Urteil des VG Neustadt vom 25.04.2007

VG Neustadt: fonds, belastung, einheit, gewerbesteuer, stadt, deutsche demokratische republik, finanzausgleich, historische auslegung, anteil, finanzkraft

VG
Neustadt/Wstr.
25.04.2007
1 K 1256/06.NW
Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr.
Urteil vom 25.04.07 - 1 K 1256/06.NW
Finanzausgleich
Verkündet am: 25.04.2007
gez. …
Justizangestellte als
Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstrasse
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
der
Verbandsgemeinde
C
,
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigter: Kunz Rechtsanwälte, Mainzer Str.108, 56068 Koblenz,
gegen
das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den
Minister des Innern und für Spor
, Schillerplatz 3-
5
, 55116
Main
,
- Beklagter -
wegen Finanzausgleichs
hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom
25. April 2007
Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Dr. Scheffler
Richter am Verwaltungsgericht Scheurer
Richter am Verwaltungsgericht Peters
ehrenamtlicher Richter Winzer Bardua
ehrenamtlicher Richter Techniker Leithmann
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung der Umlage zur Finanzierung des Fonds "Deutsche
Einheit“ für das Jahr 2005.
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen um drei Punkte:
Zum einen stellt die Klägerin in Abrede, dass seit der Umstrukturierung des Fonds "Deutsche Einheit“ im
Zuge des Solidarpakts II noch finanzielle Lasten bei dem beklagten Land anfallen, die dieses zum
Anknüpfungspunkt der streitgegenständlichen Umlage gemäß § 24 des Landesfinanzausgleichsgesetzes
(LFAG; GVBl. 1999, 415) machen kann. Zum anderen ist zwischen den Beteiligten streitig, ob
– im Falle des Fortwirkens einer finanziellen Belastung des beklagten Landes – die Berechnung der
Umlage in sachgerechter und gleichheitskonformer Weise erfolgt ist. Schließlich ist zwischen den
Beteiligten streitig, ob durch die Erhebung der angefochtenen Umlage die Finanzausstattungsgarantie
des Art. 49 Abs. 6 der Landesverfassung (LV) verletzt wird.
Über die Klage ist vor dem Hintergrund der nachfolgenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu
entscheiden:
Der Fonds "Deutsche Einheit“ wurde im Jahr 1990 auf der Grundlage des Staatsvertrags über die
Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 (BGBl. II S. 518) gebildet, um aus diesem
Sondervermögen des Bundes Zuweisungen an die Deutsche Demokratische Republik zum
Haushaltsausgleich zu finanzieren. Dabei wurde der deutsche Einigungsprozess als eine
gesamtstaatliche Aufgabe verstanden, deren Lasten von Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam
getragen werden mussten. Der Fonds war als vorläufige Finanzierungsgrundlage konzipiert. Er erhielt
Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt, die dem Bund in Höhe von 50 v. H. von den alten Bundesländern zu
erstatten waren. Nach der Wiedervereinigung wurde der Fonds "Deutsche Einheit“ beibehalten. Gestützt
auf Artikel 7 Abs. 5 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen
Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31. August 1990 (EV; BGBl.
II S. 889) wurden ihm neue Aufgaben zugewiesen. Bis zum 31. Dezember 1994 wurde auf einen
gesamtdeutschen Länderfinanzausgleich verzichtet (vgl. zu den vorstehenden Ausführungen auch:
BVerfG, Urteil vom 11. November 1999 – 2 BvF 2/98 u. a. = BVerfGE 101, 158 ff.).
Nach Inkrafttreten des so genannten Solidarpakts I im Jahr 1995 und der damit verbundenen teilweisen
Eingliederung der Fondsaufgaben sowie der neuen Länder in den Länderfinanzausgleich diente der
Fonds nur noch der Abwicklung früher entstandener Kredite. Die Abwicklungslasten trugen Bund und
Länder jeweils zur Hälfte (BVerfGE 101, 158, 236 f.), wobei die Kommunen zu 40 v. H. an der von den
Ländern zu tragenden finanziellen Belastung beteiligt wurden. Zur Kompensation der mit dem
Solidarpakt I verbundenen Finanzlasten wurde der Anteil des Bundes am Aufkommen der Umsatzsteuer
erhöht und der Anteil der Länder reduziert. Die Beteiligung der Kommunen an der Länderlast erfolgte u. a.
über die Verringerung der Verbundmasse im Landesfinanzausgleich und durch die Erhöhung der
Gewerbesteuerumlage zu Lasten der Kommunen.
Bereits unter der Geltung des Solidarpakts I sah der rheinland-pfälzische Gesetzgeber Handlungsbedarf
hinsichtlich der Beteiligung der kommunalen Gebietskörperschaften an den Kosten des Landes zur
Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit“ (vgl. LT-Drucks. 12/1581, S. 1). Dies hatte zur Folge, dass die
unter Geltung des Solidarpakts I dem beklagten Land auferlegten Umsatzsteuermindereinnahmen gemäß
§ 33 LFAG a. F. (GVBl. 1992, 369) von den kommunalen Gebietskörperschaften mitgetragen wurden. Eine
entsprechende Regelung kennt das LFAG in seiner aktuellen Fassung nicht mehr. Des Weiteren sah der
Gesetzgeber Handlungsbedarf hinsichtlich einer zusätzlichen Beteiligung der kommunalen
Gebietskörperschaften an den Kosten des Landes zur Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit"
entsprechend dem Anteil der kommunalen Gebietskörperschaften am Gesamtsteueraufkommen. Mit § 32
LFAG a. F. – der Vorgängervorschrift des nunmehr geltenden § 24 LFAG – führte er eine "echte" Umlage
zur Finanzierung der Kosten des Fonds "Deutsche Einheit" ein. Nachdem der Landesgesetzgeber
festgestellt hatte, dass die kommunalen Gebietskörperschaften infolge der Kompensationsvorschriften im
bundesrechtlichen Finanzausgleich Mindereinnahmen bei der Umsatzsteuer in Höhe des Verbundsatzes
und infolge der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage erlitten, ging er davon aus, dass diese Belastungen
ausschließlich zu Lasten der Gewerbesteuer einnehmenden und Schlüsselzuweisungen B 2
empfangenden Kommunen wirke (LT-Drucks. 12/1581, S. 10). "Um eine gleichmäßigere und damit
gerechtere Verteilung der Belastung zu erreichen…“ sollten alle Gemeinden und Gemeindeverbände
nach Maßgabe des § 32 LFAG a. F. durch eine Umlage an diesen finanziellen Lasten beteiligt werden. Auf
die Umlagebeträge wurden deshalb die gegenüber dem Ausgangsjahr 1990 jeweils maßgeblichen, auf
die Gewerbesteuerumlageerhöhung entfallenden Beträge angerechnet (§ 32 Abs. 4 Satz 1 LFAG a. F.).
Allerdings fand – im Gegensatz zum nunmehr geltenden § 24 Abs. 4 LFAG – eine Erstattung überzahlter
Gewerbesteuerumlagen nicht statt (§ 32 Abs. 4 Satz 2 LFAG a. F.).
Infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 11. November 1999 (a. a. O.) und unter
Berücksichtigung der Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Solidarpakt I trat der Solidarpakt II zum
1. Januar 2005 in Kraft und entfaltet Rechtswirkungen bis zum Jahr 2019 (vgl. u. a. BT-Drucks. 14/6577
und 14/7063).
Im Zuge der sich daraus ergebenden Gesetzesänderungen blieb die weitgehende Eingliederung der
ursprünglichen Aufgaben des Fonds "Deutsche Einheit“ in den bundesrechtlichen Finanzausgleich
erhalten, allerdings mit erheblichen Anpassungen im Bereich des Finanzausgleichsgesetzes des Bundes
(FAG; BGBl. I 2001, 3955, 3956), des Gesetzes über die Errichtung eines Fonds "Deutsche Einheit“
(DEFG; BGBl. II 1990, 518, 533) sowie des Gesetzes zur Neuordnung der Gemeindefinanzen (GFRG;
BGBl. I 2001, 482).
Danach leistet der Fonds "Deutsche Einheit“ auch künftig keine infrastrukturellen Leistungen an die neuen
Bundesländer.
Die Altbundesländer erbringen zunächst keinen unmittelbaren Beitrag mehr zu diesem Fonds. Mit
Auslaufen des Fonds "Deutsche Einheit“ zum Jahr 2019 werden die Länder nach näherer Maßgabe des
DEFG an den Bund einen finanziellen Ausgleich leisten, falls die Restschulden des Fonds "Deutsche
Einheit“ einen Referenzbetrag von 6.544.536.079,31 € überschreiten. Durch die Einbettung des Fonds
"Deutsche Einheit“ in den Solidarpakt II übernimmt der Bund ab dem Jahr 2005 als Mitschuldner neben
dem Fonds gemäß § 6a DEFG die Verbindlichkeiten des Fonds; im Innenverhältnis zu dem Fonds ist der
Bund alleiniger Schuldner. Der Bund übernimmt hierdurch Annuitäten in Höhe von 3.581.088.335,90 €
(§ 6b Abs. 3 Nr. 4 DEFG). Eine Kompensation der vom Bund übernommenen Belastungen erfolgt ab 2005
durch die Verringerung der Bundesergänzungszuweisungen (vgl. BT-Drucks. 14/6577, S. 6 f.) sowie durch
eine fixe Erhöhung der Umsatzsteuerbeteiligung des Bundes gemäß § 1 Satz 4 FAG. Dieser
Umsatzsteuerfestbetrag des Bundes wird durch das derzeit geltende FAG für das Jahr 2005 auf
2.322.712.000,-- € festgeschrieben.
Wegen des weiterhin starken infrastrukturellen Nachholbedarfs bei den neuen Bundesländern und zum
Ausgleich unterproportionaler kommunaler Finanzkraft der neuen Bundesländer bestimmt § 11 Abs. 3
FAG, dass die neuen Bundesländer einschließlich des Landes Berlin, beginnend mit dem Jahr 2005,
Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen bis zum Jahr 2019 erhalten. Dabei beläuft sich die
Gesamtsumme dieser Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen im Jahr 2005 auf
10.000.532.613,-- € und sinkt dann bis zum Jahr 2019 auf 2.000.096.297,-- €.
