Heinrich Hess

HGH Innovation GmbH und beratend für Kanzleimarketing24
81249, München
25.04.2012

Wem gehören die digitalen Kundendaten, wenn der Mitarbeiter die Firma verlässt?

Kürzlich haben wir von einem unserer Geschäftspartner diese Frage erhalten: “Für meine Firma ist es natürlich unschön, wenn ein Außendienstmitarbeiter über LinkedinFacebook, GLOVILLA oder XING intensive Kontakte zu Kunden aufbaut, die er bei seinem möglichen Ausscheiden dann komplett mitnehmen kann, ohne dass ich irgendeine Möglichkeit habe, die Historie mit diesen Kunden nachzuvollziehen.
Gibt es in den Netzwerken die Möglichkeit, für Mitarbeiter auf Firmenkosten persönliche Accounts einzurichten, die der Mitarbeiter nicht mitnehmen kann? Viele Grüße, Thomas

Lieber Thomas,

Dies ist eine sehr interessante Frage. Wem “gehören” eigentlich die beruflich veranlassten Kontakte in sozialen Netzwerken? Dem Arbeitgeber oder dem Mitarbeiter?

Am besten nehmen wir ein Beispiel: Herr Meier arbeitet als Vertriebsmitarbeiter in der Vertriebsabteilung seiner Firma. Er ist 25 Jahre alt und wie alle in seiner Altersgruppe sozial gut vernetzt. Für seine Firma verkauft er ein Produkt und die dazugehörenden Dienstleistungen und Folgelieferungen. Hierzu akquiriert er im Kreis seiner “Freunde” und seiner sonstigen Social Mediakontakte bei GLOVILLA und anderswo und regelt seine gesamten diesbezüglichen Kundenkontakte zum Beispiel über seinen XING-Account. Um die Folgelieferungen immer rechtzeitig anzubieten und zu verkaufen, hat Herr Meier sich Wiedervorlagen in seinem Outlookkalender im Büro notiert. Dabei hat er jeweils die Namen der Kontakte eingetragen. Eines Tages wechselt Meier zur Konkurrenz. In seinem Vertrag ist kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Sein Nachfolger übernimmt seinen Kalender und kann mit den namentlich bezeichneten Wiedervorlagen nichts anfangen. Der Umsatz geht dramatisch zurück.

Die Kernfrage ist: Kann die Firma von Herrn Meier die betreffenden Kunden Daten herausfordern? Wem gehören die Daten überhaupt?

In diesem Zusammenhang gilt zunächst der Grundsatz, dass ein
Arbeitnehmer die Informationen, die bei ordnungsgemäßer Organisation für die Tätigkeit notwendig sind auch am Arbeitsplatz hinterlassen muss und diese nicht bewusst unterschlagen oder beseitigen darf. In der analogen Welt, für die die Gesetzgebung ursprünglich gedacht war, ist diese Frage schnell zu beantworten: Hätte Meier also eine „normale“ Kundenkartei auf seinem Schreibtisch hinterlassen oder auf seinem Firmen PC gespeichert, dürfte der Arbeitgeber diese nutzen und hätte auch Anspruch auf Herausgabe, für den Fall, dass Meier die Kundendatei bei seinem Ausscheiden mitgenommen hat.

Was aber gilt im Bereich von Sozialen Netzwerken ?

Für die Beantwortung der Frage, ob der Arbeitgeber den gesamten Account oder auch nur einzelne Kundendaten herausverlangen kann,  stellt sich zunächst die zentrale Frage, wem der XING-Account „gehört“.

Diese Situation klärt sich wenn wir folgende Fragen beantworten:

• Wer zahlt?
• Welcher Name?
• Welche Email-Anschrift?
• Welche Adresse?
• Welcher Charakter?

Danach sind dann verschiedene Varianten denkbar.

1. Ein rein privater Account

Handelt es sich um ein Account mit rein privatem Charakter (kein Firmen Design), mit der privaten E-Mail-Anschrift, der privaten Adresse, der auch privat bezahlt wird, dürfte der Fall eindeutig sein. Meier darf in dieser Situation seinen Account selbstverständlich behalten. Allerdings muss er die Informationen, die bei ordnungsgemäßer Organisation für die weitere Tätigkeit notwendig sind, dem ehemaligen Arbeitgeber zur Verfügung stellen. Es könnten also verschiedene (Kunden-)informationen herausverlangt werden.

Die für die ordnungsgemäße Abwicklung erforderlichen
Informationen insbesondere die Kontaktdaten muss Meier an die alte Firma herausgeben. Er braucht aber in diesem Fall dem Arbeitgeber keinen direkten Zugang oder Zugriff auf seinen Account gewähren.

2.  Rein dienstlicher Account

Handelt es sich jedoch um einen rein dienstlichen Account, den der
Arbeitgeber auch bezahlt, müsste Meier den Account, auch wenn er
zwischenzeitlich seine privaten Kontakte hierüber organisiert, wohl komplett herausgeben. Unter datenschutzrechtlichen  Gesichtspunkten müsste dem Mitarbeiter möglicherweise die Gelegenheit gegeben werden, rein private Kontakte und Korrespondenz zu löschen.

