Urteil des VG Neustadt vom 14.03.2011

VG Neustadt: fremdenverkehr, satzung, unternehmen, echte rückwirkung, beitragspflicht, beitragssatz, wirtschaftliche tätigkeit, genossenschaft, erlass, unternehmer

VG
Neustadt/Wstr.
14.03.2011
4 K 1120/10.NW
Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr.
Urteil vom 14.03.2011 - 4 K 1120/10.NW
Fremdenverkehrsbeitragsrecht
Verkündet am: 14.03.2011
gez. …
Justizbeschäftigte als Urkunds-
beamtin der Geschäftsstelle
Verwaltungsgericht
Neustadt an der Weinstrasse
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
der A,
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin Ute Klaffer, Augustaanlage 53, 68165 Mannheim,
gegen
die Verbandsgemeinde Freinsheim, vertreten durch den Bürgermeister, Bahnhofstraße 12, 67251
Freinsheim,
- Beklagte -
wegen Fremdenverkehrsbeitrags 2005
hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 14. März 2011, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Butzinger
Richter am Verwaltungsgericht Kintz
Richter am Verwaltungsgericht Bender
ehrenamtliche Richterin Hausfrau Ziegler
ehrenamtliche Richterin Verwaltungsangestellte i.R. Hammer
für Recht erkannt:
Der Bescheid über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags für das Jahr 2005 vom 27. Oktober
2008, geändert durch den Bescheid vom 21. Mai 2010, sowie der Widerspruchsbescheid des
Kreisrechtsausschusses bei der Kreisverwaltung Bad Dürkheim vom 14. Oktober 2010 werden
aufgehoben, soweit der festgesetzte Beitrag die Höhe von 308,36 € übersteigt. Im Übrigen wird die
Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5 zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der
festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin, die in der zur Beklagten gehörenden Ortsgemeinde A einen Obst- und Gemüsegroßhandel
in Form einer eingetragenen Genossenschaft betreibt, wendet sich gegen die Heranziehung zu einem
Beitrag für die Fremdenverkehrswerbung für das Jahr 2005.
Die Aufgabe der Fremdenverkehrswerbung war im Jahr 2000 von sieben der acht
verbandsgemeindeangehörigen Ortsgemeinden durch Beschluss ihrer Gemeinderäte und mit
Zustimmung des Verbandsgemeinderates der Beklagten vom 27. März 2000 auf die Beklagte übertragen
worden. Die Kosten für die Fremdenverkehrswerbung trug die Beklagte in den Folgejahren zum Teil selbst
und refinanzierte den größeren Teil durch eine Umlage bei den übertragenden Ortsgemeinden. Zur
Beteiligung der vom Fremdenverkehr profitierenden Personen und Unternehmen an den Kosten der
Fremdenverkehrswerbung beschloss der Gemeinderat der Beklagten am 15. Dezember 2004 eine
Fremdenverkehrsbeitragssatzung - FVBS 2005 -. Am 5. Dezember 2005 setzte die Beklagte aufgrund
dieser Satzung gegenüber der Klägerin einen Beitrag zur Fremdenverkehrswerbung in Höhe von
1.413,33 € fest. Die Beklagte ging hierbei von einem - ihr vom Finanzamt Neustadt im Oktober 2005
mitgeteilten - Jahresumsatz der Klägerin von …… € im Jahr 2003, einem Vorteilssatz von 11 % sowie
einem Gewinnsatz von 5 % aus und multiplizierte das Produkt dieser Basispunkte mit einem vom
Verbandsgemeinderat in seiner Sitzung vom 14. Dezember 2004 beschlossenen und in § 5 der
Haushaltssatzung für das Jahr 2005 festgesetzten Beitragssatz von 5 %. Mit Teil-Widerrufsbescheid vom
16. Mai 2006 ermäßigte die Beklagte den Gewinnsatz auf 4 %, was zu einer Reduzierung des
festgesetzten Fremdenverkehrsbeitrags auf 1.130,66 € führte. Nach erfolgloser Durchführung eines
Vorverfahrens hob das erkennende Gericht auf die Klage der Klägerin den
Fremdenverkehrsbeitragsbescheid vom 5. Dezember 2005 in der Fassung des Bescheids vom 16. Mai
2006 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2007 mit Urteil vom 30. Januar
2008 - 1 K 150/07.NW - auf. Zur Begründung führte die damals für das Fremdenverkehrsbeitragsrecht
zuständige Kammer u.a. aus, die Regelungen der Anlage der FVBS 2005 entsprächen nicht den
Vorgaben der §§ 12 Abs. 1 KAG, 2 und 3 FVBS 2005. Daher fehle es somit an einer erforderlichen
Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung.
Die Beklagte erließ daraufhin am 18. Juni 2008 eine neue Fremdenverkehrsbeitragssatzung - FVBS 2008
-, die am 26. Juni 2008 im Amtsblatt der Verbandsgemeinde bekannt gemacht wurde und rückwirkend
zum 1. Januar 2005 in Kraft trat.
Aufgrund dieser neu erlassenen Fremdenverkehrsbeitragssatzung vom 18. Juni 2008 setzte die Beklagte
Aufgrund dieser neu erlassenen Fremdenverkehrsbeitragssatzung vom 18. Juni 2008 setzte die Beklagte
mit Bescheid vom 27. Oktober 2008 erneut einen Fremdenverkehrsbeitrag gegenüber der Klägerin für das
Jahr 2005 fest und zwar in Höhe von 513,94 €. Die Beklagte ging dabei erneut von dem ihr vom
Finanzamt Neustadt im Oktober 2005 mitgeteilten Jahressumsatz der Klägerin von ……. € im Jahr
2003,einem Vorteilssatz von 4 % sowie einem Gewinnsatz von 5 % aus und multiplizierte das Produkt
dieser Basispunkte mit einem Beitragssatz von 5 %.
Dagegen legte die Klägerin am 24. November 2008 Widerspruch ein. Die Beklagte reduzierte in der Folge
mit Änderungsbescheid vom 21. Mai 2010 den Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 2005 von 513,94 €
auf 385,45 €, da der Vorteilssatz zuvor statt mit dem für die Kategorie III (O) angewandten Vorteilssatz von
3 % versehentlich mit 4 % angesetzt worden war. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2010 wies
der Kreisrechtsausschuss bei der Kreisverwaltung Bad Dürkheim den Widerspruch der Klägerin zurück.
Die Klägerin hat daraufhin am 12. November 2010 Klage erhoben. Sie trägt u.a. vor, die Beklagte gehe zu
Unrecht von einem Umsatz in Höhe von .... € für das Jahr 2003 aus. Denn sie, die Klägerin, habe schon im
vergangenen Verfahren 1 K 150/07.NW mitgeteilt und durch Vorlage der Jahresabschlüsse
nachgewiesen, dass ihr Umsatz 2003 4.775.087,37 € betragen habe. Die Beklagte habe ferner einen zu
hohen Gewinnsatz angesetzt, nachdem dieser mit Änderungsbescheid vom 16. Mai 2006 aufgrund einer
Einzelfallentscheidung auf 4 % ermäßigt worden sei. Die neue Fremdenverkehrsbeitragssatzung sei im
Übrigen unwirksam. Entgegen der Ansicht der Beklagten komme es für die subjektive Beitragspflicht und
die Bemessungsgrundlage nicht ausschließlich auf den Betriebssitz an. Die Bemessungsgrundlage sei
allein umsatzsteuerlich zu bestimmen. Es seien alle Umsätze aller Unternehmer in Sinne des
Umsatzsteuergesetzes einzubeziehen. Die Beklagte sei selbst beitragspflichtig, da sie in Wettbewerb zu
allen anderen Tourismusdienstleistungen anbietenden örtlichen Unternehmen trete. So betreibe sie ihre I-
Punkte und vermiete mehrere Wohntürme im historischen Ortskern von Freinsheim. Zu beanstanden sei
auch die in § 3 Abs. 8 FVBS 2008 getroffene Regelung für Banken, Sparkassen und andere Geld- und
Kreditinstitute, denn diese würden gleichheitswidrig bevorzugt. Darüber hinaus stehe die FVBS 2008 im
Widerspruch zu Art. 75 Abs. 2, 74 Nr. 11 GG, da der Erlass einer Fremdenverkehrsbeitragssatzung dem
Recht der Wirtschaft zuzurechnen sei und damit in die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers falle.
