Dr. Sebastian Kraska

80331, München
07.11.2022

Datenschutz bis ins Grundbuchamt

IITR Information[IITR – 07.11.22] „Verantwortliche sollten sich bewusstmachen, dass auch öffentliche Daten Schutz genießen und nicht zur freien Verfügung stehen. Die im vorliegenden Fall verhängten Geldbußen machen deutlich, dass sich heimliche Datenverarbeitungen unter Ausnutzung spezieller Zugriffsrechte nicht auszahlen. Die Datenschutz-Grundverordnung gilt auch im hart umkämpften Markt um Bauland“ (so der Baden-Württembergische Landesbeauftragte für Datenschutz Dr. Stefan Brink).

In Baden-Württemberg hatte ein Bauträgerunternehmen gemeinsam mit einem Vermessungsingenieur Informationen beim Grundbuchamt in rechtswidriger Absicht abgefragt, um verschiedenen Grundstückseigentümern in einem Neubaugebiet Kaufpreisangebote unterbreiten zu können. Dies führte nun zu einem Bußgeld über 55.000 Euro gegen das Bauträgerunternehmen durch die Datenschutzaufsichtsbehörde.

Grundsatz der Rechtmäßigkeit

„Personenbezogene Daten müssen auf rechtmäßige Weise (…) verarbeitet werden“ (Art. 5 Abs. 1 a DSGVO)

Der Bauträger müsste zur Abfrage sowie für die spätere Kontaktaufnahme der personenbezogenen Daten des Grundstückeigentümers eine Rechtsgrundlage gehabt haben.

„Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
(a) Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben;“ (Art. 6 Abs. 1 a DSGVO)

Da keiner der betroffenen Personen über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten Bescheid wusste, hat auch keiner eine Einwilligung abgegeben, so dass diese Rechtsgrundlage nicht vorlag.

„(b) die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist“ (Art. 6 Abs. 1 b DSGVO)

Ebenso bestanden keinerlei Vertragsverhältnisse zwischen dem Bauträger und den Grundstückseigentümern.

„(f) die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen (…).“ (Art. 6 Abs. 1 f DSGVO)

In Frage käme somit lediglich ein überwiegendes Interesse aus Unternehmenssicht. Der Bauträger kann zwar ein wirtschaftliches Interesse anführen, jedoch wiegt das Interesse der Grundstückseigentümer in Ruhe gelassen zu werden deutlich schwerer. Man muss es schlichtweg – aus Betroffenensicht gesprochen – nicht ertragen, dass schlimmstenfalls Bauunternehmen in der Hoffnung auf einen guten Deal, ständig Angebote zum Kauf unterbreiten können.

Es kann also auch kein berechtigtes Interesse angeführt werden, so dass die Abfrage beim Grundbuchamt sowie die Kontaktaufnahme ohne Rechtsgrundlage geschah.

Grundsatz der Transparenz

„Personenbezogene Daten müssen (…) in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden“ (Art. 5 Abs. 1 a DSGVO)

Der Grundsatz einer transparenten personenbezogenen Datenverarbeitung soll gewährleisten, dass die betroffenen Personen wissen und den Überblick darüber behalten können, was mit ihren Daten passiert.

Zentrales Element dafür ist die Informationspflicht der betroffenen Personen:

„Werden personenbezogene Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben, so teilt der Verantwortliche der betroffenen Person Folgendes mit: (…)“ (Art. 14 Abs. 1 DSGVO)

Da den Betroffenen in dem vorliegenden Fall auch derartige Informationen nicht mitgeteilt wurden, stellt dies einen weiteren Datenschutzrechtsverstoß dar:

„Zudem lag auch ein Verstoß gegen Art. 14 DS-GVO vor, indem den Eigentümern – auch bei Kontaktaufnahme – keine Informationen zur Datenverarbeitung zur Verfügung gestellt wurden. Diese Informationen sind aber wesentliche Voraussetzung für betroffene Personen, um ihre Betroffenenrechte nach den Art. 15 ff. DS-GVO geltend machen zu können.“ (so das Landesamt für Datenschutz Baden-Württemberg in seiner Pressemitteilung)

Fazit: Beispiel für Unternehmen auch außerhalb der Baubranche

Logischerweise können andere Baufirmen aus diesem Beispiel lernen, dass sie nicht einfach personenbezogene Daten beim Grundbuchamt abfragen dürfen, um somit an möglichst attraktives Bauland zu kommen.

Doch dieser Fall zeigt auch Unternehmen anderer Branchen, dass es oftmals die Basisfragen sind, die beim Umgang mit personenbezogenen Daten zu beantworten gibt. – Anders gewendet: „Habe ich einen wirklich guten Grund für mein Handeln und bin ich dem anderen gegenüber offen, transparent und fair?“

Dass sich derartige Fragen immer wieder unternehmensintern gestellt werden sollten, ist dabei elementar auf dem Weg zu besser gelebtem und umgesetztem Datenschutz.

„Bei der Zumessung der Geldbuße wurde neben der Anzahl der betroffenen Personen, der Art der betroffenen Daten und der Bedeutung der verletzten Vorschriften vor allem die Kooperation der verantwortlichen Stellen im Bußgeldverfahren berücksichtigt.“ (so das Landesamt für Datenschutz Baden-Württemberg in seiner Pressemitteilung)

Außerdem zeigt sich immer wieder, dass in solchen Fällen seitens der Behörde ein besonderer Wert darauf gelegt wird, mit dieser kooperativ zusammenzuarbeiten. Dies schlägt sich auch wohlwollend in der Bußgeldzumessung wieder.

Der Beitrag Datenschutz bis ins Grundbuchamt erschien zuerst auf Das Datenschutz-Blog.