MilchMargG

Milch- und Margarinegesetz

Gesetz über Milch, Milcherzeugnisse, Margarineerzeugnisse und ähnliche Erzeugnisse

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes sind anzuwenden auf

1.
Milch und Milcherzeugnisse,
2.
Margarineerzeugnisse,
3.
Mischfetterzeugnisse,
4.
mit Milch oder Milcherzeugnissen verwechselbare Erzeugnisse,
soweit sie für den menschlichen Verzehr bestimmt sind.

(1a) Dieses Gesetz dient auch der Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Union und Europäischen Gemeinschaft im Anwendungsbereich des Absatzes 1.

(2) Die Vorschriften dieses Gesetzes und der nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen gelten nicht für Erzeugnisse im Sinne dieses Gesetzes, die zur Lieferung in Gebiete außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes oder für die Ausrüstung von Seeschiffen bestimmt sind. Zu diesem Zweck bestimmte Erzeugnisse müssen, wenn sie nicht den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechen, von den für den Geltungsbereich dieses Gesetzes bestimmten Erzeugnissen getrennt gehalten und kenntlich gemacht werden.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Milch: das durch ein- oder mehrmaliges Melken gewonnene Erzeugnis der normalen Eutersekretion von zur Milcherzeugung gehaltenen Tierarten;
2.
Milcherzeugnis: ein ausschließlich aus Milch hergestelltes Erzeugnis, auch unter Zusatz anderer Stoffe, sofern diese nicht verwendet werden, um einen Milchbestandteil vollständig oder teilweise zu ersetzen;
3.
Margarineerzeugnis:
a)
ein Erzeugnis im Sinne des Teils B der Anlage zu Anhang XV der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABl. EU Nr. L 299 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung oder
b)
Margarineschmalz;
4.
Mischfetterzeugnis:
a)
ein Erzeugnis im Sinne des Teils C der Anlage zu Anhang XV der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 oder
b)
Mischfettschmalz;
5.
mit Milch oder Milcherzeugnissen verwechselbares Erzeugnis: ein Erzeugnis, das wegen übereinstimmender charakteristischer Eigenschaften mit Milch oder Milcherzeugnissen verwechselt werden kann;
6.
Herstellen: das Gewinnen, Herstellen, Zubereiten, Be- und Verarbeiten;
7.
Inverkehrbringen: das Anbieten, Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, Feilhalten und jedes Abgeben an andere;
8.
Behandeln: das Wiegen, Messen, Um- und Abfüllen, Stempeln, Bedrucken, Verpacken, Kühlen, Lagern, Aufbewahren, Befördern sowie jede sonstige Tätigkeit, die nicht als Herstellen, Inverkehrbringen oder Verzehren anzusehen ist;
9.
Milchwirtschaftliches Unternehmen: ein Unternehmen, das Milch oder Milcherzeugnisse herstellt oder abgibt; ausgenommen sind die in Absatz 2 Satz 2 genannten Gaststätten und Einrichtungen.

(2) Verbraucher im Sinne dieses Gesetzes ist derjenige, an den Erzeugnisse im Sinne dieses Gesetzes zur persönlichen Verwendung oder zur Verwendung im eigenen Haushalt abgegeben werden. Dem Verbraucher stehen gleich Gaststätten und Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung.

(1) Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wird ermächtigt, im Einvernehmen mit den Bundesministerien der Justiz und für Verbraucherschutz und für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, um einheitliche Sorten von Erzeugnissen im Sinne dieses Gesetzes, auch aus bestimmten Herstellungsgebieten, zu schaffen,

1.
über die Vorschriften des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches hinaus Anforderungen an die Herstellung, Behandlung, Beschaffenheit, Kennzeichnung und sonstige Aufmachung dieser Lebensmittel zu stellen,
2.
zu bestimmen, wie die Einhaltung solcher Anforderungen zu gewährleisten ist.
In Rechtsverordnungen nach Satz 1 kann auch bestimmt werden, daß bestimmte geographische Bezeichnungen Erzeugnissen aus bestimmten Gebieten vorbehalten sind.

(2) Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zum Erhalt und zur Förderung der Qualität von Erzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 1

1.
Anforderungen an die Sachkunde für die in einem milchwirtschaftlichen Unternehmen für den milchwirtschaftlichen Betrieb Verantwortlichen zu bestimmen sowie
2.
Art und Weise des Nachweises der Sachkunde zu regeln.
In der Rechtsverordnung nach Satz 1 kann vorgeschrieben werden, dass im Falle des Nichterfüllens bestimmter Anforderungen oder des nicht ausreichenden Nachweises der Sachkunde dem Verantwortlichen das Führen eines milchwirtschaftlichen Betriebes ganz oder teilweise untersagt oder nur unter Auflagen gestattet werden kann.

