auch für alle Branchen sehen. Das ist Betrachtungsweise (2), die als “Rühreitheorie” Karriere macht (”Ein faules Ei verdirbt den Brei” - Lembke, a.a.O.). Diesem Ansatz folgt die instanzgerichtliche Rechtsprechung bislang. Ärgerlich ist, dass ein vermeintlicher Satzungsfehler damit den Mindestlohn einer ganzen Branche kippen könnte. Da geht uns um Milliarden - an Nachzahlungen u.a. an die Sozialversicherungsträger.

Also werden die Pressemitteilungen morgen echt interessant.

Nachtrag: Das coolste Lösungsmodell unter http://www.zeitarbeit-und-recht.de/tce/frame/main/829.htm.