Schließlich sei die Beklagte auch nicht zur Abfrage von Steuerdaten bei den Finanzbehörden berechtigt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrages für das Jahr 2005 vom 27. Oktober
2008, geändert durch den Bescheid vom 21. Mai 2010, in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom
14. Oktober 2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie führt zur Begründung aus, die Berechnung des streitgegenständlichen Fremdenverkehrsbeitrags sei
korrekt erfolgt. Die Rechtmäßigkeit der Beitragssatzung und der Beitragserhebung richte sich
ausschließlich nach den Regelungen des KAG. Die Tatsache, dass die Berechnung des Beitrags an den
Umsatz anknüpfe, führe nicht dazu, dass hierauf insgesamt die Regelungen des UStG anzuwenden seien.
Für die I-Punkte bestehe keine Beitragspflicht. Deren originäre Aufgabe sei die Entwicklung und
Umsetzung des Fremdenverkehrskonzeptes. Dazu gehöre auch die Betreuung der Touristen. Die
Einnahmen aus dem Fremdenverkehr dienten der Senkung des Fremdenverkehrsbeitrags. Sie, die
Beklagte, vermiete auch keine Ferienwohnungen oder Wohntürme. Die in der Satzung unter § 3 Abs. 8
FVBS 2008 getroffene Regelung für Banken, Sparkassen und andere Geld- und Kreditinstitute rechtfertige
sich aus dem Umstand, dass bei diesen Finanzinstituten aufgrund der andersartigen Geschäftstätigkeit
abweichende Strukturen vorlägen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten
gewechselten Schriftsätze, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten, die
Gerichtsakte 1 K 150/07.NW sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ihr Inhalt war
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache teilweise Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten über die
Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags für das Jahr 2005 vom 27. Oktober 2008 in der Fassung des
Änderungsbescheids vom 21. Mai 2010 und des Widerspruchsbescheids vom 14. Oktober 2010 ist, soweit
der darin festgesetzte Betrag 308,36 € übersteigt, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten
(§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide ist § 12 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes - KAG -
i.V.m. der Satzung der Beklagten vom 18. Juni 2008 über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags -
FVBS 2008 -. Nach § 12 Abs. 1 KAG können Gemeinden, die mit einer Artbezeichnung nach § 1 Abs. 1
oder 2 des Kurortegesetzes - KOG - anerkannt sind, für die Fremdenverkehrswerbung und für die
Herstellung und Unterhaltung von Einrichtungen, die dem Fremdenverkehr dienen, einen
Fremdenverkehrsbeitrag erheben. Beitragspflichtig sind alle selbständig tätigen Personen und alle
Unternehmen, denen durch den Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche
Vorteile erwachsen. Die Beitragspflicht erstreckt sich auch auf solche Personen und Unternehmen, die
ohne in der Gemeinde ihren Wohn- oder Betriebssitz zu haben, vorübergehend in der Gemeinde tätig
sind. § 12 Abs. 5 KAG bestimmt, dass u.a. Absatz 1 für Verbandsgemeinden entsprechend gilt, soweit für
eine oder mehrere der ihr angehörenden Ortsgemeinden oder Gemeindeteile eine Anerkennung nach § 1
Abs. 1 oder 2 KOG vorliegt und sie die Aufgabe nach § 67 der Gemeindeordnung - GemO -
übernommen haben.
Danach sind hier die Voraussetzungen für die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags gegeben. Die
Beklagte ist erhebungsberechtigt (
1.
Klägerin ist beitragspflichtig (
3.
Höhe nach teilweise gegen das Verschlechterungsverbot (
5.
1.
i.V.m. § 1 Abs. 2 KOG. Denn die Ortsgemeinde O, in welcher sich der Betrieb der Klägerin befindet, wird in
der vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Wirtschaft und Verkehr im Jahre 1977 erstellten Liste der
Fremdenverkehrsgemeinden mit der Artbezeichnung " Fremdenverkehrsgemeinde“ geführt (s. die
Bekanntmachung des Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 21. März 1977, Staatsanzeiger 2004,
134). Ferner wurde die Aufgabe der Fremdenverkehrswerbung im Jahr 2000 nach Maßgabe des § 67
Abs. 4 GemO in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung von sieben der acht
verbandsgemeindeangehörigen Ortsgemeinden durch Beschluss ihrer Gemeinderäte und mit
Zustimmung des Verbandsgemeinderates der Beklagten vom 27. März 2000 auf die Beklagte übertragen.
Die Verbandsgemeinde Freinsheim ist damit eine Fremdenverkehrsgemeinde im Sinne von § 1 Abs. 2
i.V.m. § 9 KOG.
Die landesrechtlich geregelte Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen ist entgegen der Auffassung der
Klägerin mit Bundesrecht vereinbar; sie verstößt insbesondere nicht gegen Art. 105 Abs. 2 GG (vgl.
BVerfG, NVwZ 1989, 1052 und BVerfGE 42, 223; BVerwGE 39, 5). Der Fremdenverkehrsbeitrag ist keine
Steuer im Sinne von § 3 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO -, sondern ein Beitrag im abgabenrechtlichen
Sinn, weil die Gemeinde für ihn eine Gegenleistung zu erbringen hat (OVG Rheinland-Pfalz, KStZ 1968,
244; OVG Sachsen, LKV 2004, 83). Gegenleistungen der Gemeinde sind nach § 12 Abs. 1 Satz 1 KAG all
diejenigen Aufwendungen, die die Gemeinde für die Fremdenverkehrswerbung und die Herstellung und
Unterhaltung von Einrichtungen, die dem Fremdenverkehr dienen, tätigt. Nur wegen dieses Aufwandes
können von selbständig tätigen Personen und Unternehmen Fremdenverkehrsbeiträge erhoben werden,
denen durch den Fremdenverkehr besondere wirtschaftliche Vorteile geboten werden.
denen durch den Fremdenverkehr besondere wirtschaftliche Vorteile geboten werden.
Die Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen durch die Gemeinden aufgrund der landesgesetzlichen
Regelungen der §§ 12 KAG steht auch nicht im Widerspruch zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes,
insbesondere nicht zu Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft). Zwar können auch Abgaben,
solange es sich nicht um Steuern handelt, unter das „Recht der Wirtschaft“ fallen. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG
tritt jedoch zurück, soweit ein stärkerer Sachzusammenhang zur Gesetzgebungskompetenz der Länder
gegeben ist (Jarass/Pieroth, GG, 11. Auflage 2011, Art. 74 Rdnr. 24). Dies ist hier der Fall, da die
Ausgestaltung des Rechts der Kommunalabgaben zur ureigensten Gesetzgebungskompetenz der Länder
gehört. Denn es geht im Kommunalabgabenrecht allein um die Erhebung von Abgaben durch die
Gemeinden. Diese sind befugt, im Rahmen ihrer Finanzhoheit als Grundlage ihrer finanziellen
Eigenverantwortung für Angelegenheiten, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln, Abgaben zu
erheben, um so ihre finanzielle Eigenverantwortung zu gewährleisten.
