Rechtsanwalt Udo Schwerd

Udo Schwerd
81379, München
Rechtsgebiete
Steuerrecht Handelsrecht und Gesellschaftsrecht Erbrecht
03.10.2020

Unverhältnismäßig hohe Geschäftsführervergütung einer gemeinnützigen Körperschaft

Eine unverhältnismäßig hohe Geschäftsführervergütung einer gemeinnützigen Körperschaft kann zum Wegfall des Status der Gemeinnützigkeit führen. Zur Feststellung von Mittelfehlverwendungen i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO durch überhöhte Vergütungen an den Geschäftsführer einer gemeinnützigen Körperschaft sind die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) zu berücksichtigen. Maßstab des externen Fremdvergleichs sind dabei die für vergleichbare Tätigkeiten auch von Wirtschaftsunternehmen gewährten Vergütungen. Gewährt die Körperschaft ihrem Geschäftsführer eine Versorgungszusage, die über eine Unterstützungskasse erfüllt wird, ist der für den Geschäftsführer liegende Vorteil in Höhe der fiktiven Jahresnettoprämie in die Gesamtausstattung einzubeziehen. Ein Entzug der Gemeinnützigkeit ist bei kleineren Verstößen gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 AO unverhältnismäßig (Bagatellvorbehalt).

Inhalt:

1. Gemeinnützigkeit einer Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH (gGmbH)

Mit dem Urteil vom 12.03.2020 (Az. V R 5/17) entschied der BFH in einem Rechtsstreit zwischen einer GmbH und dem Finanzamt über die Frage, ob diese in den Jahren 2005 bis 2010 (Streitjahre) als gemeinnützige Körperschaft anzuerkennen ist.

Zum Sachverhalt des BFH-Urteils vom 12.03.2020

Die Gründung der GmbH erfolgte durch den eingetragenen Verein X e.V. und die Y-GmbH mit jeweils 25 % Anteil am Stammkapital sowie unter Beteiligung des Fördervereins A e.V. mit 50 % Anteil am Stammkapital. Laut Gesellschafterliste gehörten die Anteile zuletzt dem Förderverein A e.V. und dem B e.V. zu jeweils 50 %.

Die Klägerin engagiert sich in der psychiatrischen Arbeit und erbringt in erster Linie Leistungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialbranche, indem sie entsprechende Einrichtungen (Kliniken u.a.) errichtet, betreibt, saniert, übernimmt und berät. Finanziert werden die Leistungen zu einem großen Teil über die Kranken- und Pflegekasse sowie aus Zuschüssen der Stadt. Im wesentlichen handelte es sich um Katalogleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V), der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII), der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX), der sozialen Pflegeversicherung (SGV XI) und der Sozialhilfe (SGB XII).

In den Streitjahren 2005 bis 2008 war die GmbH durch einen Freistellungsbescheid zur Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer wegen der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege, Wohlfahrtwesens und mildtätiger Zwecke als gemeinnützig anerkannt.

Als Geschäftsführer der GmbH fungierte seit dem 01.12.1998 ein ausgebildeter Sozialarbeiter, zu dessen Aufgaben u.a. die Leitung und Ausgestaltung neuer Projekte, die Verhandlung mit Kostenträgern sowie die psychiatrisch-sozialtherapeutische inhaltliche Arbeit gehörte. In seinem Anstellungsvertrag war eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden festgelegt, wobei Mehrarbeit mit dem Grundgehalt (DM 168.000) abgegolten sein sollte. Am Jahresende entschieden die Gesellschafter über die Zahlung einer leistungsabhängigen Pauschale in Höhe von DM 12.000. Außerdem stellte die GmbH dem Geschäftsführer einen Firmenwagen der Mittelklasse zur Verfügung, mit Erlaubnis zur privaten Nutzung. Weiterhin schloss die GmbH eine betriebliche Rentenversicherung für den Geschäftsführer ab.

