Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
04.12.2019

Kein Arbeitgeber-Schmerzensgeld für Sturz auf Betriebsgelände

Arbeitgeber müssen für Unfälle auf dem Betriebsgelände grundsätzlich keinen Schadenersatz und Schmerzensgeld an den Arbeitnehmer zahlen. Auch wenn Beschäftigte auf ihrem Weg zum Arbeitsplatz aber schon auf dem Betriebsgelände stürzen, liegt ein Arbeitsunfall vor, so dass die eingeschränkte Unternehmerhaftung greift, urteilte am Donnerstag, 28.11.2019, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ: 8 AZR 35/19). Schadenersatz und Schmerzensgeld komme nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber den Unfall und auch die Verletzungen vorsätzlich herbeigeführt hat.

Im konkreten Fall ging es um einen Sturz einer Pflegefachkraft eines Seniorenpflegeheims im Raum Rosenheim. Die Frau hatte am 07.12.2016 ihr Auto kurz vor Dienstbeginn außerhalb des Heimgeländes geparkt. Zu Fuß ging sie dann über das Betriebsgelände zu einem Nebeneingang des Heims.

Als sie auf dem nicht gestreuten, nach ihren Angaben eisglatten Weg stürzte, erlitt sie einen Außenknöchelbruch am Bein. Die Berufsgenossenschaft erkannte den Sturz als Arbeitsunfall an und kam für die Behandlungskosten und die Zahlung von Verletztengeld auf.

Zusätzlich verlangte die Pflegefachkraft von ihrem Arbeitgeber wegen des nicht gestreuten Weges Schmerzensgeld von mindestens 10.000,00 €. Wegen ihrer Erkrankung habe ihr Mann, ein Geschäftsführer einer GmbH die Kinder versorgen müssen. Wegen des damit verbundenen Verdienstausfalls ihres Ehemannes forderte sie weitere 75,00 € pro aufgebrachte Stunde, insgesamt 18.750,00 €. Schließlich sollte der Pflegeheimbetreiber noch 750,40 € für angefallene Fahrkosten zu Ärzten und Therapeuten bezahlen.

Schon das Landesarbeitsgericht (LAG) München hatte die Klage mit Urteil vom 27.11.2018 abgewiesen (AZ: 7 Sa 365/18). Der Pflegeheimbetreiber könne sich auf seine eingeschränkte Unternehmerhaftung berufen, die Arbeitgebern im Zuge der von ihnen allein finanzierten gesetzlichen Unfallversicherung gewährt wird. Nach diesem sogenannten Haftungsprivileg müsse der Arbeitgeber für Arbeitsunfälle in der Regel nicht haften.

Etwas anderes gelte nur, wenn der Unfall vorsätzlich herbeigeführt wurde oder auf einem versicherten Arbeitsweg geschah, etwa auf einem öffentlichen Gehweg vor dem Betriebsgebäude, den das Unternehmen streuen muss.

Diese Auffassung bestätigte nun auch das BAG. Hier habe sich der Sturz auf dem Betriebsgelände ereignet, so dass ein regulärer Arbeitsunfall vorlag. Wegen der in solch einem Fall bestehenden eingeschränkten Unternehmerhaftung müsse der Arbeitgeber kein Schadenersatz und Schmerzensgeld zahlen. Dies wäre nur der Fall, wenn der Arbeitgeber den Sturz auf dem Betriebsgelände und die dadurch erlittenen Verletzungen vorsätzlich beabsichtigt hätte.

Habe der Arbeitgeber den Unfall auf dem Arbeitsweg, also außerhalb des Betriebsgeländes, herbeigeführt, komme es auf den Vorsatz dagegen nicht an. Wie bei allen Grundstückseigentümern, die ihrer Streupflicht für einen öffentlichen Gehweg nicht nachkommen, könne der Arbeitnehmer dann auch Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend machen.

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