Rechtsanwalt Roland Hoheisel-Gruler

Kanzlei im Konsul-Acker-Haus
72488, Sigmaringen
Rechtsgebiete
Familienrecht
05.01.2022

Mumbai Police unterhält Beratungszentren für Paare

Bereits in den Jahren zwischen 2012 und 2015 hatte The Mumbai Police Hilfe-und Unterstützungszentren für Paare in Konfliktsitutationen betrieben. 2021 wurde diese Idee wiederbelebt, wie die Hindustan Times zu berichten weiß:

Quelle: Mumbai Police to restart counselling centres for couples at all police stations – Hindustan Times

Mumbai ist die größte Stadt auf dem indischen Subkontinent, die Metropolregion hat ca. 30 Mio Einwohner:innen.

stop häusliche gewalt

Diese „counseling centres“ sind funktional bei den Polikzeistationen angegliedert und über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Sie haben die Aufgabe, „to resolve minor matrimonial disputes“ – also bei kleineren Auseinandersetzungen hilfreich zur Seite zu stehen.

Dies ist durchaus begrüßenswert und die Initiative verdient eine größere Beachtung. Die Polizei wird hier nicht nur in ihrer Funktion, Gefahren von der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abzuwehren, tätig, sondern dient in erster Linie als Scharnier für Konfliktlösungsunterstützung im sozialen Nahbereich. Entscheidend ist hierbei, dass die Polizei als Anlaufstelle verstanden wird, wenn es zu Problemen kommt. Dahinter steckt die Idee kurzer Wege. Bei Konflikten im sozialen Nahbereich kann über einen allseits bekannten Kontakt schnell für Entspannung gesorgt werden.

Die Idee könnte sich auch auf deutsche Verhältnisse übertragen lassen: Bereits im Vorfeld des Entstehens häuslicher Gewaltsitutationen (wenn also im polizeirechtlichen Sinne noch keine konkrete Gefahr für ein polizeiliches Schutzgut besteht) müssten Hilfesuchende nicht abgewiesen oder weiterverwiesen werden, sondern bekämen vor Ort ein professionelles Hilfeangebot. Dabei wären die Polizeibeamtinnen allenfalls als Wegweiser tätig: Eine professionelle Unterstützung müsste von Fachleuten, die in Ehe- und Familienkonflikten hauptsächlich tätig sind, erfolgen können. Aber auch, wenn es zur Gewaltanwendung kommt oder schon gekommen ist, wäre ein solches Angebot ein wichtiges Unterstützungsinstrument neben den polizeirechtlichen Instrumenten wie die Wohnungsverweisung oder der strafrechtlichen Aufarbeitung.

Wichtig ist an dieser Stelle, dass die Angebote niederschwellig sind und eine zunächst funktionale Zuständigkeit bei der Stelle besteht, die in der Bevölkerung dafür steht, für die persönliche Sicherheit zuständig und verantwortlich zu sein.

Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass Menschen, die sich an ein solches Angebot wenden, damit rechnen, hier dann ein strafrechtliches Verfahren einzuleiten und deswegen von einer Inanspruchnahme absehen. Hier kommt das Legalitätsprinzip an seine Grenzen, weil es der Hilfestellung letztendlich im Weg stehen könnte. (Der Verweis auf Antragsdelikte oder Zeugnisverweigerungsrechte ist jeweils nur eine Krücke, Betroffene werden sich an feinsinnigen juristischen Ausführungen hierzu wenig erfreuen dürfen)

Entscheidend dürfte daher sein, wie die Gewährleistung von öffentlicher Sicherheit und Ordnung bei der Gefährdung von Individualrechtsgütern im höchstpersönlichen und privaten Lebensumfeld optimal gewährleistet werden kann. Die Initiative aus Indien ist hierfür ein guter Anfang.