Details zur Geschäftsführervergütung

Zum 01.01.2008 erfolgte eine Änderung des Anstellungsvertrages dergestalt, dass dem Geschäftsführer auch die Übernahme der Geschäftsführungen bei dem Förderverein A e.V. und bei dem Verein B e.V. sowie bei der C-GmbH gestattete. Seitdem erhielt der Geschäftsführer für seine Tätigkeit und unter Berücksichtigung der zusätzlich übernommenen Geschäftsführertätigkeit ein jährliches Grundgehalt in Höhe von EUR 140.000 nebst einer Leistungsvergütung in Höhe von EUR 34.000. Eine Gehaltsanpassung war nach jeweils zwei Jahren vorgesehen. Weiterhin wurde vereinbart, dass die Kosten für die private Unfallversicherung von der Gesellschaft (Klägerin) übernommen werden, die von ihr bisher getragene Lebensversicherung Bestandteil der betrieblichen Altersversorgung bleibt und die Gesellschaft ihrem Geschäftsführer zusätzlich eine betriebliche Altersvorsorge in Form einer Unterstützungskassenzusage gewährt. Diese beinhaltet die Zahlung einer Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahrs von monatlich EUR 5.150 sowie Witwenrente (EUR 3.090) und Waisenrente (EUR 515 € bzw. 1.030). Hierfür zahlte die GmbH an die Unterstützungskasse Beiträge in Höhe von jährlich EUR 49.801 (2008), EUR 74.017 (2009) und EUR 87.928 (2010).

Zum 01.01.2010 erfolgte eine weitere Änderung des Anstellungsvertrages dahingehend, dass das Grundgehalt auf EUR 162.000 erhöht und eine Leistungsvergütung von EUR 18.000 vereinbart wurde. Die betriebliche Rentenversicherung wurde auf 75 % der Ansprüche des letzten Grundgehalts erhöht.

Bedenken des Finanzamts hinsichtlich der Angemessenheit des Geschäftsführergehalts

Nachdem das Finanzamt (FA) im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 1999 bis 2001 bereits Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit des Geschäftsführergehalts geäußert hatte, hieraus aber keine steuerlichen Konsequenzen zog (vgl. Betriebsprüfungsbericht vom 24.08.2005), führte es zwei weitere Betriebsprüfungen durch, u.a. auch zur Angemessenheit der Geschäftsführergehälter. Diese Betriebsprüfungen betrafen die Streitjahre 2005 bis 2008 (Betriebsprüfungsbericht vom 20.03.2012) und die Streitjahre 2009 bis 2010 (Betriebsprüfungsbericht vom 11.11.2016).

Die nachfolgende Tabelle gibt die Summe der Geschäftsführergehälter und geldwerten Vorteile (sog. Gesamtausstattung) des Geschäftsführers in den Streitjahren wie folgt wider:

200520062007200820092010
Grundgehalt136.211132.705137.348193.763192.882195.307
Beiträge an Unterstützungskasse49.80174.01787.928
Gesamtausstattung136.211132.705137.348243.564266.89283.235

Für seine Tätigkeit als Geschäftsführer des FV A e.V. erhielt er weiterhin ein Jahresbruttogrundgehalt in Höhe von EUR 36.958,44 (2005), EUR 35.418,45 (2006) und EUR 36.888,96 (2007) gezahlt. Für die Tätigkeit als Geschäftsführer bei B e.V., D-GmbH sowie C-GmbH erhielt er keine gesonderte Vergütung.

Die Umsätze, der Jahresüberschuss und die Zahl der Mitarbeiter (Arbeiter und Angestellte) der GmbH entwickelten sich wie folgt:

StreitjahreUmsätzeJahresüberschussMitarbeiter
EUREUR
20057,7 Mio.6.6273
20068,1 Mio.33.1623
20078,8 Mio.161.733188
200813,4 Mio.488.651290
200913,9 Mio.928.487452
201015,2 Mio.783.264449

Auf der Grundlage dieser Feststellungen und unter Berücksichtigung einer Studie des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPWV) Berlin zu Bezügen von Geschäftsführern gemeinnütziger Körperschaften in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin (sog. DPWV-Gutachten) war die Betriebsprüfung der Auffassung, dass die Bezüge des Geschäftsführers unangemessen hoch seien.

Feststellung gemeinnützigkeitsschädlicher Mittelfehlverwendungen

In Höhe der Differenz zwischen den angemessenen Bezügen und den tatsächlich gezahlten Bezügen lägen gemeinnützigkeitsschädliche Mittelfehlverwendungen in Höhe von

  • EUR 78.169 (2005),
  • EUR 76.629 (2006)
  • EUR 79.236 (2007) und
  • EUR 128.465 (2008) vor.