Weiterhin sollten nach dem so genannten Korb 2 des Solidarpakts II (vgl. BT-Drucks. 14/6577, S. 3)
überproportionale Bundesleistungen für das Beitrittsgebiet u. a. für die Gemeinschaftsaufgaben und
Finanzhilfen aufgebracht werden.
Zwischen den Beteiligten ist primär streitig, inwieweit die Altbundesländer – und somit auch der
Beklagte – im Jahr 2005 noch Lasten aus dem Fonds "Deutsche Einheit“ mit zu tragen hatten.
§ 6 Abs. 5 Satz 2 GFRG beziffert insoweit die fortwirkende Belastung, die bei den Altbundesländern im
Zusammenhang mit der Neuregelung der Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit“ verbleibt, jährlich
mit 2.582.024.000,-- €. Diese Belastung schreibt das GFRG bis zum Jahr 2019 fest (§ 6 Abs. 5 Satz 1
GFRG). Die Berechnung dieses Betrags geht zurück auf die BT-Drucks. 14/6577, S. 7, wo die den (Alt-
)Bundesländern nachteiligen Auswirkungen im Zuge der Neuausgestaltung des Fonds "Deutsche Einheit“
zunächst auf 4.672.000.000,-- DM beziffert wurden. Die Belastungen sind nach den Ausführungen in den
BT-Drucks. 14/6577, S. 4, 6 und 7 sowie BT-Drucks. 14/7063, S. 3, 4 und 33 auf den Vorwegabzug bei der
Umsatzsteuer zugunsten des Bundes gemäß § 1 Satz 4 FAG, veränderte horizontale Zahlungen sowie
den Rückgang von Bundesergänzungszuweisungen zurückzuführen. Zusammen mit dem Rückgang der
Gewährung von Mitteln für die Kosten politischer Führung in Höhe von ca. 361.000.000,-- DM (vgl. BT-
Drucks. 14/6577, S. 7) wurde eine fortwirkende Belastung der Altbundesländer in Höhe von 5,03 Mrd. DM
errechnet, was einem Betrag von 2.573.840.000,-- € entspricht. Dieser bleibt damit geringfügig hinter der
Festlegung in § 6 Abs. 5 Satz 2 GFRG zurück.
Die festgeschriebene fortwirkende Belastung verteilt sich auf die Alt-Bundesländer anhand eines
Verteilungsschlüssels nach § 6 Abs. 5 Satz 3 GFRG i. V. m. § 1 Abs. 2 FAG in der bis zum 31.12.2004
geltenden Fassung (BGBl. I 1993, 944, 977). Dieser Verteilungsschlüssel sieht für den Beklagten einen
Anteil in Höhe von 5,79 % der fortwirkenden Belastung vor, die sich betragsmäßig auf
149.610.000,-- € für das Jahr 2005 beziffert.
Eine Kompensation für die fortwirkende Belastung zugunsten der Alt-Bundesländer erfolgt nach der
gesetzgeberischen Gesamtkonzeption durch die Beibehaltung eines erhöhten Landesvervielfältigers
beim Gewerbesteueraufkommen gemäß § 6 Abs. 3 Satz 4 GFRG für das Jahr 2005. Ab dem Jahr 2020
– mit dem Auslaufen des Fonds "Deutsche Einheit“ – wird dieser Landesvervielfältiger zugunsten der
Kommunen, denen das Gewerbesteueraufkommen nach den grundgesetzlichen Vorgaben an sich
zusteht (vgl. Artikel 106 Abs. 6 Satz 1 Grundgesetz – GG –), um 29 Prozentpunkte abgesenkt werden. Eine
weitere Kompensation zugunsten der Altbundesländer erfolgt gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 GFRG durch eine
zusätzliche Anhebung des Landesvervielfältigers bis einschließlich 2019 um eine gesondert
festzulegende Erhöhungszahl. Diese Erhöhungszahl belief sich gemäß § 6 Abs. 5 Satz 5 GFRG i. V. m.
der Verordnung zur Festsetzung der Erhöhungszahl für die Gewerbesteuerumlage nach § 6 Abs. 5 des
Gemeindefinanzreformgesetzes (BGBl. I 2005, 485) im Jahr 2005 auf 8 Prozentpunkte. Die
Mitfinanzierung der Belastungen durch die Kommunen infolge der Erhöhung des Landesvervielfältigers
gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 GFRG ist der Höhe nach beschränkt (§ 6 Abs. 5 Satz 5 GFRG).
Die Beteiligung der Gemeinden an den Kosten des Fonds "Deutsche Einheit“ erfolgt mittelbar über den
Rückgang der Verbundmasse gemäß § 5 Abs. 1 LFAG, infolge der Umsatzsteuermindereinnahmen des
Landes aufgrund der Regelungen in § 1 Satz 4 FAG. Eine zusätzliche Beteiligung erfolgt über die
Mindereinnahmen im Bereich der Gewerbesteuer infolge der Erhöhung des Landesvervielfältigers bis
zum Jahr 2020 gemäß § 6 Abs. 3 Sätze 4 und 5 GFRG sowie der weiteren Erhöhung des
Landesvervielfältigers gemäß § 6 Abs. 5 GFRG (vgl. zur angestrebten Kompensationswirkung der
Regelungen im Gemeindefinanzreformgesetz: BT-Drucks. 14/7063, S. 3, 18 und 33).
Zwischen den Beteiligten ist weiter streitig, ob die Umlage gemäß § 24 LFAG in sachgerechter,
gleichheitskonformer Weise berechnet wurde.
Dem LFAG in der derzeit geltenden Fassung (GVBl. 1999, 415) liegen im Wesentlichen die
gesetzgeberischen Erwägungen zugrunde, wie sie in der LT-Drucks. 13/4431 ihren Niederschlag
gefunden haben. Danach wurde die im Rahmen des § 24 LFAG neu gefasste Umlage als "unechte"
Umlage ausgestaltet, deren Aufkommen nicht dem beklagten Land sondern der Finanzausgleichsmasse
zugeleitet wird (§ 3 Abs. 2 Satz 2 LFAG). In diesem Kontext entschloss sich der Gesetzgeber zunächst
allgemein zu einem moderaten Abschlag bei der Gewerbesteuer, um Gemeinden bei
Gewerbeansiedlungen zu unterstützen (LT-Drucks. 13/4431, S. 23). Zugleich verwies der Gesetzgeber
darauf, dass die Abschöpfung der Gewerbesteuereinnahmen durch verschiedene Umlagen,
insbesondere bei Ortsgemeinden, bedenkliche Ausmaße erreicht habe (LT-Drucks. 13/4431, S. 25). Mit
der Bestimmung des § 24 Abs. 4 LFAG solle im Gegensatz zur Vorgängerbestimmung eine Erstattung von
negativen Umlagebeträgen nicht mehr ausgeschlossen sein.
Bei einer vom Beklagten errechneten eigenen fortwirkenden Belastung von 149.610.000,-- € legte er den
von den kommunalen Gebietskörperschaften gemäß § 3 Abs. 2 LFAG aufzubringenden
Gesamtumlagebetrag für das Jahr 2005 im Landeshaushaltsplan gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 LFAG auf
31.420.000,-- € fest.
Mit Schreiben vom 10. August 2005 setzte der Beklagte unter Bezugnahme auf einen Berechnungsbogen
vom 3. August 2005 zu Lasten der Klägerin einen Umlagebetrag nach § 24 LFAG in Höhe von 26.025,-- €
fest.
Dagegen hat die Klägerin am 27. Juli 2006 Klage erhoben.
Die Klägerin trägt vor, dass ihre Klage zulässig sei, weil dem Schreiben des Beklagten vom 10. August
2005 zusammen mit dem Berechnungsbogen vom 3. August 2006 Verwaltungsaktsqualität zukomme.
Die Klage sei auch begründet.
Dem angegriffenen Bescheid mangle es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. § 24 LFAG könne nicht
herangezogen werden, weil diese Bestimmung verfassungswidrig sei.
§ 24 LFAG verstoße gegen verfassungsrechtliche Grundsätze, weil die hier streitige Umlage nicht dem
kommunalen Lastenausgleich diene und den Gleichheitsgrundsatz verletze.
Eine Ausgleichsfunktion komme der Umlage gemäß § 24 LFAG schon deswegen nicht zu, weil es keine
Belastung gebe, die ausgeglichen werden müsse. Wenn überhaupt, so könne eine Regelung über eine
Finanzierungsverantwortung der Gemeinden für die Kosten der Deutschen Einheit allenfalls aus dem
GFRG abgeleitet werden. Dort sei nicht nur eine fortwirkende Belastung sondern auch eine
Gewerbesteuerumlageerhöhung zu Lasten der Kommunen verankert worden. Allerdings sei auch § 6
Abs. 5 GFRG unwirksam. Mit dieser Regelung habe der Bundesgesetzgeber eine Beteiligung der Länder
am Aufkommen der Gewerbesteuer gemäß Artikel 106 Abs. 6 Sätze 4 und 5 GG vorgesehen. Dabei
handle es sich um eine nicht redistributive Zweckumlage. Diese sei nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 83, 363, 390 ff.) nur dann zu rechtfertigen, wenn die bei der
begünstigten Körperschaft verbleibende Umlage mit einer Aufgabenerfüllungs- oder
Finanzierungsentlastung verbunden sei. Ohne eine solche Entlastung würde jedoch eine Umverteilung
vorgenommen, welche der Akzessorietät der Finanzierungslast zur Sachkompetenz gemäß Artikel 104 GG
und den darauf aufbauenden Verteilungsregeln des Artikel 106 GG widerspreche. Von einer
Finanzierungsentlastung in diesem Sinne könne jedoch dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die
Länder selbst überhaupt keine Belastungen zu tragen hätten, sondern eine solche Belastung lediglich
fingiert werde.
