Urteil des VG Neustadt vom 10.08.2010

VG Neustadt: wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, rechtsmedizin, methamphetamin, universität, konzentration, entziehung, umwandlung, verunreinigung, blutentnahme, urinprobe

VG
Neustadt/Wstr.
10.08.2010
6 K 1332/09.NW
Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr.
Urteil vom 10.08.2010 - 6 K 1332/09.NW
Fahrerlaubnisrecht
Verkündet am: 10. August 2010
gez. …
Justizbeschäftigte als Urkunds-
beamtin der Geschäftsstelle
Verwaltungsgericht
Neustadt an der Weinstrasse
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
der Frau …
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Christill & Wodausch, Landauer Straße 41, 67434 Neustadt
an der Weinstraße,
gegen
den Landkreis Südwestpfalz, vertreten durch den Landrat, Unterer Sommerwaldweg 40-42, 66953
Pirmasens,
- Beklagter -
wegen Entziehung der Fahrerlaubnis
hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 10. August 2010, an der teilgenommen haben
Präsidentin des Verwaltungsgerichts Faber-Kleinknecht
Richter am Verwaltungsgericht Bender
Richter Niesler
ehrenamtliche Richterin Hausfrau Kölsch
ehrenamtliche Richterin Hausfrau Masella
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin, die bereits im Juni 2006 nach vorangegangenem Konsum von Amphetamin auf ihre
Fahrerlaubnis verzichtet und diese später wiedererlangt hatte, wendet sich gegen die Entziehung ihrer
Fahrerlaubnis.
Am 8. Dezember 2008 wurde sie einer Verkehrskontrolle unterzogen. Dabei reagierte ein wegen des
Verdachts auf Drogenkonsum durchgeführter Urintest positiv auf Amphetamin. Hierzu gab die Klägerin
gegenüber den Polizeibeamten an, keine Drogen konsumiert, sondern die Schmerzmittel Ibuprofen und
Aspirin Complex eingenommen zu haben. In Aspirin Complex sei der Wirkstoff Ephedrin enthalten, der ein
Amphetamin-Derivat sei. Auf eine polizeiliche Nachfrage teilte das Institut für Rechtsmedizin der
Universität Mainz mit, es sei zwar nicht auszuschließen, dass das Amphetamin-Derivat bei den üblichen
Drogenvortestern eine positive Reaktion auf Amphetamin auslösen könne. Dies sei jedoch eher
unwahrscheinlich. Eine weitere polizeiliche Anfrage bei dem Hersteller des Vortesters ergab, dass eine
positive Reaktion bei Amphetamin-Derivaten mit 99,5 %-iger Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden
könne.
Bei der toxikologischen Untersuchung der am 8. Dezember 2008 entnommenen Blutprobe untersuchte
das Institut für Rechtsmedizin der Universität Mainz das Aliquot, d.h. eine Teilprobe des Serums nach
Zugabe interner Standards, Festphasenextraktion und Derivatisierung gaschromatographisch-
massenspektro-metrisch selektiv auf Amphetamin-Derivate (Amphetamin, Methamphetamin, MDMA, MDA,
MDE, MBDB) und stellte in seinem Gutachten vom 23. Januar 2009 eine Amphetamin-Konzentration von
26 ng/mL fest. Desgleichen wurde ein Aliquot der ebenfalls entnommenen Urinprobe mittels
Immunoassay auf Amphetamine, Cannabis, Cocain und Opiate sowie forensisch-toxikologisch relevante
Arzneimittelgruppen untersucht und positiv auf Amphetamin getestet. Die Ergebnisse der toxikologischen
Untersuchung des Probenmaterials würden eine Aufnahme des psychostimulierenden Betäubungsmittels
Amphetamin belegen. Aufgrund der festgestellten Serumkonzentration des Amphetamins sei nicht ohne
Weiteres von einem aktuellen, starken Amphetamineinfluss zum Zeitpunkt der Blutentnahme auszugehen,
wenngleich Restwirkungen denkbar seien.
