Urteil des VG Neustadt vom 21.11.2005

VG Neustadt: approbation, tatsächlicher schaden, unwürdigkeit, straftat, widerruf, luxemburg, berufsausübung, versorgung, energie, urkundenfälschung

VG
Neustadt/Wstr.
21.11.2005
4 K 1157/05.NW
Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr.
Urteil vom 21.11.05 - 4 K 1157/05.NW
Recht der freien Berufe; Entziehung der Approbation
Verkündet am: 21.11.2005
gez. ...
Justizangestellte als
Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstrasse
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
des Herrn A.
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte B.
gegen
das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Präsidenten des Landesamtes für Soziales, Jugend und
Versorgung, Baedekerstr. 2 - 10, 56073 Koblenz,
- Beklagter -
wegen Entzuges der Approbation
hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 21. November 2005, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht ...
Richterin am Verwaltungsgericht ...
Richter am Verwaltungsgericht ...
ehrenamtlicher Richter ...
ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf der ihm am 27. Juli 1976 erteilten Approbation als Arzt.
Der Kläger ist Gynäkologe und betreibt zusammen mit seiner Ehefrau eine gynäkologische
Gemeinschaftspraxis in ... .
Durch Urteil des Amtsgerichts – Schöffengericht – Neustadt/Wstr. vom 10. März 2003 wurde er wegen
gemeinschaftlich begangenen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von
zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Aufgrund des Geständnisses des Klägers in der
Berufungsinstanz änderte das Landgericht Frankenthal in seinem rechtskräftigen Urteil vom 7. Juli 2003
(Az.: 5310 Js 270/99 – 5 Ns -) die Entscheidung des Amtsgerichts Neustadt/Wstr. dahingehend ab, dass
der Kläger zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt wurde.
Gegenstand der Verurteilung war folgender Sachverhalt:
Der Kläger veranlasste 1998 zwei Banken zu Überweisungen in Höhe von insgesamt rund 640.000,-- DM
von Konten der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz, Regionalzentrum Pfalz, in Neustadt auf
ein Konto in Luxemburg, indem er Schreiben und Überweisungsaufträge fälschte. Das Konto in
Luxemburg hatte er mit Hilfe einer weiteren Person auf den Namen von dessen Schwiegersohn eröffnet.
Zur Anfertigung der Schreiben verwendete der Kläger Briefbögen der Kassenärztlichen Vereinigung, die
er noch von seiner früheren Vorstandstätigkeit in Besitz hatte. Die Unterschriften wurden nach den
Vorlagen auf anderen Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung gefälscht und der
Freistempelaufdruck eingescannt. Das Geld ging am 23. Dezember 1998 auf dem Konto in Luxemburg
ein, wurde in der Folgezeit jedoch nicht abgeholt. Auf Betreiben der Kassenärztlichen Vereinigung erließ
das Bezirksgericht Luxemburg am 28. Dezember 1998 einen Pfändungsbeschluss hinsichtlich der
überwiesenen Beträge. Die Tat war dem Kläger aufgrund seiner Kenntnisse aus seiner früheren
Vorstandstätigkeit möglich gewesen. Die Überweisungen fielen noch vor Weihnachten 1998 auf, da die
Kassenärztliche Vereinigung die auf den Konten eingegangenen Gesamtverfügungszahlungen der
Krankenkassen zwischendurch auf Festgeldkonten übertragen hatte, wodurch in Verbindung mit den
unberechtigten Überweisungen des Klägers unerklärliche Kontenüberziehungen entstanden waren.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Urteile des Amtsgerichts Neustadt/Wstr. und des
Landgerichts Frankenthal verwiesen, die sich in den Verwaltungsakten des Beklagten befinden.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2005 widerrief der Beklagte gegenüber dem Kläger die am 27. Juli 1976
erteilte Approbation als Arzt und gab diesem auf, die Approbationsurkunde innerhalb von zwei Wochen
nach Unanfechtbarkeit des Bescheids herauszugeben. Für den Fall, dass der Kläger der Verpflichtung zur
Herausgabe der Approbationsurkunde nicht nachkomme, drohte der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe
von 2.000,-- € an. Zur Begründung führte der Beklagte aus, das in den Urteilen festgestellte Verhalten des
Klägers begründe seine Unzuverlässigkeit sowie Unwürdigkeit zur Ausübung des Arztberufes. Durch die
erhebliche kriminelle Energie bei der Tatbegehung, die Höhe des entstandenen Schadens sowie der
Tatsache, einen Dritten in den Verdacht gebracht zu haben, an der Tat beteiligt zu sein, habe sich der
Kläger als unzuverlässig erwiesen und biete keine Gewähr dafür, auch in Zukunft seinen Beruf als Arzt
ordnungsgemäß auszuüben. Ferner habe sich der Kläger durch sein Verhalten unwürdig erwiesen; von
einem Arzt könne die Einhaltung der ärztlichen Berufspflichten erwartet werden, insbesondere die
Verpflichtung, seine eigenen Kollegen nicht vorsätzlich erheblichen finanziellen Schaden zuzufügen.
