Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
19.03.2013

Die perfekte Weihnachtsgeldregelung – der gute Gedanke des Tages

Sonderzahlung, Jahressonderzahlung, Einmalzahlung, Prämie. Nennen Sie es, wie Sie es nennen wollen,. Alle haben eines gemeinsam: Sie leiden am Widerrufsvirus.

Solche meist einmal jährlich erbrachten Leistungen werden traditionell von Arbeitgebern unter Vorbehalte gestellt. Ja, ich zahle Weihnachtsgeld. Aber Du sollst nicht auf die Idee kommen, dass Du es immer bekommen kannst. Vielleicht kann ich es mir ja irgendwann einmal nicht leisten. Dann will ich es nicht zahlen müssen.

Die Leistung ist im Vertrag dann meist mit „freiwillig“, auch bei „wiederholter Zahlung“ ohne Rechtsanspruch oder „jederzeit widerruflich!“ gekennzeichnet.

Dieses wirtschaftlich sinnvolle Verständnis, abgekürzt unter der Überschrift „Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte“ zusammenzufassen, füllt mehrere Bibliotheken juristischer Literatur und leider auch Rechtsprechung. Mit einem Wort ist es nach jahrelangem Niedergang einfach tot. Ob Sie nun finden, dass „freiwillig“ schon intransparent und widersprüchlich ist, weil ja doch ein Anspruch besteht, denn eigentlich ist die Leistung ja zugesagt (putzig: BAG, Urteil vom 30. 7. 2008 – 10 AZR 606/07 – das Wort lag hier auf der Feingoldwaage) oder ob „wirtschaftliche Gründe“ für den Widerruf einer Dienstwagennutzung als so ungenau, intransparent und lächerlich dargestellt werden, dass der frühere Vorsitzende des erkennenden Senats meinte, so eine Klausel gleiche der Regel

Betriebsordnung:

§ 1 Der Arbeitgeber hat immer Recht.

§ 2 Sollte er nicht Recht haben, gilt § 1

(so wörtlich in der Verhandlung – BAG, Urteil vom 13. 4. 2010 – 9 AZR 113/09): In allen Fällen haben Sie einen dauerhaften Anspruch des Arbeitnehmers, entgegen Ihrer ursprünglichen Absicht, weil man Ihnen die Vertragsklausel als unwirksam in die Tonne tritt. Praktischerweise ist immer nur der Widerruf wirksam, nie die Zahlungsverpflichtung. Aber das ist eine andere Diskussion. Schön ist daran nur die Dialektik: Die für Arbeitgeber vernichtenden Entscheidungen werden auch noch – in der Fachpresse wie in Erfurt – meist unter euphemistischen Schlagzeilen wie “BAG bestätigt Wirksamkeit von Widerrufsvorbehalten” (gedanklich: “Nur hat es diesmal wieder im konkreten Fall nicht geklappt”) vermarktet. Das muss wohl so sein.

Jetzt gibt es den Stein der Weisen. Wirklich. Worte zu Gold. Geschildert ist die Klausel vom Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 16.1.2013 – 10 AZR 26/12. Sie lautet:

Weihnachtsgratifikation

50 % bei einer Betriebszugehörigkeit von mind. 6 Monaten

100 % bei einer Betriebszugehörigkeit von 12 Monaten

von der vom Arbeitgeber jeweils pro Jahr festgelegten Höhe der Weihnachtsgratifikation.

Das ist alles?

Ja!

Überlegen Sie mal: Der Arbeitgeber legt also eine Bezugsgratifikation von 100% jährlich nach eigenem Ermessen fest, der Arbeitnehmer bekommt einen Prozentsatz davon, abhängig von der Betriebszugehörigkeit.

Das BAG – findet das in Ordnung.

Ja, wirklich. Die Festlegung erfolge nach § 315 BGB nach billigem Ermessen, keine Intransparenz- oder Benachteiligungsverbote greife, die Klausel ist wirksam. Punkt.

Im Jahr vor der Klage bekam der Kläger über 500 EUR, dann nur zwei Tankgutscheine zu je 25 EUR im Folgejahr. Da könne Sie sich fragen: Wäre der Arbeitgeber mit einem Widerrufsvorbehalt besser gefahren? Natürlich nicht.

Merken Sie sich diese Gestaltung.

Ich merke sie mir auch.