2.
voraus. Diese muss mit höherrangigem Recht - insbesondere den Vorschriften des KAG und den
abgabenrechtlichen Grundsätzen - im Einklang stehen (vgl. BVerwGE 70, 318, 335). Dies ist hier der Fall.
a.
weitergehenden Ermittlungen sieht sich die Kammer insoweit nicht veranlasst (vgl. BVerwG, Buchholz 310
§ 128a VwGO Nr. 2).
b.
aa.
Beklagten im Juni 2008 rückwirkend zum 1. Januar 2005 in Kraft gesetzt wurde. Die rückwirkende
Inkraftsetzung dieser Satzung war verfassungsrechtlich unbedenklich und verletzte nicht das
Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG. Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze
und sonstiger Rechtsnormen beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes
(vgl. BVerfGE 45, 142, 167 f.). Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der
unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage
erworbenen Rechte. Im Gegensatz zur „unechten Rückwirkung“ - hier wirkt der Gesetz- oder
Satzungsgeber auf bereits begründete, aber noch nicht abgewickelte Sachverhalte ein - ist danach die
„echte Rückwirkung“ verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Eine „echte Rückwirkung“ liegt vor,
wenn ein Gesetz oder eine sonstige Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit
angehörende Tatbestände eingreift (BVerfG, NVwZ 2010, 313). Vertrauensschutz steht einer echten
Rückwirkung von Normen jedoch dann nicht entgegen, wenn ein solches Vertrauen sachlich nicht
gerechtfertigt ist. Dieses ist z.B. dann nicht schutzwürdig, wenn der Bürger nach der rechtlichen Situation
in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit einer solchen
Regelung rechnen musste (BVerfG, NVwZ 2010, 313). Dies ist insbesondere im Bereich der durch die
Kommunen festgesetzten Steuern, Beiträge und Gebühren der Fall. Hier kann eine Heilung unwirksamer
kommunaler Abgabesatzungen mit Wirkung für vergangene Zeiträume ohne Verletzung des
rechtsstaatlich gebotenen Vertrauensschutzes grundsätzlich dann erfolgen, wenn der mit Rückwirkung
versehenen Neuregelung in der Vergangenheit gleichartige Regelungsversuche vorausgegangen sind.
Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, von einer solchen Abgabe verschont zu werden, kann dann nicht
entstehen (BVerfG, NVwZ 2010, 313 m.w.N., de Vivie, KStZ 2010, 224). Hier musste die Klägerin als
Beitragsschuldnerin nach dem gescheiterten Regelungsversuch der Beklagten durch die FVBS 2005 mit
dem Erlass einer neuen Fremdenverkehrsbeitragssatzung und damit auch mit der Erhebung des Beitrags
rechnen; Vertrauensschutz konnte bei ihr insofern nicht entstanden sein.
bb.
Satzung die Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab sowie den
Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenschuld bestimmen. Dem trägt die FVBS 2008 hinreichend Rechnung.
(1)
wie sie § 2 Abs. 1 FVBS 2008 in Übereinstimmung mit § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 KAG vornimmt.
Abgabepflichtig sind danach alle selbstständig tätigen Personen und alle Unternehmen, denen im
Geltungsbereich dieser Satzung durch den Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere
wirtschaftliche Vorteile erwachsen.Die Beitragspflicht erstreckt sich auch auf solche Personen und
Unternehmen, die ohne im Geltungsbereich dieser Satzung ihren Wohn- oder Betriebssitz zu haben,
vorübergehend im Geltungsbereich dieser Satzung tätig sind.
(2)
Abs. 1 FVBS 2008 die jährliche Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags auf die Deckung der Kosten
beschränkt, die der Verbandsgemeinde für die Fremdenverkehrswerbung im Gebiet der gemäß § 1 Abs. 2
KOG als Fremdenverkehrsgemeinden anerkannten Ortsgemeinden Bobenheim am Berg, Erpolzheim,
Freinsheim, Herxheim am Berg, Kallstadt, Weisenheim am Berg und Weisenheim am Sand entstehen.
Das Merkmal „Fremdenverkehrswerbung“ umfasst sämtliche Marketingmaßnahmen wie Werbeprospekte,
Anzeigenwerbung in Presse, Funk und Fernsehen, Internetpräsentationen, Aufwendungen für dem
Fremdenverkehr dienende Informationsveranstaltungen oder die Teilnahme an Touristikmessen,
Gästebegrüßungen, Gästeehrungen, sowie den Personal- und Sachaufwand der Tourist-Information
(Höhlein in: Bellefontaine u.a., KAG RhPf, Stand April 2009, § 12 Rdnr. 31). Nicht beitragsfähig sind
aufgrund der Beschränkung in § 1 Abs. 1 FVBS 2008 dagegen hier die Kosten für die Herstellung und
Unterhaltung von Einrichtungen, die dem Fremdenverkehr typischerweise dienen, wie z.B. Wanderwege,
Minigolfanlagen, Lesesäle, Promenaden oder Kurparkanlagen (vgl. Kohlhaas u.a., Praxis der
Kommunalverwaltung RhPf, § 12 KAG Ziffer 4.2.).
(3)
Abs. 1 GG ergebenden Gebot der Abgabengleichheit zuwider.Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich die
Fehlerhaftigkeit der Maßstabsregelung in dem zur Entscheidung stehenden Beitragsfall auswirkt. Denn
schon dann, wenn sich der Maßstab im Hinblick auf andere, von der Geltung der Satzung erfasste
Beitragsfälle als ungültig erweist, führt dies zur Unwirksamkeit der Regelung insgesamt und damit zur
Nichtanwendbarkeit der solchermaßen unvollkommenen Satzung, weil ein Maßstab vollständig sein, d.h.
für alle in Betracht kommenden Beitragsfälle eine rechtlich einwandfreie Regelung treffen muss (OVG
Rheinland-Pfalz, KStZ 1979, 110). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt.
Bezugsgröße für die Bemessung des Beitrags ist § 12 Abs. 1 Satz 2 KAG. Danach ist Anknüpfungspunkt
für die Beitragsbemessung der unmittelbare oder mittelbare besondere wirtschaftliche Vorteil, der dem
Beitragspflichtigen durch den Fremdenverkehr erwächst. Auf dieser Grundlage bestimmt § 3 Abs. 1 Satz 1
FVBS 2008, dass der besondere wirtschaftliche Vorteil aus dem Fremdenverkehr in einem Messbetrag
ausgedrückt wird, der sich nach den objektiv gegebenen Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten bemisst.
Dieser Messbetrag ergibt sich aus dem Umsatz, multipliziert mit einem Vomhundertsatz für den aus dem
Fremdenverkehr resultierenden Einnahmeanteil (Vorteilssatz) und mit einem Vomhundertsatz für den
niedrigsten Gewinnanteil der Betriebsart (Gewinnsatz). Maßgeblich für die Beitragsberechnung ist nach §
3 Abs. 2 FVBS 2008 der Umsatz des vorvergangenen Jahres. Unter Umsatz im Sinne des Abs. 1 versteht
die Satzung gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 FVBS 2008 die Summe aller Entgelte (§ 1 Abs. 1 des
Umsatzsteuergesetzes - UStG -) eines Jahres. Für Personen und Unternehmen, die nicht zur
Umsatzsteuer herangezogen werden, oder bei denen aus anderen Gründen ein Jahresumsatz nicht
vorhanden ist, wird der Umsatz nach einem den Entgelten im Sinne des Satzes 1 vergleichbaren Betrag
ermittelt. Ansonsten wird ein den Entgelten im Sinne des Satzes 1 vergleichbarer Betrag geschätzt (§ 3
Abs. 3 Satz 2 und 3 FVBS 2008). Der Vorteilssatz im Sinne des Abs. 1 ist für die in der Anlage zu dieser
Satzung aufgeführten „Beitragspflichtigen Personen und Unternehmen“ in den folgenden Spalten dieser
Anlage getrennt für die einzelnen Ortsgemeinden festgesetzt. Soweit sonstigen selbstständig tätigen
Personen und Unternehmen, die in der Anlage nicht aufgeführt sind, nach der Ausgestaltung ihrer
Tätigkeit unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile durch den Fremdenverkehr
entstehen, wird der Vorteilssatz geschätzt (§ 3 Abs. 4 FVBS 2008). Der Gewinnanteil einer Tätigkeit wird
durch den niedrigsten Reingewinnsatz der für das vorvergangene Jahr geltenden, vom
Bundesministerium der Finanzen für die Finanzbehörden der Länder herausgegebenen
Richtsatzsammlung ausgedrückt. Ist eine Tätigkeit nicht in der Richtsatzsammlung enthalten oder ist die
Richtsatzsammlung nicht anwendbar, so wird der Reingewinnsatz geschätzt (§ 3 Abs. 5 FVBS 2008).