Hiergegen legte der Kläger am 4. Februar 2005 Widerspruch ein, den der Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2005, dem Kläger zugestellt am 30. Mai 2005, zurückwies. Zur
Begründung führte der Beklagte u. a. aus, der Kläger habe sich durch die Tat zur Ausübung des Arztberufs
unwürdig erwiesen. Zwar betreffe die Straftat nicht das unmittelbare Arzt-Patienten-Verhältnis. Sie habe
jedoch gleichwohl in engem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers gestanden. Er habe
seine schädigenden Handlungen geplant vorbereitet und mit hoher krimineller Energie ausgeführt.
Hierdurch sei ein hoher Schaden entstanden, wobei erschwerend hinzu komme, dass der Kläger bei der
Tatbegehung das Vertrauen seiner Kollegen insofern ausgenutzt habe, als er die Tat nur aufgrund
Insiderkenntnissen als ehemaliges Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Vereinigung habe begehen
können. Ein solch schwer wiegender Vertrauensbruch gegenüber den ärztlichen Kollegen verletze die
berufsrechtlich geschuldete Kollegialität und führe nicht nur zu einem Ansehens- und Vertrauensverlust
innerhalb der Ärzteschaft, sondern habe auch Außenwirkung gegenüber der weiten Öffentlichkeit, die den
Kläger für den ärztlichen Beruf als auf absehbare Zeit untragbar erscheinen lasse. Die Bevölkerung
vertraue in die Seriosität der Ärzteschaft und erwarte von einem Arzt, dass er einer anderen Person,
insbesondere einem anderen Kollegen nicht willentlich erheblichen Schaden zufüge. Ein Schaden auch
der ärztlichen Kollegen sei anzunehmen, da es sich bei den von den Konten überwiesenen Geldern um
solche handele, die an die der Kassenärztlichen Vereinigung angeschlossenen Kassenärzte verteilt
würden. Der ferner durch die Urkundenfälschung zum Ausdruck kommende Ansehens- und
Vertrauensverlust sei auch deshalb erheblich, weil dem Arzt aufgrund seines Berufs eine Vielzahl von
Tätigkeiten überantwortet sei, bei denen er Urkunden, Gesundheitszeugnisse und sonstige
Bescheinigungen ausstellen müsse und dürfe. Gerade weil die ärztliche Tätigkeit weitgehend keiner
Kontrolle unterliege, werde durch die Begehung von Urkundsdelikten das Ansehen des Klägers und
seiner Kollegen selbst dann untergraben, wenn es sich nicht um Urkundsdelikte aus dem ärztlichen
Bereich handele. Ein möglicher durchzusetzender zivilrechtlicher Freistellungsanspruch der
Kassenärztlichen Vereinigung gegenüber den Banken lasse den Schaden nicht entfallen.
Der Kläger hat hiergegen am 30. Juni 2005 Klage erhoben. Er führt aus, das Strafverfahren habe keinen
nennenswerten Nachteil auf seinen Patientinnenstamm gehabt. Es habe sich um eine einmalige Tat
gehandelt, die im Grunde mit seiner ärztlichen Tätigkeit nichts zu tun gehabt habe. Bei der Tat habe er
auch nur Kenntnisse verwendet, die jedem Kassenarzt zugänglich gewesen seien. Im Übrigen sei der
Kassenärztlichen Vereinigung kein tatsächlicher Schaden entstanden. Schließlich liege die Tat mehr als
sechseinhalb Jahre zurück.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 25. Januar 2005 sowie den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid
vom 25. Mai 2005 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er wiederholt weitgehend sein Vorbringen aus dem Vorverfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten
sowie die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen. Deren Inhalt war Gegenstand der
mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 25. Januar 2005 und der dazu
ergangene Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in
seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat zu Recht die dem Kläger erteilte
Approbation widerrufen.