So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Die Belastung der Länder in Höhe von jährlich 2.582.024.000,--
€ werde in § 6 Abs. 5 GFRG zwar festgeschrieben. Tatsächlich trügen die Länder jedoch keinerlei
Belastung, die eine Umlage rechtfertige. Vielmehr seien die Länder ab dem Jahr 2005 beim Fonds
"Deutsche Einheit“ von jeglicher Belastung freigestellt worden, indem der Bund die Verbindlichkeiten und
Annuitäten nach den Bestimmungen des DEFG übernommen habe. Der in § 1 Satz 4 FAG geregelte
Vorwegabzug in Höhe von 2.322.712.000,-- € beim Umsatzsteueranteil, zugunsten des Bundes und zum
Nachteil der Bundesländer, begründe keine umlagefähige Belastung des Beklagten, wenngleich damit
ein Rückgang der Steuereinnahmen der Länder einhergehe. Der in § 1 Satz 4 FAG bezifferte
Vorwegabzug korrespondiere außerdem nicht mit der in § 6 Abs. 5 GFRG bezifferten fortwirkenden
Belastung in Höhe von 2.582.024.000,-- €. Zudem sei nicht nachvollziehbar, weshalb im Jahr 2004, nach
der damals noch geltenden Fassung des FAG, dem Bund ein Vorwegabzug von 2,1 Mrd. DM bei der
Umsatzsteuer zugestanden worden sei (§ 1 Abs. 2 FAG a. F.; BGBl. I 1993, 944, 977), während dieser
Vorwegabzug sich im Jahr 2005 praktisch verdoppelt habe. Es sei zudem wichtig zu erkennen, dass
Mindereinnahmen des beklagten Landes im Rahmen des Finanzausgleiches keine Belastungen
darstellten, die auf den Fonds "Deutsche Einheit“ zurückzuführen seien. Diese Betrachtungsweise
entspreche auch der Behandlung von Betriebsgewinnen in vergleichbaren steuerlichen Bereichen durch
die zuständigen Finanzämter. Eine Kompensation von Mindereinnahmen der Länder bei der
Umsatzsteuer durch die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage im Rahmen des GFRG zu deren Gunsten
sei finanzverfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen, weil hierdurch die Verteilungsregeln des Artikels 106
GG umgangen würden. Aus den vom Beklagten herangezogenen Bundestagsdrucksachen seien keine
Finanzierungslasten der Länder ableitbar. Die dort aufgezeigten finanziellen Konsequenzen enthielten
keine Zusammenstellung der bei den Ländern verbleibenden Finanzierungslast aufgrund der
Neuregelung zur Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit“, sondern eine Übersicht über die
Auswirkungen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs ab 2005. Aus diesem Grund komme
beispielsweise dort erwähnten Mindereinnahmen des Landes an Fehlbedarfsergänzungszuweisungen
ebenso wenig die Qualität einer einigungsbedingten Sonderlast zu, wie Mindereinnahmen für die Kosten
politischer Führung. Weiter sei es nicht zulässig, Steuermindereinnahmen des Landes als umlagefähige
Last zu bezeichnen, da die kommunalen Gebietskörperschaften ohnehin in Höhe des Verbundsatzes
(21 v. H.) an den Steuermindereinnahmen beteiligt seien. Die Anhebung der Gewerbesteuerumlage
gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 GFRG diene somit allein dem Zweck, den begünstigten Bundesländern
Einnahmen zu erhalten. Bund und Länder würden sich hier zu Lasten der Gemeinden am
Gewerbesteueraufkommen bereichern. Die willkürliche Festschreibung einer angeblich fortwirkenden
Belastung führe dazu, dass die von den Gemeinden zu tragende Belastung von 24.360.000,-- € im Jahr
2004 auf 31.420.000,-- € im Jahr 2005, somit um 29,4% gestiegen sei, obwohl die Berechnung in beiden
Jahren nach demselben Maßstab erfolgt und eine fortwirkende gefühlte Belastung des beklagten Landes
kaum größer sein könne als die bisherige Belastung gemäß § 1 Abs. 2 FAG a. F.
Die Erhebung der Umlage verletze zudem den Gleichheitsgrundsatz. Die in § 24 Abs. 4 LFAG
vorgesehene Anrechnung und mögliche Erstattung der Gewerbesteuer-Umlageerhöhung führe zu
gleichheitswidrigen Ergebnissen. So zahle die große kreisangehörige Stadt X. als gewerbesteuerstarke
Gemeinde keine Umlage gemäß § 24 LFAG und komme sogar in den Genuss einer teilweisen
Gewerbesteuererstattung. Es sei nicht hinzunehmen, dass die Stadt X. als reichste Gemeinde des Landes
umlagefrei bleibe, während die Klägerin als eine der ärmsten Gemeinden des Landes der Umlagepflicht
unterliege. Während die Gewerbesteuer-Umlageerhöhung bei der Stadt X. lediglich deren "Gewinn"
abschöpfe, erleide sie – die Klägerin – reale Einnahmeverluste. Dies belege insbesondere ein Vergleich
der durchschnittlichen Steuerkraft pro Einwohner, die bei der Stadt X. mit 369,7% zu veranschlagen sei.
Dahinter bleibe ihre – der Klägerin – durchschnittliche Steuerkraft weit zurück. Zur Rechtfertigung dieser
Ungleichbehandlung lasse sich nicht einwenden, dass beide Gebietskörperschaften unterschiedlichen
Gebietskörperschaftsgruppen angehörten. Hiergegen spreche insbesondere die einheitliche Berechnung
des Umlagebetrags im Rahmen des § 24 LFAG.
Hinzu komme, dass der Landeshaushalt die Gewerbesteuer-Umlageerhöhung mit 105.000.000,-- €
veranschlagt habe, während die Umlage Fonds "Deutsche Einheit“ lediglich mit 31.420.000,-- €
festgesetzt worden sei. Daraus sei zu folgern, dass der Differenzbetrag aus der übrigen
Finanzausgleichsmasse erbracht werden müsse. Dies gehe einseitig zu Lasten der
Schlüsselzuweisungen erhaltenden Gemeinden. Der im Landeshaushaltsplan festgesetzte Umlagebetrag
übersteige zudem den tatsächlichen Ausgleichsbedarf um 17.875.000,-- €. Denn der Landesanteil an der
Gewerbesteuer-Umlageerhöhung betrage 105.000.000,-- €. Wenn der festgesetzte Gesamtumlagebetrag
gemäß § 24 LFAG dem Anteil des Erhöhungsvervielfältigers für den Fonds "Deutsche Einheit“ am
Gesamtlandesvervielfältiger bei der Gewerbesteuer entspreche, dann sei nicht nachvollziehbar, warum
der Gesamtumlagebetrag gemäß § 24 LFAG 29,9% und nicht nur 12,9% des Landesanteils an der
Gewerbesteuer-Umlageerhöhung ausmache. Mit Blick hierauf begründe § 24 LFAG daher keine
redistributive Umlage, weil der Festsetzung mehr als der reine Umlagebedarf zugrunde gelegt worden sei.
Zudem sei der rechnerische Ansatz von 51,5 Mio. Euro als Umlageaufkommen unzutreffend und der
Bescheid allein deshalb aufzuheben, nachdem der Beklagte eingeräumt habe, dass nicht nur der
ausgewiesene kommunale Anteil in Höhe von 31.420.000,-- € sondern auch die erhöhte
Gewerbesteuerumlage von 20.100.000,-- € in Ansatz gebracht worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar,
aus welchem rechtlichen Grunde ein um 20.100.000,-- € höherer Umlagebetrag hätte erhoben werden
dürfen oder müssen. Sollte es sich bei den bezifferten 20,1 Mio. Euro um die tatsächlich gezahlte
Gewerbesteuer-Umlage handeln, bestehe auch nur insoweit ein Ausgleichsbedarf. Ein weiterer
Ausgleichsbedarf betreffend einen Kommunalanteil von 31,4 Mio. Euro sei nicht gerechtfertigt. Hierbei
handle es sich lediglich um eine kaschierte Erhöhung der Finanzausgleichsumlage nach § 23 LFAG. Von
dieser Vorgehensweise würden vor allem die reichen Gemeinden profitieren.
Die Anrechnungsregelung in § 24 Abs. 4 LFAG führe zudem zu einer sachlich nicht gerechtfertigten
Begünstigung der Gewerbesteuer erhebenden Kommunen. Denn der durch das GFRG veranlassten
Gewerbesteuer-Umlageerhöhung werde bereits an mehreren Stellen des LFAG Rechnung getragen.
Nach alledem diene die streitgegenständliche Umlage nicht dem kommunalen Finanzausgleich. Vielmehr
trete durch die konkrete Berechnung der Umlage im Rahmen des § 24 LFAG eine Verschärfung der
Finanzierungslasten zum Nachteil einkommens- und finanzschwächerer Gemeinden ein.
Schließlich verstoße die Erhebung der streitgegenständlichen Umlage gegen ihr Recht auf angemessene
Finanzausstattung gemäß Art. 49 Abs. 6 LV. Eine aufgabenadäquate Finanzausstattung, die sie in die
Lage versetze, im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung selbst gewählte Aufgaben zu erfüllen,
stehe ihr nicht zur Verfügung. Der Beklagte bleibe den Nachweis für seine Behauptung schuldig, dass sie
– die Klägerin – nicht alle Anstrengungen unternommen habe, um ihre Pflichtaufgaben so sparsam und
wirtschaftlich wie möglich zu erfüllen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 3./10. August 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an
sie 26.025,00 € zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt aus, § 24 LFAG bilde eine wirksame Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid. Die
Umlage für den Fonds "Deutsche Einheit“ wirke redistributiv. Sie komme nämlich in vollem Umfang wieder
der Finanzausgleichsmasse zugute und diene daher dem interkommunalen Lastenausgleich. Eine
Abführung von Umlagemitteln an das beklagte Land oder den Fonds "Deutsche Einheit“ finde damit nicht
statt. Bereits unter Geltung des Solidarpakts I hätten finanzstärkere Wohngemeinden, die von staatlichen
Finanztransfers wegen hoher Einkommensteuereinnahmen unabhängig gewesen seien, keine
nennenswerten Beiträge zu den Umlagelasten erbracht. Hingegen seien solche Gemeinden stärker
belastet gewesen, die von Zuweisungen im Rahmen des Finanzausgleichs oder von
Gewerbesteuereinnahmen abhängig gewesen seien. Dies habe den Landesgesetzgeber zu einer
Umverteilung der Lasten bewogen. Die in der Rechtsprechung gestellten Anforderungen an eine
verfassungskonforme redistributive Umlage seien im vorliegenden Fall erfüllt. So bemesse sich die
Umlage u. a. nach der Steuerkraft der abgabepflichtigen Kommunen. Da die erbrachten Mittel in vollem
Umfang in die Finanzausgleichsmasse zurückflössen, sei das Land nicht Nutznießer der Umlage. Zudem
werde mit der Umlage ein zulässiger Zweck – eine Lastenverteilung im kommunalen Bereich – verfolgt.