Nachdem sie zu der beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Amphetaminkonsums angehört
worden war, trug die Klägerin mit Schreiben vom 13. März 2009 und vom 25. März 2009 vor: Sie habe
weder Amphetamin noch sonstige berauschende Mittel zu sich genommen. Vielmehr habe sie zum
fraglichen Zeitpunkt unter einer starken Grippe gelitten und entsprechende Medikamente zu sich
genommen. Außerdem würden bei Drogenabhängigen höhere Amphetamin-Konzentrationen als die bei
ihr gemessenen 26 ng/mL festgestellt. Bei diesem geringen Ergebniswert sei eine Verunreinigung der
Probe nicht ausgeschlossen. Ebenso sei eine Interferenz mit körpereigenen Substanzen möglich, d.h.
dieser Wert könne auch ohne die Einnahme von Medikamenten bzw. durch die Einnahme von Aspirin
Complex entstehen. Das in diesem Medikament enthaltene Ephedrin könne dazu führen, dass
Drogenschnelltests positiv reagieren. Auch gehe das toxikologische Gutachten fehlerhaft davon aus, dass
sie Aspirin eingenommen habe. Beide Medikamente würden sich dadurch unterscheiden, dass in Aspirin,
anders als in Aspirin Complex, kein Pseudoephedrin enthalten sei, das zu einer falsch-positiven Reaktion
führen könne.
Auf eine Anfrage des Beklagten teilte das Institut für Rechtsmedizin mit Schreiben vom 28. April 2009 mit:
Auf eine Anfrage des Beklagten teilte das Institut für Rechtsmedizin mit Schreiben vom 28. April 2009 mit:
Nach der Aufnahme des in Aspirin Complex enthaltenen Pseudoephedrins komme es weder auf
metabolischem Weg, also durch normale Stoffwechselvorgänge, noch durch andere Prozesse zu einer
Bildung von Amphetamin im Körper. Der Nachweis von Amphetamin im Blut könne daher auf keinen Fall
auf die Einnahme eines pseudoephedrinhaltigen Medikaments wie Aspirin Complex zurückgeführt
werden.
Daraufhin entzog der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 2. Juni 2009 unter Anordnung der
sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis der Klassen BE, weil sie sich wegen des Konsums von
Amphetamin als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe.
Zur Begründung ihres hiergegen am 9. Juni 2009 erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin im
Wesentlichen vor, dass sie ein zweites Gutachten zum toxikologischen Messverfahren einholen werde.
Außerdem legte sie unter anderem ein an ihre Prozessbevollmächtigte adressiertes Schreiben des
Instituts für Rechtsmedizin der Universität Mainz vom 21. September 2009 vor. Darin führte das Institut
aus, dass es die Analysen nach international anerkannten Qualitätsstandards durchführe. Im Fall der
Klägerin sei Amphetamin und nicht ein Derivat dieser Substanz nachgewiesen worden.
Mit Beschluss vom 23. Juni 2009 (6 L 559/09.NW) lehnte das erkennende Gericht den Antrag der Klägerin
auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2009 wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten den
Widerspruch zurück.
Nach dessen Zustellung am 9. November 2009 hat die Klägerin am 7. Dezember 2009 Klage erhoben.
Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Das Ergebnis des toxikologischen Gutachtens vom
23. Januar 2009 sei wissenschaftlich nicht eindeutig. Es sei nachgewiesen, dass sich in Medikamenten
enthaltenes Pseudoephedrin bei der Durchführung einzelner Testverfahren, d.h. während des
Analyseverfahrens im Labor, in Amphetamin umwandeln könne. Hierfür beruft sie sich beispielhaft auf den
englischsprachigen, im Handbook of Drug Monitoring Methods abgedruckten Aufsatz „Interpretation of
Amphetamines-Screening and Confirmation Testing“ von Larry Broussard. Zudem sei die
ordnungsgemäße Durchführung des toxikologischen Verfahrens zweifelhaft. Wesentliches Indiz hierfür sei
insbesondere die niedrige Amphetamin-Konzentration von 26 ng/mL. Bei Drogenkonsumenten betrage
der Messwert üblicherweise 300 bis 400 ng/mL. Außerdem seien dem ärztlichen Untersuchungsbericht
vom 8. Dezember 2008 keine Anzeichen für einen Drogenkonsum zu entnehmen. Ebenso habe die
Polizei keine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit festgestellt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 2. Juni 2009 (gemäß § 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) i.V.m. §§ 11, 14, 46 und
73 der Fahrerlaubnis-Verordnung) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Oktober 2009
aufzuheben;
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er auf den Beschluss des erkennenden Gerichts vom 23. Juni 2009 und die
Stellungnahmen des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Mainz Bezug. Darüber hinaus legt er eine