Rechtsgrundlage für den Widerruf der ärztlichen Approbation ist die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 1 der
Bundesärzteordnung - BÄO - vom 16. April 1987 (BGBl I S. 1218), letztmals geändert durch Gesetz vom
15. Dezember 2004 (BGBl I S. 3396), i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO. Danach ist die ärztliche
Approbation zu widerrufen (vgl. dazu BVerwG, NJW 1999, 3425 [3426]), wenn nachträglich, d.h.
spätestens im Zeitpunkt des Abschlusses des Vorverfahrens (vgl. BVerwG, NJW 1998, 2756) die in § 3
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO geregelten Erteilungsvoraussetzungen weggefallen sind. Die zuletzt genannte
Bestimmung regelt als Voraussetzung der Approbation, dass sich der Betreffende nicht eines Verhaltens
schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des
ärztlichen Berufes ergibt. Im vorliegenden Fall hat sich der Kläger für die Ausübung des ärztlichen Berufes
zumindest als unwürdig erwiesen.
Nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung hat der Beklagte den
Approbationswiderruf zu Recht (auch) auf das Tatbestandsmerkmal der Berufsunwürdigkeit gestützt.
Unwürdigkeit liegt vor, wenn in dem maßgeblichen Zeitpunkt ein Arzt durch sein Verhalten nicht mehr das
Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufes unabdingbar nötig ist (s. z.B.
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. September 2005 - 6 A 10556/05.OVG - ; OVG Saarland, ArztR 2005,
162; BVerwG, NJW 1993, 806 und Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 107). Dazu ist ein schwerwiegendes
Fehlverhalten des Arztes erforderlich, das bei Würdigung aller Umstände seine weitere Berufsausübung
im maßgeblichen Zeitpunkt als untragbar erscheinen lässt. Unerheblich ist hingegen, inwieweit das
Fehlverhalten in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist. Entscheidend ist vielmehr, ob das Verhalten des
Arztes für jeden billig und gerecht Denkenden als Zerstörung der für die ärztliche Tätigkeit
unverzichtbaren Vertrauensbasis erscheint. Die Beurteilung der Unwürdigkeit hängt - anders als die der
Zuverlässigkeit - nicht von einer in die Zukunft gerichteten Prognose ab (vgl. BVerwG, NJW 1993, 806;
VGH Baden-Württemberg, NJW 2003, 3647 f.).
Nach diesen Grundsätzen ist hier ein schwerwiegendes Fehlverhalten des Klägers, das einen Widerruf
der Approbation wegen Unwürdigkeit rechtfertigt, gegeben. Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin,
dass den Angehörigen der Heilberufe heute nicht mehr in jeder Beziehung eine integere Lebensführung
als Berufspflicht auferlegt ist mit der Folge, dass ein Arzt, der sich eines Vermögensdelikts schuldig
gemacht hat, das Ansehen seines Berufsstandes grundsätzlich nicht so schwer schädigt, dass er als
unwürdig angesehen werden müsste (vgl. VGH Baden-Württemberg, NJW 2003, 3647). Bei solchen
Delikten ist eine Unwürdigkeit vielmehr nur dann zu bejahen, wenn der Arzt vorsätzlich eine schwere, von
der Allgemeinheit besonders missbilligte oder ehrenrührige Straftat begangen hat, die ein die
Durchschnittsstraftat übersteigendes Unwerturteil rechtfertigt und zu einer tiefgreifenden Abwertung seiner
Persönlichkeit führt (VGH Baden-Württemberg, NJW 2003, 3647; OVG Sachsen, Beschluss vom 30. März
2005 - 4 B 710/04 - ).
Nach den Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts Frankenthal vom 7. Juli 2003, die
die Kammer zur Grundlage ihrer Entscheidung machen konnte, nachdem der Kläger gewichtige
Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit auch in der mündlichen Verhandlung vom 21. November 2005 nicht
dargelegt hat, hat der Kläger im Jahre 1998 eine Straftat begangen, die eine Verurteilung wegen
gemeinschaftlich begangenem Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung zur Folge hatte. Nur aufgrund
des umfassenden Geständnisses des Klägers in der Berufungsinstanz wurde die Freiheitsstrafe auf 1 Jahr
und 9 Monate reduziert und zur Bewährung ausgesetzt. Nach den Sachverhaltsfeststellungen im Urteil
des Landgerichts Frankenthal hat der Kläger im Jahre 1998 zwei Banken zu Überweisungen in Höhe von
insgesamt rund 640.000,-- DM von Konten der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz,
Regionalzentrum Pfalz, in Neustadt auf ein Konto in Luxemburg veranlasst und dadurch einen hohen
Schaden auf Seiten der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz verursacht. Zwar betraf diese
Straftat nicht das unmittelbare Arzt-Patienten-Verhältnis. Sie stand jedoch gleichwohl in engem
Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers (vgl. VGH Baden-Württemberg, NJW 2003,
3647). Denn dieser verwendete bei der Fälschung von Urkunden Briefbögen der Kassenärztlichen
Vereinigung, die er von seiner früheren Vorstandstätigkeit von Januar 1989 bis Dezember 1992 in Besitz
hatte. Aufgrund der ehemaligen Vorstandsmitgliedschaft war ihm bekannt, in welcher Höhe Gelder über
die Konten der Kassenärztlichen Vereinigung fließen, wo diese Konten geführt wurden und wer dafür in
welcher Weise zeichnungsberechtigt war. Die Ausführung der Tat war ihm also gerade aufgrund seiner
Kenntnisse aus seiner früheren Vorstandstätigkeit möglich gewesen, so dass ein ausreichender
Berufsbezug der in Rede stehenden Straftat vorliegt.