Wegen der Einzelheiten werde insoweit auf die LT-Drucks. 12/1581 verwiesen.
Die in § 6 Abs. 5 Satz 2 GFRG bezifferte fortwirkende Belastung in Höhe von 2.582.024.000,-- € sei nicht
lediglich zwischen dem Bund und den Altbundesländern fingiert worden. Diese Belastung wirke mit Blick
auf die Erwägungen und Zusammenstellungen in den BT-Drucks. 14/7063 und 14/6577 tatsächlich fort.
So seien die Westländerbelastungen durch die Auswirkungen des dem Bund vorweg zugestandenen
Anteils am Umsatzsteueraufkommen gemäß § 1 Satz 4 FAG (in Höhe von 2.322.712.000,-- €), durch
veränderte horizontale Zahlungen sowie infolge von verminderten Bundesergänzungszuweisungen mit
einem Betrag von 4,672 Mrd. DM zu veranschlagen. Auch die Verringerung der Zuwendungen für die
Kosten politischer Führung in Höhe von ca. 361.000.000,-- DM stelle eine fortwirkende Belastung dar.
Rechne man beide Ansätze zusammen, so ergebe sich hieraus die in § 6 Abs. 5 Satz 2 GFRG bezifferte
und damit nicht nur fingierte fortwirkende Belastung. Die Differenz in Höhe von ca. 20.000.000,-- DM
zwischen dieser bezifferten fortwirkenden Belastung und dem in der BT-Drucks. 14/6577 veranschlagten
Betrag sei auf abweichende Regelungen für West- und Ostberlin zurückzuführen.
Die tatsächlich bestehende Belastung sei der Anknüpfungspunkt für die im vorliegenden Verfahren
streitgegenständliche Umlage. Umlagefähig könnten dabei nicht nur Mehrausgaben des Landes sein.
Vielmehr seien auch Mindereinnahmen
– etwa mit Blick auf die kompensatorische Vorwegentnahme des Bundes am Umsatzsteueraufkommen
gemäß § 1 Satz 4 FAG – umlagefähig. Dies erschließe sich aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 1 GFRG,
der von Belastungen spreche, die den Ländern im Zusammenhang mit der Neuregelung der Finanzierung
des Fonds "Deutsche Einheit“ verblieben. Der argumentatorische Ansatz der Klägerin betreffend die
Besteuerung von Betriebsgewinnen durch die zuständigen Finanzämter sowie die Mutmaßungen über
den tatsächlichen Umlagezweck seien in diesem Zusammenhang nicht zielführend.
Die Umlage werde in gleichheitskonformer Weise erhoben. Insbesondere begegne die
Anrechnungsregelung in § 24 Abs. 4 LFAG keinen rechtlichen Bedenken. Die für die gegenteilige
Auffassung herangezogene Gegenüberstellung der Klägerin und der großen kreisangehörigen Stadt X.
sei inhaltlich nicht belastbar. Zwar seien grundsätzlich alle Kommunen nach § 24 LFAG umlagepflichtig.
Ein isolierter Vergleich der Klägerin mit der Stadt X. sei jedoch aufgrund unterschiedlicher
Aufgabenstrukturen und Berechnungsmodalitäten bei der Durchführung des Landesfinanzausgleichs
nicht zulässig. Eine umfassendere Betrachtung belege vielmehr, dass auch unter Berücksichtigung der
Steuerkraft der betroffenen Kommunen keinesfalls eine gleichheitswidrige Verschiebung zugunsten
gewerbesteuerstarker Kommunen und zu Lasten der Klägerin durch die Anrechnungsmöglichkeit in § 24
Abs. 4 LFAG bewerkstelligt werde. Diese Bestimmung sei vielmehr auf eine bewusste Entscheidung des
Landesgesetzgebers zur Vermeidung von Doppelbelastungen zurückzuführen (LT-Drucks. 13/4431). Da
bis zum Jahr 2019 bereits gemäß § 6 Abs. 3 GFRG ein erhöhter Landesvervielfältiger zu Lasten der
Gewerbesteuer erhebenden Kommunen festgelegt worden sei, werde deutlich, dass diese Kommunen in
erheblich höherem Maße die Kosten des Fonds "Deutsche Einheit“ zu tragen hätten als andere
Gemeinden. Dieser Sachverhalt rechtfertige einen Lastenausgleich zwischen den Kommunen im Rahmen
des § 24 LFAG.
Die im Landeshaushaltsplan gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 LFAG festgesetzte Gesamtumlage sei mit
31.420.000-- € korrekt ermittelt worden. Zwar sei diesem Betrag eine Gewerbesteuer-Umlageerhöhung
gemäß § 6 Abs. 5 Satz 4 GFRG von 20.126.433,-- € hinzugerechnet worden. Bei der daraus
resultierenden gerundeten Summe von 51,5 Mio. Euro handle es sich aber lediglich um den rechtlich nicht
maßgeblichen "Brutto“-Umlagebetrag, der nicht dem "Netto"-Umlagebetrag gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2
LFAG gleichgestellt werden könne.
Die Umlage für das Jahr 2005 sei höher als diejenige des Jahres 2004, weil die Zuschüsse aus dem
Bundeshaushalt zur Deckung der Schuldendienstverpflichtungen des Fonds "Deutsche Einheit" bis zum
31. Dezember 2004 jährlich verringert worden seien. Damit sei eine Tilgungsstreckung einhergegangen,
infolge derer auch die von den Ländern dem Bund zu erstattenden Beträge entsprechend vermindert
worden seien. Im Zuge der Neustrukturierung des Fonds und der damit verbundenen finanziellen
Neuregelungen sei auch die Umlageerhöhung im Rahmen des § 24 LFAG erfolgt.
Klarstellend sei anzumerken, dass im Landeshaushalt ein Betrag von 105.000.000,-- € als Gesamtanteil
des Landes an der Gewerbesteuerumlage im Jahr 2005 ausgewiesen worden sei. Dieser Betrag habe
jedoch – entgegen zunächst anders lautender Einlassungen – keine Bedeutung für den im
Landeshaushaltsplan festgelegten Umlagebetrag, der die umlageauslösende fortwirkende Belastung
wiedergebe. Zudem umfasse dieser Betrag das gesamte Gewerbesteuerumlageaufkommen
einschließlich des Teilbetrags, der auf die Erhöhung des Normalvervielfältigers gemäß § 6 Abs. 3 GFRG
zurückzuführen sei.
Schließlich sei auch die Finanzausstattungsgarantie des Artikels 49 Abs. 6 LV im vorliegenden Fall nicht
verletzt. Die einfache Gegenüberstellung der Höhe der Umlageverpflichtungen gemäß § 24 LFAG und des
Umfangs der freiwilligen Leistungen durch die Klägerin sei nicht geeignet, eine Verletzung des Anspruchs
auf angemessene Finanzausstattung zu begründen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die
eingereichten Unterlagen sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Diese waren
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die vorliegende Klage ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –)
zulässig.
Denn dem Anschreiben des Beklagten vom 3. August 2005 kommt zusammen mit dem damals
beigefügten Berechnungsbogen vom 10. August 2005 die Qualität eines belastenden Verwaltungsakts zu
(vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. März 1994 – 7 A 10437/93.OVG = AS 24, 385; dort zur
Verbandsgemeindeumlage).
Der zulässigen Klage bleibt jedoch der Erfolg versagt, denn der angefochtene Umlagebescheid ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die streitgegenständliche Umlage zur Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit“ findet ihre rechtliche
Grundlage in § 24 LFAG.
1.) Bei der hier angefochtenen Festsetzung handelt es sich um eine verfassungsrechtlich unbedenkliche
redistributive Umlage.
Im System des Finanzausgleichs bezeichnet man als Umlage Finanzierungslasten, die öffentlichen
Gebietskörperschaften von einer anderen öffentlichen Gebietskörperschaft, regelmäßig höherer Ordnung,
auferlegt werden (BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 1991 – 2 BvL 24/84 = BVerfGE 83, 363, 389 ff., zur
früheren rheinland-pfälzischen Krankenhausumlage). Umlagen sind als Instrument des Finanzausgleichs
unter öffentlichen Körperschaften gebräuchlich. Sie lenken zumeist Finanzströme von unten nach oben.
Fließt ihr Aufkommen jenseits des eigentlichen Umlagevorgangs den umlagepflichtigen Körperschaften
aber in anderer Verteilung wieder zu, so wird dadurch ein horizontaler Finanzausgleich erzielt (=
redistributive Umlage). Die Umlage erhebende Körperschaft ist hier lediglich Veranstalter der horizontalen
Umverteilung.
An der Verfassungskonformität einer solchen Umlage bestehen jedenfalls dann keine Zweifel, wenn die
Umlage dem interkommunalen horizontalen Ausgleich der Lasten dient. Dabei ist nicht ausgeschlossen,
dass durch die Wahl des Umlagemaßstabs neben dem zuteilenden – positiven – noch ein zusätzlich
– negativer – horizontaler Finanzausgleichseffekt erzielt wird. Das Grundgesetz steht einer Umlage, deren
Aufkommen im kommunalen Rahmen verbleibt oder in diesen zurückfließt, grundsätzlich nicht entgegen.
Vor allem die Regelungen zur primären bzw. sekundären Finanzausstattung der Gemeinden und
Gemeindeverbände in den Artikeln 106 Abs. 5 bis 7 GG legen keine normativen Vorgaben für einen
interkommunalen horizontalen Finanzausgleich fest, auch wenn er vom Land veranstaltet wird. Mit einer
Umlage dürfen nach dem Verständnis des Bundesverfassungsgerichts also auch allgemeine
Finanzausgleichseffekte erzielt werden, ohne dass dies insoweit mit einer speziellen Aufgaben- oder
Ausgabenverantwortung korrespondieren müsste. Allerdings ist bei der Erhebung der Umlage auf eine
Gleichbehandlung der Gemeinden zu achten (BVerfGE 83, 363, 389 ff.).