weitere Stellungnahme dieses Instituts vom 15. Juli 2010 vor, in welchem es dem Vortrag der Klägerin
entgegen tritt, dass die toxikologische Feststellung von Amphetamin auf eine nicht ordnungsgemäße
Durchführung des Analyseverfahrens oder auf eine Umwandlung von Pseudoephedrin in Amphetamin
während des Analysevorgangs zurückzuführen sei. Außerdem legt der Beklagte eine Mitteilung der
Polizeiinspektion Dahn vom 15. Juli 2010 vor, wonach die Klägerin die Polizeibeamten darüber aufgeklärt
habe, dass in Aspirin Complex der Wirkstoff Pseudoephedrin enthalten sei. Es habe sich dabei nicht um
eine allgemeine Erkenntnis der Polizeibeamten gehandelt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zu den
Gerichtsakten gereichten Schriftsätze sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten und die Akte 6 L
559/09.NW verwiesen. Diese Unterlagen lagen der Kammer vor und waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung. Des Weiteren wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10. August 2010 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtene Entziehung der Fahrerlaubnis ist rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
Die Entziehungsverfügung hat ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG –
i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnis-Verordnung
– FeV –, wonach die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen hat, wenn sich deren Inhaber
als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies ist gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV
insbesondere dann der Fall, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV
vorliegen. Danach ergibt sich die Ungeeignetheit der Klägerin zur Überzeugung des Gerichts aus dem
durch das toxikologische Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Mainz vom 23. Januar
2009 nachgewiesenen Amphetaminkonsum. Die Einnahme dieser so genannten harten Droge schließt
nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV bereits bei einmaligem Konsum regelmäßig die Kraftfahreignung aus,
ohne dass es darauf ankommt, ob der Betroffene ein Kraftfahrzeug unter Einfluss dieses
Betäubungsmittels geführt hat (OVG RP, Beschluss vom 10. Februar 2010 – 10 B 10007/10.OVG –;
Beschluss vom 25. Juli 2008 – 10 B 10646/08.OVG –, juris, Rn. 4).
Die von der Klägerin gegen die Verwertbarkeit des toxikologischen Gutachtens vorgebrachten Einwände
greifen nicht durch.
Es liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass das toxikologische Analyseverfahren nicht
ordnungsgemäß durchgeführt und die Feststellung von Amphetamin sowohl im Blut als auch im Urin der
Klägerin auf eine Verunreinigung des Probenmaterials zurückzuführen wäre. Insbesondere lässt die im
Blut festgestellte Amphetamin-Konzentration von 26 ng/mL nicht auf eine fehlerhafte Messung oder
Verunreinigung der Probe schließen. Das Institut für Rechtsmedizin hat hierzu in seiner Stellungnahme
vom 15. Juli 2010 – in der es sich mit den Einwendungen der Klägerin gegen sein Gutachten im
Einzelnen auseinander gesetzt hat – nachvollziehbar ausgeführt, dass die Höhe der nachgewiesenen
Amphetamin-Konzentration von mehreren Parametern, nämlich unter anderem von der eingenommenen
Betäubungsmitteldosis und dem Zeitablauf zwischen dem Konsum des Betäubungsmittels und der
Blutentnahme abhängig sei. Nach der Aufnahme werde Amphetamin mit intra- und interindividuell stark
schwankenden Eliminationshalbwertszweiten aus dem Blut eliminiert. Deshalb könne auch bei einer
initial sehr hohen Amphetamin-Konzentration zu einem späteren Zeitpunkt eine sehr niedrige
Konzentration gemessen werden. Außerdem liege die festgestellte Amphetamin-Konzentration im Fall der
Klägerin mit 26 ng/mL eindeutig über der Bestimmungsgrenze von 10 ng/mL und der Nachweisgrenze
von 0,7 ng/mL des vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Mainz angewendeten
gaschromatographisch-massenspektrometrischen Analyseverfahrens.
Ebenso wenig verfängt der Einwand, dass das in Aspirin Complex enthaltene Pseudoephedrin durch
Stoffwechselprozesse in Amphetamin umgewandelt werden könne. Nach den insoweit unwidersprochen
gebliebenen Stellungnahmen des Instituts für Rechtsmedizin vom 28. April 2009 und 15. Juli 2010 könne
das Vorhandensein von Amphetamin im Blut nicht auf Stoffwechselprozesse zurückgeführt werden, weil
weder durch enzymatische Reaktionen, z.B. in den Leberzellen, noch durch spontane Abbaureaktionen
im Magen aus Pseudoephedrin Amphetamin gebildet werde.
