Rechtsanwalt John Miehler

Miehler & Müller Rechtsanwälte GbR
80333, München
Rechtsgebiete
Insolvenzrecht Strafrecht Zivilrecht
11.03.2020

Privatinsolvenz Antrag – so geht es richtig

Einen Privatinsolvenz Antrag zu stellen ist ungefähr so leicht und unkompliziert wie eine Steuererklärung abzugeben – und macht noch weniger Spass. Fehler können im schlimmsten Fall die Restschuldbefreiung kosten.

Wir zeigen, was Sie alles für einen Insolvenzantrag benötigen und geben Tipps, damit Sie Ihr Ziel schnell und einfach erreichen können.

In diesen Schritten gehen Sie am effektivsten vor:

Unterlagen vorbereiten

Ich habe als Anwalt manchmal Plastiktüten mit zum Teil ungeöffneten Gläubigerschreiben von meinen Mandanten erhalten. Sortierte und geordnete Unterlagen beschleunigen alle nachfolgenden Schritte ungemein und erleichtern den Überblick.

Nehmen Sie einen Leitzordner und ordnen Sie alle Gläubigerschreiben zuerst nach Gläubigern. Bilden Sie einfach auf dem Fussboden Stapel und lassen Sie sich nicht irritieren, dass die Vertreter der Gläubiger sich ändern können. Alle Briefe, die einen Gläubiger betreffen kommen auf einen Stapel.

Gehen Sie einen Stapel nach dem anderen durch und legen Sie die aktuellen Schreiben nach oben, die älteren Schreiben nach unten.

Wenn Sie mit dem Stapel durch sind, heften Sie die Unterlagen in den Leitzordner und fügen für jeden Gläubiger ein Trennblatt dazu. Beschriften Sie das Trennblatt mit dem Namen des Gläubigers.

Privatinsolvenz Antrag - Unterlagen vorbereiten

Informationssammlung

Wenn Sie nicht sicher sind, dass Sie von allen Gläubigern Schreiben vorhanden sind, kann über einen Auszug im Schuldnerverzeichnis und mit einer Auskunft der Schufa die Gläubigerliste ergänzt werden. Wenn Sie sicher sind, dass Sie alle Gläubiger kennen und Sie einen guten Überblick haben, ist dieser Schritt nicht erforderlich.

Verjährte Forderungen

Bei älteren Schulden kann es sinnvoll sein, beim Gläubiger den aktuellen Schuldenstand nachzufragen und wenn die Schulden schon älter als drei Jahre sind, die Einrede der Verjährung zu erheben.

Bei diesen Schritten können wir Ihnen behilflich sein.

Schuldenbereinigungsplan

Für Arbeitnehmer, Rentner und Leistungempfänger, die in der Vergangenheit nicht selbständig waren, muss ein außergerichtlicher Schuldenbereinigungsplan durchgeführt werden. Dieser muss einige Anforderungen erfüllen und eine Gläubigerübersicht, einen Zahlungsplan und eine Vermögensübersicht enthalten.

Der Schuldenbereinigungsplan kann zwar vom Schuldner selbst durchgeführt werden. Das Gesetz sieht aber vor, dass die Durchführung des Schuldenbereinigungsplanes durch einen Rechtsanwalt oder eine geeignete Stelle (caritative Schuldenbereinigungsstellen wie die Caritas) bestätigt wird.

Daher ist es sinnvoller, den Schuldenbereinigungsplan gleich von einem spezialisierten Rechtsanwalt (wie z.B. uns) oder einer Schuldenbereinigungsstelle erstellen zu lassen.

Selbständige und ehemalig Selbständige

Freiberufler und Selbständige können auf diesen Schritt verzichten, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Der Antrag kann dann direkt ohne vorhergehenden Schuldenbereinigungsplan gestellt werden. Diese Regelung gilt auch nach einer ehemaligen Selbständigkeit, wenn die weiteren Vorraussetzungen erfüllt sind. Wir beraten Sie hierzu gerne.

Gläubigerreaktionen

Die Gläubigerreaktionen auf den Schuldenbereinigungsplan müssen erfasst und dokumentiert werden. Falls ein Gläubiger nach dem Übersenden des Schuldenbereinigungsplans vollstreckt (z.B. Kontopfändung) müssen die Reaktionen der übrigen Gläubiger nicht mehr abgewartet werden. Dann kann sofort Insolvenantrag gestellt werden.

Gerichtlicher Schuldenbereinigungsplan

Sollten dem Schuldenbereinigungsplan mehr als 50 % der Gläubiger zugestimmt haben, kann ein gerichtlicher Schuldenbereinigungsplan durchgeführt werden. Voraussetzung ist, dass sowohl 50 % der Kopfanteile als auch 50 % der Forderungen die Zustimmung erteilt haben.

In einem gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren kann das Gericht die Zustimmung einzelner Gläubiger ersetzen. Dann gilt der Plan und ein Insolvenzverfahren muss nicht mehr durchgeführt werden.

Insolvenzantrag

Der Insolvenzantrag selbst kann je nach Anzahl der Gläubiger über 22 Seiten umfassen. Das offizielle Formular kann hier heruntergeladen werden: Privatinsolvenz Antrag

Es macht Sinn, den Antrag von einem Rechtsanwalt oder eine Schuldenbereinigungsstelle ausfüllen zu lassen. Ein falsch ausgefüllter Antrag kann unter Umständen die Restschuldbefreiung kosten oder zumindest das Verfahren verzögern.

Privatinsolvenz Antragsformular

Antrag auf Verfahrenskostenstundung

Gleichzeitig mit dem Antrag auf sollten Sie den Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten stellen. Der Insolvenzantrag kann zurückgewiesen werden, wenn die Kosten nicht am Anfang des Verfahrens bezahlt werden. Das vermeiden Sie mit dem Antrag auf Verfahrenskostenstundung.

Kosten erst nach der Restschuldbefreiung

Während des Verfahrens werden aus der Insolvenzmasse zuerst die Gerichts- und Insolvenzverwalterkosten bezahlt, bevor der Restbetrag an die Gläubiger verteilt wird. Nur wenn die Masse nicht ausreicht, die Verfahrenskosten zu tragen, erhalten Sie nach der Restschuldbefreiung die Rechnung über die noch offenen Verfahrenskosten.