Auch für die Streitjahre 2009 und 2010 stellte das FA ungeachtet der deutlich höheren Umsätze, Jahresüberschüsse und Mitarbeiterzahlen gemeinnützigkeitsschädliche Mittelfehlverwendungen fest:

  • EUR 128.899 (2009);
  • EUR 145.234 (2010).

Entzug des Status der Gemeinnützigkeit durch das FA

Daraufhin entzog das FA der Klägerin den Status der Gemeinnützigkeit und erließ am 20.08.2012 sowie am 23.08.2012 für die Streitjahre 2005 bis 2008 geänderte Bescheide. Für die Streitjahre 2009 und 2010 folgte das FA den eingereichten Steuererklärungen nicht mehr und erließ am 22.10.2012, am 24.10.2012 und am 07.11.2012 die streitgegenständlichen Bescheide dieser Veranlagungszeiträume.

2. Entscheidungsgründe zum Urteil des BFH vom 12.03.2020

Die Revision der GmbH ist nur teilweise hinsichtlich der Streitjahre 2006 und 2007 begründet. Im Übrigen ist dagegen unbegründet.

Die im Streitfall einschlägigen Steuerbefreiungen und -vergünstigungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 2 Nr. 2 SolZG, § 3 Nr. 6 GewStG und § 12 Abs. 2 Nr. 8 a) UStG setzen voraus, dass die Körperschaft nach der Satzung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken diente (§§ 52, 55, 63 AO).

Gemeinnützigkeit gem. § 52 Abs. 1 S. 1 AO

Nach § 52 Abs. 1 S. 1 AO muss die Tätigkeit der Körperschaft auf die selbstlose Förderung der Allgemeinheit gerichtet sein. Dies ist der Fall, wenn die Körperschaft in erster Linie keine eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt und die übrigen in § 55 Abs. 1 AO genannten Voraussetzungen erfüllt werden.

Verbot der Mitgliederbegünstigung

Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 AO dürfen die Mitglieder oder Gesellschafter keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten (sog. Verbot der Mitgliederbegünstigung).

Drittbegünstigungsverbot

Hierzu wird in § 55 Abs. 1 Nr. 3 2. Alt. AO ergänzend und erweiternd bestimmt, dass die Körperschaft keine Person durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen darf (sog. Drittbegünstigungsverbot).

Ob unverhältnismäßig hohe Vergütungen gewährt wurden, ist durch einen Fremdvergleich zu ermitteln. „Unverhältnismäßig“ in § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO hat im Grundsatz dieselbe Bedeutung wie „unangemessen“ im Bereich der verdeckten Gewinnausschtüttung (vGA) gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Die Unverhältnismäßigkeit der Vergütung ist deshalb im Regelfall entsprechend den Grundsätzen der vGA zu bestimmen.

Zur Feststellung einer vGA durch ein überhöhtes Geschäftsführergehalt kann dieses entweder mit den Entgelten verglichen werden, die Geschäftsführer oder Arbeitnehmer des betreffenden Unternehmens beziehen (interner Fremdvergleich) oder mit den Entgelten, die unter gleichen Bedingungen an Fremdgeschäftsführer anderer Unternehmen gezahlt werden (externer Fremdvergleich).

BFH, Urteil vom 05.10.1994. I R 50/94).

Beide Vergleiche beziehen sich auf die Gesamtausstattung des Geschäftsführers, also alle Vorteile, die der Geschäftsführer im maßgeblichen Veranlagungszeitraum von der Gesellschaft oder von Dritten für deren Rechnung bezieht.

BFH, Urteil vom 04.06.2003 (I R 24/02); Urteil vom 04.06.2003 (I R 38/02)

Zu erfassen sind neben Gehältern, Weihnachts- und Urlaubsgeld, Versicherungsbeiträgen auch die PKW-Nutzung und Pensionszusagen

BFH, Urteil vom 11.09.2013 (I R 26/12); Urteil vom 11.09.1968 (I 89/63).