Diesen auch in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten Grundsätzen genügt
die Umlageerhebung im vorliegenden Fall. Die gleichmäßige interkommunale Verteilung
wiedervereinigungsbedingter, anderweitig entstandener Einnahmeverluste unter den Gemeinden eines
Landes nach deren Finanzkraft, kann in Gestalt einer horizontalen Umlage gemäß Artikel 106 Abs. 6
Satz 6 GG sachgerecht erfolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1998 – 8 C 11/97 = BVerwGE 106, 280
ff.).
Der redistributive Charakter der streitgegenständlichen Umlage folgt zum einen aus dem Umstand, dass
die Umlage in vollem Umfang in die Finanzausgleichsmasse einfließt und das beklagte Land lediglich
"Veranstalter" ist (§§ 3 Abs. 2 Satz 2 und 5 LFAG). Zum anderen wird mit der Umlage ein
verfassungsrechtlich zulässiger Zweck verfolgt, nämlich die Lastenverteilung unter den rheinland-
pfälzischen kommunalen Gebietskörperschaften. Die Umlage beruht zudem auf einer wirksamen
Bemessungsgrundlage, die auch die Steuerkraft der kommunalen Gebietskörperschaften berücksichtigt
(§ 24 Abs. 3 LFAG; vgl. BVerfGE 83, 363, 389 ff und BVerwGE 106, 280 ff.).
2.) Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen nach wie vor ausgleichsbedürftige Belastungen durch
den Fonds "Deutsche Einheit“, die von den kommunalen Gebietskörperschaften mit zu tragen sind und die
als Anknüpfungspunkt für die streitgegenständliche Umlage herangezogen werden dürfen.
Bereits zur früheren Rechtslage hatte das Bundesverfassungsgericht 1999 ausgeführt, dass die
Bewältigung der durch den Fonds "Deutsche Einheit“ ausgelösten Lasten eine gesamtstaatliche Aufgabe
darstelle, die von Bund, Ländern und Gemeinden zu bewältigen sei. Diese Aufgabe sei auf der Grundlage
des Staatsvertrags über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion sowie den Vertrag über die Einheit
Deutschlands begründet worden. Die Verteilung der Abwicklungslasten auf die alten Bundesländer sei als
fortwirkende Übergangsverpflichtung zu qualifizieren (BVerfGE 101, 158, 236 f.). An dieser
gesamtstaatlichen Verpflichtung hat sich auch nach der Umgestaltung des Fonds "Deutsche Einheit"
nichts geändert. Denn die nunmehr unmittelbar im DEFG und mittelbar über die Regelungen im FAG und
GFRG verteilten Lasten sind im Wesentlichen auf die vom Bund übernommenen fondsbedingten
Verbindlichkeiten zurückzuführen (vgl. § 6a DEFG), die auf älteren Krediten des Fonds beruhen und die
ihrerseits der Bewältigung der einigungsbedingten Lasten im Zuge der Wiedervereinigung dienten (vgl. §
5 DEFG). Laufende infrastrukturelle Maßnahmen, Zuschüsse oder Ähnliches werden aus diesem Fonds
nicht mehr geleistet (vgl. § 2 DEFG). Diese Finanzierungsfunktion hat im Wesentlichen der
Länderfinanzausgleich mit seinen Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen übernommen (§ 11
Abs. 3 FAG), der durch das Gesetz zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft und zur Förderung
des wirtschaftlichen Wachstums in den neuen Ländern und das Gesetz zur Regelung der Altschulden für
gesellschaftliche Einrichtungen flankiert wird. Auch deshalb verfängt die gegen die angefochtene Umlage
gerichtete Argumentation der Klägerin nicht, wonach ihr die Unterstützung der östlichen Bundesländer
aufgrund der dort hergestellten Infrastruktur nicht mehr zugemutet werden könne.
Zwar ist der Klägerin in ihrer Feststellung beizupflichten, dass in dem hier maßgeblichen Kalenderjahr
2005 seitens der Altbundesländer und deren Kommunen keine direkten Zahlungen mehr in den Fonds
"Deutsche Einheit“ erfolgten. Eine unmittelbare Kostenbeteiligung der Länder und Kommunen aus dem
Bereich der Altbundesländer wird nach den Vorgaben des DEFG erst ab 2019 (vgl. § 6 Abs. 1 und Abs. 2
DEFG) erfolgen.
Dennoch leisteten die Altbundesländer als Kompensation für die Eingliederung der Verbindlichkeiten des
Fonds in Bundesschuld (§ 6a DEFG) auch im Jahr 2005 mittelbar ihren Finanzierungsbeitrag gemäß § 6
Abs. 5 Sätze 1 und 2 GFRG. Nach dieser Bestimmung beträgt die fortwirkende Belastung, die den
Ländern im Zusammenhang mit der Neuregelung der Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit"
verbleibt, 2.582.024.000,-- €
Das Gericht teilt nicht die Auffassung der Klägerin, wonach die Regelung in § 6 Abs. 5 GFRG ihrerseits
verfassungswidrig sei, weil die gesetzlich bestimmte fortwirkende Belastung lediglich fingiert werde.
Bisher wurde weder in der zugänglichen Rechtsprechung noch in der Literatur der Fortbestand
finanzieller Belastungen für die Altbundesländer ernsthaft in Zweifel gezogen. Auch das
Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 101, 158, 236 f.) hat ausgeführt, dass selbst bei einer Integration des
Fonds "Deutsche Einheit“ in den allgemeinen Finanzausgleich – die inzwischen erfolgt ist (§ 2 Abs. 2
DEFG) – eine Lastenverteilung bezüglich aller Länder sichergestellt bleiben müsse. Dies lässt den
Schluss zu, dass die seit Inkrafttreten des Solidarpakts I im Jahr 1995 erfolgte Abwicklung der früheren
Verbindlichkeiten des Fonds nach wie vor von dem BVerfG dem Grunde nach als gesamtstaatliche
Aufgabe mit ausgleichsbedürftigen Belastungen angesehen wird.
Die Höhe der fortwirkenden Belastung deckt sich fast exakt mit den Ausführungen und
Zahlenzusammenstellungen in den BT-Drucks. 14/6577, Seite 4, 6 und 7 sowie 14/7063, Seite 3 f. und 33.
Dort werden Länderlasten aufgrund eines Vorwegabzugs bei der Umsatzsteuer zugunsten des Bundes in
Höhe von 2.587.000.000,-- DM (gemäß § 1 Satz 4 FAG heute in Höhe von 2.322.712.000,-- €), infolge
veränderter horizontaler Zahlungen sowie aufgrund zurückgehender Bundesergänzungszuweisungen auf
insgesamt 4.672.000.000,-- DM beziffert (vgl. insbesondere BT-Drucks. 14/6577, Seite 7). Unter
Berücksichtigung zurückgehender Beteiligungen an den Kosten politischer Führung in Höhe von ca.
361.000.000,-- DM (vgl. BT-Drucks. 14/6577, Seite 7) errechnet sich bei einer Addierung beider Ansätze
eine Gesamtbelastung von gerundet 5,03 Mrd. DM. Dieser Betrag bleibt bei einer Umrechnung in Euro
zwar geringfügig hinter der in § 6 Abs. 5 Satz 2 GFRG bezifferten fortwirkenden Belastung zurück. Der
Beklagte hat jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass eine rechnerische Diskrepanz von ca. 20 Mio. Euro
durch die unterschiedliche Behandlung von Ost- und Westberlin bei der Berechnung der fortwirkenden
Belastung verursacht sei. Der klägerische Vortrag gibt keinen Anlass, an dieser Erläuterung zu zweifeln,
zumal bei einem Landesanteil von 5,79 v. H. an der fortwirkenden Last (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 3 GFRG) und
einem Umlagesatz von 1,747831 v. H. gemäß § 24 LFAG die rechnerischen Auswirkungen dieser
Diskrepanz auf den angefochtenen Bescheid vernachlässigt werden können.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin stellen die von dem Gesetzgeber
– insbesondere aufgrund des Vorwegabzugs gemäß § 1 Satz 4 FAG – gut berechenbaren Auswirkungen
der Umstrukturierung zur Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit" auch umlagefähige Belastungen der
Altbundesländer im Rechtssinne dar. Denn die Mindereinnahmen, wie sie in den zitierten
Bundestagsdrucksachen im Einzelnen beziffert wurden, stellen Lasten dar, die von den alten
Bundesländern effektiv zu tragen sind. Eine begriffliche Verengung der fortwirkenden Belastung
dahingehend, dass nur direkte Umlagezahlungen der Altbundesländer berücksichtigungsfähig wären,
wird dem Gesamtregelungssystem zur Aufbringung der Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit“ ab
dem Jahr 2005 nicht gerecht. Vielmehr stellen auch Mindereinnahmen der Länder Lasten im Rechtssinne
dar.
Dies legt bereits der Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 1 GFRG nahe, der allgemein von Belastungen spricht,
die den Ländern im Zusammenhang mit der Neuregelung des Fonds "Deutsche Einheit“ verbleiben.
Auch bei einer teleologischen Auslegung erschließt sich die Umlagefähigkeit dieser Lasten bereits
daraus, dass die weitgehende Eingliederung der früheren Funktionen des Fonds "Deutsche Einheit“ in
das Gesamtsystem des Finanzausgleichs (vgl. § 2 Abs. 2 DEFG) bei wirtschaftlicher Betrachtung
zwingend zu Mindereinnahmen der Altbundesländer führt. Die Mindereinnahmen beruhen vor allem auf
dem bereits erwähnten Vorwegabzug bei der Umsatzsteuer zugunsten des Bundes. Dieser Vorwegabzug
verstößt seinerseits nicht gegen die grundgesetzlichen Regelungen über das Finanzwesen. Denn in der
verfassungsrechtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Verteilung des Umsatzsteueraufkommens
variabel gestaltet werden kann (BVerfG, Urteil vom 19. Oktober 2006 – 2 BvF 3/03, S. 30 des
Urteilsabdrucks, zitiert nach juris und BVerfGE 101, 158, 214 ff.). Der von der Klägerin angeführte Aspekt,
dass die Länder tatsächlich – trotz des Vorwegabzugs gemäß § 1 Abs. 4 FAG – Mehreinnahmen
verzeichnet hätten, steht dem nicht entgegen. Denn auch in diesem Fall bleibt der Vorwegabzug aus Sicht
der betroffenen Bundesländer objektiv eine Belastung, die nur aus systemfremden Gründen, zum Beispiel
bei einer unerwartet guten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, anderweitig ausgeglichen wird.
