Urteil des VG Saarlouis vom 30.04.2008

VG Saarlouis: leiter, abweichende meinung, entlastung, erstellung, werturteil, vollstreckung, vorverfahren, anfang, formfehler, ermessensausübung

VG Saarlouis Urteil vom 30.4.2008, 2 K 973/07
Tenor
1. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 02.07.2007 wird aufgehoben.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger und die Beklagte zu jeweils ½.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden,
sofern nicht der die Vollstreckung jeweils betreibende Kostengläubiger vor der Vollstreckung
Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig
erklärt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Abänderung ihrer dienstlichen Regelbeurteilung, die den
Beurteilungszeitraum vom 01.08.2005 bis 30.06.2006 umfasst.
Die am ... 1964 geborene Klägerin steht als Regierungsoberinspektorin im Dienste der
Beklagten. Im Beurteilungszeitraum wurde sie bis zum 31.12.2005 als
Förderungsberaterin beim Kreiswehrersatzamt Trier im Berufsförderungsdienst,
Standortteam Lebach, eingesetzt. Zu ihren Kernaufgaben gehörte die ziel- und
ergebnisorientierte Beratung, Profiling, Leistungsberatung- und –förderung, das Coaching
der Soldatinnen und Soldaten sowie die zivilberufliche Eingliederung; ferner war die Klägerin
tätig im Informationsmanagement für Truppe und Wirtschaft. Ab dem 01.01.2006 nahm
sie diese Tätigkeiten beim Kreiswehrersatzamt Saarlouis, Standortteam Lebach, wahr.
Unter dem 30.06.2006 erstellte der Leiter der Kreiswehrersatzamtes Saarlouis als
zuständiger Berichterstatter für die Zeit vom 01.08.2005 bis 30.06.2006 einen
Beurteilungsentwurf, der hinsichtlich der Gesamtbewertung der unter Abschnitt A
enthaltenen Leistungsbeurteilung mit der Bewertung „C = übertrifft die
Leistungserwartungen“ abschloss. Dabei wurden die der Leistungsbeurteilung zugrunde
liegenden Einzelmerkmale 1.1 „Fachliches Wissen und Können“, 1.2 „Gründlichkeit“, 1.4
„Schriftlicher Ausdruck“, 1.5 „Mündlicher Ausdruck“, 2.1 „Arbeitsumfang“, 3.1
„Eigenständigkeit“, 3.4 „Wirtschaftliches Handeln“, 3.5 „Bereitschaft zur Teamarbeit“, 3.6
„Sozialverhalten“ und 3.7 „Dienstleistungsorientierung“ mit „C = übertrifft die
Leistungserwartungen“ sowie die übrigen Einzelmerkmalen mit Ausnahme der nicht
bewerteten Merkmale 4.1 „Motivierung und Förderung der Mitarbeiter/innen“ und 4.2
„Vereinbarung und Kontrolle der Arbeitsergebnisse“ mit der Bewertung „D = entspricht
den Leistungserwartungen“ eingestuft. Zur Begründung der Gesamtbewertung der
Leistungsbeurteilung wurde ausgeführt: „Die Klägerin hat die verkürzte Einweisungsphase
im Berufsförderungsdienst mittlerweile abgeschlossen. Da sie zuvor einmal im
Berufsförderungsdienst tätig war, konnte sie ihre Kenntnisse in dieser Zeit wieder
auffrischen. Um den hohen Anforderungen in dieser schwierigen Materie gerecht zu
werden, ist es aber erforderlich, dass die Beamtin weiterhin intensiv am Ausbau ihrer
Fachkenntnisse arbeitet. Die Klägerin ist eine gewissenhafte und verantwortungsbewusste
Mitarbeiterin, die sich menschlich sehr gut in das Standortteam eingefügt hat. Sie verfügt
über ein ausgeprägtes Denk- und Urteilsvermögen, das sie in die Lage versetzt, auch
unbekannte Sachverhalte in kurzer Zeit zu durchdringen. Die Beamtin sollte die zu Beginn
der Einweisungsphase gezeigte Einsatzbereitschaft und Motivation beibehalten. Dies ist
Voraussetzung für dauerhaft gute Arbeitsergebnisse“. In den der Befähigungsbeurteilung
unter Abschnitt B des Beurteilungsentwurfs weiter ausgewiesenen Einzelmerkmalen
„Denk- und Urteilsvermögen“, Befähigung zur Kommunikation und Zusammenarbeit“
sowie „Verhandlungsgeschick“ wurde die Klägerin jeweils mit „C = ausgeprägt“ beurteilt; in
den Einzelmerkmalen „Organisationsvermögen“ erhielt die Klägerin die Bewertung „D =
nicht ausgeprägt“. Als Eignungs- und Verwendungsvorschlag wurde unter Abschnitt C des
Beurteilungsentwurfs ferner angegeben, die Klägerin sei „für ihre derzeitige Tätigkeit als
Förderungsberaterin im Standortteil Lebach mit Einschränkungen geeignet“.
Am 20.11.2006 schloss sich der Vizepräsident der Wehrbereichsverwaltung West als
zuständiger Beurteiler der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung des Berichterstatters an
und setzte das Gesamturteil der Beurteilung auf „übertrifft die Anforderungen“ fest; zudem
stimmte er dem Eignungs- und Verwendungsvorschlag des Berichterstatters zu.
Beigefügt war der Beurteilung der Beurteilungsbeitrag des Leiters des
Kreiswehrersatzamtes Trier als früherem Berichterstatters für die Zeit vom 01.08.2005
bis 31.12.2005. In diesem wurde hinsichtlich der „Leistungen“ der Klägerin ausgeführt, sie
sei bereits einmal im Berufsförderungsdienst tätig gewesen und befinde sich derzeit in
einer verkürzten Einweisungsphase. Es sei bereits erkennbar, dass sie ihre Aufgaben im
Standortteam engagiert angehe und sich insbesondere intensiv mit den zwischenzeitlich
geänderten Rechtsvorschriften vertraut mache. Bei der derzeit schwierigen
Personalsituation im Standortteam Lebach trage sie wesentlich zur Entlastung der
Kolleginnen und Kollegen bei. In Bezug auf deren „Befähigungen“ wurde ferner ausgeführt,
die Klägerin sei eine gewissenhafte und einsatzbereite Beamtin, die in der Lage sei,
konzentriert und zielorientiert zu arbeiten. Aufgrund ihrer Intelligenz gelinge es ihr,
Problemstellungen richtig einzuordnen und Lösungsansätze zu entwickeln. Die Klägerin sei
sehr verantwortungsbewusst und bearbeite eingehende Vorgänge stets sorgfältig und
gründlich. Sie habe sich gut ins Standortteam Lebach eingefügt.
Am 19.09.2006 wurde die dienstliche Beurteilung der Klägerin eröffnet und mit ihr am
22.03.2007 erörtert.
Mit Schreiben vom 19.04.2007 wandte sich die Klägerin gegen die ihr erteilte Beurteilung
und beantragte deren Abänderung. Zur Begründung wies die Klägerin darauf hin, dass sie
im Beurteilungszeitraum tatsächlich nur von August 2005 bis Februar 2006 Dienst
verrichtet und sich in dieser Zeit zudem in der Einarbeitung befunden habe. Dem Leiter des
Berufsförderungsdienstes Trier sei sie erst seit dem 01.01.2006 unterstellt gewesen. Da
sie im Januar und Februar 2006 im Standortteam Lebach praktisch unterwiesen worden
sei und in dieser Zeit darüber hinaus noch einen Lehrgang in Oberammergau absolviert
habe, liege dessen Beurteilung lediglich eine Tätigkeit von etwa drei Wochen zugrunde. Die
aus diesem Zeitraum resultierende Verschlechterung sowohl in der Leistungs- als auch in
der Befähigungsbeurteilung gegenüber früheren Beurteilungen stünde in Widerspruch zu
dem Beurteilungsbeitrag des früheren Berichterstatters für die Zeit vom 01.08. bis
31.12.2005. Dessen Beurteilungsbeitrag sei bei ihrer Beurteilung nicht berücksichtigt
worden. Auch entbehre der Eignungs- und Verwendungsvorschlag jeglicher Grundlage. Zu
verweisen sei ferner darauf, dass sie ein elektronisches Wiedervorlagensystem für die
Registratur eingerichtet habe, das zu einer erheblichen Entlastung der Kollegen geführt
habe. In die Registratur habe sie sich zusätzlich eingearbeitet. Ihre Lehrgänge habe sie
selbst ausgesucht und organisiert. Obwohl ihre Einweisung in das neue Arbeitsgebiet
aufgrund der schwierigen Personalsituation im Standortteam Lebach nur unvollständig
habe erfolgen können, seien die dortigen Kollegen von ihr entlastet worden, indem sie für
diese Terminarbeiten erledigt habe. Die ihr erteilte Beurteilung sei deshalb nicht haltbar.
Der Antrag der Klägerin auf Abänderung ihrer dienstlichen Beurteilung wurde von der
Beklagten als Widerspruch gewertet und mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2007, der
Klägerin zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am 04.07.2007 zugestellt,
zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die der Klägerin erteilte Beurteilung
sei rechtmäßig. Die einschlägigen Verfahren- und Zuständigkeitsregelungen seien bei der
Erstellung der Beurteilung beachtet worden. Die Beurteilung selbst sei ein
höchstpersönliches Werturteil des Beurteilers und allein auf Formfehler, Schlüssigkeit sowie
Widerspruchsfreiheit hin überprüfbar. Derartige Fehler lasse die Beurteilung nicht erkennen.
Der positivere Beurteilungsbeitrag sei von dem Berichterstatter berücksichtigt und zum
Bestandteil der Beurteilung gemacht worden. Zu einem besseren Gesamturteil habe der
Beurteilungsbeitrag indes nicht zwangsläufig führen müssen. Nach Einschätzung des
Berichterstatters hätten die Leistungen der Klägerin insbesondere von Anfang Januar 2006
bis Februar 2006 deutlich nachgelassen. Ihre Einsatz-, Leistungs- und Individualbereitschaft
habe erkennbar abgenommen, was sich negativ auf ihre Verlässlichkeit in Bezug auf
Arbeitsgüte und –menge ausgewirkt habe. Soweit die Klägerin selbst ihre Leistungen
besser bewerte, sei darauf zu verweisen, dass dienstliche Beurteilungen höchstpersönliche
Werturteile der Beurteiler seien, welche, sofern sei im Rahmen einer fehlerfreien
Beurteilungs- und Ermessensausübung getroffen worden seien, nicht überprüfbar seien.
Anderenfalls würde gegen die Verpflichtung zur Abgabe eines höchstpersönlichen
Werturteils der Beurteiler verstoßen. Die Beurteilung stelle sich auch nicht deshalb als
rechtswidrig dar, weil die Klägerin der Auffassung sei, dass ihre Leistungen sowohl in den
Einzelmerkmalen als auch im Gesamtergebnis besser zu bewerten seien. Nicht
durchzugreifen vermag darüber hinaus der Einwand der Klägerin, der Berichterstatter habe
nur begrenzten Einblick in ihre tägliche Arbeit erhalten können. Der Berichterstatter sei
unter Nutzung zulässiger Erkenntnisquellen und Ausübung seines Beurteilungsermessens
zu der von ihm vorgenommenen Einschätzung gelangt. Er habe mit dem Leiter des
Berufsförderungsdienstes in regelmäßigem persönlichen und fernmündlichen Kontakt
gestanden und zudem die Dienstaufsicht durch Überprüfung der körperlichen Akten sowie
durch Nutzung von EDV-Anwendungen ausgeübt. Der von dem Berichterstatter über die
Klägerin abgegebene Eignungs- und Verwendungsvorschlag sei widerspruchsfrei auf der
Grundlage der Feststellungen zur Leistungs- und Befähigungsbeurteilung entwickelt worden
und stimme auch mit den Zielaussagen der Personalentwicklungskonzeption überein. Bei
dem Eignungs- und Verwendungsvorschlag handele es sich um eine Aussage mit
prognostischem Charakter, der die Eignung der Klägerin für andere Verwaltungstätigkeiten
des gehobenen nichttechnischen Dienstes nicht ausschließe. Die Einwände der Klägerin
seien daher nicht geeignet, die Plausibilität der Bewertungen in Zweifel zu ziehen.
Mit ihrer am 06.08.2007 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr
Abänderungsbegehren weiter.
Die Klägerin verweist im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend
vor, der Leiter des Berufsförderungsdienstes Trier habe ihr anlässlich des
Erörterungstermins am 22.03.2007 im Beisein des Berichterstatters und der
Gleichstellungsbeauftragten erklärt, die gegenüber ihrer früheren Beurteilung erfolgte
Verschlechterung in dem Einzelmerkmal „Zuverlässigkeit“ sei darauf zurückzuführen, dass
er sich aufgrund ihrer Erkrankung nicht auf sie habe verlassen können. Diese Erwägung sei
sachwidrig.
Die Klägerin beantragt,
den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 02.07.2007
aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts erneut dienstlich zu beurteilen,
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für
notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf die Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid vom
02.07.2007 und weist ergänzend darauf hin, dass der Beurteilung der Klägerin, die sich
während des Beurteilungszeitraumes in der verkürzten Einweisungsphase für die Tätigkeit
im Berufsförderungsdienst befunden habe, nicht lediglich die praktische Unterweisung von
rund drei Wochen im Standortteam Lebach zugrunde liege. Die Klägerin sei dem Leiter des
Berufsförderungsdienstes Trier bereits seit dem 01.08.2005 unterstellt gewesen. Er
besitze daher Erkenntnisse über das Leistungs- und Befähigungsbild der Klägerin im
gesamten Beurteilungszeitraum. Zudem habe der Leiter des Berufsförderungsdienstes
Trier gemeinsam mit der Klägerin den Einweisungslehrgang Berufsförderung in
Oberammergau in dem Zeitraum vom 21.11. bis 02.12.2005 und vom 23.01. bis
03.02.2006 besucht und könne insoweit auch Aussagen hinsichtlich der dort gezeigten
Einsatz- und Leistungsbereitschaft der Klägerin treffen. Diese Erkenntnisse aus dem
gesamten Beurteilungszeitraum seien in die Beurteilung eingeflossen. Eine massive
Verschlechterung gegenüber der vorangegangenen Beurteilung der Klägerin liege nicht vor.
Auch sei ein eklatanter Widerspruch der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung zu dem
Beurteilungsbeitrag des früheren Berichterstatters nicht erkennbar. Dessen
Beurteilungsbeitrag beschreibe eine Beamtin, deren Leistungen und Befähigungen die
Leistungserwartungen teilweise übertreffen würden. Diese Wertungen seien berücksichtigt
und in die Bewertung des Leistungs- und Befähigungsbildes eingeflossen. Die Entlastung
der Kollegen durch die Klägerin habe in erster Linie darin bestanden, dass die bestehende
Personalvakanz in der Registratur durch sie gemildert worden sei. Die Klägerin habe das
Wiedervorlagensystem gepflegt und hierdurch die Terminsachen im Auge behalten. Diese
freiwillige Unterstützungsleistung in der Registratur sei positiv in ihr Leistungsbild
eingeflossen. Eine unvollständige Einarbeitung der Klägerin aufgrund der schwierigen
Personalsituation habe es nicht gegeben. Für die Klägerin sei bei Beginn ihrer Tätigkeit ein
Einweisungsplan erstellt worden, der bis zu ihrer Erkrankung im Februar 2006 wie
vorgesehen durchgeführt worden sei. Während des gesamten Einweisungszeitraumes
hätten ihr erfahrene Kollegen unterstützend zur Seite gestanden, so dass eine ausführliche
und umfassende Einarbeitung gewährleistet gewesen sei. Die von der Klägerin zu
besuchenden Lehrgänge seien durch den Einweisungsplan vorgegeben gewesen. In der
Meldung, an weiteren Lehrgängen teilnehmen zu wollen, könne keine überdurchschnittliche
Initiative der Klägerin gesehen werden.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Berichterstatters als Zeugen.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom
30.04.2008 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird Bezug genommen auf die
Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten
und die Personalakte der Klägerin, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung
war.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Erstellung einer neuen Beurteilung für den
Beurteilungszeitraum vom 01.08.2005 bis 30.06.2006 zu (1.). Der Widerspruchsbescheid
der Beklagten vom 02.07.2007 leidet jedoch an dem Rechtsfehler, dass die
Widerspruchsbehörde die ihr zustehende Beurteilungsermächtigung nicht ausgeübt hat
(2.).
1. Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung für das auf erneute dienstliche Beurteilung
der Klägerin gerichtete Klagebegehren sind insoweit die Vorschriften der §§ 40 bis 41 a der
Bundeslaufbahnverordnung –BLV- i.V.m. den zur Durchführung dieser Vorschriften
erlassenen Bestimmungen über die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen/Beamten und
Arbeitsnehmerinnen/Arbeitnehmer im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der
Verteidigung –BeurtBest- vom 13.04.2004. Danach sind Beamtinnen/Beamte bis
einschließlich der Besoldungsgruppe A 15 grundsätzlich alle drei Jahre zu beurteilen (Nr. 4
Abs. 1 BeurtBest), und haben die dienstlichen Beurteilungen zum Ziel, ein aussagefähiges,
objektives und vergleichbares Bild der Leistung und Befähigung der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter zu gewinnen (Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 BeurtBest).
Eine derartige dienstliche Beurteilung unterliegt nur in der eingeschränkten
verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung
vgl. u.a. BVerwG, Urteile vom 19.12.2002 – 2 C 31.01 -, ZBR 2003,
359 und vom 13.11.1997 – 2 A 2.97 -, DVBl. 1998, 638 m.w.N.
Ausschließlich der Dienstherr oder der für ihn handelnde jeweilige Vorgesetzte soll nach
dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung ein
persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den
ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden zahlreichen fachlichen und
persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Die
verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die
Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei
bewegen kann verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen
ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt
oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Sofern der Dienstherr – wie hier –
Richtlinien für die Abgabe einer dienstlichen Beurteilung erlassen hat, ist vom Gericht auch
zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen,
speziell denen der Laufbahnverordnung über die dienstliche Beurteilung, und auch sonst mit
den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen. Dagegen kann die verwaltungsgerichtliche
Nachprüfung nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche und persönliche Beurteilung
des Beamten durch den zur Beurteilung Berufenen in vollem Umfang nachvollzieht oder
diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt
vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 19.12.2002 a.a.O. und vom
11.11.1999 – 2 A 6.98 -, ZBR 2000, 269.
Der nach diesen Grundsätzen eingeschränkten rechtlichen Überprüfung hält die über die
Klägerin erstellte Regelbeurteilung ersichtlich stand.
Nach den der dienstlichen Beurteilung zugrundeliegenden Beurteilungsbestimmungen, an
deren Rechtmäßigkeit durchgreifende Bedenken nicht bestehen, richtet sich der Maßstab
bei der Bewertung der Einzelmerkmale der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung, der
Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung sowie bei der Festlegung des Gesamturteils
nach den Anforderungen, die allgemein an Beamtinnen/Beamte der gleichen Laufbahn- und
Besoldungsgruppe zu stellen sind (Nr. 17 Abs. 1 Satz 1 BeurtBest). Daraus folgt, dass
Grundlage der Beurteilungspraxis im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der
Verteidigung und damit maßgeblicher Beurteilungsmaßstab die vergleichende Betrachtung
der Eignung und Leistung aller Beamten einer Laufbahn- und Besoldungsgruppe ist. Das
Gesamturteil der einzelnen dienstlichen Beurteilungen ist daher nicht isoliert gesehen
aussagekräftig, sondern gewinnt seine Bedeutung als relative Aussage zur Leistung und
Eignung des einzelnen Beamten in der Relation zu den anderen Beamten der jeweiligen
Vergleichgruppe. Den sich hieraus ergebenden Anforderungen wird die streitige Beurteilung
der Klägerin erkennbar gerecht.
Dass die Beurteilung in Verkennung der Beurteilungspraxis der Beklagten erstellt worden
wäre, ist weder dargetan noch ansonsten erkennbar.
Es besteht auch kein greifbarer Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Beurteilung nicht
auf einer tragfähigen Beurteilungsgrundlage beruht. Soweit der als Berichterstatter
berufene Leiter des Kreiswehrersatzamtes Saarlouis nicht über eigene Erkenntnisse
hinsichtlich der Eignung und Leistung der Klägerin im Beurteilungszeitraum verfügte, hat er
sich, wie er im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Vernehmung näher dargelegt hat,
Kenntnis vom Leistungsstand der Klägerin insbesondere durch den Leiter des
Berufsförderungsdienstes Trier, dem die Klägerin während des gesamten
Beurteilungszeitraumes unterstellt war, ferner auch durch Einholung eines
Beurteilungsbeitrages des für die Klägerin im Beurteilungszeitraum vom 01.08. bis
31.12.2005 zuständigen früheren Berichterstatter verschaffen können. Diese im
Beurteilungsverfahren zulässige Vorgehensweise war grundsätzlich geeignet, dem jetzigen
Berichterstatter eine hinreichende Unterrichtung über die während des in Rede stehenden
Beurteilungszeitraums erbrachten Leistungen und die so deutlich gewordene Eignung der
Klägerin zu sichern
vgl. in diesem Zusammenhang auch Schnellenbach, Die dienstliche
Beurteilung der Beamten und Richter, Stand: März 2008, Rdnr. 285,
wonach das Tatsachenfundament dienstlicher Beurteilungen nicht in
einem absoluten Sinne „vollständig“ sein kann.
Dafür, dass die dem Berichterstatter und damit letztlich auch dem zuständigen Beurteiler
danach zur Verfügung stehende Beurteilungsgrundlage gleichwohl nicht ausreichend
gewesen wäre, etwa weil der in die Beurteilungsstellung der Klägerin mit einbezogene
Leiter des Berufsförderungsdienstes Trier seinerseits nicht über hinreichende Erkenntnisse
verfügt oder dieser ansonsten beurteilungsrelevante Tatsachen unberücksichtigt gelassen
hätte, spricht vorliegend nichts. Im Gegenteil hat der Leiter des Berufsförderungsdienstes
Trier in seiner dienstlichen Stellungnahme vom 14.06.2007 deutlich gemacht, dass die
Klägerin ihm während des gesamten Beurteilungszeitraums unterstellt und er
uneingeschränkt in der Lage gewesen sei, die Leistungen und Befähigungen der Klägerin im
Standortteam zu beurteilen, zumal er über mehrere Wochen gemeinsam mit dieser auch
auf einem BFD-Einführungslehrgang gewesen sei.
Weder die Vernehmung des Berichterstatters noch die Verhandlung im Übrigen hat darüber
hinaus einen Anhalt dafür ergeben, dass die Beurteilung der Klägerin ganz oder auch nur
teilweise auf sachfremden Erwägungen beruhen würde. Der Behauptung der Klägerin, der
Leiter des Berufsförderungsdienstes Trier habe ihr gegenüber anlässlich der Erörterung der
dienstlichen Beurteilung am 22.03.2007 erklärt, die schlechtere Beurteilung in dem
Einzelmerkmal „Zuverlässigkeit“ sei darauf zurückzuführen, dass er sich aufgrund ihrer
Erkrankung nicht auf sie habe verlassen können, ist der Berichterstatter nachvollziehbar mit
dem Hinweis darauf entgegengetreten, dass die Zuverlässigkeit der Klägerin in dem
Erörterungsgespräch zwar sicherlich ein Thema gewesen sei, der Leiter des
Berufsförderungsdienstes Trier insoweit aber wohl eher aus dem von ihm festgestellten
Leistungsabfall der Klägerin gefolgert habe, dass diese nicht mehr so zuverlässig sei.
Zudem hat er glaubhaft versichert, dass die Erkrankung der Klägerin zumindest bei der
Erstellung seines Beurteilungsentwurfs keine Rolle gespielt habe. Danach ist aber nicht
annehmbar, dass für die Beurteilung der Klägerin andere als Leistungs- und
Eignungsgesichtspunkte ursächlich gewesen sind.
Die der Klägerin auf der Grundlage des nach den Beurteilungsbestimmungen gebotenen
Leistungs- und Eignungsvergleich aller Beamtinnen und Beamten der gleichen Laufbahn-
und Besoldungsgruppe erteilte Beurteilung „übertrifft die Anforderungen“ überzeugt auch
im Ergebnis. Bereits durch die Bewertung der im Beurteilungsbogen ausgewiesenen
Einzelmerkmalen der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung, denen eine die Qualifikation
der Klägerin durchaus erläuternde Funktion zukommt, sowie die zur Gesamtbewertung der
Leistungsbeurteilung mit „C = übertrifft die Leistungserwartungen“ gegebene Begründung
werden die für die Beurteilungsnote der Klägerin relevanten Gesichtspunkte in
nachvollziehbarer Weise aufgezeigt. Dabei lässt insbesondere die Begründung der
Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung durch den Berichterstatter erkennen, dass es
sich bei der Klägerin zwar um eine gewissenhafte und verantwortungsbewusste
Mitarbeiterin handelt, sie über ein ausgeprägtes Denk- und Urteilsvermögen verfügt, das
sie in die Lage versetzt, auch unbekannte Sachverhalte in kurzer Zeit zu durchdringen, der
Berichterstatter allerdings auch einen weiteren Ausbau ihrer Fachkenntnisse für erforderlich
hält, damit die Klägerin den hohen Anforderungen der schwierige Materie im
Berufsförderungsdienst gerecht werden kann. Soweit eine Erläuterung und Konkretisierung
zu fordern ist, ist sie bereits durch die Ausführungen der Beklagten im
Verwaltungsverfahren, insbesondere auch durch die Stellungnahme des Leiters des
Berufsförderungsdienstes Trier vom 14.06.2007 in hinreichender Weise erfolgt. Letzterer
ist zu entnehmen, dass die Leistungen der Klägerin ab Ende 2005, insbesondere im
Zeitraum von Anfang Januar bis Anfang Februar 2006 deutlich nachgelassen sowie deren
Einsatz-, Leistungs- und Initiativbereitschaft erkennbar abgenommen hätten, was sich aus
Sicht des Leiters des Berufsförderungsdienstes Trier auch negativ auf die Verlässlichkeit der
Klägerin in Bezug auf Arbeitsgüte und –menge ausgewirkt habe. Dass für die Klägerin bei
diesen Gegebenheiten im Vergleich mit den übrigen Beamtinnen und Beamten derselben
Laufbahn- und Besoldungsgruppe ein besseres Gesamturteil nicht als gerechtfertigt
angesehen worden ist, leuchtet dabei gerade auch unter Berücksichtigung des Umstandes,
dass sich die Klägerin während des gesamten Beurteilungszeitraums noch in der –
wenngleich verkürzten - Einweisungsphase für die Tätigkeit im Berufsförderungsdienst
befunden hat, ohne Weiteres ein, und dem tragen auch die der Klägerin in den einzelnen
Leistungs- und Befähigungsmerkmalen zuerkannten Wertungen Rechnung.
Es ist im Weiteren auch nicht erkennbar, dass die der Klägerin erteilte Beurteilung, mit der
ihr im Ergebnis die Anforderungen übertreffende Leistungen und Befähigungen bescheinigt
worden sind, in Widerspruch zu dem Beurteilungsbeitrag des früheren Berichterstatters
vom 02.02.2006 stünde. Soweit die Klägerin in dessen Beurteilungsbeitrag gleichwohl eine
deutlich positivere Bewertung ihrer Leistungen und Befähigungen sieht, ist darauf
hinzuweisen, dass weder der jetzige Berichterstatter noch der zuständige Beurteiler an die
in diesem Beurteilungsbeitrag zum Ausdruck kommende Bewertung der Leistungen und
Befähigungen der Klägerin gebunden war. Nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen
über die dienstliche Beurteilung eines Beamten ist von dem zuständigen Beurteiler ein von
diesem allein zu verantwortendes persönlichkeitsbedingtes Werturteil abzugeben, für das
Beurteilungsbeiträge Dritter lediglich als Erkenntnisquellen dienen. Deren Wertung obliegt
allein dem zur Beurteilung Berufenen, so dass sich der Beamte grundsätzlich auch nicht auf
die abweichende Meinung des Verfassers eines Beurteilungsbeitrages berufen kann, zumal
dieser in der Regel mangels hinreichend breiter Grundlage die letztlich gebotene
vergleichende Betrachtung der Leistungen und Befähigungen aller Beamten der gleichen
Laufbahn- und Besoldungsgruppe nicht durchzuführen vermag
vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.05.1991 – 2 A 4/90 -, m.w.N.,
zitiert nach juris, und vom 05.11.1998 – 2 A 3.97 -, m.w.N.
