Eva Engelken

Unternehmenskommunikation & Legal PR
41061, Mönchengladbach
14.11.2014

Interview Dr. Caroline Harth: “Corporate Social Responsibility ist eine Investition in den eigenen Unternehmenserfolg”

CSR Rechtsanwalt_HCDie Berliner Juristin Dr. Caroline Harth, Inhaberin von Harth Communications, berät Unternehmen, die sich gesellschaftlich engagieren wollen, bei der Auswahl und beim Aufbau ihrer Corporate-Social-Responsibility-Projekte. Ich habe sie gefragt, was Kanzleien davon haben, sich gesellschaftlich zu engagieren, und ob Weihnachten ein guter Zeitpunkt ist, damit anzufangen.

Engelken: Frau Harth, welche Rolle spielt CSR für deutsche Kanzleien? Ist es für sie selbstverständlich, in irgendeiner Weise für die Gesellschaft, für die Umwelt, für sozial Schwache oder wen auch immer Verantwortung zu übernehmen?

Harth: Nein, selbstverständlich ist hier gar nichts. Nichts für ungut, aber CSR wird in Deutschland in der Regel immer noch nicht so richtig verstanden. Wir müssen hierbei allerdings unterscheiden zwischen Großkanzlei und KMU. Die Großkanzleien haben meist Büros in UK oder in den USA. Im Rahmen der Corporate Identity wird dann die CSR-Strategie mit übernommen. In kleineren Kanzleien ist der Groschen noch nicht bei allen gefallen. Da stoße ich immer noch auf archaische Meinungen, wie: „Wir tun Gutes, aber doch nicht, um damit PR zu machen.“ Oder: „Wir unterstützen den Hockey-Verein, in dem der Sohn vom Managing Partner spielt.“ Das ist OK. Das ist entweder wirklich reine Charity, also „Gutes tun“, Klüngelei, Netzwerken oder was auch immer. Das muss ja nicht unbedingt in eine Schublade gesteckt werden. Aber jedenfalls ist es keine CSR.

Es geht um Mandanten- und um Mitarbeiterbindung.

Engelken: Was ist denn dann echte CSR?

Ich würde hier gern die Bundesministerin Andrea Nahles zitieren, die kürzlich anlässlich der Preisverleihung zum CSR-Preis der Bundesregierung sagte: „Wer nachhaltig wirtschaftet, investiert in den eigenen Unternehmenserfolg. Viele Unternehmen in Deutschland haben dies bereits erkannt und verantwortliches Handeln bewusst im betrieblichen Alltag verankert. Die in diesem Jahr ausgezeichneten Unternehmen haben bewiesen, dass beständiges Engagement nicht nur die Gesellschaft in Deutschland stärkt und Entwicklungschancen in anderen Ländern eröffnet, sondern auch die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Kundinnen und Kunden begeistern kann.“

Engelken: Welchen Nutzen bringt CSR den Kanzleien? Ein reines Gewissen oder auch messbare Vorteile, etwa Imagegewinn oder neue Mandate?CHPortrait4

Harth: Ich weiß nicht, ob eine Kanzlei oder eben die Kanzleimitarbeiter ein kollektives Gewissen haben können. Eher nicht. Aber es gibt so etwas wie gemeinsame Werte, die sehr wichtig sind für die Motivation der Mitarbeiter und für die Repräsentation nach außen. Und hier kommen wir zu dem, was CSR sein kann: Eine Investition in den eigenen Unternehmenserfolg. Für Kanzleien gilt meiner Meinung nach hier nichts anderes. Es geht um Mandanten- und um Mitarbeiterbindung.

Ganz wichtig kann das soziale Engagement auch für das Recruitment sein. Die sogenannte Generation Y ist kein Mythos. Diese Leute möchten in einem Unternehmen oder einer Kanzlei arbeiten, in der die Botschaften des 21. Jahrhunderts angekommen sind. Daher fordern sie unter anderem zu Recht ein, dass ihr Job eine über den ökomonischen Aspekt hinausgehende Sinnhaftigkeit hat.

In der Regel wollen sich Menschen mit ihrem Arbeitgeber identifizieren. CSR kann einen Beitrag dazu leisten.