Der Kläger hat die Tat - zusammen mit einem Dritten - über mehrere Monate sorgfältig vorbereitet und mit
hoher krimineller Energie durchgeführt; von einer einmaligen Handlung, die auf einen „Blackout“
zurückzuführen sei, kann keine Rede sein. Der Kläger befand sich zum Zeitpunkt der Ausführung der Tat
in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten und wollte durch den von ihm geplanten Akt erhebliche
Geldsummen zu Lasten der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz abzweigen. Da er die Tat
auch vollendet hat, kann er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Kassenärztliche Vereinigung
Rheinland-Pfalz sei letztlich nicht geschädigt worden, weil sie das Geld zurückerhalten habe.
Der Beklagte hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger bei der Tatbegehung gegenüber
seinen ärztlichen Kollegen einen schweren Vertrauensbruch begangen hat. Die Kassenärztliche
Vereinigung Rheinland-Pfalz, die vor dem 1. Januar 2005 aus den vier unabhängigen Kassenärztlichen
Vereinigungen Pfalz, Koblenz, Rheinhessen und Trier bestand, repräsentiert alle niedergelassenen
Vertragsärzte und Psychotherapeuten in Rheinland-Pfalz und nimmt die Rechte ihrer Mitglieder - alle
Ärzte, psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichentherapeuten, die an der
vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen und damit eine Zulassung als Vertragsarzt bzw. Therapeut
haben - gegenüber den Krankenkassen, anderen Kostenträgern und den gesetzgebenden Organen wahr.
Sie verhandelt mit den Krankenkassen über das Honorar für die ambulante medizinische Versorgung und
schließt Verträge für alle Mitglieder ab. Die Gesamtvergütung wird dann von der Kassenärztlichen
Vereinigung über einen Honorarverteilungsmaßstab an die Ärzte verteilt (s. § 2 Abs. 8 der aktuellen
Hauptsatzung der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz vom 23. März 2004 i.d.F. vom 1. April
2005). Der Kläger hat das Vertrauen seiner Kollegen durch die Tat hat insofern ausgenutzt, als er diese
nur aufgrund Insiderkenntnissen als ehemaliges Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Vereinigung
begehen konnte und damit die Kollegen, die alle Pflichtmitglieder in der Kassenärztlichen Vereinigung
sind, geschädigt hat. Ein solcher schwerwiegender Vertrauensbruch gegenüber ärztlichen Kollegen
verletzt sowohl die allgemeinen ärztlichen Berufspflichten (vgl. § 2 der Berufsordnung der Ärztinnen und
Ärzte in Rheinland-Pfalz i.d.F. vom 2. September 2002) als auch die berufsrechtlich geschuldete
Kollegialität (vgl. § 29 Abs. 1 Satz 1 der Berufsordnung der Ärztinnen und Ärzte in Rheinland-Pfalz). Der
Vertrauensbruch führt nicht nur zu einem Ansehens- und Vertrauensverlust innerhalb der Ärzteschaft,
sondern hat auch Außenwirkung gegenüber der weiteren Öffentlichkeit, die den Kläger für den ärztlichen
Beruf als auf absehbare Zeit untragbar erscheinen lässt. Denn die Öffentlichkeit verlangt von einem Arzt
neben der fachlich beanstandungsfreien Behandlung seiner Patienten grundsätzlich auch die Einhaltung
der sonstigen ärztlichen Berufspflichten (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. Januar 2003 -
13 A 2774/03 -). Diese Erwartung und das darin zum Ausdruck kommende Vertrauen in die Seriosität der
Ärzteschaft wäre in hohem Maß beeinträchtigt, wenn ein Angehöriger dieser Berufsgruppe trotz der
angeführten schwerwiegenden berufsbezogenen Verfehlungen und einer Verurteilung zu einer hohen
Freiheitsstrafe weiter als Arzt tätig sein könnte. Erschwerend kommt hier hinzu, dass der Kläger im
Rahmen der Begehung der Tat mehrere Urkunden gefälscht hat. Der damit verbundene Ansehens- und
Vertrauensverlust ist erheblich, da dem Arzt aufgrund seines Berufs eine Vielzahl von Tätigkeiten
überantwortet ist, bei denen er Urkunden, Gesundheitszeugnisse und sonstige Bescheinigungen
ausstellen muss und darf. Dass ihm hierbei eine besondere Verantwortung für die Richtigkeit und
Vollständigkeit dieser Dokumente auferlegt ist, zeigen die entsprechenden berufs- und strafrechtlichen
Vorgaben (vgl. § 25 der Berufsordnung der Ärztinnen und Ärzte in Rheinland-Pfalz und § 278 StGB).
