Rechtsanwalt Mathias Klose

93049, Regensburg
Rechtsgebiete
Strafrecht Sozialrecht Arbeitsrecht
05.04.2016

Kein Hartz IV-Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung bei Laktoseintoleranz

Bei SGB II-Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt (§ 22 Abs. 5 SGB II). Laktoseintoleranz ist zwar eine Erkrankung, jedoch keine solche, die höhere Kosten verursacht. Ein Mehrbedarf kann daher bei Laktoseintoleranz nicht zugesprochen werden.


Der 54 Jahre alte Kläger bezieht seit 2008 Hartz IV und beantragte im August 2013 zusätzliche Leistungen für laktosefreie Kost. Hierzu legte er ein Schreiben seines Hausarztes vor, wonach bei ihm eine Laktoseintoleranz bestehe. Die Behörde lehnte den Antrag ab. Bei dieser weitverbreiteten Lebensmittelunverträglichkeit genüge es, milchzuckerhaltige Kost zu meiden. Dies sei nicht mit besonderen Kosten verbunden, zumal mittlerweile in vielen Discountern günstige laktosefreie Produkte angeboten würden. Ein Mehrbedarf an Leistungen könne nur anerkannt werden, wenn der Hilfeempfänger unter einem massiven Untergewicht leide und bei der Ernährungsumstellung ein Gewichtsverlust ausgeglichen werden müsse.

Sozialgericht: Laktoseintoleranz ist eine Erkrankung, die aber keine höheren Kosten verursacht
Das Sozialgericht hat in dem heute veröffentlichten Urteil im Ergebnis der Behörde Recht gegeben. Zwar stelle die Laktoseintoleranz eine Erkrankung dar. Die notwendige Krankenkost sei aber im Vergleich zur üblichen Ernährung nicht kostenaufwändiger. Nach dem aktuellen Stand der Ernährungswissenschaft erfordere die Laktoseintoleranz regelmäßig nur das Weglassen bestimmter Lebensmittel, die nicht vertragen werden. In geringen Mengen verursache Laktose meist keine Beschwerden. Daher könne auch der Kalziumbedarf in der Regel durch Milchprodukte gedeckt werden, die nur sehr geringe Mengen an Laktose enthalten (z.B. reifer Käse). Deshalb sei aus gesundheitlichen Gründen kein Verzehr spezieller laktosefreier Produkte nötig. Nur in Ausnahmefällen gelte etwas anderes, etwa im Fall einer besonders schweren Laktoseintoleranz, bei der gar keine Laktose vertragen werde. Ein solcher Ausnahmefall liege bei dem Kläger nicht vor. Wenn der Kläger nicht aus gesundheitlichen, sondern aus persönlichen Gründen bestimmte Produkte – wie etwa laktosefreie Schokolade – verzehren wolle, habe er deswegen keinen Anspruch auf höhere Leistungen.

Sozialgericht Darmstadt, Az.: S 20 AS 331/14, Urteil vom 18.11.2015; PM v. 31.03.2016