Vorteile sind dann messbar, wenn das gesellschaftliche Engagement „nachhaltig“ ist. Das ist ein langer Weg. Messbar im Sinne von neuen Mandaten ist das in der Regel nicht. Obwohl es durchaus vorkommt, dass Mandanten bei einem Pitch nach der CSR-Aktivität fragen. Entscheidend ist es am Ende sicherlich nicht, aber es zeigt, dass es hier so etwas wie „Awareness“ gibt.

Engelken: Eine bekannte Kanzlei errichtete kürzlich mit Hilfe sämtlicher Anwälte und Anwältinnen ein Kinderferiendorf. Nun gehört Sägen und Hämmern nicht unbedingt zur Kernkompetenz von Anwälten, auch wenn das Dorf immerhin noch steht. Gelungenes Projekt, ja oder nein?

Harth: Ein Kinderferiendorf für sich ist ein gelungenes Projekt. Und ich finde, es steht niemandem zu, dagegen etwas einzuwenden. Ob es gelungen im Sinne einer CSR-Strategie ist, muss danach beurteilt werden, ob die sogenannten Stakeholder das verstehen und wertschätzen. Also die bestehenden, prospektiven und ehemaligen Mandanten, die Partner und Mitarbeiter und die Öffentlichkeit. Eben alle, die wichtig für den wirtschaftlichen Erfolg der Kanzlei sind.

Wenn sich einzelne Rechtsanwälte nur genervt davon fühlen, weil sie an ihrem freien Wochenende zum Malern der Wände abbeordert werden, dann ist das nicht gelungen.

Bei so einem Projekt ist es besonders wichtig, dass die Anwälte selbst dahinterstehen. Insofern ist so ein Feriendorf ganz fantastisch, weil es ja auch so greifbar für einzelne Mitarbeiter sein kann. Die Rechtsanwälte können sich in diesem Dorf nachhaltig engagieren, den Kindern etwas beibringen, vorlesen, sie mal in die Kanzlei einladen etc. Wenn sich einzelne Rechtsanwälte nur genervt davon fühlen, weil sie an ihrem freien Wochenende zum Malern der Wände abbeordert werden, dann ist das nicht gelungen.

Engelken: Wie erreicht man es, dass alle Anwälte das Projekt mittragen?

Das kann man alles im Vorfeld abschätzen und planen. In der Regel gibt es in einer größeren Sozietät eine CSR-Gruppe, deren Aufgabe es ist, ein Engagement zu suchen, das von den meisten Mitarbeitern ideell getragen wird. Aber auch hier rate ich, genau hinzuschauen, was die Konkurrenz so macht und wie man sich unter Umständen von ihr abheben kann.

Das Ganze mit den vielen buddelnden Mitarbeitern hatte etwas leicht Albernes.

Engelken: Können Sie dafür ein Beispiel nennen, was passiert, wenn alle Wettbewerber das Gleiche machen?

Hardt: Auf einer CSR-Veranstaltung der Berliner IHK waren zufälligerweise diejenigen Unternehmen zahlreich, die in Kinderheimen, im Botanischen Garten und anderswo das Erdreich umgegraben haben. Da die Unternehmen ihre Aktivitäten mit Fotos dokumentierten, hatte das Ganze mit den vielen buddelnden Mitarbeitern etwas leicht Albernes. Das ist schade, denn die Projekte an sich waren ja sehr schön und alle hatten sich viel Mühe gegeben. Aber das Bild vom grabenden Unternehmer oder Anwalt brannte sich ein und beim Publikum kamen leichte Zweifel über die Sinnhaftigkeit der dokumentierten Aktivitäten auf.

Im Anschluss fragte mich ein Reporter der BZ, ob ich nicht eine richtige Anwaltsstory für ihn hätte. Mit so einem Anwalt am Schreibtisch, der was wirklich Wichtiges für die Gesellschaft tut. Pro Bono eben.

Engelken: Halten Sie also Pro-Bono-Beratung als CSR-Engagement für Kanzleien besser geeignet als andere Projekte?