Dieser von der Beklagten getroffene Beitragsmaßstab ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat
mit dem Erlass der neuen FVBS 2008 vom 18. Juni 2008 die Festsetzungen der FVBS 2005 vom 15.
Dezember 2004 korrigiert, die das Verwaltungsgericht Neustadt in seinem Urteil vom 30. Januar 2008 - 1
K 150/07.NW - beanstandet hatte. Das Verwaltungsgericht Neustadt hatte bereits bezüglich der FVBS
2005 entschieden, dass diese ein grundsätzlich zutreffendes Verfahren zur Festsetzung des
Beitragsmaßstabs normiert. Dies gilt auch für die FVBS 2008. Denn die Beklagte hat sich dabei an die
Beitragsmaßstabs normiert. Dies gilt auch für die FVBS 2008. Denn die Beklagte hat sich dabei an die
Anforderungen, die das OVG Rheinland-Pfalz (vgl. z.B. AS RP-SL 21, 87) an das Verfahren zur
Festsetzung von Fremdenverkehrsbeiträgen stellt, gehalten. Insbesondere hat sie die Höhe des
jeweiligen Beitrags nach den Vorteilen bemessen, die dem Beitragsschuldner durch den Fremdenverkehr
bzw. die Fremdenverkehrswerbung erwachsen. Der gewählte Beitragsbemessungsmaßstab ist geeignet,
diesen Vorteil zu erfassen. Denn er knüpft an Gegebenheiten an, die eine Beziehung zu dem
Beitragsschuldner und dem diesem durch den Fremdenverkehr vermittelten Vorteil herstellen.
Da es im Fremdenverkehrsbeitragsrecht in der Praxis nahezu unmöglich sein wird, die dem einzelnen aus
dem Fremdenverkehr erwachsenden Vorteile den wirklichen Verhältnissen entsprechend zu bemessen,
ist die Heranziehung eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabs anstelle eines Wirklichkeitsmaßstabs ebenso
zulässig wie eine Schätzung des Vorteils unter Berücksichtigung geeigneter Kriterien (s. z.B. OVG
Rheinland-Pfalz, AS RP-SL 30, 370; OVG Niedersachsen, KStZ 2009, 111). Gewisse Pauschalierungen
und Typisierungen sind dabei nicht ausgeschlossen (OVG Rheinland-Pfalz, AS RP-SL 15, 116, 120;
BVerwG, KStZ 1972, 177). Anerkannt ist insoweit jedoch auch, dass ein solcher
Wahrscheinlichkeitsmaßstab und die Vorteilsschätzung zu sachgerechten Ergebnissen führen müssen
(OVG Rheinland-Pfalz, AS RP-SL 30, 370).
Dabei müssen die dem Einzelnen aus dem Fremdenverkehr erwachsenden Vorteile den wirklichen
Verhältnissen entsprechend konkret erfasst werden (OVG Rheinland-Pfalz, AS RP-SL 13, 391; 15, 116;
17, 41). Hinzu kommt, dass dem Beitrag von seinem Wesen her, anders als bei der Gebühr, kein
unmittelbares Austauschverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zugrunde liegt. Der
Beitragspflicht unterliegen vielmehr grundsätzlich bereits diejenigen, denen eine bestimmte Veranstaltung
der Gemeinde zum Vorteil gereichen kann, und zwar unabhängig davon, ob der Vorteil auch tatsächlich in
Anspruch genommen wird. Deshalb genügt es bereits, wenn die Veranstaltung objektiv geeignet ist, den
Abgabenpflichtigen einen besonderen wirtschaftlichen Vorteil zu gewähren. Auf den tatsächlichen Vorteil
eines jeden Einzelnen kommt es dabei nicht an, vielmehr ist es ausreichend, wenn besondere Vorteile der
Gesamtheit oder einer bestimmten Gruppe der Beitragspflichtigen erkennbar sind (OVG Rheinland-Pfalz,
AS RP-SL 30, 370).
In Bezug auf das Fremdenverkehrsbeitragsrecht bedeutet dies, dass es für die Entstehung der
Beitragspflicht unerheblich ist, ob der Beitragspflichtige die sich für ihn aus dem Fremdenverkehr
ergebenden Vorteile nutzt oder nicht nutzt. Auch Gewinnchancen und erhöhte Verdienstmöglichkeiten
stellen, wenn sie nicht nur allgemeiner Natur sind, Vorteile im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts
dar (OVG Rheinland-Pfalz, KStZ 1971, 167).
Ausgehend von diesen Grundsätzen begegnet es nach Auffassung der erkennenden Kammer keinen
durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn die Beklagte zur Ermittlung des Messbetrags, der für die
Beitragshöhe letztlich maßgeblich ist, zunächst an den Umsatz anknüpft. Art und Umfang der Tätigkeit des
Beitragspflichtigen sowie Lage und Größe der Betriebsräume spiegeln sich im Wesentlichen im Umsatz
wieder (s. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08. September 1998 - 6 A 10808/98.OVG -). Hier definiert § 3
Abs. 3 Satz 1 FVBS 2008 den Begriff „Umsatz“ als „Summe aller Entgelte“ und nimmt ausdrücklich Bezug
auf § 1 Abs. 1 UStG. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang behauptet hat, die
Bemessungsgrundlage sei infolge der Bezugnahme auf das UStG allein umsatzsteuerlich zu bestimmen,
weshalb alle Umsätze aller Unternehmer in Sinne des UStG einzubeziehen seien, teilt die Kammer diese
Auffassung nicht. Wie bereits die 1. Kammer des erkennenden Gerichts in ihrem Urteil vom 30. Januar
2008 zutreffend ausgeführt hat, beschränkt sich § 3 Abs. 3 Satz 1 FBS auf eine Definition des in der
Satzung verwendeten Begriffs Umsatz, ohne das Umsatzsteuergesetz insgesamt zur Grundlage der
Fremdenverkehrsbeitragserhebung zu machen (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. März 2000
– 6 A 10087/00.OVG –, ESOVG für eine gleiche Satzungsregelung).Aufgrund der unterschiedlichen
Zielsetzungen der Abgabenarten (Umsatz-) Steuer und (Fremdenverkehrs-) Beitrag gehen die ihnen
zugrunde liegenden Rechtsvorschriften auch von gänzlich verschiedenen Voraussetzungen aus.
Gegen das von der Beklagten angewandte Berechnungssystem bestehen entgegen der Ansicht der
Klägerin keine Bedenken, weil sie zur Folge hat, dass auch Unternehmer beitragspflichtig sind, die keine
Gewinne erzielen oder sogar Verluste erwirtschaften. Der Fremdenverkehrsbeitrag ist eine Gegenleistung
des Beitragspflichtigen für spezielle Leistungen der Gemeinde, nämlich für die Aufwendungen, die der
Gemeinde im Zusammenhang mit der Förderung des Fremdenverkehrs entstehen. Zur Finanzierung
dieser Aufwendungen sollen diejenigen Personen durch die Zahlung eines Beitrags herangezogen
werden, die aus ihnen besondere wirtschaftliche Vorteile ziehen. Diese Vorteile bestehen in den erhöhten
Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr erwachsen.
