Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
16.07.2019

Gerüchteküche in WhatsApp-Chat um Vergewaltigung begründet fristlose Kündigung

Arbeitnehmer sollten in einem WhatsApp-Chat mit einer Kollegin sich bei der Verbreitung von Gerüchten zurückhalten. Bezeichnet eine Beschäftigte dabei den Vater des Geschäftsführers fälschlicherweise als „verurteilten Vergewaltiger“, stellt dies eine „üble Nachrede“ dar, die eine fristlose Kündigung rechtfertigt, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 14.03.2019 (AZ: 17 Sa 52/18).

Im konkreten Fall wurde die Klägerin am 15.02.2018 in einem Unternehmen als kaufmännische Angestellte eingestellt. Es galt eine Probezeit von sechs Monaten.

Zwei Tage später erzählte ihr ein flüchtiger Bekannter an der Bar eines Cafés, dass der ebenfalls in dem Betrieb beschäftigte Vater des Geschäftsführers angeblich ein „verurteilter Vergewaltiger“ sein soll. Über das falsche Gerücht informierte die Frau eine Kollegin umgehend in einem „vertraulichen“ WhatsApp-Chat.

Darin behauptete sie, dass „mehrere Leute“ die Verurteilung wegen Vergewaltigung „unabhängig voneinander erzählt“ haben. Deshalb wolle „ganz L. mit ihm nichts mehr zu tun haben“, führte sie als Untermauerung der angeblichen Vergewaltigung aus. Weiter schrieb sie: „… aber ganz EHRLICH für so jemanden werde ich nicht arbeiten. Und DU auch nicht“. Auch solle der Vater früher einen Betrug in der Versicherungsbranche durchgeführt haben, der aber nie angezeigt worden sei.

Doch ganz so vertraulich wie gedacht entwickelte sich der WhatsApp-Chat nicht. Die Kollegin bat noch am selben Tag den Geschäftsführer mitsamt dem Vater um einen Gesprächstermin, in dem sie die Verurteilung wegen Vergewaltigung thematisierte.

Daraufhin wurde der frisch eingestellten Klägerin fristlos gekündigt. Sie habe sich nachweisbar wahrheitswidrige Behauptungen zu eigen gemacht und habe sogar versucht, eine Kollegin zur Aufgabe ihrer Arbeitsstelle zu bewegen. Sie habe in dem WhatsApp-Chat nicht nur den Vater des Geschäftsführers erheblich in Misskredit gebracht, sondern auch das Ansehen des Unternehmens geschädigt und den Betriebsfrieden „nachhaltig gestört“.

LAG entscheidet zu Gunsten des Arbeitgebers

Das LAG bestätigte die fristlose Kündigung. Die Verbreitung der falschen Behauptung, dass der Vater des Geschäftsführers ein verurteilter Vergewaltiger sei, stelle eine strafbare üble Nachrede und „erhebliche Ehrverletzung“ dar. Strafbar sei diese bei einer „Verbreitung“. Das sei schon der Fall, wenn die falsche ehrenrührige Behauptung in einem vermeintlichen vertraulichen WhatsApp-Chat einer anderen Person mitgeteilt wird.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung hier greife nicht. Zwar dürfe durchaus ein Arbeitgeber oder Vorgesetzter überspitzt kritisiert werden. Dabei müsse aber der „strafrechtlich gewährleistete Ehrenschutz“ beachtet werden, so das LAG.

Die Klägerin könne auch nicht auf ein „berechtigtes Interesse“ für ihre Äußerung verweisen – etwa das eigene Wohl und das Wohl einer Kollegin. Denn Äußerungen dienten nicht der Wahrnehmung berechtigter Interessen, „die lediglich der Freude am Klatsch, der Befriedigung menschlicher Neugier und der Erregung von Sensationen“ verbreitet werden. Mit der Verbreitung des Gerüchts werde auch nicht die eigene Sicherheit erhöht.

Hier sei die Rufschädigung zudem erheblich, zumal auch noch auf einen vermeintlichen Versicherungsbetrug hingewiesen wurde. Die Äußerungen seien geeignet gewesen, die Position des Geschäftsführers zu untergraben. Dies müsse ein Arbeitgeber nicht hinnehmen. Eine vorherige Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen.

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