Rechtsanwalt Udo Schwerd

Udo Schwerd
81379, München
Rechtsgebiete
Steuerrecht Handelsrecht und Gesellschaftsrecht Erbrecht
07.06.2022

Grundsteuerreform 2022

Die Grundsteuerreform 2022 gehört zu den großen Themen in diesem Jahr. Nicht nur Eigentümer von Immobilien sind aufgefordert, sich mit den Details zur Neuregelung der Grundsteuer in Deutschland zu beschäftigen. Dabei gibt es einiges zu beachten, damit die neue Grundsteuer ab 2025 nicht aus dem Ruder läuft.

Immobilien in MünchenGrundstücke und Gebäude am Marienplatz in München

Inhalt:

  1. Was ist die Grundsteuer?
  2. Warum war die Grundsteuerreform 2022 erforderlich?
  3. Bestandteile der Grundsteuerreform 2022
  4. Welche Arten von Immobilien sind zu unterscheiden?
  5. Wie erfolgt künftig die Berechnung der Grundsteuer?
  6. Ab wann ist die Grundsteuerreform 2022 wirksam?

1. Was ist die Grundsteuer?

Die Grundsteuer fließt den Städten und Gemeinden Deutschlands als Einnahmen zu. Sie zählt zu den wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. Hieraus finanzieren sie wichtige Investitionen in die örtliche Infrastruktur sowie den Bau und Betrieb von Schulen, Kitas, Schwimmbäder oder Büchereien.

Die Grundsteuer wird von den Grundstückseigentümern auf deren Grundbesitz in Deutschland erhoben. Die Höhe der Grundsteuer ist einerseits vom Grundstückswert und der Steuermeßzahl abhängig, andererseits vom Hebesatz der Städte und Gemeinden, in denen sich das Grundstück befindet.

In die Wertermittlung fließen verschiedene Faktoren ein, insbesondere die Größe des Grundstücks, die Art des Grundstücks, das Alter der Gebäude im Falle eines bebauten Grundstücks und der Bodenrichtwert.

2. Warum war die Grundsteuerreform 2022 erforderlich?

Mit Urteil vom 10. April 2018 (1 BvL 11/14 u.a.) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die Regelungen im Bewertungsgesetz zur Einheitsbewertung von Grundvermögen in den „alten“ Bundesländern jedenfalls seit dem 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar sind. Zur Begründung gab das BVerfG an, das ein Festhalten an den Einheitswerten von 1964 zu gravierenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen führt. Dies liegt daran, dass sich die Werte seit 1935 (in den neuen Bundesländern) bzw. 1964 (in den alten Bundesländern) sehr unterschiedlich entwickelt und im Ergebnis von den tatsächlichen Werten entkoppelt haben. Für diese Ungleichbehandlung gäbe es keine ausreichende Rechtfertigung.

Das Urteil des BVerfG war verbunden mit der Aufforderung, dass der Gesetzgeber spätestens bis zum 31.12.2019 eine Neuregelung der Grundsteuer (Grundsteuerreform) zu treffen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt erklärte das BVerfG die verfassungswidrigen Regeln für weiter anwendbar. Nach Verkündung einer Neuregelung der Grundsteuer konnten sie für weitere fünf Jahre ab Verkündung, längstens aber bis zum 31.12.2024 angewandt werden.

Daher stehen wir jetzt vor der Mammutaufgabe, alle Immobilien in Deutschland neu zu bewerten, um ab 01.01.2025 mit neuen Grundsteuerwerten zu starten. Darüber hinaus ist die Bewertung alle sieben Jahre zu aktualisieren. Auch das ist eine Forderung des BVerfG.

3. Bestandteile der Grundsteuerreform 2022

Der Gesetzgeber hat die Aufforderung des BVerfG zur Neuregelung der Grundsteuer wie folgt umgesetzt:

Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts

Das Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts enthält u. a. die neuen Bewertungsregeln für Zwecke der Grundsteuer auf Bundesebene. Es sieht vor, dass sämtliche Grundstücke in Deutschland auf den Stichtag zum 01.01.2022 neu zu bewerten sind, d. h. mit den am 01.01.2022 bestehenden Verhältnissen.

In diesem Sinne sind die Eigentümer verpflichtet, ab dem 01.07.2022 bis spätestens 31.10.2022 für jedes in ihrem Besitz befindliche Grundstück eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts elektronisch an das Finanzamt zu übermitteln. Hierfür ist die Verwendung des Portals „Mein ELSTER“ möglich, wobei die elektronischen Formulare voraussichtlich ab 01.07.2022 zur Verfügung stehen.

Für einfache Sachverhalte (unbebaute Grundstücke, Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen) steht in den Ländern, die das Bundesmodell anwenden, ab Juli 2022 unter www.grundsteuererklaerung-fuer-privateigentum.de eine vereinfachte elektronische Übermittlungsmöglichkeit für die Steuererklärung zur Verfügung.

Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung

Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung räumt der Bund den Städten und Gemeinden das Recht ein, ab 01.01.2025 aus städtebaulichen Gründen auf unbebaute und baureife Grundstücke einen erhöhten Hebesatz festzulegen.

Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes (Artikel 72, 105 und 125b)

Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes (Artikel 72, 105 und 125b) wurde die Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Grundgesetz festgeschrieben. Gleichzeitig haben die Länder das Recht, bei der Grundsteuer eigene, vom Bundesgesetz abweichende landesrechtliche Regelungen einzuführen. Von dieser Möglichkeit haben die Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen Gebrauch gemacht. Das Saarland und Sachsen wenden grundsätzlich das Bundesmodell an, haben allerdings vom Bundesgesetz abweichende Steuermesszahlen eingeführt.

4. Welche Arten von Immobilien sind zu unterscheiden?

Eine in der Praxis wichtige Unterscheidung differenziert bei den Immobilien nach ihrer Nutzung zwischen Gewerbeimmobilien, Geschäftshäusern und Wohnhäusern. Dazwischen liegen die gemischt genutzten Wohn- und Geschäftshäuser. Bei der Bewertung einer Immobilie für steuerliche Zwecke erfolgt in § 181 BewG eine Unterscheidung zwischen Ein- und Zweifamilienhäusern, Mietwohngrundstücken, Wohnungs- und Teileigentum, Geschäftsgrundstücken, gemischt genutzten Grundstücken und sonstigen bebauten Grundstücken. Aktuell gibt es in Deutschland rund 18,7 Millionen Wohngebäude, in denen sich etwa 40 Millionen Wohnungen befinden.

Die Grundsteuerreform 2022 betrifft nicht nur Grundstücke für Wohnzwecke, sondern auch gewerblich bzw. land- und fortwirtschaftlich genutzte Grundstücke. Anders als bei Grundstücken für Wohnzwecke werden für gewerblich bzw. land- und fortwirtschaftlich genutzte Grundstücke keine statistischen Daten erhoben, die für die Bewertung genutzt werden könnten.

Für gewerblich genutzte Grundstücke soll sich die Grundsteuer am vereinfachten Sachwertverfahren orientieren, das für die Wertermittlung auf die gewöhnlichen Herstellungskosten für die jeweilige Gebäudeart und den Bodenrichtwert abstellt.

Bei der Bewertung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft (sogenannte Grundsteuer A) soll es beim Ertragswertverfahren bleiben, das jedoch vereinfacht und typisiert wird.

5. Wie erfolgt künftig die Berechnung der Grundsteuer?

Die bisherige Berechnung der Grundsteuer basierte auf sogenannten Einheitswerten, die in den meisten Fällen schon seit vielen Jahrzehnten nicht mehr angepasst wurden.

An dem bisherigen grundlegenden System zur Ermittlung der Grundsteuer ändert sich nichts, d.h. die Berechnung erfolgt auch zukünftig in drei Schritten: Wert des Grundbesitzes x Steuermesszahl x Hebesatz.

Im ersten Schritt erfolgt die Ermittlung des Grundstückswerts. Zu den wesentlichen Faktoren gehören der jeweilige Bodenrichtwert und die Höhe der statistisch ermittelten Nettokaltmiete, die u. a. von der sogenannten Mietniveaustufe der jeweiligen Städte und Gemeinden abhängig ist. Weitere Faktoren sind die Grundstücksfläche, Grundstücksart und das Alter des Gebäudes.

Im zweiten Schritt sind die Wertsteigerungen seit 1935 (alte Bundesländer) bzw. seit 1964 (neue Bundesländer) auszugleichen. Dazu wird die Steuermesszahl etwa auf 1/10 des bisherigen Werts gesenkt. Sozialer Wohnungsbau sowie kommunales und genossenschaftliches Wohnen werden zukünftig auch über die Grundsteuer gefördert.

Im dritten Schritt sollen die Städte und Gemeinden ihre Hebesätze so anpassen, dass die Einnahmen aus der Grundsteuer auf dem aktuellen Niveau von rund 15 Milliarden Euro verbleiben.

In die Berechnung der künftigen Grundsteuer fließen nur noch wenige, vergleichsweise einfach zu ermittelnde Parameter ein. Bei Wohngrundstücken geht es konkret um die folgenden fünf Parameter: Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Immobilienart, Alter des Gebäudes, Wohn-/Nutzfläche. Bei Gewerbegrundstücken sinkt die Zahl der Parameter von bisher mehr als 30 auf maximal acht.

6. Ab wann ist die Grundsteuerreform 2022 wirksam?

Die auf Grundlage der neuen Grundstückswerte berechnete Grundsteuer ist ab dem 01.01.2025 gültig und zu zahlen. Dies gilt auch für die Grundsteuer, deren Berechnung auf Grundlage von abweichendem Landesrecht berechnet und erhoben wird.

Die Berechnung der neuen Grundsteuer ab 01.01.2025 ist heute noch nicht möglich. Zunächst müssen die Werte der Grundstücke festgestellt werden. Vermutlich wird es noch bis in den Herbst 2024 hinein dauern, bis für alle Grundstückseigentümer die konkrete Höhe der jeweiligen Grundsteuer feststeht.

Bis zum 31.12.2024 erfolgt die Erhebung der Grundsteuer noch auf Grundlage der zuletzt festgestellten Einheitswerte.

Bild von Michael Siebert auf Pixabay


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