Rechtsanwalt Mathias Klose

93049, Regensburg
Rechtsgebiete
Strafrecht Sozialrecht Arbeitsrecht
08.04.2016

Keine vorläufige Leistungseinstellung im SGB II bei offener Bedürftigkeitsprüfung

Das Jobcenter kann gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 331 Abs. 1 SGB III die Zahlung der laufenden Hartz IV-Leistungen ohne Erteilung eines Bescheides vorläufig einstellen, wenn sie Kenntnis von Tatsachen erhält, die kraft Gesetzes zum Ruhen, zum Wegfall oder zur Verringerung des Anspruchs führen und wenn der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben ist. Von der bescheidlosen Leistungseinstellung machen die Jobcenter in der Praxis gerne Gebrauch, häufig aber übereilt, wie auch eine aktuelle Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg zeigt:

Die Betroffene lebte zunächst zusammen mit ihrem Kind in einer Wohnung, aber ohne den Ehemann und Kindsvater. Das Jobcenter hatte den beiden SGB II-Leistungen bis Juni 2016 bewilligt. Mitte März teilte sie dem Jobcenter dann mit, dass ihr Ehemann bei ihnen eingezogen sei. Vom Jobcenter wurde ihr daraufhin mitgeteilt, dass die Leistungen ab April vorläufig eingestellt würden. Bei einer Vorsprache ihr zudem verschiedenen Unterlagen zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen angefordert worden, die noch nicht vorgelegt wurden.  Ohne diese Unterlagen könne das Jobcenter keine Entscheidung bezüglich eines Leistungsanspruchs ab April treffen. Deswegen stellte es die Zahlungen vorläufig ein.

Zu Unrecht, wie das Sozialgericht entschied.


Bei dieser Sachlage ist es wenigstens offen, eher fraglich, ob die Voraussetzungen für die vorgenommene einstweilige Zahlungseinstellung gegeben sind. Es ist lediglich unklar ist, ob und über welches Einkommen und Vermögen der Ehemann verfügt. Eine noch offene Situation stellt aber keine Tatsachen dar, welche zu einem geringeren Leistungsanspruch führen. Dementsprechend verbietet sich eine vorläufige Leistungseinstellung bei offener Bedürftigkeitsprüfung.

SG Augsburg, 30.03.2016, Az. S 8 AS 312/16 ER

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