Harold Treysse

Privat
13407, Berlin
18.03.2016

Prozesslandschaft in der Anwaltskanzlei (Mandatsbezogene Geschäftsabläufe)

mandatsbezBetriebsabNeben den „Allgemeinen Betriebsabläufen“
sind die Unterstützungsprozesse im Rahmen der mandatsbezogenen Betriebsabläufe mit die wichtigsten innerhalb einer Kanzlei. Wie sie aus der nebenstehenden Grafik entnehmen können, habe ich diese aufgeteilt in

  • Fristen
    • Feststellung
    • Erfassung
    • Vorlage zur Erledigung
    • Voraussetzung zur Streichung
    • Endkontrolle
  • Termine
    • Feststellung
    • Erfassung
    • Vorlage zum Termin
    • Information Mandant
  • Besprechungstermine
    • Vergabe
    • Bestätigung
    • Reisebuchung
  • Wiedervorlagen
    • Feststellung
    • Erfassung
    • Vorlage zur Erledigung
  • Finanzen
    • Deckungsanfrage
    • Kostenberechnung
    • Buchhaltung
    • offene Posten
    • Mahnwesen

Fristen

Gerade im Bereich der Feststellung, Bearbeitung und Erledigung von Fristen sind viele Risiken für die Anwaltskanzlei vorhanden.
Dieser Bereich bedarf auf jeden Fall eines ausgearbeiteten und fest dokumentierten Prozesses.
Dieses beginnt bereits damit, dass klar dargelegt werden muss, wann überhaupt eine Frist zu laufen beginnt.
Bei vielen Gesprächen konnte festgestellt werden, dass die Auffassung besteht, der Fristbeginn  berechnet sich nach dem Eingang des fristauslösenden Schriftstückes in der Kanzlei.
Dieses ist natürlich nicht der Fall. Der Beginn einer Frist ist darauf abzustellen, wann der Anwalt mit Empfangswillen  das Schriftstück als zugestellt zur Kenntnis nimmt. Dieser Zeitpunkt kann erheblich von dem Eingang des Schriftstückes in der Kanzlei abweichen.
Es muss bereits aus diesem Grund eine eindeutige Regelung getroffen werden, wie mit fristauslösenden Schriftstücken und insbesondere dem beigehefteten Empfangsbekenntnis zu verfahren ist.
Gleiches gilt natürlich für die Erfassung der Fristen.
Gerade im Hinblick auf die elektronische Erfassung von Fristen werden vielfach Fehler gemacht. So gibt es eindeutige Rechtsprechung dafür, dass eine elektronisch eingetragene Frist erst dann auf dem fristauslösenden Schriftstück als eingetragen abgezeichnet werden darf, wenn anhand eines ausgedruckten Protokolls die Richtigkeit der Eintragung festgestellt werden kann. Schauen Sie einmal in ihrer Kanzlei wie es dort erfolgt. Überwiegend wird die Frist im elektronischen Kalender eingetragen und gleich als eingetragen auf dem fristauslösenden Schriftstücke abgezeichnet. Eine Kontrolle findet nicht statt.
Wie eine Vorlage der Akten zur Erledigung einer Frist zu erfolgen hat, muss jeder Kanzlei selbst überlassen bleiben. Wichtig ist nur, dass es hierzu eindeutige Regelungen gibt.
Die Voraussetzungen zur Streichung einer erledigten Frist muss sich allerdings nach der herrschenden Rechtsprechung richten. Dies ist ebenso eindeutig, wie die für die Endkontrolle.

Termine

Auch in diesem Bereich sollte ein eindeutiger Prozess aufgesetzt werden. Allerdings ist dieser Bereich nicht so geschäftskritisch, wie der der Fristenbearbeitung.

Besprechungstermine

Die Vergabe von Besprechungsterminen obliegt überwiegend den Mitarbeitern, da diese der erste Kontakt zum Mandanten sind. Aber auch hier sollte es feste Vorgaben geben. Sinnvoll ist es, Termine so zu vergeben, dass eine geringe Wartezeit für den Mandanten anfällt. Telefonisch vereinbarte Termine sollten schriftlich bestätigt werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Mandanten überwiegend bestätigte Termine wahrnehmen oder zumindest diese bei Nichterscheinen vorher absagen. Da, wo eine Bestätigung fehlt, ist das überwiegend nicht der Fall.
Zu Reisebuchungen ist in einer kleinen Kanzlei weniger zu sagen.
In größeren Einheiten sollte auch hier ein Prozess aufgesetzt werden.
Dieses beginnt bereits damit,

  • welche Verkehrsmittel genutzt werden dürfen,
  • gegebenenfalls abhängig von Entfernung zwischen Kanzlei und Zielort,
  • gegebenenfalls auch, ob mandatsbezogen (damit berechenbar) oder intern (damit Betriebskosten)
  • welche Klassen innerhalb der Verkehrsmittel genutzt werden dürfen,
  • zu welchen Zeiten gereist werden muss (um Sonderkonditionen zu erhalten)
  • welche Anbieter (Fluggesellschaften) zu nutzen sind
  • und insbesondere wer die Buchungen vorzunehmen hat.

