Rechtsanwältin Christine Bonke-Heseler

recht.flott. UG (haftungsbeschränkt)
22765, Hamburg
Rechtsgebiete
Recht der freien Berufe
05.03.2012

Rundschreiben an Fondsgesellschafter – doch verbotene Werbung?

Im Gegensatz zu der Entscheidung in der letzten Woche fiel dieser bereits etwas länger zurückliegende Beschluss gegen den werbenden Anwalt aus, obwohl das Vorgehen auf den ersten Blick das gleiche war. Auch hier schrieb ein Rechtsanwalt in einem Rundschreiben Kapitalanleger an. Aus welchen Gründen laut Anwaltsgerichtshof in München (BayAGH) vom 25.04.2008, 2 AnwG 50/07, jedoch in diesem Fall ein schuldhafter Verstoß gegen das Verbot aus § 43b BRAO vorliegt, stellt recht.flott. nachfolgend kurz dar. Aber vorab: Es bleibt dabei, nur die auf Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtete Werbung ist in diesem Zusammenhang nicht erlaubt. Die Gegenüberstellung ist auf alle Fälle interessant für diejenige, die sich zum ersten Mal mit Werbemaßnahmen für ihre Kanzlei beschäftigen.


Sachverhalt

Der Antragsteller wandte sich mit einem Rundschreiben an Mitgesellschafter eines Immobilienfonds. Das Anschreiben erfolgte unter namentlicher Benennung der Mitgesellschafter und mit Beifügung eines vorbereiteten Schreibens zur Durchführung einer Sonderprüfung sowie eines Fragebogens zur Beteiligung an der …. Im Anschreiben wird angegeben, dass der Antragsteller bzw. seine Kanzlei eine auf Fragen des Kapitalanlegerschutzes spezialisierte Anwaltskanzlei sei und er sich im Rahmen zahlreicher bestehender Mandate gegen die ... mit den Anlagepraktiken der ... beschäftige.

Verunsichernde Aussagen im Rundschreiben
Im Rundschreiben waren unter anderem folgende Aussagen enthalten:  1. Der Verdacht besteht, dass die Anlegergelder jedenfalls teilweise nicht prospektgemäß verwendet wurden. 2. Ausweislich der vorliegenden Daten besteht der dringende Verdacht, dass die Immobilien zu Lasten der Anleger weiter über Marktwert erworben worden waren. 3. Da die ... teilweise in die identischen Immobilien der ... investierte, besteht hier der dringende Verdacht, dass auch diese Gesellschaft Anlegergelder verschleudert hat.

Weckt der Anwalt die Notwendigkeit der Beratung, schießt er über das Ziel hinaus
Eben in diesen Angaben besteht der große Unterschied zu der in der letzten Woche behandelten Entscheidung. Zwar gilt laut Anwaltsgerichtshof auch hier grundsätzlich: Einer Werbemaßnahme immanent ist deren Zielgerichtetheit, sodass das direkte Ansprechen potentieller Mandanten zulässig ist. Aber es müsse gewährleistet sein, dass der potentielle Mandant frei und unbedrängt seine Entscheidung zur Mandatserteilung treffen kann. Dem sei vorliegend nicht so. Denn gerade durch die mehrfache Verwendung des Wortes "dringend" (insgesamt 3 x) werde beim Adressaten, nämlich dem Gesellschafter, Druck im Sinne der Eilbedürftigkeit seines Handelns aufgebaut, sodass dessen Entscheidungsfreiheit nicht mehr gewährleistet ist. Die Grenzen zulässiger Anwaltswerbung seien überschritten, da der Antragsteller mit dem Rundschreiben nebst Anlagen, insbesondere auch mit den zu unterlassenden Verdachtsäußerungen, die unbedingte Notwendigkeit der anwaltlichen Beratung weckte. Insbesondere im Zusammenspiel mit dem Fragebogen werde der Gesellschafter nach der Lektüre des Rundschreibens verunsichert; es ziele darauf ab, den konkreten Beratungs- und Handlungsbedarf des Adressaten zu wecken, beispielsweise zur Prüfung und Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs.