Urteil des VG Minden vom 10.11.2009

VG Minden (empfang, kläger, bundesrepublik deutschland, internet, rundfunk, höhe, aufwand, satzung, norm, fernsehen)

Verwaltungsgericht Minden, 12 K 1475/09
Datum:
10.11.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Minden
Spruchkörper:
12. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 K 1475/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Rundfunkgebühren für die Nutzung
eines Computers mit Internetzugang (sog. internetfähiger PC).
2
Der Kläger betreibt unter seiner Privatadresse M.-------- im M1. einen
Hausmeisterservice. Anlässlich des Besuches eines Gebührenbeauftragten der
Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der
Bundesrepublik Deutschland - GEZ - am 6. Juni 2008 erklärte seine Ehefrau, dass der
Kläger in seinem Büro einen PC mit Internetzugang nutze. Der Beklagte bestätigte mit
Schreiben vom 12. Juni 2008 die Anmeldung eines sogenannten neuartigen
Rundfunkempfangsgerätes ab Januar 2008 und vergab für das Unternehmen des
Klägers die Teilnehmernummer .
3
Nach weiterem Schriftverkehr und dem Erlass von teils angefochtenen und teils
bestandskräftig gewordenen Gebührenbescheiden setzte der Beklagte mit hier
streitgegenständlichem Gebührenbescheid vom 1. Mai 2009 für die Monate Januar bis
März 2009 Rundfunkgebühren in Höhe von 17,28 EUR und zusätzlich einen
Säumniszuschlag von 5,00 EUR fest.
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Den Widerspruch des Klägers, mit dem er geltend machte, dass er über seinen Rechner
kein Radio hören könne, weil der weder über eine Soundkarte noch über Lautsprecher
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verfüge, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2009 zurück.
Am 15. Juni 2009 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass
seine Ehefrau von dem Bevollmächtigten gezwungen worden sei, die Anmeldung zu
unterschreiben. Es sei nur nach einem PC mit Internetanschluss gefragt worden. Seine
Frau habe aber immer deutlich gemacht, dass für das Unternehmen des Klägers kein
eigenes Büro existiere, sondern der Kläger den PC im Keller benutze, in einem Raum,
in dem auch ein Sohn schlafe. Der Rechner habe keine Lautsprecher und keine
Programme, mit denen man Videos anschauen könne. Im Übrigen würden alle PC im
Hause von allen Familienmitgliedern gleichermaßen genutzt.
6
Der Kläger beantragt,
7
den Gebührenbescheid vom 1. Maik 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 9. Juli 2009 aufzuheben.
8
Der Beklagte beantragt,
9
die Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und des dazu vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
12
I. Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Gebührenbescheid des
Beklagten vom 1. Mai 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni
2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO).
13
Rechtgrundlage des Bescheides sind die Regelungen des
Rundfunkgebührenstaatsvertrages vom 31. August 1991 (GV: NRW: S. 408) in der
Fassung des Elften Rundfunkfunkänderungsstaatsvertrages vom 28. Oktober 2008 (GV.
NRW. S. 694) - RGebStV -. Danach gilt: Jeder Rundfunkteilnehmer hat vorbehaltlich der
Regelungen der §§ 5 und 6 für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene
Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr und für das Bereithalten jedes
Fernsehgerätes jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten(§ 2 Abs. 2 Satz 1
RGebStV).
14
Rundfunkteilnehmer ist, wer ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält (§ 1
Abs. 2 Satz 2 RGebStV). Rundfunkempfangsgeräte im Sinne der Norm sind technische
Einrichtungen, die zur drahtlosen oder drahtgebundenen, nicht zeitversetzten Hör- oder
Sichtbarmachung oder Aufzeichnung von Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) geeignet
sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV). Dazu zählen auch sog. neuartige
Rundfunkempfangsgeräte, also solche, insbesondere Rechner, die
Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben
können(vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV). Ein Rundfunkempfangsgerät wird zum
Empfang bereitgehalten, wenn damit ohne besonderen zusätzlichen technischen
Aufwand Rundfunk, unabhängig von Art, Umfang und Anzahl der empfangbaren
Programme, unverschlüsselt oder verschlüsselt, empfangen werden können (§ 1 Abs. 2
Satz 2 RGebStV).