Insofern ausreichend aber auch erforderlich ist, dass die in einem Beurteilungsbeitrag
getroffenen Feststellungen und Bewertungen bei der Urteilsfindung zur Kenntnis
genommen und bedacht werden müssen. Dass der Beurteilungsbeitrag des früheren
Berichterstatters vom 02.02.2006 entgegen der Auffassung der Klägerin bei der
Urteilsfindung berücksichtigt worden ist, wird bereits dadurch belegt, dass dieser
entsprechend Nr. 22 BeurtBest Aufnahme in die dienstliche Beurteilung gefunden hat.
Zudem hat der jetzige Berichterstatter dessen Berücksichtigung bei seiner Vernehmung
nochmals ausdrücklich bestätigt.
Auf die der Klägerin in früheren Beurteilungen zuerkannten Bewertungen kommt es im
gegebenen Zusammenhang nicht entscheidend an, zumal jeder Beurteilungszeitraum für
sich steht und der Berichterstatter bzw. der Beurteiler lediglich die in dem betreffenden
Beurteilungszeitraum sichtbar gewordene Leistung und Befähigung des Beamten für seine
Wertungen in den Blick nehmen darf.
Soweit die Klägerin ihrer Beurteilung ferner das von ihr eingerichtete elektronische
Wiedervorlagensystem für die Registratur, das selbständige Bemühen und die Teilnahme
an Lehrgängen sowie die Erledigung von Terminarbeiten für Kollegen entgegenhält,
verkennt sie, dass dies, soweit es um die Berücksichtigung bei der dienstlichen Beurteilung
geht, allein in die dem Berichterstatter bzw. letztlich dem zuständigen Beurteiler
zustehende weite Beurteilungsermächtigung fällt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die
von der Klägerin angeführten Tätigkeiten und Lehrgänge insoweit nicht entsprechend der
ihnen zukommenden Bedeutung bei der Beurteilung berücksichtigt worden wären, sind
nicht ersichtlich. Dass weder die Einrichtung eines elektronischen Wiedervorlagensystems
für die Registratur noch das selbständige Bemühen um Teilnahme an speziellen
Lehrgängen und die zusätzliche Übernahme von Dienstaufgaben für sich genommen als
Nachweise dafür angesehen werden können, dass die Klägerin in einzelnen
Beurteilungsmerkmalen oder im Gesamturteil unzutreffend beurteilt wäre, steht außer
Frage. Wie die Klägerin selbst die von ihr im Beurteilungszeitraum erbrachten Leistungen
sowie ihre Befähigungen einschätzt, ist insoweit rechtlich unerheblich.
2. Als rechtsfehlerhaft erweist sich jedoch der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom
02.07.2007. Die als Widerspruchsbehörde zuständige Wehrbereichsverwaltung West ist
bei ihrer Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin gegen die ihr erteilte Beurteilung
ersichtlich davon ausgegangen, dass dienstliche Beurteilungen als höchstpersönliche
Werturteile der Beurteiler, sofern diese im Rahmen einer fehlerfreien Beurteilungs- und
Ermessensausübung ergeben, nicht überprüfbar sind, und hat dementsprechend die
Beurteilung der Klägerin auch allein auf Formfehler, Schlüssigkeit und Widerspruchsfreiheit
hin überprüft. In Verkennung der auch ihr insoweit zustehenden Beurteilungsermächtigung
so ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 11.02.1999 – 2 C 28/98 -, DÖD
2000, 25.
hat die Widerspruchsbehörde damit die ihr gemäß § 68 Abs. 1 VwGO umfassende
Überprüfungskompetenz im konkreten Fall nicht ausgeschöpft. Der angefochtene
Widerspruchsbescheid ist daher rechtswidrig und aufzuheben mit der Folge, dass erneut
über den Widerspruch der Klägerin zu entscheiden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr.
11, 711 ZPO.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war gemäß § 162 Abs. 2
Satz 1 VwGO für notwendig zu erklären, da sie vom Standpunkt einer verständigen, nicht
rechtskundigen Partei für erforderlich gehalten werden durfte und es der Klägerin nicht
zumutbar war, das Verfahren selbst zu führen
vgl. Kopp/Schenke VwGO, 13. Aufl. 2007, § 162 Rdnr. 18 m. w. N.
Beschluss
Der Streitwert wird in Anwendung von § 52 Abs. 2 GKG mangels besonderer
Anhaltspunkte bezüglich einer näheren Bestimmung des Interesses der Klägerin auf 5.000
EUR festgesetzt.