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Jugoslawien-Strafgerichtshof-Gesetz
Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
(1) Die Bundesrepublik Deutschland erfüllt ihre Verpflichtungen zur Zusammenarbeit, die sich aus den vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen beschlossenen Resolutionen 808 (1993) und 827 (1993) ergeben, nach Maßgabe dieses Gesetzes.
(2) Gerichtshof im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
- der durch Resolution 827 (1993) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 25. Mai 1993 eingesetzte Internationale Strafgerichtshof zur Verfolgung von Personen, die für schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht verantwortlich sind, welche seit 1991 im Hoheitsgebiet des ehemaligen Jugoslawiens begangen wurden, einschließlich seiner Kammern, seiner Anklagebehörde sowie der Angehörigen des Gerichts und der Anklagebehörde, sowie
- 2.
- der durch Resolution 1966 (2010) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 22. Dezember 2010 eingesetzte Internationale Residualmechanismus für die Ad-hoc-Strafgerichtshöfe, der die verbliebenen Aufgaben des in Nummer 1 bezeichneten Internationalen Strafgerichtshofs fortführt.
(1) Auf Ersuchen des Gerichtshofes werden Strafverfahren, soweit sie Straftaten betreffen, die seiner Gerichtsbarkeit unterliegen, in jedem Stadium des Verfahrens auf den Gerichtshof übergeleitet. War in dem übergeleiteten Verfahren bereits rechtskräftig auf eine Strafe erkannt worden, so ist von der weiteren Vollstreckung dieser Strafe abzusehen, sobald der Verurteilte dem Gerichtshof gemäß § 3 Abs. 1 überstellt worden ist.
(2) Gegen eine Person, gegen die vor dem Gerichtshof wegen einer seiner Gerichtsbarkeit unterliegenden Straftat verhandelt wird oder verhandelt wurde, kann, wenn ein Ersuchen gemäß Absatz 1 Satz 1 vorliegt, wegen einer solchen Tat ein Strafverfahren nicht mehr geführt werden.
(3) Das Gericht beschließt die Überleitung des Strafverfahrens an den Gerichtshof, soweit die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 vorliegen. Zugleich übermittelt es dem Gerichtshof die Beweismittel, die Protokolle über die bisherigen Ermittlungen und Verhandlungen sowie bereits ergangene gerichtliche Entscheidungen. Ist für mehrere Taten, für die eine Zuständigkeit des Gerichtshofes nur zum Teil begründet ist, eine Gesamtstrafe gebildet worden, so sind die nach Überleitung des Strafverfahrens verbliebenen Strafen auf eine neue Gesamtstrafe zurückzuführen. § 456a der Strafprozeßordnung findet entsprechende Anwendung.
(4) War das Verfahren noch nicht bei Gericht anhängig, gilt Absatz 3 Satz 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, daß die Staatsanwaltschaft entscheidet.
(5) § 154b der Strafprozeßordnung findet entsprechende Anwendung.
(6) In den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 trifft das Gericht eine Entscheidung über die vor der Überleitung entstandenen Kosten des Verfahrens erst, nachdem der Gerichtshof das übergeleitete Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen hat. Dabei legt es seiner Entscheidung die Entscheidung des Gerichtshofes zur Schuld- und Straffrage zugrunde. Die Entscheidung ergeht nach Anhörung der Betroffenen durch Beschluß. Die Sätze 1 bis 3 gelten sinngemäß für die nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen zu treffenden Entscheidungen.
(1) Auf Ersuchen des Gerichtshofes werden Personen, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten, zur Verfolgung wegen einer der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes unterliegenden Straftat oder zur Vollstreckung einer wegen einer solchen Straftat verhängten Sanktion in Haft genommen und an den Gerichtshof oder an den Staat, der die Vollstreckung einer vom Gerichtshof verhängten Sanktion übernommen hat, überstellt.
(2) Für das Verfahren gelten § 10 Abs. 1 und 3, §§ 12 bis 15, 16 Abs. 1 und 3, §§ 17 bis 24, 26 bis 34, 38 bis 40, 41 Abs. 1, 3 und 4, § 42 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen entsprechend.
