Rechtsanwalt Dr. Jan Christian Seevogel

Lausen Rechtsanwälte
80333, München
Rechtsgebiete
Urheberrecht und Medienrecht IT-Recht Gewerblicher Rechtsschutz
15.10.2010

Heise Verlag gg. Musik-Industrie - ein Sieg des Links und der Medienfreiheit

In einem seit 2005 laufenden Rechtsstreit des Heise Verlags gegen die Musikindustrie (eigentlich muss man sagen der Musikindustrie gegen den Heise-Verlag, denn diese hatte den Heise Verlag in Gestalt von acht Unternehmen, darunter BMG, EMI, Sony, Universal und Warner im Jahre 2005 abgemahnt) hat der Bundesgerichtshof nun eine Entscheidung zugunsten des Heise Verlags getroffen (vgl. die entsprechende News-Mitteilung des Heise-Verlags).

Der Heise Verlag hatte in einem Bericht über Kopierschutzsoftware einen Link auf die Seite eines Unternehmens (Slysoft) gesetzt, welches einen sog. "Kopierschutzknacker" zum Download anbot. Dabei wies der Bericht unter anderem darauf hin, dass die Nutzung der den Kopierschutz umgehenden Software in Deutschland verboten sei. Das LG München sowie das OLG München gaben der Musikindustrie noch Recht und und entschieden sich für ein Link-Verbot. Dabei stützten sich die Gerichte insbesondere auf einen Verstoß gegen § 95a Abs. 3 UrhG. Danach dürfen Mittel oder Dienstleistungen zur Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen, die ihrerseits ein nach dem UrhG geschütztes Werk oder einen anderen nach dem UrhG geschützten Gegenstand schützen, nicht in den Verkehr gebracht werden. Im Rahmen der Abwägung zwischen der Medienfreiheit und den urheberrechtlichen Rechtspositionen der Musikindustrie sah das OLG München ein Überwiegen der urheberrechtlichen Interessen.

Mit welcher genauen Begründung der BGH nun die Klage der Musikindustrie abgewiesen hat, bleibt abzuwarten, in einigen Monaten wird der detaillierte Urteilstext erwartet. Entscheidend war nach Informationen des Heise-Verlages die Frage, ob der gesetzte Link der reinen Informationsbeschaffung diente oder die Beschaffung der illegalen Software erleichtern sollte. 

Wie auch immer die genaue Begründung ausfallen wird, so stellt die Entscheidung jedenfalls einen begrüßenswerten Erfolg der Medienfreiheit dar. Da ohnehin jeder Leser des Artikels, der sich für die in Rede stehende Software interessierte, mit einer Google-Suche und zwei Klicks zur Software gelangen konnte, ist die "Kriminalisierung" der Linksetzung m. E. verfehlt. Es sollte einem jeden Leser eines gut recherchierten Artikels zustehen, auf dem schnellsten Weg die in dem Artikel beschriebenen Informationen überprüfen und sich weiteres Wissen zu diesen Informationen verschaffen zu können.

Noch ist unklar, ob die Musikindustrie das Urteil vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen wird.

Die gesamte Prozessgeschichte einschließlich der entsprechenden Urteile und Schriftsätze der Kanzleien Taylor Wessing (für den Heise Verlag) und Waldorf (für die Musik-Industrie) kann hier eingesehen werden.


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Die rechtlichen Informationen sind stark verkürzt dargestellt. Sie sollen eine erste Orientierung ermöglichen, aber können und sollen eine kompetente Rechtsberatung im Einzelfall nicht ersetzen.

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