Gegen die Annahme, dass die in § 6 Abs. 5 GFRG bezifferte fortwirkende Belastung lediglich fingiert
wurde, spricht auch eine kombinierte systematisch – historische Auslegung anhand eines Vergleichs der
aktuellen mit den früheren Finanzregelungen:
Unter Geltung des Solidarpakts I erstatteten die Altbundesländer dem Bund von 1995 bis 2004 jährlich 50
vom Hundert der Zuschüsse nach § 6 Abs. 2 DEFG zuzüglich eines jährlichen Betrags in Höhe von 2,1
Milliarden DM als ihren Beitrag zur Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit" (§ 6 Abs. 5 DEFG). Der
Wechsel von direkten Kostenbeteiligungen der Länder hin zu mittelbaren Belastungen in Gestalt von
Mindereinnahmen, wie sie in den oben bezeichneten Bundestagsdrucksachen angeführt wurden, zeigt,
dass Bund und Länder im Rahmen des Solidarpakts II eine Kompensation schaffen wollten für die vom
Bund übernommenen Lasten im Zuge der Neuausgestaltung des Fonds "Deutsche Einheit". Der
Gesetzgeber ging damals offensichtlich davon aus, dass mit der Umgestaltung des Fonds ein finanzieller
Ausgleich durch die Länder u. a. über § 1 Satz 4 FAG geboten war. Dieser Ausgleich stellt unzweifelhaft
eine durch den Fonds ausgelöste kompensatorische Last der Altbundesländer dar (vgl. BT-Drucks.
14/7063, Seite 3). Sie sollte den Entfall der bisherigen unmittelbaren Länderbeteiligungen ausgleichen
und somit nach Sinn und Zweck der Neuregelungen die verfassungsrechtlich vorgegebene
Lastenverteilung (vgl. BVerfGE 101, 158, 236 f.) sicherstellen. Vor diesem Hintergrund erscheint es
systemkonform, die aufgezeigten mittelbaren Belastungen der Altbundesländer ab 2005 als fortwirkende
Belastung anzuerkennen und diese – wie die früheren (unmittelbaren) Zahlungen der Länder – als
tauglichen Anknüpfungspunkt einer Umlage zu behandeln.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, dass der nach § 1 Satz 4 FAG bezifferte
Vorwegabzug bei der Umsatzsteuer zugunsten des Bundes betragsmäßig nicht deckungsgleich mit der
fortwirkenden Belastung der Altbundesländer gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 GFRG sei, dringt sie mit diesem
Argument nicht durch,. Denn die gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 GFRG bezifferte fortwirkende Belastung umfasst
zwar auch den Vorwegabzug von der Umsatzsteuer gemäß § 1 Satz 4 FAG, sie erschöpft sich darin
jedoch nach den mehrfach zitierten Bundestagsdrucksachen nicht.
Die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 GFRG und deren Berücksichtigung bei
der Bestimmung der Umlagelast im Rahmen des § 24 Abs. 4 LFAG ist verfassungsrechtlich ebenfalls
unbedenklich. Vor allem steht Art. 28 Abs. 2 GG einer Umlage nach Art. 106 Abs. 6 GG nicht entgegen.
Denn die Garantie von Steuereinnahmen zugunsten der Gemeinden bewegt sich nur in dem durch
Artikel 106 Abs. 6 GG vorgegebenen Rahmen. Die Regelungen in § 6 Abs. 5 GFRG über die Erhöhung
von Gewerbesteuerumlagen zu Lasten der an sich steuerberechtigten Kommunen verstoßen damit für
sich genommen nicht gegen grundgesetzliche Regelungen über das Finanzwesen (vgl. hierzu
BVerfGE 83, 363 ff. und BVerwGE 106, 280).
Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass im Jahr 2005 tatsächlich eine fortwirkende Belastung der
Altbundesländer bestand, die primär, aber nicht ausschließlich, auf den Vorwegabzug bei der
Umsatzsteuer zugunsten des Bundes gemäß § 1 Satz 4 FAG zurückzuführen war, der seinerseits durch
die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage im Rahmen des § 6 Abs. 5 Satz 1 GFRG zugunsten der
betroffenen Bundesländer in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise kompensiert wurde.
3.) § 24 LFAG führt – wie bereits ihre Vorgängervorschrift (§ 32 LFAG a. F.; vgl. LT-Drucks. 12/1581,
Seite 8) – zu keiner gleichheitswidrigen Verteilung der Umlagelasten.
Die Berechnung der Umlagegrundlagen gemäß § 24 Abs. 3 Satz 3 LFAG begegnet keinen
durchgreifenden Bedenken. Nach dieser Bestimmung wird die Steuerkraft der umlagebeteiligten
Gemeinden – wie in der Rechtsprechung gefordert (vgl. BVerwGE 106, 280, 286) – durch die
Berücksichtigung der Steuerkraftmesszahl nach § 13 LFAG gewährleistet. Bei der Verteilung der
Umlagegrundlagen nach § 24 Abs. 3 Satz 4 LFAG wird zudem sichergestellt, dass die
Steuerkraftmesszahl entsprechend der Finanzverteilung bei den kommunalen Gebietskörperschaften
berücksichtigt wird.
Auch die gesetzgeberische Entscheidung, im Rahmen des § 24 Abs. 4 LFAG auf die Umlagebeträge die
gegenüber dem Ausgangsjahr 1990 jeweils maßgeblichen, auf die Gewerbesteuerumlageerhöhung
entfallenden Beträge anzurechnen, ist rechtlich unbedenklich. Insbesondere wird der Grundsatz der
interkommunalen Gleichbehandlung (vgl. VGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Januar 2006
– VGH B 1/05 und OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Juni 2004
– 7 A 11227/03.OVG) durch diese Anrechnung nicht verletzt.
Bei der Ausgestaltung des Landesfinanzausgleichs ist dem Landesgesetzgeber ein
Beurteilungsspielraum hinsichtlich der wirtschaftlichen Belastungen der einzelnen Kommunen
zuzugestehen, solange die finanzielle Mindestausstattung durch das System des Länderfinanzausgleichs
nicht in Frage gestellt und Sonderbelastungen nicht in sachwidriger Weise einseitig auf finanzschwache
Kommunen umverteilt werden.
§ 24 Abs. 4 LFAG stellt in diesem Zusammenhang sicher, dass Gemeinden, die bereits durch die
Erhöhung der Gewerbesteuerumlage im Rahmen des § 6 Abs. 5 Satz 1 GFRG finanzielle Einbußen
hinnehmen mussten, nicht durch die Heranziehung zur Umlage im Rahmen des § 24 LFAG zusätzlich
belastet werden. § 24 Abs. 4 LFAG trägt der Erkenntnis Rechnung, dass die betroffenen Kommunen durch
die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage erhebliche Einbußen bei ihrem verbleibenden
Gewerbesteueraufkommen hinnehmen müssen. Unter Berücksichtigung der ohnehin bestehenden
Belastung der Gewerbesteuer einnehmenden Körperschaften durch die Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 4
GFRG, wonach der erhöhte Landesvervielfältiger bei der Gewerbesteuer erst ab dem Jahr 2020 – und
somit erst nach der Abwicklung des Fonds "Deutsche Einheit“ – um 29 v. H. Punkte abgesenkt wird, durfte
der rheinland-pfälzische Landesgesetzgeber davon ausgehen, dass die Hauptfinanzierungslast an der
Kompensation der einheitsbedingten Länderlasten von den Gewerbesteuer erhebenden Körperschaften
getragen wird. Der von ihm gewählte Weg des Lastenausgleichs erweist sich im Rahmen des
gesetzgeberischen Gestaltungsermessens nicht als fehlerhaft. Denn die kommunalen
Gebietskörperschaften erleiden nach der Ausgestaltung der §§ 8 und 9 LFAG, aufgrund des Rückgangs
des Länderanteils bei der Umsatzsteuer gemäß § 1 Satz 4 FAG, nur scheinbar in Höhe des
Verbundsatzes von 21 v. H. (§ 5 Abs. 1 LFAG) in ihrer Gesamtheit Mindereinnahmen. Ganz überwiegend
trifft diese Belastung jedoch nicht die Empfänger von Schlüsselzuweisungen A. Denn die zur Erbringung
der Schlüsselzuweisungen A erforderlichen Finanzmittel werden vorab aus der Schlüsselmasse nach § 7
Nr. 1 LFAG entnommen (§ 8 Abs. 1 LFAG). Auch die Empfänger der Schlüsselzuweisungen B 1 leiden
nicht unter dem verringerten Umfang der Finanzausgleichsmasse. Denn die Schlüsselzuweisungen B 1
werden nach Abzug der Schlüsselzuweisungen A ebenfalls vorab der Schlüsselmasse entnommen, um
sicherzustellen, dass die in § 9 Abs. 2 LFAG als Fixbeträge bestimmten Schlüsselzuweisungen auch
tatsächlich aus der Schlüsselmasse zur Verfügung gestellt werden können. Im Wesentlichen tragen die
Lasten der verminderten Finanzausgleichsmasse und der erhöhten Gewerbesteuerumlagen somit die
Empfänger der Schlüsselzuweisungen B 2 sowie die Gewerbesteuer entrichtenden Gemeinden (so auch
LT-Drucks. 12/1581, S.8). Denn die Empfänger der Schlüsselzuweisung B 2 müssen – im Gegensatz zu
den Empfängern der Schlüsselzuweisungen A und B 1 – tatsächlich eine Verringerung der
Finanzausgleichsmasse hinnehmen, weil für die Verteilung der Schlüsselzuweisungen B 2 nur noch der
Betrag zur Verfügung steht, der nach Abzug der Schlüsselzuweisungen A und B 1 verbleibt. Gerade mit
Blick auf den Grundsatz der interkommunalen Gleichbehandlung erscheint es daher sachgerecht und
willkürfrei, zur breiteren Lastenverteilung zwar alle kommunalen Gebietskörperschaften zur Umlage
gemäß § 24 LFAG heranzuziehen, jedoch zugunsten der Kommunen, die bereits über eine erhöhte
Gewerbesteuerumlage einen erheblichen Beitrag zur Kompensation der Lasten erbringen, einen
begrenzten Ausgleich zu schaffen. Ein damit bewirkter Ausgleich ungleicher Belastungen der Kommunen
infolge der Lasten der Wiedervereinigung ist rechtlich unbedenklich (vgl. BVerwGE 106, 280, 286).