15
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV ist eine Rundfunkgebühr nicht zu leisten für
weitere Rundfunkempfangsgeräte (Zweitgeräte), die von einer natürlichen Person oder
ihrem Ehegatten in ihrer Wohnung oder ihrem Kraftfahrzeug zum Empfang
bereitgehalten werden, sofern es sich um ein Zweitgerät handelt, das ausschließlich zu
privaten Zwecken genutzt wird (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV). Für Zweitgeräte, die zu
anderen als privaten Zwecken genutzt werden, gilt die Gebührenfreiheit nach Satz 1
nicht, wobei es auf dem Umfang der Nutzung zu den nichtprivaten Zwecken nicht
ankommt (§ 5 Abs. 2 Satz 1 und 2 RGebStV).
16
Für die sog. neuartigen Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten
Bereich ist keine Rundfunkgebühr zu entrichten, wenn 1. die Geräte ein und demselben
Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen sind und 2. andere
Rundfunkempfangsgeräte dort zum Empfang bereitgehalten werden (§ 5 Abs. 3 Satz 1
RGebStV).
17
Nach diesen Vorschriften ist der Kläger für seinen PC mit Internetzugang
rundfunkgebührenpflichtig.
18
Der Anwendungsbereich des Gebührentatbestandes des § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV ist
eröffnet, weil es sich bei der Verbreitung von Hörfunk und Fernsehen über das Internet
um Rundfunk handelt (1.). Der internetfähige PC des Klägers ist ein
Rundfunkempfangsgerät i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV (2.). Mit diesem ist der Kläger
gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV Rundfunkteilnehmer, weil er ihn gemäß § 1 Abs. 2
Satz 2 RGebStV zum Empfang bereithält (3.). Diese Auslegung der Bestimmungen der
§ 2 Abs. 2 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 RGebStV ist von Verfassungs wegen
nicht zu beanstanden (4.). Der internetfähige Rechner des Klägers ist kein nach § 5
RGebStV von den Gebühren befreites Gerät (5.). Auch die Erhebung des
Säumniszuschlags ist rechtmäßig (6.).
19
1. Bei der Verbreitung von Hörfunk und Fernsehen über das Internet handelt es sich um
Rundfunk, so dass der Anwendungsbereich des Gebührentatbestandes des § 2 Abs. 2
Satz 1 RGebStV eröffnet ist.
20
Das Gericht folgt insoweit dem - nicht rechtskräftigen - Grundsatzurteil des OVG NRW,
21
Urteil vom 26. Mai 2009 - 8 A 2690/08 -, juris,
22
und verweist auf die dortigen Ausführungen unter Rdn. 30 ff.
23
2. Der Rechner des Klägers ist ein Rundfunkempfangsgerät im Sinne des § 1 Abs. 1
Satz 1 RGebStV.
24
Er ist dazu geeignet, Hörfunk und Fernsehen nicht zeitversetzt als "Livestream" hör-
bzw. sichtbar zu machen. Minimale, technisch bedingte Zeitverzögerungen bei der
Übertragung von Rundfunkdarbietungen über das Internet gelten nicht als Zeitversatz
i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV und sind mithin unbeachtlich.
25
Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. März 2009 - 7 A 10959/08 -, juris Rdn. 20; VG
Regensburg, Urteil vom 24. März 2009 - RO 3 K 08.01829 -, juris Rdn. 20; VG Würzburg,
Urteil vom 27. Januar 2009 - W 1 K 08.1886 -, juris Rdn. 15; VG Ansbach, Urteil vom 10.
26
Juli 2008 - AN 5 K 08.00348 -, juris Rdn. 21; Naujock, in: Beck'scher Kommentar zum
Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 1 RGebStV Rdn. 15; Kitz, NJW 2006, 406, 407;
Tschentscher, a.a.O., 95; alle zitiert nach OVG NRW, Urteil vom 26. Mai 2009 - 8 A
2690/08 -, juris, Rdn. 51.
