Im ARD-Hauptstadtstudio hat es über mehrere Jahre illegale Leiharbeit gegeben. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) hat dort einen Tonassistenten unzulässig als Scheinselbstständigen beschäftigt, wie das Sozialgericht (SG) Berlin in einem am Mittwoch, 08.10.2014, veröffentlichten Urteil feststellte (AZ: S 81 KR 280/12). Der Fall zeigt, dass sich Scheinselbstständige mit einem sogenannten Statusfeststellungsverfahren auch noch rückwirkend ihre gesetzlichen Rentenansprüche aufbessern können. Der RBB muss die Sozialabgaben nachzahlen.
Der Tonassistent arbeitete seit 2007 im Hauptstadtstudio der ARD für den RBB. Vermittelt worden war er durch eine GmbH, die verschiedene Rundfunkdienstleistungen anbietet. Sein Geld – pauschal 125,00 € pro Arbeitstag – erhielt er von der GmbH, diese rechnete dann mit einem Aufschlag von 10,00 € mit dem RBB ab.
Im März 2010 leitete der Tonassistent ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ein. In solch einem Verfahren prüft die Rentenversicherung, ob ein Beschäftigter sozialversicherungsrechtlich als Arbeitnehmer oder als Selbstständiger gilt oder gegolten hat.
Hier stellte die Rentenversicherung fest, dass es sich um Scheinselbstständigkeit gehandelt hat und der Tontechniker sozialversicherungspflichtig war. Von der GmbH verlangte die Rentenversicherung eine Nachzahlung der Sozialbeiträge. Damit war die GmbH nicht einverstanden und klagte.
Das SG Berlin bestätigte nun zwar, dass Scheinselbstständigkeit vorlag. Der Tontechniker sei vollständig in die Betriebsabläufe des ARD-Hauptstadtstudios eingegliedert gewesen. Dort habe er weisungsgebunden nach den Vorgaben des Aufnahmeleiters gearbeitet. Wie die regulären Mitarbeiter habe er an den Teambesprechungen teilgenommen und sei in die Dienstpläne aufgenommen worden. Wegen des festen Tagessatzes habe ein unternehmerisches Risiko nicht bestanden.
Arbeitgeber war allerdings nicht die GmbH, sondern der RBB. Zwar habe der RBB kein Arbeitsverhältnis begründen wollen; die Vertragskonstruktion mit der GmbH war aber illegal, urteilte das SG Berlin. Denn die GmbH habe keine Erlaubnis für die Arbeitnehmerüberlassung gehabt. Nach den Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes führe dies dazu, dass ein Arbeitsverhältnis des Tontechnikers unmittelbar mit dem RBB zustande gekommen sei, heißt es in dem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 28.08.2014.
Motiv für die illegale Konstruktion war nach Überzeugung des SG Berlin der Kostendruck im ARD-Hauptstadtstudio. Der RBB habe sich so die Sozialabgaben und den Aufwand für die Lohnbuchhaltung gespart. Die von einem Toningenieur geführte GmbH habe sich darauf offenbar eingelassen, um anderweitige Aufträge nicht zu gefährden.
Seit 2010 führt der RBB Sozialabgaben für den Tontechniker ab. Wer erhält ein Tageshonorar von 200,00 € brutto beziehungsweise 135,00 € netto. Bis August 2010 war der Tontechniker auch noch im Nachbarstudio eines anderen öffentlich-rechtlichen Senders tätig. Ob auch dieser Sender nun Sozialabgaben nachzahlen muss, hatte das SG Berlin nicht zu entscheiden.
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