Auch sonst ist das Ergebnis des toxikologischen Gutachtens zur Überzeugung des Gerichts
wissenschaftlich nicht anzuzweifeln. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass im Fall der Klägerin
Pseudoephedrine während der toxikologischen Untersuchung der Blut- und Urinprobe künstlich in
Amphetamin umgewandelt wurden. Entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse sind dem Gericht
weder bekannt noch wurden sie von der Klägerin vorgetragen. Der von der Klägerin
– trotz Aufforderung des Gerichts zur Vorlage einer deutschen Übersetzung – lediglich in englischer
Sprache vorgelegte Aufsatz „Interpretation of Amphetamines Screening and Confirmation Testing“ von
Larry Broussard verhält sich nur zu der künstlichen Umwandlung von Pseudoephedrin in
Methamphetamin und weist diese unter bestimmten Voraussetzungen nach. In ihrem Fall wurde indessen
zum einen kein Methamphetamin festgestellt, sondern das davon zu unterscheidende Amphetamin. Zum
anderen wurde auch nicht das von Larry Broussard beschriebene Analyseverfahren angewendet. Hierzu
hat das Institut für Rechtsmedizin der Universität Mainz in seiner Stellungnahme vom 15. Juli 2010 unter
Auseinandersetzung mit den von der Klägerin erhobenen wissenschaftlichen Zweifeln und unter
Auswertung des Aufsatzes von Larry Broussard im Einzelnen ausgeführt:
„Die Behauptung, dass nach wissenschaftlichen Erkenntnissen bei Testverfahren Pseudoephedrine in
Amphetamine umgewandelt werden können, verleitet in dieser allgemeinen Formulierung bei Unkenntnis
der dieser Aussage zugrunde liegenden wissenschaftlichen Arbeiten zu absolut falschen und
irreführenden Schlüssen. Diese Fehlinterpretation ist auch der Klägerin bei der von ihr als Bezug
aufgeführten Publikation unterlaufen. Larry Broussard hat in seinem Beitrag „Interpretation of
Amphetamines Screening and Confirmation Testing im „Handbook of Drug Monitoring“ auf eine Arbeit von
Hornbeck et al. hingewiesen, die 1993 im Journal of Analytical Toxicology erschienen ist. Der Titel dieser
Arbeit lautet: „Detection of a GC/MS artifact peak as methamphetamine“. Bereits der Titel dieser Arbeit
weist unmissverständlich darauf hin, dass hier über eine artifizielle Bildung von Methamphetamin berichtet
wird und nicht über einen Amphetamin-Artefakt. Der Begriff „Amphetamine“ wird gerade von Laien leider
zu sorglos verwendet, was oft zu erheblichen Fehlinterpretationen führt. Unter „Amphetamine“ versteht
man in der Regel eine ganze Stoffgruppe von Psychostimulantien, die sich von Phenylethylamin ableiten.
Amphetamin und Methamphetamin sind zwei Vertreter dieser Stoffgruppe, Ephedrin und Pseudoephedrin
sowie die Designerdrogen vom Ecstasytyp (MDMA, MDA und MDEA) andere Beispiele. Hornbeck und
seine Mitarbeiter stellten bei den Untersuchungen von Urinproben fest, dass bei sehr hohen
Konzentrationen von Ephedrin oder Pseudoephedrin nach Behandlung der Urinextrakte mit gängigen
Derivatisierungsreagenzien (CB, HFB, TFAP) bei sehr hohen Injektortemperaturen (300 °C) im
Injektorblock des GCMS-Systems Methamphetamin gebildet werden kann. Eine artifizielle
Amphetaminbildung ist aufgrund der Molekülstruktur des Ephedrins bzw. Pseudoephedrins nicht möglich
und wurde von Hornbeck et al. auch nicht beobachtet.