Pensionszusagen sind allerdings nicht mit dem jeweiligen Rückstellungsbetrag in die Gesamtausstattung einzubeziehen, sondern lediglich mit der fiktiven Jahresnettoprämie für eine entsprechende Versicherung. Die fiktive Jahresnettoprämie entspricht dem Jahresbetrag einer „gedachten“ Versicherung bis zum vorgesehenen Versorgungsalter ohne Berücksichtigung von Abschluss- und Verwaltungskostenzuschlägen und unter Beachtung der Rechnungsgrundlagen des § 6a EStG, insbesondere dem dort bestimmten Rechnungszinsfuß von 6 %.

BFH, Urteil vom 31.03.2004 (I R 70/03); Urteil vom 27.02.2003 (I R 46/01); Urteil vom 04.08.1959 (I 4/59 S)

Für die Angemessenheit von Geschäftsführerbezügen gibt es nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung keine festen Regeln. Die obere Grenze für die Angemessenheit der Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist im Einzelfall durch Schätzung (§ 162 AO) zu ermitteln. Dabei können innerbetriebliche und außerbetriebliche Merkmale einen Anhaltspunkt für diese Schätzung bieten. Im Rahmen außerbetrieblicher Merkmale ist es zulässig, Gehaltsstrukturuntersuchungen zu berücksichtigen (BFH, Urteil vom 10.07.2002, I R 37/01; BFH, Beschluss vom 14.07.1999, I B 91/98).

Es ist jedoch zu beachten, dass häufig nicht nur ein bestimmtes Gehalt als angemessen angesehen werden kann. Vielmehr kann sich der Bereich des Angemessenen auf eine gewisse Bandbreite von Beträgen erstrecken; unangemessen sind nur diejenigen Bezüge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen.

BFH, Urteil vom 24.08.2011, I R 5/10; BFH, Urteil vom 15.12.2004, I R 79/04

Keine Besonderheiten für gemeinnützige Körperschaften bei der Prüfung der Angemessenheit

Für die Prüfung der Angemessenheit von Geschäftsführergehältern bei gemeinnützigen Organisationen gelten keine Besonderheiten. Die Vergütung des Geschäftsführers einer gemeinnützigen Organisation kann auch dann noch angemessen sein (nicht unverhältnismäßig i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO), wenn sie den Gehältern für eine vergleichbare Tätigkeit auch von nicht steuerbegünstigten Unternehmen entsprechen.

Schätzung des angemessenen Gehalts obliegt grundsätzlich dem Finanzgericht

Die Schätzung des angemessenen Gehalts obliegt grundsätzlich dem Finanzgericht (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Es zählt zum Bereich der vom Finanzgericht zu treffenden und somit bindenden Sachverhaltsfeststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO), welchen Kriterien der Vorrang zur Beurteilung der Angemessenheit der Geschäftsführervergütung im Einzelfall beizumessen ist.

BFH, Urteil in BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549

Dies gilt selbst dann, wenn sich aus den vorhandenen Schätzungsgrundlagen gleichermaßen andere Beträge hätten ableiten lassen.

BFH, Urteil vom 27.02.2003, I R 80, 81/01

Die Schätzung des Finanzgerichts kann im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob das Gericht verfahrensfehlerfrei vorgegangen ist, ob es insbesondere alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt und ob es diese Umstände ohne Denkfehler oder Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze ausgewertet hat.

BFH, Beschluss vom 24.10.1995, I B 14/95

Ist dies geschehen, so hat sie auch dann Bestand, wenn sich aus den vorhandenen Schätzungsgrundlagen andere Beträge hätten ableiten lassen.

BFH, Urteil in BFHE 202, 241; Urteil vom 28.06.1989, I R 89/85

Externer Fremdvergeich anhand BBE-Studie

Als Ausgangspunkt für die Feststellung der Unangemessenheit des Geschäftsführergehalts im Rahmen des (externen) Fremdvergleichs hat das Finanzgericht zu Recht die Werte der sog. BBE-Studie herangezogen (BFH, Urteil vom 18.12.2002, I R 85/01). Diese Studie gehört neben der sog. Kienbaum-Studie zu den verbreitetsten Gehaltsstrukturuntersuchungen und erfasst nicht nur monetäre Bezüge, sondern auch nicht monetäre Vergütungsbestandteile, wie z.B. Beiträge zur Pensionsrückstellung. Der in den BBE-Studien verwendete Begriff der „Jahresgesamtbezüge“ erfasst somit dieselben Vergütungen wie der nach BFH-Rechtsprechung für die Prüfung der Angemessenheit von Geschäftsführerbezügen maßgebliche Begriff der „Gesamtausstattung“.