Es genügt dabei die objektive Möglichkeit höherer Gewinne, der die Chance gleichsteht, Verluste aus
dem Geschäftsbetrieb zu verringern. Das Entstehen von Vorteilen aus dem Fremdenverkehr wird daher
nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Unternehmer tatsächlich keine Gewinne erzielt oder sogar
Verluste macht (VGH Baden-Württemberg, ZKF 2009, 141). Es bedarf im Übrigen keiner Begründung,
dass ein höherer Umsatz typischerweise auch einen höheren Gewinn indiziert.
Nicht zu beanstanden ist ferner, dass für die Beitragsberechnung nach § 3 Abs. 2 FVBS 2008 der Umsatz
des vorvergangenen Jahres maßgeblich ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08. September 1998 – 6
A 10808/98.OVG -; OVG Niedersachsen, KStZ 2009, 111). Denn die umsatzsteuerbereinigten Einnahmen
des vorvergangenen Jahres sind noch ein hinreichender Indikator für die Gewinn- und
Verdienstmöglichkeiten im Erhebungszeitraum. Das Abstellen darauf lässt sich auch aus Gründen der
Verwaltungspraktikabilität rechtfertigen. Die sich aus der Zeitspanne zwischen dem für die
Einnahmeermittlung maßgeblichen Jahr und dem Erhebungszeitraum ergebenden Ungenauigkeiten sind
auch deswegen hinnehmbar, weil jeder Wahrscheinlichkeitsmaßstab gebotene Vorteile nur mehr oder
weniger unzureichend erfassen kann (OVG Niedersachsen, KStZ 2009, 111). Die Beklagte war daher von
Rechts wegen nicht verpflichtet, bei der rückwirkenden Neuregelung des Fremdenverkehrsbeitrags im
Jahre 2008 für die vergangenen Jahre einen Beitragssatz zu bilden, der die tatsächlich erzielten
umsatzsteuerbereinigten Einnahmen der betreffenden Jahre berücksichtigte. Indem sie an dem
Beitragsmaßstab der umsatzsteuerbereinigten Einnahmen des vorvergangenen Jahres auch für die
Vergangenheit festhielt, bewegte sie sich innerhalb des ihr bei dem Erlass von Abgabensatzungen
zustehenden Gestaltungsermessens.
Gegen die Festsetzung der Vorteilssätze in § 3 Abs. 4 FVBS 2008 i.V.m. der Anlage bestehen nach
Überarbeitung der Satzung durch die Beklagte im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts
Neustadt vom 30. Januar 2008 - 1 K 150/07.NW - ebenfalls keine rechtlichen Bedenken mehr. Durch den
Vorteilssatz wird festgelegt, wie hoch bei den zu beurteilenden natürlichen und juristischen Personen der
Anteil der aus dem Fremdenverkehr erwachsenden Vorteile an den Gesamteinnahmen ist. Die
Fremdenverkehrsbeiträge erhebende Gemeinde ist nicht dazu verpflichtet, die fremdenverkehrsbedingten
Vorteile jedes einzelnen Beitragspflichtigen zu ermitteln. Ausreichend ist, wenn die Gemeinde auf der
Grundlage von Marktanalysen und verfügbaren Statistiken Vergleiche zwischen den zu erzielenden
Umsätzen und Gewinnen in den einzelnen Branchen anstellt und die errechneten Multiplikatoren ohne
erkennbare systematische Fehler zur Festlegung der Beitragssätze verwendet (OVG Niedersachsen, KStZ
2009, 111). Bei der Beurteilung der Frage, welche Vorteile den zu Beitragsgruppen zusammengefassten
Branchen bei pauschalierender Betrachtungsweise typischerweise zuzurechnen sind, steht der Gemeinde
ein weitgehendes Ermessen zu.Grenzen werden ihr aus dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit
gezogen. Diesem zufolge dürfen nur solche Betriebe und Personen zu einer einheitlich bemessenen
Gruppe zusammengezogen werden, die annähernd gleiche Gewinnmöglichkeiten aus dem
Fremdenverkehr haben; auch sind die Vorteilssätze so zu bemessen, dass die Belastung im Verhältnis
der Gruppen untereinander den jeweils unterschiedlichen Vorteilen in etwa gerecht wird (vgl. OVG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. März 2000 – 6 A 10087/00.OVG –, ESOVG; OVG Sachsen, LKV 2004, 83).
Der Schätzungsspielraum der Gemeinde bei der Festlegung der Vorteilssätze ist erst dann überschritten,
wenn die Vorteilssätze eindeutig nicht mehr in sich stimmig und daher willkürlich sind (OVG Rheinland-
Pfalz, Urteil vom 8. September 1998 – 6 A 10809/98.OVG -).
Die Beklagte hat hier von dem ihr zustehenden Schätzungsspielraum ordnungsgemäß Gebrauch
gemacht. Sie hat nach Ermittlung der Fremdenverkehrsquote in den einzelnen Ortsgemeinden eine
umfangreiche Anlage zur Satzung erstellt, in der zahlreiche Vorteilsgruppen gebildet und Vorteilssätze
zwischen 1 und 100% je nach Zugehörigkeit zu einer von drei Kategorien bestimmt worden sind. Konkrete
Fehler hierbei sind weder bei der Prüfung von Amts wegen aufgefallen, noch hat die Klägerin insoweit
substantiierte Rügen erhoben. Die Kammer geht daher lediglich auf den Vorteilssatz Nr. 5.8 (Erzeugung
von Obst und Gemüse mit mehr als 1.500.000 € Umsatz) näher ein, die ausschließlich die Klägerin betrifft,
da sie die einzige Erzeugergemeinschaft im Verbandsgemeindegebiet ist, die einen Jahresumsatz von
mehr als 1.500.000 € erzielt. Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 7. März 2011 unter Vorlage
mehrerer Statistiken ausführlich und schlüssig erläutert, wie der Haupt- und Finanzausschuss des
Verbandsgemeinderats den Vorteilssatz der hier relevanten Branche ermittelt hat. Danach wurde anhand
der Gästezahlen abgeschätzt, welche Menge an Obst und Gemüse direkt an die Touristen (Verzehr vor Ort
und Verkauf) oder an die Fremdenverkehrsbetriebe, die diese versorgen, abgesetzt werden kann (s. dazu
die Tabellen „Ermittlung der Fremdenverkehrsquote“, „Ermittlung der Tagesbesucher“). Nach dieser
aufgrund der bestehenden Fremdenverkehrsinfrastruktur (Gästebetten und Gaststättenplätze)
vorgenommenen Ermittlung ging die Beklagte von 179.124 Übernachtungsgästen, 618.948
Gaststättenbesuchern sowie 233.770 sonstigen Tagesbesuchern im Jahr und bezogen auf die gesamte
Verbandsgemeinde aus. Aus der Tabelle „Vorteilssatz Obst und Gemüse“ wurde von einer für diese
Besuchergruppen unterschiedlichen Verzehrmenge ausgegangen. Von einem Gesamtabsatz von
8.680.000 kg schätzte die Beklagte den fremdenverkehrsbedingten Anteil auf 693.620 kg (= 8 %). Um den
sich daraus ergebenden Vorteil in einem Vorteilssatz auszudrücken, wurde diese Menge in Relation zu
der von der Klägerin umgesetzten Warenmenge gesetzt. Unter Berücksichtigung der vorhandenen
Strukturen im Obst- und Gemüseanbau setzte die Beklagte im Rahmen des ihr zustehenden
Schätzungsspielraums für diese Betriebsgröße als Vorteilssatz die Hälfte des sich rechnerisch
ergebenden Wertes in der Kategorie I an. Diesen Vorteilssatz stufte die Beklagte entsprechend den für die
Differenzierung entwickelten Kriterien für die Kategorien II und III mit der Begründung ab, in den diesen
zugeordneten Ortsgemeinden sei der sich aus dem Fremdenverkehr ergebende Vorteil geringer, und
reduzierte den Vorteilssatz weiter um die Hälfte des für die Kategorie I festgesetzten Wertes im Verhältnis
zur Fremdenverkehrsquote. Danach ergab sich für die Kategorie III ein Vorteilssatz von 3 %. Diese
Vorgehensweise hält sich nach Auffassung der Kammer innerhalb des Schätzungsspielraums der
Beklagten und kann daher nicht als willkürlich bezeichnet werden.