Ohne auf weitere Einzelheiten eingehen zu müssen, dürfte es nach diesen Ausführungen klar sein, dass
die von der Klägerin aufgeführten wissenschaftlichen Erkenntnisse kein Beleg für eine fehlerhafte Analytik
sein können, da im vorliegenden Fall nicht Methamphetamin sondern Amphetamin im Blut nachgewiesen
wurde. Eine Untersuchung der Blutprobe von Frau … auf Pseudoephedrin war nicht beauftragt und wurde
deshalb nicht durchgeführt. Unterstellt man aufgrund der Einnahme des Medikaments Aspirin complex
dennoch das Vorhandensein von Pseudoephedrin im Blut, so würde die Tatsache, dass kein
Methamphetamin nachgewiesen wurde, vielmehr die Leistungsfähigkeit unserer Analysenmethode
unterstreichen. Eine nachweisbare, artifizielle Bildung von Methamphetamin aus Pseudoephedrin findet
bei der von uns verwendeten GCMS-Methode nicht statt, da wir bewusst mit einer erheblich kleineren
Injektortemperatur (250 °C) arbeiten. Eine Methamphetaminbildung ist nach den Ergebnissen von
Hornbeck auch schon deshalb nicht zu erwarten, da die nach therapeutischen Pseudoephedrindosen
erreichten Blutkonzentrationen um Größenordnungen unter den Urinkonzentrationen liegen, bei denen es
zu einer Methamphetaminbildung kommen kann.“
Das Gericht hat keinen Anlass, an diesen sachverständigen und in Auseinandersetzung mit den
Einwendungen der Klägerin getätigten Erläuterungen zu zweifeln. Auch ist ihnen die Klägerin nicht
substantiiert entgegen getreten. Insbesondere hat sie nicht dargelegt, warum diese Ausführungen
wissenschaftlich nicht haltbar oder mit dem aktuellen Stand der Forschung unvereinbar sein sollten. Ihre
Einwendungen beschränken sich auf die pauschale Behauptung, dass gleichwohl eine Umwandlung von
Pseudoephedrin in Amphetamin insbesondere bei Anwendung des Immunoassay-Verfahrens und damit
auch bei anderen Messverfahren möglich sei, sowie auf den Hinweis auf angeblich gegenteilige
wissenschaftliche Erkenntnisse, ohne jedoch deren Inhalt oder Urheber zu benennen.
Konkrete Tatsachen dafür, dass entgegen der Stellungnahme des Instituts für Rechtsmedizin vom 15. Juli
2010 eine Umwandlung von Pseudoephedrin in Amphetamin im Rahmen von toxikologischen Analysen
sowohl bei Blut- als auch bei Urinproben möglich wäre und im vorliegenden Fall tatsächlich stattgefunden
haben könnte, sind weder ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen. Insbesondere die Angaben des
rechtsmedizinischen Instituts und des Herstellers des bei der Klägerin verwendeten Drogenschnelltests,
dass eine positive Reaktion bei der Einnahme von Aspirin Complex nicht völlig ausgeschlossen sei,
deuten nicht auf die von der Klägerin behauptete Stoffumwandlung während der toxikologischen
Untersuchung hin. Ungeachtet dessen, dass etwaige Fehlerpotentiale bei einem Drogenschnelltest keine
Aussagekraft für die Verwertbarkeit einer davon zu unterscheidenden toxikologischen Laboruntersuchung
haben, liegt es fern, dass sowohl der auf Grundlage einer Urinprobe durchgeführte Drogenschnelltest als
auch die toxikologische Laboruntersuchung von Blut- und Urinproben übereinstimmend fehlerhaft zu
einer positiven Feststellung von Amphetamin führen.
Schließlich steht das Ergebnis des toxikologischen Gutachtens auch nicht im Widerspruch zu den
Feststellungen im ärztlichen Untersuchungsbericht und den polizeilichen Feststellungen zur
Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit. Dort wurden zwar mit Ausnahme einer sehr gering gestörten
Konvergenzreaktion, einem Zittern und einer Unruhe sowie wässrig/glänzenden und unruhigen Augen
keine Ausfallerscheinungen vermerkt. Dies fügt sich jedoch mit den Ausführungen im toxikologischen
Gutachten, wonach aufgrund der festgestellten Serumkonzentration des Amphetamins nicht ohne
Weiteres von einem aktuellen, starken Amphetaminein-fluss zum Zeitpunkt der Blutentnahme auszugehen
sei, wenngleich Restwirkungen denkbar seien.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167
VwGO.
Rechtsmittelbelehrung …
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,-- € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG).
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der
Beschwerde
angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.
gez. Bender
gez. Bender
gez. Niesler
PräsVG Faber-Kleinknecht ist
wegen Ortsabwesenheit an der
Beifügung ihrer Unterschrift
gehindert.