Im Ergebnis hat das Finanzgericht auch zu Recht entschieden, dass im Rahmen der für Dienstleister in der Gesundheitsbranche ausgewiesenen Vergütungen nicht der Maximalwert (Höchstwert) oder der Medianwert, sondern der Betrag des oberen Quartils maßgebend ist. Das obere Quartil ist nach der Definition der BBE-Studie ein rechnerischer Wert, bei dem 25 % der Befragungsergebnisse über, der Rest unter diesem Wert liegen. Um diesen und nicht den Medianwert (bei dem 50 % der Befragungsergebnisse darüber, 50 % darunter liegen) anzuwenden, bedarf es zwar besonderer Umstände (vgl. hierzu FG Saarland, Urteil vom 26.01.2011, 1 K 1509/07, EFG 2011, 1541; FG München, Urteil vom 09.02.2000, 7 K 3746/98), diese liegen im Streitfall aber vor.

Besondere, für die Anwendung des oberen Quartils rechtfertigende Umstände sind gegeben, wenn das betreffende Unternehmen nach Umsätzen und Gewinnen zu den Vergleichsunternehmen des oberen Quartils der Gehaltsstrukturuntersuchungen gehört.

BFH, Urteil vom 15.12.2004 , I R 79/04

Zulässiger Abschlag bei Mehrfach-Geschäftsführung

Gehaltsstrukturuntersuchungen stellen nur einen „einigermaßen repräsentativen und verlässlichen Überblick über die im jeweiligen Untersuchungszeitraum gezahlten Geschäftsführergehälter“ dar und schaffen erst unter Berücksichtigung von Zu- und Abschlägen eine hinreichend aussagekräftige Grundlage für die Gehaltsschätzung (BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 822). Ist Geschäftsführer auch Geschäftsführer anderer Firmen (Mehrfach-Geschäftsführung), ist ein Abschlag auf die durch Fremdvergleich ermittelte Vergleichsvergütung gerechtfertigt.

Da nicht nur ein bestimmtes Gehalt als „angemessen“ angesehen werden kann, sondern der Bereich des Angemessenen sich auf eine gewisse Bandbreite erstreckt, sind unangemessen nur diejenigen Bezüge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen (BFH, Urteil vom 17.02.2010, I R 79/08; Urteil vom 26.05.2004, I R 93/03; Urteil vom 11.08.2004, I R 40/03).

Eine nur geringfügige Überschreitung der Angemessenheitsgrenze begründet noch keine vGA; diese liegt erst bei einem „krassen Missverhältnis“ der Gesamtvergütung vor. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Angemessenheitsgrenze um mehr als 20 % überschritten wird.

BFH, Urteil vom 28.06.1989, I R 89/85; FG Köln, Urteil vom 22.02.1996, 13 K 4559/90; BMF-Schreiben vom 14.10.2002, IV A 2-S 2742-62/02, BStBl I 2002, 972

Verlust des Status der Gemeinnützigkeit nicht in jedem Fall unverhältnismäßig hoher Geschäftsführervergütung

Eine unverhältnismäßig hohe Geschäftsführervergütung und die damit verbundene Mittelfehlverwendungen rechtfertigt jedoch nicht in jedem Fall den Verlust der Gemeinnützigkeit. Die Versagung als „qualitativer Sprung“ muss auch dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen. Bei kleineren, einmaligen Verstößen gegen Gemeinnützigkeitsvorschriften scheidet eine Entziehung der Steuervergünstigung aus.

Während der Senat die Geltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips beim Entzug der Gemeinnützigkeit bislang offengelassen hat (vgl. BFH, Urteil vom 14.03.2018, V R 36/16), schließt er sich dem Schrifttum jedenfalls für geringfügige Verstöße gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 AO an. Beim Entzug des Status der Gemeinnützigkeit handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip und der ihm innewohnende Bagatellvorbehalt stellen daher ein unverzichtbares Korrektiv dar, um in Einzelfällen die einschneidende Rechtsfolge des Verlusts der Gemeinnützigkeit auszuschließen.

BFH Urteil v. 12.03.2020, V R 5/17


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