(3) Auf Ersuchen des Gerichtshofes werden Personen zur Verfolgung wegen einer der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes unterliegenden Straftat oder zur Vollstreckung einer wegen einer solchen Straftat verhängten Sanktion durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes durchbefördert und zur Sicherung der Durchbeförderung in Haft gehalten.
(4) Für das Verfahren gelten § 43 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2, §§ 44, 45 Abs. 2 bis 7, § 47 Abs. 1 bis 5, 7 bis 8 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen entsprechend.
(1) Vorbehaltlich des Satzes 2 wird dem Gerichtshof auf Ersuchen für Verfahren wegen Straftaten, die seiner Gerichtsbarkeit unterliegen sonstige Rechtshilfe gemäß dem Fünften Teil des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen geleistet. §§ 47, 49 bis 52, 53 Abs. 2, §§ 58 und 59 des IStGH-Gesetzes finden entsprechende Anwendung.
(2) Verlangt der Gerichtshof das persönliche Erscheinen einer Person, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auf freiem Fuß befindet, als Zeuge zur Vernehmung, zur Gegenüberstellung oder zur Einnahme eines Augenscheins, so kann ihr Erscheinen mit denselben Ordnungsmitteln durchgesetzt werden, die im Falle der Ladung durch ein deutsches Gericht oder eine deutsche Staatsanwaltschaft angeordnet werden könnten. Befindet sich die Person für ein deutsches Verfahren in Untersuchungs- oder Strafhaft oder ist sie auf Grund der Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung untergebracht, so kann sie ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vorübergehend an den Gerichtshof überstellt werden.
(3) Angehörigen und Bevollmächtigten des Gerichtshofes und sonst am Verfahren beteiligten Personen wird auf Ersuchen die Anwesenheit bei der Vornahme von Rechtshilfehandlungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes gestattet; sie können Fragen oder Maßnahmen anregen. Die Angehörigen und Bevollmächtigten des Gerichtshofes können Niederschriften sowie Ton-, Bild- oder Videoaufzeichnungen der Rechtshilfehandlung fertigen.
(4) Auf besonderes Ersuchen können Angehörige und Bevollmächtigte des Gerichtshofes in Absprache mit den zuständigen deutschen Behörden Vernehmungen, Augenscheinseinnahmen und ähnliche Beweiserhebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes selbständig vornehmen. Die Anordnung und Durchführung von Zwangsmaßnahmen bleibt auch in diesem Falle den zuständigen deutschen Behörden vorbehalten und richtet sich nach deutschem Recht.
(1) Rechtshilfe kann durch Vollstreckung einer rechtskräftigen, vom Gerichtshof verhängten Freiheitsstrafe geleistet werden.
(2) Auf die nach den Inkrafttreten des Gesetzes zur Ausführung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes vom 17. Juli 1998 übernommenen Fälle der Vollstreckung einer vom Gerichtshof verhängten Freiheitsstrafe finden die §§ 41, 42, 47 Abs. 1 des IStGH-Gesetzes mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass zeitige Freiheitsstrafe bis zu einer Höchstdauer von 30 Jahren vollstreckt wird.
(1) Das Übereinkommen vom 13. Februar 1946 über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen (BGBl. 1980 II S. 941) findet auf den Gerichtshof sowie die Angehörigen der Anklagebehörde und der Kanzlei Anwendung.
(2) Den Richtern, dem Leiter der Anklagebehörde und dem Kanzler des Gerichtshofes stehen die Vorrechte, Immunitäten, Befreiungen und Erleichterungen zu, die Diplomaten nach dem Völkerrecht eingeräumt werden.
(2) Auf andere Personen, die nicht dem Gerichtshof angehören, aber an einem vor ihm geführten Verfahren beteiligt sind, findet Artikel VI Abschnitt 22 des Übereinkommens vom 13. Februar 1946 über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen (BGBl. 1980 II S. 941) entsprechende Anwendung, soweit dies für die reibungslose Wahrnehmung der Aufgaben des Gerichtshofes erforderlich ist.
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Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.