Ebenso wenig erweisen sich die Satzungsregelungen zur Ermittlung des Reingewinnsatzes als fehlerhaft.
§ 3 Abs. 5 FVBS 2008 bestimmt insofern, dass der Gewinnanteil einer Tätigkeit durch den niedrigsten
Reingewinnsatz der für das vorvergangene Jahr geltenden, vom Bundesministerium der Finanzen für die
Finanzbehörden der Länder herausgegebenen Richtsatzsammlung ausgedrückt wird. Ist eine Tätigkeit
nicht in der Richtsatzsammlung enthalten oder ist die Richtsatzsammlung nicht anwendbar, so wird der
Reingewinnsatz geschätzt. Die Richtsatzsammlung des Bundesministeriums der Finanzen ist ein
Hilfsmittel (Anhaltspunkt) für die Finanzverwaltung, Umsätze und Gewinne der Gewerbetreibenden zu
verproben und ggf. bei Fehlen anderer geeigneter Unterlagen gemäß § 162 AO zu schätzen (s.
Vorbemerkungen A. zu der Richtsatzsammlung des Bundesministeriums der Finanzen). Die Richtsätze
werden für die einzelnen Gewerbeklassen auf der Grundlage von Betriebsergebnissen zahlreicher
geprüfter Unternehmen ermittelt; sie gelten nicht für Großbetriebe. Die Richtsätze bestehen aus einem
oberen und einem unteren Rahmensatz sowie einem - dem gewogenen Mittel aus den Einzelergebnissen
der geprüften Betriebe einer Gewerbeklasse entsprechenden - Mittelsatz (Vorbemerkungen B.).
Die Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums kann danach bei der Berechnung des
Fremdenverkehrsbeitrags unbedenklich als Grundlage eines typisierenden und pauschalierenden
Bemessungssystems dienen, wie es von der Beklagten im vorliegenden Fall gewählt wurde (vgl. VGH
Baden-Württemberg, ZKF 2009, 141). Die Bezugnahme auf die Richtsatzsammlung ist auch keine
unzulässige dynamische Verweisung auf eine Nichtnorm. Damit wird lediglich der Beitragsmaßstab
definiert und zugleich die Art der Ermittlung der Maßstabskomponenten bestimmt, ohne dass dem
jeweiligen Inhalt der Richtsatzsammlung normativ-regelnde Bedeutung zukäme. Soweit auf die
Richtsatzsammlung Bezug genommen wird, handelt es sich dabei lediglich um einen Rückgriff auf ein
Hilfsmittel zur Sachverhaltsermittlung, das aber nicht den in der Satzung umschriebenen Rechtsbegriff des
Beitragsmaßstabes regelt und ergänzend interpretiert (OVG Rheinland-Pfalz, KStZ 1983, 116).
In Bezug auf die Branchen, die in der genannten Richtsatzsammlung nicht enthalten sind, hat der nach § 8
Abs. 1 FVBS 2008 zuständige Haupt- und Finanzausschuss der Verbandsgemeinde Freinsheim den
Reingewinnsatz in der Sitzung vom 26. August 2008 geschätzt (s. Blatt 168 – 171 der Gerichtsakte). Die
Schätzung der Beitragsgrundlagen stellt einen wertenden Vorgang dar, bei dem unter Berücksichtigung
aller maßgeblichen Umstände (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 2 AO) eine möglichst
weitgehende Annäherung an die tatsächliche Situation erreicht werden soll (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, AS
RP-SL 26, 181). Diese Wertung ist von dem dafür zuständigen Gremium vorzunehmen, das sich
Vorüberlegungen der Verwaltung, die beispielsweise in einer Sitzungsvorlage zusammengefasst sind,
anschließen darf (OVG Rheinland-Pfalz, AS RP-SL 30, 370). Dies ist hier geschehen. Der Haupt- und
Finanzausschuss der Verbandsgemeinde Freinsheim hat sich die Beschlussvorlage der Verwaltung vom
13. August 2008, die jedem Ausschussmitglied vorher schriftlich bekannt gegeben worden war, zu Eigen
gemacht und die erforderliche Schätzung fehlerfrei vorgenommen.
(4)
Entstehung der Beitragspflicht. Damit kann die Beitragsforderung beim Beitragspflichtigen geltend
gemacht werden, weil frühester Zeitpunkt für die Fälligkeit einer Abgabe der Entstehungszeitpunkt ist (§ 3
Abs. 1 Nr. 5 KAG i.V.m. § 220 Abs. 2 AO). Hier bestimmen die §§ 5, 6 FVBS 2008 ausreichend den
Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenschuld. Nach § 5 Abs. 1 FVBS 2008 entsteht die Beitragspflicht mit
Ablauf des Kalenderjahres, auf das sie sich bezieht. Gemäß § 6 Abs. 1 und 4 FVBS 2008 wird der
Fremdenverkehrsbeitrag nach Ablauf des Kalenderjahres durch schriftlichen Bescheid festgesetzt; die
Fälligkeit tritt einen Monat nach der Bekanntgabe des Beitragsbescheides ein.
cc.
rechtlichen Bedenken. Danach wird der Fremdenverkehrsbeitrag in jedem Erhebungszeitraum nach
einem Vomhundertsatz des Messbetrages (§ 3 Abs. 1) bemessen (Beitragssatz). Dieser Beitragssatz wird
jährlich in der Haushaltssatzung festgelegt und betrug hier 5 vom Hundert. Da der Beitragssatz jährlich
vom Verbandsgemeinderat festgelegt wird, hat die Beklagte auch Vorsorge getroffen, dass keine
Überdeckung bzw. Doppelfinanzierung erfolgt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. November 2002 –
6 C 11072/02.OVG -, ESOVG).
Die Festsetzung des Beitragssatzes durch die Beklagte konnte sich auf eine ordnungsgemäße
Beitragskalkulation stützen. Geldleistungen, die eine Gemeinde als Ausgleich für besondere
Gegenleistungen erhebt, können – anders als Steuern – vom Ortsgesetzgeber nicht nach freiem
Ermessen festgelegt werden; sie sind vielmehr zu kalkulieren (vgl. OVG Lüneburg, Urteile vom 13.
November 1990 – 9 K 11/89 und 9 L 156/89 –, juris; Höhlein in: Bellefontaine u.a., KAG RhPf, a.a.O., § 12
Rdnr. 152). Das Erfordernis einer Kalkulation ergibt sich für den Fremdenverkehrsbeitrag bereits daraus,
dass das erstrebte Abgabenaufkommen durch die beitragsfähigen Aufwendungen der Gemeinde in der
Höhe begrenzt wird. Ausschließlich die nach den gesetzlichen Vorgaben beitragsfähigen Kosten darf die
Gemeinde nämlich zur Ermittlung des Beitragssatzes einstellen (vgl. zur Geltung des
Kostendeckungsgrundsatzes bei der Fremdenverkehrsabgabe VGH Baden-Württemberg, NVwZ-RR
1999, 266).