Gerade weil die ärztliche Tätigkeit weitgehend keiner Kontrolle unterliegt, wird durch die Begehung von
Urkundsdelikten das Ansehen des Klägers und seiner Kollegen selbst dann untergraben, wenn es sich
nicht um Urkundsdelikte aus dem ärztlichen Bereich handelt (VGH Baden-Württemberg, NJW 2003, 3647).
Dies gilt erst recht, wenn - wie im Falle des Klägers - auch Dokumente der Kassenärztlichen Vereinigung
verfälscht wurden.
Soweit der Kläger behauptet hat, das Strafverfahren habe keinen nennenswerten Nachteil auf seinen
Patientinnenstamm gehabt, führt dies nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Die Frage, ob ein Arzt
durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines
Berufes unabdingbar nötig ist, und ob er deshalb unwürdig für die Ausübung dieses Berufs ist, unterliegt
objektiven Beurteilungsmaßstäben und ist unabhängig von zufälligen Umständen des Einzelfalles wie
mangelnder Kenntnis der Umgebung vom Fehlverhalten oder mangelnder Sensibilität bei dessen
Einschätzung (BVerwG, Beschluss vom 6. März 2003 - 3 B 10.03 - ).
Der Widerruf der Approbation verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zwar lag
die Tat zum Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids bereits sechseinhalb Jahre zurück. Zu
berücksichtigen ist jedoch, dass es sich um ein schwerwiegendes Fehlverhalten des Klägers gehandelt
und dieser erst im Berufungsverfahren vor dem Landgericht Frankenthal im Juli 2003 ein umfassendes
Geständnis abgelegt hat. Die Grundlagen des spezifischen Vertrauensverhältnisses von Patienten und
Kollegen zum Berufsstand der Ärzte wurden durch die Straftat des Klägers dermaßen erschüttert, dass bei
Würdigung aller Umstände eine weitere Berufsausübung des Klägers auch noch im maßgeblichen
Zeitpunkt untragbar erscheinen lässt.
Die Entscheidung des Beklagten ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil der Widerruf der
Approbation im Hinblick auf das Alter des Klägers unter Umständen einem endgültigen Berufsverbot
gleichkommt. Für die Berücksichtigung dieses individuellen Gesichtspunkts ist dann kein Raum, wenn die
Berufsunwürdigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Verwaltungsentscheidung vorlag. Das ist, wie
ausgeführt, vorliegend der Fall. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird vom Gesetzgeber dadurch
Rechnung getragen, dass nach Abschluss des Widerrufsverfahrens ein Antrag auf Wiedererteilung der
Approbation und gegebenenfalls die Erteilung einer vorläufigen bzw. eingeschränkten Erlaubnis nach § 8
Abs. 1 BÄO möglich ist. Dass dies für den Kläger aufgrund seines Alters nur eingeschränkt in Betracht
kommt, ist für die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügung nicht erheblich. Denn bei der Beurteilung
der Unwürdigkeit eines Arztes für die weitere Berufsausübung kann bei älteren Ärzten kein anderer
Maßstab angelegt werden als bei jüngeren Kollegen (VGH Baden-Württemberg, NJW 2003, 3647).
Der mit dem Widerruf der Approbation verbundene Eingriff in die durch Art. 12 GG geschützte
Berufsfreiheit des Klägers ist durch die überragende Bedeutung des Schutzes des Ansehens der
Ärzteschaft im Interesse eines funktionierenden Arzt-Patienten-Verhältnisses gerechtfertigt. Weniger
einschneidende Maßnahmen sind vorliegend nicht ersichtlich, zumal die Approbation als solche nicht teil-
bzw. einschränkbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO
i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung ...
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes gemäß §§ 52 Abs.1 GKG i.V.m. Nr. 16.1 des Streitwertkataloges für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 2004, auf 180.000€ festgesetzt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil
vom 20. September 2005 - 6 A 10556/05.OVG -).