Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
19.05.2011

Neues Incentive-Modell bei Versicherungen (Sexorgien in Budapest) – ein arbeitsrechtlicher Schritt in die Zukunft?

Incentivierungen (d.h., das Setzen von Anreizen zu besserer Leistung) sind vor allem im Vertrieb seit jeher ein arbeitsrechtliches Thema, wie etwa auch Leistungsentgelte und andere Formen der Entlohnung, die aus einem Mitarbeiter noch mehr herausholen.

Es gibt hier viel Streit im Einzelnen, wenn es z.B. um Zielvorgaben, ihre Festlegung und die Folgen einer Nichterreichung geht. Das macht diese Modelle bis zu einem gewissen Grad unattraktiv.

Einfachere Incentivierungen bestehen in Sachleistungen. Die haben aber auch Nachteile. Meist ist die “Sachleistung” ein Auto. Da muss zum einen der geldwerte Vorteil versteuert werden, was den tatsächlichen Wert für den Arbeitnehmer stark mindert. Zum anderen muss man es auf eine gewisse Zeit überlassen und bindet sich damit als Arbeitgeber. Das will man nicht: Hat der Kerl die Karre erst einmal zwei Jahre, muss er sich in der Zeit ja wohl nicht mehr anstrengen.

Auf der Suche nach der Quadratur des Kreises ist die zur Ergo-Gruppe gehörende Hamburg Mannheimer Versicherung (“Hallo, Herr Kaiser!”) durch eine Anleihe bei den Betriebsräten großer norddeutscher Autobauer fündig geworden.

Wie man weiß, haben die in der Vergangenheit immer wieder mal darauf gesetzt, ihren Betriebsräten Reisen anzubieten (nach Brasilien) und auch Damen des Gewerbes. Das ist ein viel individuelleres Incentive als ein Auto oder ein Bonus.

Nach Berichten des STERN (online) und des Handelsblatts – die wir natürlich nicht verifizieren können – hat die HM ihre sog. “Top-Vertreter” vor der Wirtschaftskrise, im Jahr 2007 schon, mal nach Budapest eingeladen.

Das kann man durchaus machen.

Aber die Eventmanager hatte sich etwas Besonderes einfallen lassen, glaubt man den Berichten:

In die weltbekannten Thermen der Stadt durfte man an diesem Abend nur als HM-Mitarbeiter, nur ohne Handy und Kamera und nur mit viel Manneskraft hinein. Auch anwesend waren (sehr) viele Damen, die sehr gut aussahen. Einige stellten auch Geschlechtsverkehr als bezahlte Dienstleistung bereit.

Wie im wahren Leben, war nicht jede Schönheit gleich: Sie hatten alle  farbige Armbändchen an (sonst aber maximal einen Tangaslip). Eine Farbe für “Hostessen”, die nur hübsch aussahen, aber keinen Sex haben wollten, auch nicht gegen Bezahlung. Eine andere für die “Best of the Best”, mit denen man Sex haben durfte, soviel man wollte, wenn man eben zu den “Best oft the Best” der ohnehin anwesenden besten Versicherungsvertreter gehörte, ein weiteres Bändchen schließlich markierte die Damen, die sozusagen für alle zu Diensten waren.

Ob es vorher eine PowerPoint-Präsentation zur Einführung in das System gab, ist nicht überliefert.

Die Damen wurden ordentlich pro Akt bezahlt. STERN stellt das so dar:

“…Alkohol gab es reichlich und zudem habe es mit Tüchern verhängte Himmelbetten gegeben, auf die sich die Gäste mit den Damen hätten zurückziehen können. Nach jedem solchen Treffen hätten die Frauen einen Stempel auf ihren Unterarm erhalten. “So wurde festgehalten, welche Dame wie oft frequentiert wurde”, sagte einer der Teilnehmer…

Ordnung muss eben sein und dass manche sich auch mit viel Alkohol schämen, es in der Öffentlichkeit zu machen, ist ja bekannt.

Die Zahlenangaben schwanken, HM gibt wohl 20 Prostituierte zu, Teilnehmer schätzen eher 100, aber die haben ja auch Alkohol getrunken.

Nebenbei: Die “Top-Vertreter” sind bei der HM wohl allesamt Männer. Auch eine interessante Erkenntnis.

Weil wir in Deutschland sind, musste – als die Sache aufflog – die Orgie von jedem Teilnehmer mit 3.000 EUR als “geldwerter Vorteil” versteuert werden. Ordnung muss auch hier sein. Wie das Finanzamt den “Wert” des Geschlechtsverkehrs ermittelt hat, wird nicht berichtet.

Imagemäßig hat die HM jetzt ein kleines Problem.

Allerdings ist das Ganze arbeitsrechtlich harmlos. Sofern die Vertreter überhaupt Arbeitnehmer waren, haben sie nicht (arbeitsrechtlich) Verbotenes getan. Ob die Vorgesetzten den Ruf des Unternehmens geschädigt haben, mag dahinstehen, ein Kündigungsgrund wäre es eher nicht – sie haben ja alles getan, um die Diskretion zu wahren (Taschenkontrollen, Handyverbot). Ein Zukunftsmodell scheint es mir allerdings dann doch nicht zu sein: Aus irgendwelchen Gründen haben die verantwortlichen Vorgesetzten das Unternehmen verlassen. Ja nun. Wie heißt es doch bei Ergo? “Ich will nicht versichert, sondern betreut werden”. Manchmal ist Betreuung zu viel des Guten. Manchmal bräuchten bestimmte Führungskräfte eine Betreuung, wie Amtsgerichte sie anzuordnen pflegen.

Weblinks

Sexorgie in Budapest (STERN Online): http://www.stern.de/wirtschaft/news/sexaffaere-bei-der-hamburg-mannheimer-live-porno-fuer-herrn-kaiser-1686772.html

“Wie Herr Kaisers Truppe feierte” (Handelsblatt”): http://www.handelsblatt.com/unternehmen/versicherungen/wie-herr-kaisers-truppe-feierte/4193310.html

Zur Bewertung von Tangaslips im Arbeitsrecht: http://www.reuter-arbeitsrecht.de/alltag-im-arbeitsrecht/bustenhalter-tangaslips-fingernagel-unterhaltungen-nicht-in-deutsche-sprache.html

Zu Guter Letzt:

Kollege Dr. Nozar mag es nicht, wenn Frauen ihn anschreien (kann man verstehen): http://drnozar.blogspot.com/2011/05/ich-mag-es-nicht-wenn-frauen-mich.html