3. Mischformen

Natürlich sind alle möglichen Mischformen zwischen privatem und geschäftlichem Account denkbar. Wie z.B. privater Account (E-Mail-Adresse, Anschrift ) aber der Arbeitgeber bezahlt oder aber E-Mail Adresse des Arbeitgebers und private Anschrift. Eine Pflicht zur Herausgabe des gesamten Accounts wäre in den meisten Fällen eher nicht zu begründen. Insbesondere der Grundsatz, dass die Informationen, die bei ordnungsgemäßer Organisation für die weitere Tätigkeit des Arbeitgebers notwendig sind auch am Arbeitsplatz hinterlassen werden müssen, spricht nach deutschem Recht für den Aspruch des Arbeitgebers auf Herausgabe der im jeweiligen Social Network Profil gespeicherten Kundendaten und gegebenenfalls auch entsprechender Korrespondenz.

Nutzung der Sozialen Medien während der Arbeitszeit?

Die Nutzung von Social Media während der Arbeitszeit stellt sich –
auch unabhängig von den obigen Fragen – als schwieriges Thema dar. Legt man die herrschende Rechtsprechung zugrunde darf ein Mitarbeiter  – vorbehaltlicher ausdrücklich anderslautender Regeln oder nachweislicher Duldung im Unternehmen – private Kontakte grundsätzlich nur über einen privaten Account und natürlich auch nur
in seiner privater Zeit pflegen. Private Kontakte während der Arbeitszeit über Social Networks oder andere Internetmedien wären ein sogenannter „Arbeitszeitbetrug“ und könnten gegebenenfalls mit den entsprechenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen sanktioniert werden.

Wer darf die Kontakte künftig nutzen?

In allen o.g. Fällen darf der ehemalige Arbeitgeber von Meier die Kontaktdaten herausverlangen und selbstverständlich auch künftig in seiner vertrieblichen Tätigkeit nutzen. Weiterhin stellt sich aber die Frage, ob auch Meier selbst in seinem neuen Job die Kontakte, die er über diesen Account aufgrund seiner Tätigkeit geknüpft hat, nutzen darf.

Klar ist zunächst, dass Meier nach Überlassung des Accounts oder der darin enthaltenen Kundendaten sicherlich keine ausdrückliche Kopie der Kundendaten mitnehmen dürfte. Dies ist im Zusammenhang mit Kunden-”karteien” ausdrücklich für unzulässig erklärt worden. Er dürfte aber wohl – sofern wie im obigen Fall kein Wettbewerbsverbot nach Vertragsende besteht – all die Kontakte, die er noch „auswendig“  kennt, selbstverständlich nutzen. Selbstverständlich dürfte er auch seine privaten Kontakte weiterhin nutzen. Das gemeinhin verwendete, tatsächlich natürlich etwas etwas schwammige und unpräzise Bild in diesem  Zusammenhang ist, dass der Mitarbeiter all die Kundeninformationen weiternutzen dürfte, die er noch “im Kopf hat”.
Differenzierter ist das Thema zu sehen, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot besteht. Dann kann sich die Kontaktaufnahme mit ehemaligen Kunden über XING & Co sogar als Verstoß gegenüber dem mit dem Arbeitgeber vereinbarten  Wettbewerbsverbots darstellen. Dies könnte gravierende Folgen nach  sich ziehen. Fazit für die vertragliche Regelung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer:

Immer klare vertragliche Regelungen treffen!
Denkbar sind insoweit einzelvertragliche Regelungen oder aber – was sich insbesondere in größeren Unternehmen empfiehlt -  klare Angaben in sogenannten “Social Media Guidelines”.  Der dienstliche Einsatz von Sozialen Netzwerken macht nur Probleme, wenn keine klare Regelung vorliegt. Es muss also klar geregelt werden, wer, was, wann und wie jeweils nutzen darf. Dabei kann es aber nicht so sein, dass die Nutzer sozialer Medien mit dem Ende ihres Arbeitsverhältnisses auch ihre „elektronische Identität“ beim Arbeitgeber hinterlassen müssen.

Die beste Lösung ist eine ausdrückliche Regelung, die eindeutig festschreibt, was und welche Informationen bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisse herausgegeben werden müssen. Dabei sind insbesondere die oben schon angedeuteten und von der Rechtsprechung bestätigten Interessen des Arbeitgebers miteinzubeziehen, dass die Informationen, die bei ordnungsgemäßer Organisation für die weitere Tätigkeit notwendig sind auch am Arbeitsplatz hinterlassen oder herausgegeben werden müssen.

Fazit

Die abstrakt gefassten Normen des Arbeitsrechtes beziehen sich zwar auf die analoge Arbeitswelt, sie sind aber auch im digitalen Zeitalter auf neue Sachverhalte gut anwendbar. Neue gesetzliche Regelungen sind deshalb nicht unbedingt nötig. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer sind gut beraten, hinsichtlich der aktuell immer häufiger auftretenden Nutzung von sozialen Netzwerken für die Kundenakquise saubere vertragliche Regelungen im Arbeitsvertrag oder auch in ergänzenden “Social Media Guidelines”  zu treffen. Es sollten aber keine zu allgemein gehaltenen Formulierungen vereinbart werden, sondern klare arbeitsrechtliche Verhaltensregeln eingefordert werden. Ich hoffe, dass ich Dir mit diesen Ausführungen weiterhelfen konnte. Bei Rückfragen stehe ich Dir sehr gerne zur Verfügung. Die genannten Informationen habe ich aus verschiedenen Quellen wie juristischen Fachzeitschriften, Blogs von Rechtsanwälten in sozialen Netzwerken und eigenen Erfahrungen und Recherchen als Jurist zusammengestellt.
HGH Innovation GmbH - Unternehmensberatung in München

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