Urteil des VG Münster vom 12.10.2004

VG Münster: aufschiebende wirkung, vollziehung, vollzug, bordellbetrieb, aufwand, kontrolle, substanzverlust, einkünfte, vwvg, bedürfnis

Verwaltungsgericht Münster, 2 L 1402/04
Datum:
12.10.2004
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 L 1402/04
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 3.250 EUR festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Der Antrag des Antragstellers,
2
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches vom 7. Oktober 2004 gegen die
Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 4. Oktober 2004 - Nutzungsuntersagung
für den Betrieb der „X-O-Bar" und Beseitigungsaufforderung für fünf Werbeanlagen auf
dem Grundstück Gemarkung G - wiederherzustellen bzw. bezüglich des angedrohten
Zwangsgeldes in Höhe von insgesamt 2500,- Euro anzuordnen,
3
ist zulässig, aber unbegründet. Zunächst begegnet die vom Antragsgegner getroffene
Anordnung der sofortigen Vollziehung insbesondere mit Blick auf § 80 Abs. 3 VwGO
keinen Bedenken, da eine schriftliche Begründung gegeben worden ist und der
Antragsgegner in seiner o.g. Verfügung u.a. erkennen lassen hat, dass er sich des
Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst war.
4
Die vom Gericht gem. § 80 Abs. 5 VwGO am voraussichtlichen Ausgang des
Hauptsacheverfahrens orientierte Interessenabwägung zwischen dem privaten
Interesse des Antragstellers, vom sofortigen Vollzug des angefochtenen
Verwaltungsaktes einstweilen verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse am
sofortigen Vollzug der Ordnungsverfügung des Antragsgegners, fällt zu Lasten des
Antragstellers aus.
5
Zunächst erweist sich die angegriffene Ordnungsverfügung mit der darin verfügten
Nutzungsuntersagung nach einer in dem vorliegenden Verfahren allein möglichen und
gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich
6
rechtmäßig, so dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren mit seinem Widerspruch
voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Denn der Antragsteller besitzt für die
genehmigungsbedürftige Nutzung des o.g. Grundstückes als Bordellbetrieb keine
Baugenehmigung, so dass diese Nutzung - wie vom Antragsgegner zutreffend dargelegt
- formell illegal ist. Das Gericht folgt der Einschätzung des Antraggegners, dass die im
Rahmen der Ortsbesichtigung am 30. September 2004 festgestellten
„Betriebseinrichtungen" (Betten mit Bettwäsche, Duschen und Haushaltstücherrollen)
zum Inventar eines auf Durchführung des Geschlechtsverkehres gerichteten
Bordellbetriebes gehören. Die Einlassung des Antragstellers, die Betten dienten den
Mitarbeiterinnen als Schlafgelegenheit, da sie außerhalb von Borken wohnten, erachtet
das Gericht als bloße Schutzbehauptung. Denn die Abtrennung der Räume mit
„Schlafgelegenheiten" erfolgt offenbar nur durch Vorhänge und weist jeweils eine
Dusche auf. Diese Einrichtung erfüllt aber in Würdigung der von dem Betrieb selbst
offerierten Dienstleistungen (Table Dance und Separee) alle Anforderungen, die für das
Anbieten von Geschlechtsverkehr erforderlich sind, zumal auch keine anderen Bereiche
innerhalb des Thekenraumes als „Separee"-Bereiche vorhanden sind.
Allein hieraus resultiert die Genehmigungsbedürftigkeit dieses Betriebes, für die sich ein
Bedürfnis nach baurechtlicher Kontrolle in Anbetracht der sich aus der Nutzung
ergebenden Auswirkungen dieser Vergnügungsstätte geradezu aufdrängt.
7
Mit Blick auf die Ordnungsfunktion des formellen Baurechts ist die mit sofortiger
Vollziehung versehene Nutzungsuntersagung zur Vermeidung unerwünschter
Vorbildwirkungen bereits gerechtfertigt. Ob darüber hinaus der Bordellbetrieb und die
Werbeanlagen auch materiell innerhalb des festgesetzten allgemeinen Wohngebietes
nicht genehmigungsfähig ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da die
Ordnungsverfügung vom 4. Oktober 2004 selbständig tragend auf die Gesichtspunkte
der formellen Illegalität gestützt ist.
8
Auch die Beseitigungsaufforderung für die Werbeanlagen begegnet letztlich keinen
durchgreifenden Bedenken. Denn die o.g. Grundsätze, die für die Rechtmäßigkeit einer
Nutzungsuntersagung mit sofortiger Vollziehung bei - wie hier - formeller Illegalität
genannt worden sind, gelten auch für die hier angeordnete Beseitigung der Werbetafeln
und des Ausstecktransparentes da diese ausweislich der dem Gericht vorliegenden
Fotos nur aufgesteckt bzw. aufgeklebt sein dürften und somit ohne größeren Aufwand
und vor allem ohne Substanzverlust abgenommen werden können. Vgl. insoweit auch
OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2000, - 7 B 723/00 -. Das öffentliche Interesse an
der Wahrung der Ordnungsfunktion des formellen Baurechts überwiegt daher auch
insoweit das private Interesse des Antragstellers an der vorläufigen Weiterführung der
Vergnügungsstätte, da es für die Allgemeinheit nicht hinnehmbar ist, wenn von einem
nicht genehmigten Betrieb weiterhin Einkünfte/Gewinne erzielt werden könnten bis über
einen noch zu stellenden Genehmigungsantrag entschieden ist. Vor diesem Hintergrund
erweist sich die dem Antragsteller eingeräumte Frist bis zum 8. Oktober 2004, den
Betrieb einzustellen, auch als verhältnismäßig. Die rechtlichen Voraussetzungen für die
Zwangsmittelandrohung sind in Ansehung obiger Ausführungen erfüllt und in der
Ordnungsverfügung angesprochen. Insbesondere ist die Höhe des angedrohten
Zwangsgeldes unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (§ 58
VwVG NRW) nicht zu beanstanden.
9
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über den
Streitwert ergeht auf der Grundlage von §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 des
10
Gerichtskostengesetzes a.F., wobei das Gericht unter Berücksichtigung des vorläufigen
Charakters dieses Verfahrens die Hälfte des Auffangwertes (4.000,- EUR ¸ 2) sowie die
Hälfte des angedrohten Zwangsgeldbetrages (2.500,- EUR ¸ 2) zu Grunde gelegt hat.