In der Kalkulation sind zum einen die beitragsfähigen Kosten zur Förderung des Fremdenverkehrs
einzustellen, die der Gemeinde während des Kalkulationszeitraums voraussichtlich entstehen und die sie
auf den Kreis der Abgabenschuldner umlegen will. Den beitragsfähigen Kosten ist in der Kalkulation
außerdem das voraussichtliche Beitragsaufkommen gegenüberzustellen, das die Gemeinde unter
Anwendung des satzungsrechtlichen Verteilungsmaßstabs voraussichtlich erzielen wird. Dabei darf das
Aufkommen, das lediglich auf der Grundlage von Prognosen und Schätzungen möglich ist, nicht gegen
das Kostenüberschreitungsverbot verstoßen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Februar 1995 - 6 C
11810/94.OVG -, ESOVG).
Hiervon ausgehend erweist sich die vorliegende Kalkulation der Beklagten als materiell-rechtlich
beanstandungsfrei. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unterliegt die Beitragskalkulation lediglich
einer Plausibilitätsprüfung (vgl. VGH Baden-Württemberg, NVwZ-RR 1999, 266). Danach hat die Beklagte
hier sowohl Einnahme- wie Ausgabepositionen in pauschaler Zusammenfassung angegeben (s. die
Aufstellung auf Blatt 178 – 180 der Gerichtsakte). Da hier zum Zeitpunkt der rückwirkenden Inkraftsetzung
der FVBS 2008 die maßgeblichen „harten Zahlen“ feststanden, ist von den - von der Vorauskalkulation nur
geringfügig abweichenden - Beträgen auszugehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, KStZ 2010, 73; de
Vivie, KStZ 2010, 224, 225). Danach blieb das angesetzte Beitragsaufkommen in Höhe von 85.185,03 €
zusammen mit den weiteren Einnahmepositionen aus der Fremdenverkehrswerbung (7900-00-1300 –
7900-00-1720) - in denen auch der geschätzte Eigenanteil der einzelnen Ortsgemeinden enthalten war -
deutlich hinter den Kostenpositionen zurück. Lag damit kein Verstoß gegen das Verbot der
Aufwandsüberschreitung vor, so war eine solche vereinfachte Kalkulation nicht zu beanstanden. Auch
halten die in die Kalkulation eingestellten Ausgabepositionen für die Fremdenverkehrswerbung einer
Überprüfung stand.
dd.
kommunale Gebietskörperschaften führt nicht zu einem Verstoß gegen das Gebot der
Abgabengerechtigkeit. Für die Beitragsfreistellung besteht ein sachlicher Grund. Denn diese Gruppe der
Beitragsbefreiten ist nicht mit den übrigen Beitragspflichtigen vergleichbar. Dem Gebot der
Abgabengleichheit wird dadurch Genüge getan, dass die Befreiung von der Beitragspflicht nur soweit
reicht, wie Bund, Länder und Kommunen nicht mit privatrechtlichen Unternehmen im Wettbewerb stehen.
Die Beklagte ist entgegen der Ansicht der Klägerin im Übrigen nicht deswegen beitragspflichtig, weil sie in
Freinsheim und Kallstadt sog. I-Punkte betreibt und dort auch Einnahmen aus dem Verkauf von
Werbematerial, dem Fahrradverleih und sonstigen Werbemaßnahmen erzielt. Wie die Beklagte zutreffend
ausgeführt hat, ist die originäre Aufgabe der I-Punkte die Entwicklung und Umsetzung des
Fremdenverkehrskonzeptes, wozu auch die Betreuung der Touristen gehört. Die damit im Zusammenhang
stehenden Einnahmen haben einen geringeren Beitragssatz zur Folge und führen so zu geringeren
Fremdenverkehrsbeiträgen. Da die Beklagte nach ihren Angaben, die die Klägerin zuletzt nicht mehr in
Abrede gestellt hat, weder Ferienwohnungen noch Wohntürme im Verbandsgemeindegebiet betreibt,
kann auch keine Rede davon sein, dass sie mit privatrechtlichen Unternehmen im Wettbewerb steht.
ee.
andere Geld- und Kreditinstitute anstelle des Umsatzes die Zins- und Provisionserträge sowie die
laufenden und sonstigen betrieblichen Erträge angesetzt werden, verstößt entgegen der Auffassung der
Klägerin nicht gegen den Grundsatz der Abgabengleichheit.Denn für diese abweichende Regelung
besteht ein sachlicher Grund. Anders als bei den übrigen Beitragspflichtigen, deren wirtschaftliche
Tätigkeit sich im Umsatz ausdrückt, liegen bei Finanzinstituten aufgrund der andersartigen
Geschäftstätigkeit abweichende Strukturen vor. Die Bankgeschäfte i.S.v. § 1 Kreditwesengesetz sind
gemäß § 4 Nr. 8 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Umsatzsteuererklärungen sind keine abzugeben, da
steuerrechtlich keine Umsätze erzielt werden. Da Anknüpfungspunkt für die Körperschafts- und
Gewerbesteuer Zins- und Provisionserträge sind, stehen Daten über Umsätze nicht zur Verfügung. Es ist
daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte eine an die Besonderheiten dieser Situation angepasste
Regelung getroffen hat, indem sie anstelle an den Umsatz an die Zins- und Provisionserträge sowie die
laufenden Erträge angeknüpft hat. Diese Größen sind geeignet, die fremdenverkehrsrelevante
Geschäftstätigkeit bei Banken widerzuspiegeln und aus der Rechnungslegung nachvollziehbar zu
entnehmen.
3.
beitragspflichtigen Personen. Der Satzungsgewalt unterliegen nur solche selbständig tätigen Personen
und Unternehmen, deren wirtschaftliche Betätigung einen hinreichenden örtlichen Bezug aufweist. Das
sind vor allem Personen und Unternehmen, die in der Gemeinde ihren Wohn- oder Betriebssitz haben.
Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus der Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 3 KAG, wonach sich die
Beitragspflicht auch auf solche Personen und Unternehmen erstreckt, die ohne in der Gemeinde ihren
Wohn- oder Betriebssitz zu haben, vorübergehend in der Gemeinde tätig sind (OVG Rheinland-Pfalz, AS
RP-SL 30, 370). Die Klägerin hat als Genossenschaft ihren Sitz in O (s. § 1 der Satzung der Klägerin). Sie
liegt damit im Geltungsbereich der FVBS 2008. Der Umstand, dass einige Mitglieder der Klägerin bis in
den Raum Südpfalz, Heidelberg sowie Alzey und Worms ansässig sind, ist insoweit ohne
Bedeutung.Denn insoweit ist in der Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (AS RP-SL 30, 370)
anerkannt, dass ein überörtlicher Zusammenhang den Ortsbezug einer Betriebsstätte nicht beseitigt.