Harth: Ja. Mittlerweile empfehle ich jeder Kanzlei ein Pro-Bono-Engagement. Aus dem einfachen Grund: Rechtsberatung ist das Kerngeschäft des Anwalts. Und bei Unternehmen wie bei Anwaltskanzleien ist CSR dann erfolgreich, wenn sie an das Kerngeschäft angelehnt ist. Warum? Weil eine richtig verstandene CSR einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen sollte. Das hat mehrere Gründe. Nach dem Motto „Schuster bleib bei Deinem Leisten“ hat die Gesellschaft einfach mehr davon, wenn das Kinderheim keine teure Rechtsberatung in Anspruch nehmen muss und der Malermeister die Wände im Kinderheim kostenlos streicht.

Engelken: Können Sie ein gutes Beispiel für ein CSR-Projekt nennen?

Harth: Ein gutes  Beispiel ist die Leipziger Kanzlei Spirit Legal LLP. Das sind junge Anwälte, die sich auf Online-Business-Beratung spezialisiert haben. Wen unterstützen sie? Start Ups und Gründerszene. Innovative Projekte, wie zum Beispiel die „Leipziger Rails Girls“. „Frauen an die Apps“ ist zu Recht ein Trendthema. Ein solches Engagement  zeigt dem Kunden: Ich habe es hier mit Profis zu tun, die wissen, was im 21. Jahrhundert relevant ist.

Engelken: Gibt es absolute Don’ts, die eine Kanzlei vermeiden sollte? Sowohl beim CSR-Engagement selber als auch bei der Kommunikation?

Harth: Absolute Don´ts sind alle Engagements, die als diskriminierend empfunden werden könnten. Diese Gefahr ist immer groß. Und man muss den kulturellen Kontext beachten. Das CSR-Video vom Anwalt in der Obdachlosensuppenküche oder Ähnliches wäre ein Beispiel. Das kann in Großbritannien gut ankommen, da es dort eine ganz andere Corporate-Citizenship-Tradition gibt als bei uns. Hier kann das ganz schnell einen schiefen Eindruck oder eine Schieflage entstehen lassen: Nach dem Motto „Wir gehen mal mit den Flüchtlingskindern in den Zoo, machen ein Foto und lassen uns dann nie wieder blicken.“

Ich war mal auf einer Veranstaltung einer Bürgerstiftung, wo eine gehobene Mittelschichtsklientel einen kleinen türkischen Jungen mit Migrationshintergrund auf seiner Ziehharmonika ein Kinderlied hat vorspielen lassen. Damit wollten sie ein Projekt aus Ihrem Portfolio dokumentieren: Wir finanzieren Kindern, deren Eltern es sich nicht leisten können, sie ein Instrument erlernen zu lassen.

Auch hier gilt wieder: Tolle Idee, tolles Projekt, aber ich meine, der Rahmen hätte sensibler gestaltet werden können. Er war das einzige Kind mit Migrationshintergrund auf dieser Veranstaltung. Da schaue ich als Beraterin dann schon genau hin, in welchem Kontext das Engagement meiner Kunden dann letztendlich präsentiert wird. Aber das alles lässt sich wunderbar vermeiden, indem von Anfang an gemeinsam eine CSR-Strategie aufgesetzt wird, die den Rahmen setzt. Sie ist zugleich auch Grundlage für die CSR-Kommunikationsstrategie.

Nur einmal im Jahr auf der Weihnachtskarte dick auftragen, reicht nicht

Engelken: Wie viel darf oder sollte eine Kanzlei denn von ihrem CSR-Engagement kommunizieren, um nicht den Eindruck zu erwecken, es ginge ihr nur um die Aufmerksamkeit und weniger um das Projekt selber?

Harth: Wenn eine Kanzlei das CSR-Engagement richtig aufgesetzt hat, dann kann gar kein falscher Eindruck entstehen. Die Kunst liegt hier vielmehr drin, die richtigen Kommunikationskanäle zu nutzen: in den traditionellen und in den sozialen Medien. Mal einen Speaker auf einem wichtigen Event zu platzieren. Die Trends zu verfolgen und immer am Ball zu bleiben. Wenn sie nur einmal im Jahr auf der Weihnachtskarte dick auftragen, dann reicht das nicht. Wobei Weihnachten ein guter Anfang sein kann.

Vielen Dank für das Gespräch!

Mehr zu Dr. Caroline Harth und ihrem Team: http://harthcommunications.com/uber-uns/

 

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