Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
25.02.2020

Chef muss sich nicht um Vermögensinteressen der Mitarbeiter kümmern

BAG: Haftung für falsche Auskünfte ist aber möglich

Arbeitgeber können auch für Auskünfte haften, die sie ihren Arbeitnehmern freiwillig geben. Diese müssen „richtig, eindeutig und vollständig sein“, urteilte am Dienstag, 18.02.2020, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ: 3 AZR 206/18). Eine umfassende Beratungs- und Fürsorgepflicht erwachse aus solchen Auskünften aber nicht.

Der Kläger war Angestellter im kommunalen öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen. Sein Einkommen lag deutlich über der Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Krankenversicherung. Er war aber freiwillig gesetzlich versichert.

Anfang 2003 trat für die kommunalen Arbeitgeber ein Tarifvertrag zur sogenannten Entgeltumwandlung in Kraft. Bei dieser zweigt der Arbeitgeber einen Anteil des Bruttoeinkommens ab und zahlt diesen zum Zweck der Altersvorsorge steuer- und sozialabgabenfrei in einen Sparvertrag ein. Weil auch der Arbeitgeber Sozialabgaben spart, ist seit 2019 ein Arbeitgeberzuschuss von mindestens 15 Prozent Pflicht.

Im April 2003 gab es eine Betriebsversammlung, bei der ein Berater der örtlichen Sparkasse über die Möglichkeiten der Entgeltumwandlung informierte. Im September 2003 schloss der Kläger dann mit seinem Arbeitgeber eine Vereinbarung über Einzahlungen in einen bei der Betriebsversammlung empfohlenen Vertrag ab.

Als der Arbeitnehmer dann 2015 in den Ruhestand ging, entschied er sich für einen einmaligen Kapitalbetrag und erhielt 35.100,00 € ausbezahlt. Darauf wurden Steuern fällig – und zu seiner Überraschung auch Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, insgesamt mehrere Tausend Euro. Grund war eine seit dem Frühjahr 2003 beratene und dann 2004 in Kraft getretene Gesetzesänderung.

Mit seiner Klage verlangte der Mann die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung vom Arbeitgeber zurück. Dieser hätte auf der Betriebsversammlung über die geplante Beitragspflicht informieren müssen.

Ärgernis für den Kläger war, dass er zu Beschäftigungszeiten als freiwilliges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung dort einen gedeckelten Höchstbetrag zahlte. Anders als bei Arbeitnehmern mit geringerem Einkommen sank dieser durch die sozialabgabenfreie Entgeltumwandlung nicht. Der Kläger musste nun als Rentner also Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlen, obwohl er früher als Arbeitnehmer hier keine Ersparnis hatte. Hätte er dies gewusst, hätte er eine andere Form der Altersvorsorge gewählt, argumentierte er.

Das BAG wies seine Klage jedoch ab. Zwar könne ein Arbeitgeber für Schäden haften, die ein Arbeitnehmer aufgrund einer fehlerhaften Auskunft erleidet. Der Arbeitgeber habe aber „keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen“, betonten die Erfurter Richter. Die Haftung sei daher auf den konkreten Sachverhalt beschränkt, über den der Arbeitgeber informiert hat.

Hier ließ das BAG offen, ob sich der Arbeitgeber die Auskünfte des Sparkassen-Beraters überhaupt zurechnen lassen musste. Jedenfalls habe es bei der Betriebsversammlung keinerlei Auskünfte über Sozialversicherungspflichten gegeben. Daher habe der Arbeitgeber auch nicht über Änderungen informieren müssen, die hier geplant waren.

 

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