Der Klägerin erwachsen durch den Fremdenverkehr auch wirtschaftliche Vorteile. Diese sind zwar nicht
unmittelbarer Art; zur Begründung der Beitragspflicht genügen jedoch auch mittelbare besondere
wirtschaftliche Vorteile. Einen unmittelbaren Vorteil aus dem Fremdenverkehr haben nur diejenigen
Personen oder Unternehmen, die selbst entgeltliche Rechtsgeschäfte mit den Gästen abschließen (§ 2
Abs. 2 FVBS 2008). Dies ist bei der Klägerin, die eine Erzeugergemeinschaft von Inhabern
landwirtschaftlicher Betriebe im Sinne des § 1 Marktstrukturgesetzes zur gemeinschaftlichen Förderung
des Erwerbs und der Wirtschaft der Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellt, jedoch
gerade nicht der Fall. Der Klägerin kommen durch den Fremdenverkehr aber mittelbar besondere
wirtschaftliche Vorteile zu Gute. Ein mittelbarer Vorteil wird immer dann erzielt, wenn Personen und
Unternehmen die mit den am Fremdenverkehr unmittelbar verdienenden Kreisen im Rahmen der für die
Fremden notwendigen Bedarfsdeckung Geschäfte tätigen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. November
2002 - 6 C 11072/02.OVG -, ESOVG). Dabei liegt die durch das Erfordernis des „besonderen“
wirtschaftlichen Vorteils gebotene enge Verbindung zum Fremdenverkehr dann vor, wenn die Personen
oder Gewerbetreibenden mittelbar über Dritte den Bedarf der in der Gemeinde weilenden Fremden
befriedigen, d.h. die Ware oder Dienstleistung an den Fremden weitergegeben wird und nicht nur dem
unmittelbaren Geschäftspartner zu Gute kommt (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. November 2002 - 6 C
11072/02.OVG -, ESOVG). Nicht erforderlich für die Entstehung der Beitragspflicht ist, ob der
Beitragspflichtige die sich für ihn aus dem Fremdenverkehr ergebenden Vorteile nutzt. Auch
Gewinnchancen und erhöhte Verdienstmöglichkeiten sind Vorteile im Sinne des
Fremdenverkehrsbeitragsrechts. Der Klägerin kommen hier erhöhte Gewinnchancen und
Verdienstmöglichkeiten zu. Gegenstand der Erzeugergemeinschaft der Klägerin ist nach § 2 Abs. 2 ihrer
Satzung insbesondere die gemeinschaftliche Verwertung von Obst und Gemüse und sonstigen
landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Erzeugnissen. Es handelt sich dabei um regionaltypische
Produkte, deren Vermarktung einen starken Bezug zum Fremdenverkehr hat. Die Abnehmer der Klägerin
können diese Produkte an die Gäste, z.B. Restaurant- oder Hotelgäste weitergeben, so dass ein
mittelbarer besonderer wirtschaftlicher Vorteil gegeben ist.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass eine Doppelbelastung ihrer Mitglieder durch die
Veranlagung von Betrieben ihrer Mitglieder und der Genossenschaft vorliege. Zum einen sind alle
Mitglieder grundsätzlich nach § 12 der Satzung verpflichtet, ihre gesamte zum Verkauf bestimmte Ernte an
gartenbaulichen Erzeugnissen an die Genossenschaft zu liefern. Der Erlös berechnet sich nach dem Erlös
der Produkte; ein Jahresüberschuss wird an die Mitglieder verteilt (§ 43 der Satzung). Dies führt dazu,
dass grundsätzlich nur die Klägerin zu einem Fremdenverkehrsbeitrag herangezogen wird. Für ihre
Mitglieder wird ein gesonderter Fremdenverkehrsbeitrag nur dann zusätzlich erhoben, soweit diese über
die Lieferung an die Genossenschaft hinaus einen Umsatz im Rahmen der Selbstvermarktung erzielen.
4.
Festsetzungsverjährung des über § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG anwendbaren § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO begann nach
§ 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit der Entstehung der Abgabenpflicht der Klägerin nach
Ende des Kalenderjahres 2005 zu laufen und war somit zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom
27. Oktober 2008 nicht abgelaufen. Ungeachtet dessen war die Forderung hier bereits durch Bescheid
vom 5. Dezember 2005 geltend gemacht und durch Widerspruch der Klägerin angefochten, so dass nach
§ 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 171 Abs. 3a AO ohnehin Ablaufhemmung eingetreten war. Diese überdauert
auch die Aufhebung eines Bescheids durch das Gericht, bis aufgrund einer rückwirkenden Satzung ein
neuer Bescheid erlassen und bestandskräftig geworden ist (vgl. de Vivie, KStZ 2010, 224, 228).
5.
Dies folgt allerdings nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte von einem unzutreffenden Umsatz der
Klägerin nach § 1 Abs. 1 UStG für das Jahr 2003 ausgegangen ist. Da die Klägerin gegenüber der
Beklagten zunächst keine Angaben zur Berechnung des Beitrages gemacht hatte, war die Beklagte nach
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 KAG i.V.m. § 31 Abs. 1 AO, § 7 Abs. 4 FVBS 2008 befugt, von den Finanzbehörden
Auskünfte über die zur Berechnung des Fremdenverkehrsbeitrages notwendigen betrieblichen
Zahlenangaben, insbesondere die betrieblichen Einnahmen des Beitragspflichtigen einzuholen. Das
Finanzamt Neustadt teilte der Beklagten mit Schreiben vom 12. Oktober 2005 mit, der Jahresumsatz der
Klägerin im Sinne des § 1 Abs. 1 UStG habe .... € im Jahre 2003 betragen. Zwar legte die Klägerin im
Laufe des Verfahrens 1 K 150/07.NW den Jahresabschluss für das Jahr 2004 vor, in dem auch in der
Gewinn- und Verlustrechnung die „Umsatzerlöse“ des Jahres 2003 angegeben waren und zwar mit einem
Betrag von 4.755.087,30 €. Die Klägerin hat damit aber nicht den Nachweis geführt, dass ihr Umsatz im
Sinne des § 1 Abs. 1 UStG im Jahre 2003 tatsächlich geringer war als der vom Finanzamt Neustadt
mitgeteilte Betrag. Ein in einer Gewinn- und Verlustrechnung angegebener „Umsatzerlös“ ist nicht
zwingend gleichzusetzen mit dem Umsatz im Sinne von § 1 Abs. 1 UStG. Die Klägerin hätte vielmehr den
Nachweis durch Vorlage des Umsatzsteuerbescheids für das Jahr 2003 führen können. Dem ist sie
indessen nicht nachgekommen.
Die Beklagte ist für den Betrieb der Klägerin in Weisenheim am Sand nach Nr. 5.8 der Anlage zur FVBS
2008 auch zutreffend von einem Vorteilssatz von 3 % ausgegangen.
Jedoch ist die Berechnung des Fremdenverkehrsbeitrags durch die Beklagte insofern zu beanstanden, als
diese in dem angefochtenen Bescheid einen Betrag von mehr als 308,36 € festgesetzt hat. Denn die
Beklagte hätte bei der Berechnung des Fremdenverkehrsbeitrags für das Jahr 2005 nicht von einem
Gewinnsatz von 5 %, sondern lediglich von einem Gewinnsatz von 4 % ausgehen dürfen. Die Klägerin
kann sich diesbezüglich auf ein Schlechterstellungsverbot berufen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Der aufgrund der FVBS 2005 festgesetzte Gewinnsatz der Klägerin wurde bereits durch den
Änderungsbescheid vom 16. Mai 2006 mit 4 % in die Beitragsbemessung eingestellt. Der nunmehr
aufgrund der FVBS 2008 erlassene Bescheid vom 27. Oktober 2008 legt indes einen Gewinnsatz von 5%
zugrunde. Dem Vertrauensschutz des Abgabenschuldners ist aber nur dann Rechnung getragen, wenn
der Satzungsgeber, der zum Zwecke der Fehlerkorrektur eine neue Satzung erlässt, keine neuen
Belastungen schafft, die nicht mit dieser Fehlerkorrektur in Zusammenhang stehen (vgl. de Vivie, KStZ
2010, 224, 226). Dies hat die Beklagte hier jedoch getan. Das Verwaltungsgericht Neustadt hatte in
seinem Urteil vom 30. Januar 2008 lediglich die Festsetzung der Vorteilssätze gerügt. Hinsichtlich der
Festsetzung der Gewinnsätze bestanden indes keine Bedenken. Die Klägerin musste somit im Zuge des
Neuerlasses der FVBS auch nur mit einer Änderung der Vorteilssätze, nicht aber mit einer Anhebung des
für sie maßgeblichen Gewinnsatzes rechnen. Sie konnte damit zu Recht darauf vertrauen, dass der
Gewinnsatz von 4 % unverändert bleibt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige
Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung …
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 385,45 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der
Beschwerde
angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.
gez. Butzinger
gez. Kintz
gez. Bender