(1) Von den Vorschriften der auf Grund des § 3 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnungen können im Einzelfall auf Antrag Ausnahmen zugelassen werden

1.
für das Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Erzeugnissen im Sinne dieses Gesetzes unter amtlicher Beobachtung, sofern Ergebnisse zu erwarten sind, die für die Änderung oder Ergänzung der Rechtsverordnungen von Bedeutung sein können; dabei sollen die schutzwürdigen Interessen des einzelnen sowie alle Umstände, die die allgemeine Wettbewerbslage der be- und verarbeitenden Wirtschaft beeinflussen können, angemessen berücksichtigt werden;
2.
für das Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen als Sonderverpflegung für Angehörige
a)
der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte,
b)
der Bundespolizei und der Polizei,
c)
des Katastrophenschutzes, des Warn- und Alarmdienstes und der sonstigen Hilfs- und Notdienste
von bestimmten Lebensmitteln einschließlich der hierfür erforderlichen Versuche sowie der Abgabe solcher Lebensmittel an andere, wenn dies zur ordnungsgemäßen Vorratshaltung erforderlich ist.

(2) Zuständig für die Zulassung von Ausnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 ist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist hinsichtlich der Organisationen des Bundes und der verbündeten Streitkräfte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit den für diese fachlich zuständigen Bundesministerien zuständig. In den übrigen Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 sind die von den Landesregierungen bestimmten Behörden zuständig.

(3) Die Zulassung einer Ausnahme ist auf längstens drei Jahre zu befristen. Sie kann auf Antrag dreimal um jeweils längstens drei Jahre verlängert werden, sofern die Voraussetzungen für die Zulassung fortdauern.

(4) Die Zulassung einer Ausnahme kann jederzeit aus wichtigem Grund widerrufen werden.

Die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 38 bis 48 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches auch insoweit, als die Vorschriften dieses Gesetzes über den Rahmen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches hinausgehen. Die §§ 50 bis 52 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches finden im Bereich dieses Gesetzes Anwendung.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft erläßt mit Zustimmung des Bundesrates die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen allgemeinen Verwaltungsvorschriften.

Die Landesregierungen werden ermächtigt, Rechtsverordnungen nach § 3 zu erlassen, solange der Bund von den in diesem Gesetz genannten Befugnissen keinen Gebrauch macht oder sich in Rechtsverordnungen die Regelung bestimmter Gegenstände nicht ausdrücklich vorbehält. Die Landesregierungen sind befugt, die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Behörden zu übertragen.

Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
(weggefallen)
2.
einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union, die dem Schutz der Bezeichnungen der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 im Anwendungsbereich dieses Gesetzes liegenden Erzeugnisse dient, soweit eine Rechtsverordnung nach § 10 Nr. 1 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist,
zuwiderhandelt.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer fahrlässig eine in § 8 bezeichnete Handlung begeht.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 1 Abs. 2 Satz 2 dort genannte Erzeugnisse nicht getrennt hält oder nicht kenntlich macht,
2.
einer Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, oder
3.
einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
4.
einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union zuwiderhandelt, die inhaltlich einer Regelung entspricht, zu der § 3 ermächtigt, soweit eine Rechtsverordnung nach § 10 Nr. 2 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu fünfundzwanzigtausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wird ermächtigt, soweit dies zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union erforderlich ist, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die

1.
als Straftat nach § 8 Nr. 2 zu ahnden sind oder
2.
als Ordnungswidrigkeit nach § 9 Abs. 2 Nr. 4 geahndet werden können.

Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach § 8 oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 9 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

Rechtsverordnungen nach § 3 Absatz 1 können ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden, wenn ihr unverzügliches Inkrafttreten zur Durchführung von Rechtsakten im Sinne des § 1 Absatz 1a erforderlich und ihre Geltungsdauer auf einen bestimmten Zeitraum von höchstens sechs Monaten begrenzt ist.

Vor Erlaß von Rechtsverordnungen nach diesem Gesetz soll ein jeweils auszuwählender Kreis von Sachkennern aus der Wissenschaft, der Verbraucherschaft und der beteiligten Wirtschaft gehört werden.

Unberührt bleiben die Vorschriften des Lebensmittelrechts, soweit nicht Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen.

Bis zum Erlaß einer Rechtsverordnung nach § 15 Nr. 1 sind § 13 Abs. 1 Nr. 2 und § 14 Abs. 1, dieser in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Nr. 2 und § 14 Abs. 3, in der bis zum 14. Juli 1998 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

Rechtsverordnungen nach diesem Gesetz können abweichend von § 2 Absatz 1 des Verkündungs- und Bekanntmachungsgesetzes im Bundesanzeiger verkündet werden.

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Jur. Bezeichnung
MilchMargG
Veröffentlicht
25.07.1990
Fundstellen
1990, 1471: BGBl I
Standangaben
Stand: Zuletzt geändert durch Art. 5 G v. 16.01.2016 I 52