Nicht zu beanstanden ist, dass bei der aktuellen Ausgestaltung des § 24 Abs. 4 LFAG – im Gegensatz zu
dessen Vorgängervorschrift (§ 32 Abs. 4 LFAG a. F.) –nicht nur eine Anrechnung sondern auch die
Erstattung der erhöhten Gewerbesteuerumlage möglich ist. Die Einführung einer Erstattungsmöglichkeit
ist von dem Gestaltungsermessen des Gesetzgebers gedeckt. Dieser wollte Verwerfungen vermeiden, wie
sie in der früheren Praxis festzustellen waren. Wenn nämlich eine Gemeinde infolge einer hohen
Gewerbesteuerrückzahlung soviel Gewerbesteuerumlage zurückerhielt, dass eine "negative“
Gewerbesteuerumlage ausgewiesen wurde, erhöhte dieser Negativbetrag die Fondsumlage. Damit fand
aber eine unsystematische Reaktion statt: Denn negative Gewerbesteuerumlagen erhöhten die
Fondsumlage in jedem Fall, während positive Gewerbesteuerumlagen die Fondsumlage nicht in jedem
Fall verminderten. Diese Ungleichbehandlung hat der Gesetzgeber beseitigt (LT-Drucks. 13/4431,
Seite 32).
Durch die Anrechnung und Erstattung der erhöhten Gewerbesteuerumlagen gemäß § 24 Abs. 4 LFAG
erfolgt auch keine sachwidrige Doppelbegünstigung gewerbesteuerstarker Kommunen. Zwar ist das
Argument der Klägerin zutreffend, wonach bereits durch § 24 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 LFAG (Berechnung der
Umlagebeträge), § 13 Abs. 2 Nr. 3 LFAG (Ermittlung der Steuerkraftzahlen) sowie § 8 LFAG (Berechnung
der Schlüsselzuweisung A) die erhöhte Gewerbesteuerumlage nach § 6 GFRG berücksichtigt wird.
Hierdurch wird jedoch bei der Ermittlung der Steuerkraft eine Annäherung an die tatsächlichen
Steuerverhältnisse erreicht. Damit begünstigt diese Verfahrensweise nicht einseitig die Gewerbesteuer
entrichtenden Kommunen, sondern trägt lediglich der Erwägung Rechnung, bei der Durchführung des
Finanzausgleichs möglichst die tatsächlichen Steuerverhältnisse zu beachten und – besondere
Konstellationen ausgenommen – keine fiktiven Steuereinnahmen zugrunde zu legen. Ohnehin dürfte
dieser Argumentationsansatz bereits deshalb ins Leere laufen, weil die klägerseits angeführten
gewerbesteuerstarken Kommunen regelmäßig nicht Empfänger der Schlüsselzuweisungen A, also
Kommunen mit unterdurchschnittlicher Steuerkraftmesszahl, sein dürften, so dass eine
Doppelbegünstigung durch § 24 Abs. 4 LFAG praktisch nur selten erfolgen wird.
Eine Ungleichbehandlung infolge der Anrechnungs- und Erstattungsregelung in § 24 LFAG kann
klägerseits auch nicht mit Blick auf einen Vergleich der finanziellen Situation der Klägerin mit derjenigen
der großen kreisangehörigen Stadt X. begründet werden.
Durch das Gesamtsystem der finanzrechtlichen Regelungen im Zusammenhang mit dem Fonds
"Deutsche Einheit" werden gewerbesteuerstarke Gemeinden in erheblicher Weise belastet. So lässt sich
am Beispiel der Stadt X. für das Jahr 2005 nachvollziehen, dass diese eine erhöhte
Gewerbesteuerumlage in Höhe von 1.037.653,-- € an das beklagte Land abgeführt hat. Durch die
Anrechnung der ihre Umlagepflicht von 638.813,-- € übersteigenden Gewerbesteuer-Umlageerhöhung
gemäß § 24 Abs. 4 LFAG erfolgte zwar zu Gunsten der Stadt X. eine Erstattung für das Jahr 2005 in Höhe
von 398.840,-- €, während finanzschwächere Gemeinden tatsächlich eine Umlage im Rahmen des § 24
LFAG zu entrichten hatten. Dem steht aber nur scheinbar der Grundsatz der interkommunalen
Gleichbehandlung entgegen. Berücksichtigt man indessen, dass Ingelheim trotz einer Teilerstattung
gemäß § 24 Abs. 4 LFAG effektiv eine erhöhte Gewerbesteuerumlage gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 GFRG für
das Jahr 2005 in Höhe von 638.813,-- € an den Beklagten abgeführt hat, was eine Pro-Kopf-Belastung
von 25,48 € pro Einwohner begründet, so bewegt sich die Pro-Kopf-Belastung der Klägerin nur auf einen
Bruchteil dieses Betrags. Die Belastungssituation erhellt sich weiter, wenn man die
Gewerbesteuerumlageerhöhung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 4 GFRG mit einbezieht, die bis zur Abwicklung
des Fonds "Deutsche Einheit“ die Gewerbesteuer erhebenden Kommunen mit 29 v. H. Punkten zusätzlich
belastet. Hieraus resultiert eine Pro-Kopf-Gesamtbelastung für die kreisangehörige Stadt X. in Höhe von
196,-- € pro Einwohner, der im Falle der Klägerin eine Belastung von 11,26 € pro Einwohner
entgegensteht. Ein Vergleich der Steuerkraftmesszahl der Stadt X. (2082,76 € pro Einwohner) mit der
Steuerkraftmesszahl der Klägerin (411,22 € pro Einwohner) zeigt, dass die Stadt X. durch die
Gewerbesteuer-Umlageerhöhung eine wesentlich höhere einheitsbedingte Belastung pro Einwohner
trägt, als die Klägerin durch die Erhebung der hier streitigen Umlage.
Der durchgeführte Vergleich der Finanzkraft pro Einwohner belegt somit, dass die Anrechnungs- und
Erstattungsmöglichkeit in § 24 Abs. 4 LFAG zwar Grenzbelastungen von den gewerbesteuerstarken
Kommunen nimmt, jedoch nicht zu gleichheitswidrigen Belastungsverschiebungen führt. Diese rechtliche
Bewertung erfolgt in Anerkennung des Umstands, dass eine gewerbesteuerstarke Stadt wie Ingelheim die
vergleichsweise hohe Belastung besser verkraften kann als die Klägerin.
vergleichsweise hohe Belastung besser verkraften kann als die Klägerin.
Die Anrechnungs- und Erstattungsmöglichkeiten des § 24 Abs. 4 LFAG müssen zudem im Kontext
weiterer Maßnahmen des Landesgesetzgebers gesehen werden, die darauf abzielten, Gemeinden bei
der Gewerbeansiedlung zu unterstützen (LT-Drucks. 13/4431, S. 23). Dass das beklagte Land im
Gesamtkontext des überarbeiteten Landesfinanzausgleichs auch eine bedenkliche Ausmaße erreichende
Abschöpfung der Steuereinnahmen durch die verschiedenen Umlagen verringern und
Ungleichbehandlungen im Zusammenhang mit der Anrechnung von Gewerbesteuer-Umlageerhöhungen
beseitigen wollte (vgl. LT-Drucks. 13/4431, Seite 25), rechtfertigt die Regelung des § 24 Abs. 4 LFAG
ebenfalls. Die angestrebte Umverteilung schwächt sich ohnehin ab, weil der aufzubringende
Umlagebetrag in vollem Umfang in die Finanzausgleichsmasse einfließt und damit den kommunalen
Gebietskörperschaften in vollem Umfang wieder zugute kommt (§ 3 Abs. 2 LFAG).Verfassungsrecht
verbietet es nicht, auf diese Weise einen negativen horizontalen Finanzausgleich unter den
umlagepflichtigen Körperschaften herbeizuführen oder einen anderweitig durchgeführten horizontalen
Finanzausgleich noch zu verstärken (BVerfGE 83, 363, 395).
Der Beklagte hat auch die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Berechnung der Umlage zur
Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit“ in nicht zu beanstandender Weise umgesetzt.
Insbesondere wurde der aufzubringende Umlagebetrag gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 LFAG im
Landeshaushaltsplan mit 31.420.000,-- € korrekt festgesetzt. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
Ausgehend von einer fortwirkenden Belastung der Altbundesländer gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 GFRG in
Höhe von 2.582.024.000,-- € entfällt auf den Beklagten (aufgrund des Verteilungsschlüssels des § 6
Abs. 5 Satz 3 GFRG i. V. m. § 1 Abs. 2 FAG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) ein
Anteil von ca. 5,79%. Der zeitweilig zwischen den Beteiligten diskutierten Bund-Länder-Absprache vom
16. Mai 1990 kommt insoweit keine rechtliche Bedeutung zu. Nach diesem Verteilungsschlüssel entfällt
auf den Beklagten eine fortwirkende Belastung von 149.610.000,-- €.
Die Kommunen tragen diese anteilig über eine Minderung der Finanzausgleichsmasse (§ 5 Abs. 1 LFAG)
in Höhe des Verbundsatzes von 21 v. H. mit. Die Minderung der Verbundmasse beruht – wie bereits
dargestellt – im Wesentlichen auf dem Rückgang der in die Finanzausgleichsmasse eingebrachten
Umsatzsteuer, auf verringerten Mitteln im Bundesfinanzausgleich und auf Verschiebungen bei den
Bundesergänzungszuweisungen. Insgesamt beziffert sich die Beteiligung der rheinland-pfälzischen
Kommunen auf 31.418.716,-- €.
Diesen Betrag hat der Beklagte im Landeshaushaltsplan (gerundet auf 31.420.000,-- €) als
aufzubringende (Netto-)Umlage im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 2 LFAG festgesetzt.