Die Möglichkeiten der Onlinebuchungen sind natürlich sehr reizvoll. Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass Buchungen Zeit kosten und zwar Zeit der eigenen Mitarbeiter, die bei mandatsbezogenen Buchungen dem Mandanten nicht berechnet werden können. Sinnvoll kann es daher sein, mandatsbezogene Reisebuchungen über ein fest vereinbartes Reisebüro durchführen zu lassen, die Ticket Fee ist dann im Reisepreis enthalten und wird dem Mandanten berechnet.
Interne Reisen dagegen sollten, um die Kosten für die Ticket Fee zu sparen, online gebucht werden. Hierfür gibt es neben den reinen Internetbuchungen gerade für größere Kanzleien entsprechende Tools.

Wiedervorlagen

Wenn man sich einmal Gedanken darüber macht, welchen Sinn Wiedervorlagen haben, kann man hinterfragen, ob diese tatsächlich erfasst werden müssen. Überwiegend werden in den Kanzleien Wiedervorlagen dafür notiert um festzustellen, ob ein Dritter reagiert hat oder aber, ob man selbst eine Tätigkeit vornehmen muss. In früheren Zeiten wurden aus diesem Grund tägliche Aktenstapel zwischen Ablage und Anwaltszimmer transportiert.
Dieses sollte zwischenzeitlich der Vergangenheit angehören.
Stellen Sie sich einmal die Frage, ob es nicht sinnvoller ist, sich einmal wöchentlich auf dem Bildschirm eine Liste anzuschauen in der die Akten aufgeführt sind, in denen weder ein Termin, noch eine Frist enthalten ist. Das sollte die Software hergeben.
Sicherlich kommt jetzt der Einwand: „wie stelle ich dann fest ob meine Rechnung bezahlt ist?“.
Diese Feststellung sollte sich aus einer Offenen Posten Liste ergeben und nicht aus einer Wiedervorlagen Liste.

Finanzen

Oft höre ich den Einwand: „wofür soll es hierfür einen Prozess geben?“.
Nun, wer viel in Mandaten arbeitet, bei denen eine Rechtsschutzversicherung für die Kosten eintritt, wird eine Deckungsanfrage erstellen oder aber diese über über den Mandanten erstellen lassen. Das ist eine reine Servicefrage, wie auch die Frage, ob für eine anwaltlich vorgenommenen Deckungsanfrage die eigentlich anfallenden Gebühren gegenüber dem Mandanten berechnet werden sollten.
Die Frage der Erstellung einer Kostenberechnung in reinen RVG-Mandaten macht prozesstechnisch eigentlich auch keine Probleme.
Anders ist es bei Zeithonorar. In diesem Bereich können schon einige Fragen auftreten, wie zum Beispiel

  • soll die Abrechnung nach Abschluss des Mandats,
  • in festen zeitlichen Abständen oder
  • bei Erreichung eines entsprechenden Budgets

erfolgen?

Buchhaltung

Gerade im Bereich der Buchhaltung können erhebliche Ressourcen eingespart werden. Vielfach werden bei mandatsbezogenen Zahlungseingängen die Akten beigezogen.
Je nach Art der Buchhaltung (intern oder extern) empfiehlt es sich einen eindeutig festgeschriebenen Prozess aufzusetzen. Nicht selten stellt man fest, dass die Buchhaltung über ein Steuerbüro vorgenommen wird. Es findet ein reger Austausch von Originalbelegen statt, statt die elektronische Zurverfügungstellung vorzuziehen.
In diesem Bereich sollte der Inhaber der Kanzlei die bisherige Handhabung auf jeden Fall hinterfragen.

Offene Posten/Mahnwesen

Auch hier wird viel Zeit vertan.
Immer wieder kann festgestellt werden, dass die Mahnung bei ausstehenden Honoraren manuell erfolgt.
Bei Fragen, warum keine automatische Mahnung vorgenommen wird, ist oft zu hören, man könne nicht alle Mandanten anmahnen. Teilweise müsse man mit dem Mandanten telefonieren oder aber bei besonders guten Mandanten die Mahnung im Rahmen eines gemeinsamen Essens anbringen. Das mag alles richtig sein. Trifft das aber für alle ausstehenden Kostenberechnung zu?
Eine gute Software sollte die Möglichkeit bieten, anhand einer Offenen Posten Liste durch einfaches Anklicken eine Auswahl der automatisch anzumahnenden Rechnungen vornehmen zu können.
Die Einrichtung von Mahnstufen und mahnstufenbezogenen Mahntexten sollte selbst verständlich ebenfalls möglich sein.

Insoweit möchte ich es einmal bei den obigen Beispielen für „mandatsbezogene Betriebsabläufe“ belassen. Auch in diesem Bereich gibt es je nach Kanzlei weitere Abläufe, bei denen je nach Komplexität ein Prozess gebildet werden sollte.

In meinem nächsten Beitrag zu diesem Thema werde ich auf den Bereich „Infrastruktur „näher eingehen