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14.04.2010
Schriftform bei vertraglichen Ausschlussfristen: im Original unterzeichnet, E-Mail oder Fax?
Was bedeutet „Ansprüche auf Leistungen, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.“? Heißt dies nur im Original unterzeichnet wirksam oder ist hierfür eine E-Mail oder ein Fax ausreichend?
Grundsätzlich gilt für rechtsgeschäftliche Willenserklärungen die Formfreiheit, das heißt, dass auch mündliche, elektronische oder per Fax abgegebene Vereinbarungen wirksam sind, so z.B. Arbeitsverträge, Bonuszusagen oder Urlaubsgenehmigungen. Eine andere Frage kann dabei lediglich die Beweisbarkeit einer solchen Vereinbarung sein. Für manche Erklärungen ist jedoch die Schriftform vorgesehen. Die Schriftform kann dabei auf einer gesetzlichen Grundlage oder aber auf einer vertraglichen Vereinbarung (sog. „gewillkürte Schriftform)“ beruhen. Die Unterscheidung ist wichtig für die Definition, was mit der Schriftform gemeint ist.
Beruht die Schriftform auf einem Gesetz, so muss zur Wirksamkeit das Dokument im Original eigenhändig unterzeichnet sein (§ 126 BGB). Das gilt z.B. für ein Arbeitszeugnis (§ 109 Abs. 3 GewO) und für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag (§ 623 BGB). Eine Kündigung per E-Mail, Scan, Fax oder in Kopie ist unwirksam. Das gleiche gilt für die nicht schriftlich vereinbarte Befristung eines Arbeitsverhältnisses (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Das Arbeitsverhältnis besteht dann auch nach Ablauf der Befristung unbefristet fort.
Die gewillkürte Schriftform dagegen taucht häufig auf im Zusammenhang mit arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfristen für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, denn diese müssen nicht bereits von Gesetzes wegen schriftlich geltend gemacht werden. Die Ausschlussfrist muss mindestens 3 Monate für die Geltendmachung vorsehen, ansonsten ist sie bereits aus diesem Grunde unwirksam (vgl. BAG 28.09.2005, Az. 5 AZR 52/ 05).
Am 16.12.2009 hat das BAG aktuell entschieden, dass eine vertragliche schriftliche Ausschlussfrist auch dann gewahrt ist, wenn sie vom Arbeitnehmer fristgerecht per E-Mail geltend gemacht wird (BAG 16.12.2009, Az. 5 AZR 888/08). Das gilt aber nur dann, wenn das E-Mail-Schreiben den Namen des Absenders enthält und die Erklärung durch eine Grußform und die Wiederholung des Namens kenntlich gemacht ist.
Rechtliche Grundlage hierfür ist § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB. Danach genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form (gewillkürte Schriftform) die telekommunikative Übermittlung. Erfasst sind damit neben dem Telefax auch die E-Mail. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Parteien etwas anderes wollten und dies auch zum Ausdruck kommt. Der Text muss dabei so zugehen, dass er dauerhaft aufbewahrt werden oder der Empfänger einen Ausdruck anfertigen kann, da zwar auf die Unterschrift, nicht aber auf die textlich verkörperte Erklärung verzichtet wird. Der Inhalt einer elektronischen Datei mit Schriftzeichen kann vom Empfänger entweder gespeichert und damit bei Bedarf jederzeit aufgerufen oder zumindest ausgedruckt und auf diese Weise dauerhaft wiedergegeben werden. Jedenfalls dann, wenn das E-Mail-Schreiben den Namen des Absenders enthält und die Erklärung durch eine Grußform und die Wiederholung des Namens kenntlich gemacht ist, ist diese Art der Übermittlung ausreichend, so das BAG.
Hier war auch der Zugang der E-Mail nicht zweifelhaft, weil der Arbeitgeber die E-Mail sogar seinerseits per E-Mail beantwortet hatte.
Keine Regel ohne Ausnahme: Bei tariflichen Ausschlussklauseln ist auch ein Telefax zur fristgerechten Geltendmachung ausreichend. Obwohl es sich bei Tarifverträgen um Gesetze im Sinne des BGB handelt, hat das BAG dies für das Telefax wegen der besonderen Interessenlage bereits im Jahr 2000 entschieden (BAG 11.10.2000, Az: 5 AZR 313/99).