Die fortwirkende Belastung tragen die Kommunen weiter im Rahmen des § 6 Abs. 5 Sätze 1 und 5 GFRG
i. V. m. der Verordnung zur Festsetzung der Erhöhungszahl für die Gewerbesteuerumlage nach § 6 Abs. 5
des GFRG (BGBl. I 2005, 485) im Jahr 2005 in Höhe von betragsmäßig unstreitigen 20.126.433,-- € mit.
Die aufzubringende Umlage sowie die erhöhte Gewerbesteuerumlage hat der Beklagte addiert und so
eine Bruttoumlage von 51.545.149,-- € berechnet. Unter Berücksichtigung der durch das Statistische
Landesamt ermittelten Umlagegrundlagen (2.949.163.856,--€) resultierte hieraus der für die Berechnung
der Einzelumlagen benötigte Umlagesatz gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 LFAG (= 1,747831 v. H.).
Dieser Berechnungsmodus ist nicht zu beanstanden.
Insbesondere ist die Festsetzung der aufzubringenden (Netto-)Umlage im Landeshaushaltsplan korrekt.
Denn der aufzubringende Umlagebetrag beläuft sich tatsächlich nur auf ca. 31,4 Mio. Euro. Die erbrachte
erhöhte Gewerbesteuerumlage in Höhe von 20,1 Mio. Euro dient lediglich als rechnerischer
Durchlaufposten, weil diese im Rahmen des § 24 Abs. 4 LFAG auf die individuellen Umlagebeträge der
Gemeinden angerechnet wird und damit nicht Gegenstand der tatsächlich aufzubringenden Umlage
gemäß § 24 LFAG ist. Dieser rechnerische Zwischenschritt und die daraus resultierende Diskrepanz
zwischen dem Brutto- und Nettoumlagebetrag lassen sich zwar aus den gesetzgeberischen Vorgaben in
§ 24 LFAG ableiten. Aufgrund der Komplexität der hierzu erforderlichen Erwägungen – auch der Beklagte
hat erst in späteren Schriftsätzen plausibel dargelegt, wie die maßgeblichen Beträge zustande kommen –
ist dieser Modus jedoch durchaus geeignet, das Verständnis für diese Berechnung zu verstellen.
Schließlich begegnet es keinen Bedenken, dass die angefochtene Umlage im Wesentlichen nach der
Finanzkraft der Gemeinden, unter Berücksichtigung der Schlüsselzuweisungen A und B, der
Steuerkraftmesszahlen nach § 13 LFAG und bei Landkreisen und Verbandsgemeinden unter
Berücksichtigung der anteiligen Steuerkraftzahlen nach § 12 Abs. 3 LFAG errechnet wird. Die
Berücksichtigung der Finanzkraft entspricht den eingangs erwähnten Anforderungen an die
Rechtsbeständigkeit redistributiver Umlagen (vgl. u. a. BVerfGE 83, 363 ff.).
4.) Die Erhebung der Umlage zur Finanzierung des Fonds "Deutsche Einheit“ verletzt im vorliegenden Fall
nicht die nunmehr in Artikel 49 Abs. 5 und Abs. 6 LV verankerte kommunale Finanzausstattungsgarantie.
Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz (Urteile vom 25. Januar 2006, a. a. O. und vom 18. März
1992 – VGH 3/91-) hat insbesondere aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Artikel 49 Abs. 6
Satz 1 LV abgeleitet, dass den Gemeinden eine angemessene Finanzausstattung verfassungsrechtlich
verbürgt ist. Artikel 49 Abs. 6 LV gewährleistet die kommunale Finanzhoheit, verstanden als
Aufgabenhoheit auf der Grundlage einer angemessenen Finanzausstattung. Bezugsgröße für eine
angemessene Finanzangleichung ist nach den Vorgaben des Landesverfassungsgerichtshofs das
Verhältnis von aufgabenabhängigem Bedarf und verfügbaren Finanzmitteln. In diesem Sinne verfolgt der
kommunale Finanzausgleich insbesondere zwei Ziele: Zum einen ergänzt er die Finanzquellen der
Kommunen und stockt deren Finanzmasse insgesamt auf (vertikale oder fiskalische Funktion des
kommunalen Finanzausgleichs). Zum anderen bezweckt er, die Finanzkraftunterschiede zwischen den
Kommunen abzubauen. Denn alle Kommunen sollen finanziell in die Lage versetzt werden, die ihnen
zugeordneten öffentlichen Aufgaben wahrzunehmen (horizontale oder distributive Funktion). Diese
horizontale oder distributive Funktion ist als interkommunaler Lasten- und Finanzausgleich zu verstehen
(Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Januar 2006, a. a. O.).
Die in der Landesverfassung abgesicherte Finanzausstattungsgarantie findet ihre Entsprechung in der
Gewährleistung der kommunalen Finanzhoheit durch Artikel 28 Abs. 2 Satz 3 GG. Danach sind die
Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung der Gemeinde nicht gewahrt, wenn aufgrund einer
Umlage einer Gemeinde keine aufgabenadäquate Finanzausstattung mehr verbleibt
(BVerwGE 106, 280, 287). Eine aufgabenadäquate Finanzausstattung setzt danach voraus, dass die
gemeindlichen Finanzmittel ausreichen, um den Gemeinden die Erfüllung aller zugewiesener und im
Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung auch die Erfüllung selbst gewählter Aufgaben zu
ermöglichen. Die Gewährleistung dieser Finanzausstattung wird durch Artikel 28 Abs. 2 Satz 3 GG nicht
nur deklaratorisch bestätigt, sondern auch materiell-rechtlich verstärkt (BVerwGE 106, 280, 286 f.).
Eine Gemeinde kann sich jedoch nur dann auf ihre besondere Leistungsschwäche und nicht
hinreichende Finanzausstattung berufen, wenn und soweit ihre Einnahmemöglichkeiten zur Erfüllung
ihrer unabweisbaren Ausgabeverpflichtungen nicht ausreichen und sie trotz zumutbarer Ausschöpfung
aller ihrer Einnahmequellen und Ausnutzung jeglicher Sparmöglichkeiten nicht in der Lage war, ihren
Verwaltungshaushalt im abgelaufenen Haushaltsjahr auszugleichen, und auch voraussichtlich in den
folgenden zwei Jahren nicht in der Lage sein wird, den Fehlbetrag zu decken. Bei der Ermittlung der
besonderen Bedürftigkeit einer kommunalen Gebietskörperschaft wird allerdings nicht nur auf den
Verwaltungshaushalt, sondern auch auf die Vermögenslage der Gemeinde abzustellen sein, um im
Rahmen des Finanzausgleichs eine Überspannung der gemeindlichen Solidarität zu vermeiden (vgl. OVG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Februar 2005
– 7 A 11157/04.OVG, dort zu § 17 LFAG). Dabei sind auch die allgemeinen Rücklagen sowie
Kapitalrückflüsse – wie auch bei der Beurteilung gemäß § 17 LFAG – mit einzubeziehen, ohne die
haushaltsrechtlichen Erwägungen zur Erhaltung des Gemeindevermögens außer Acht zu lassen (vgl.
allgemein hierzu: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Februar 2005, a. a. O.). Aus diesem Grund
sind bei der Prüfung der ausreichenden Finanzausstattung – wie bei der früheren Bedürftigkeitsprüfung –
Mittel mit in Ansatz zu bringen, die nach der soeben zitierten Entscheidung als liquides Vermögen gelten.
Das OVG Rheinland-Pfalz weist dort zutreffend darauf hin, dass die Berücksichtigung des so genannten
liquiden Vermögens zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erforderlich ist. Das OVG
Rheinland-Pfalz kommt in seinem Urteil vom 22. Februar 2005 (a. a. O.)
– wenngleich vom rechtlichen Ausgangspunkt des § 17 LFAG argumentierend – zu dem Ergebnis, dass
auch die Verwendung liquider Mittel in den Vorjahren bei der Prüfung der Finanzausstattung der
Kommunen geboten ist. Die Berücksichtigung dieser Vorgaben, der sich die Kammer für die Beurteilung
der ausreichenden Finanzausstattung der Kommunen anschließt und deren Umsetzung betreffend die
Vermögensverhältnisse der Kommunen im Zuge der haushaltsrechtlichen Doppik ansteht, stellt sicher,
dass das interkommunale Gleichbehandlungsgebot nicht von Zufälligkeiten oder haushaltsrechtlichen
Besonderheiten abhängt.
Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass allein die Gegenüberstellung von
ausgewählten Ausgabepositionen, wie sie von Klägerseite als Beleg für einen angeblichen Verstoß
gegen die Finanzausstattungsgarantie vorgelegt wurde, nicht geeignet ist, die hinreichende
Finanzausstattung der Klägerin auch nur ansatzweise in Frage zu stellen. Die punktuellen Angaben der
Klägerin im vorliegenden Verfahren sind – auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten selbst
aufgeworfenen Rechtsfragen und der durch das Vorbringen der Beteiligten vorgegebenen prozessualen
Schwerpunktbildung – nicht geeignet, von Amts wegen in eine weitere Aufklärung über die
Finanzausstattung der Klägerin einzutreten. Dies gilt umso mehr, als das Aufkommen der Umlage – wie
bereits mehrfach dargestellt – der Finanzausgleichsmasse wieder zufließt (§ 3 Abs. 2 Satz 2 LFAG) und
der damit verbundene finanzielle Rückfluss bei der Darlegung der Klägerin zu den Auswirkungen der
Umlage auf ihre Finanzausstattung nicht einbezogen wurde. Der Beklagte hat in diesem Kontext zu Recht
darauf verwiesen, dass auch die weitere Frage der Einnahmeausschöpfungsmöglichkeiten von der
Klägerin nicht hinreichend beleuchtet wurde. Die Behauptung einer unzulänglichen Finanzausstattung
wird daher vorrangig bei der Frage der künftigen Gewährung von Schlüsselzuweisungen bei einer
Gesamtbetrachtung sämtlicher Verteilungseffekte geboten sein, die durch das LFAG ausgelöst werden
(vgl. zu den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung der unzulänglichen Finanzausstattung:
BVerfG, Urteil vom 15. Oktober 1985 – 2 BvR = BVerfGE 71, 25 ff.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt den §§ 167 VwGO, 708 ff.
ZPO.
Rechtsmittelbelehrung …
Beschluss
Der Streitwert wird auf 26.025,00-- € festgesetzt.
gez. Dr. Scheffler gez. Scheurer gez. Peters
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