Daher sind auch die in § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV genannten "neuartigen
Rundfunkempfangsgeräte" wie insbesondere Rechner, die Rundfunkprogramme
ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können,
Rundfunkempfangsgeräte nach § 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV.
27
So auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. März 2009, a.a.O., juris Rdn. 20; VG
Regensburg, Urteil vom 24. März 2009, a.a.O., juris Rdn. 20; VG Würzburg, Urteil vom
27. Januar 2009, a.a.O., juris Rdn. 14 f.; VG Berlin, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 27 A
245.08 -, juris Rdn. 16; VG Hamburg, Urteil vom 24. Juli 2008 - 10 K 1261/08 -, juris
Rdn. 21; VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2008, a.a.O., juris Rdn. 18; Naujock, a.a.O., § 1
RGebStV Ren. 12 und Ren. 17 a; Naujock/ Siekmann, in: Beck'scher Kommentar zum
Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 12 RGebStV Rn. 3; Libertus, a.a.O., § 13 RStV Rn. 31;
Tschentscher, a.a.O., 94; Nolden/Schramm, MMR 2009, 65, 66; alle zitiert nach OVG
NRW, Urteil vom 26. Mai 2009 - 8 A 2690/08 -, juris, Rdn. 53.
28
3. Der Kläger ist Rundfunkteilnehmer gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV , weil er seinen
internetfähigen Rechner im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV zum Empfang bereit
hält.
29
Ein Rundfunkempfangsgerät wird nach § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV zum Empfang
bereitgehalten, wenn damit ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand
Rundfunk, unabhängig von Art, Umfang und Anzahl der empfangbaren Programme,
unverschlüsselt oder verschlüsselt, empfangen werden können.
30
Mit dem Rechner des Klägers können über das Internet ohne besonderen zusätzlichen
technischen Aufwand Rundfunkdarbietungen empfangen werden. Dass der Kläger nach
seinen Angaben für einen Rundfunkempfang zunächst noch Lautsprecher anschaffen
müsste, bedeutet keinen besonderen zusätzlichen technischen Aufwand. Auf einen
subjektiven Nutzungswillen des Rundfunkgebührenpflichtigen kommt es ebenso wenig
an wie darauf, ob der Rundfunkteilnehmer tatsächlich Rundfunkleistungen in Anspruch
nimmt bzw. welche Programme er empfangen will oder tatsächlich nutzt. Schon die
Möglichkeit, am Rundfunk teilzunehmen, stellt einen rechtserheblichen Vorteil dar, der
die Gebührenerhebung rechtfertigt.
31
Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1998 - 6 C 13.97 -, juris Rdn. 21 f.; OVG NRW,
Beschluss vom 1. März 2006 - 19 A 3253/04 -, juris Rdn. 3; OVG Rheinland-Pfalz,
Beschluss vom 17. Oktober 2008 - 7 A 10551/08 -, juris Rdn. 5.
32
Die Anknüpfung der Gebührenpflicht an die durch die Bereithaltung eines
Empfangsgerätes verschaffte Nutzungsmöglichkeit ist gerechtfertigt durch die Erhaltung
der Funktionstüchtigkeit des Rundfunks und der Sicherstellung der Grundversorgung
der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen im dualen System.
33
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. März 2007 - 19 A 378/06 -, juris, Rdn. 24 ff. mit Verweis
auf BVerfG, Urteil vom 22. Februar 1994 - 1BvL 30/88 -, BVerfGE 90, 60 (90 f., 106), und
Beschluss vom 6. September 1999 - 1 BvR 1013/99 -, NJW 2000, 649.)
34
Allerdings ist nach dem Sinn und Zweck der rundfunkgebührenrechtlichen Vorschriften
das Abstellen auf die (bloße) Möglichkeit der Nutzung eines Rundfunkempfangsgerätes
zum Empfang in den Fällen nicht gerechtfertigt, in denen die § 2 Abs. 2 Satz 2 RGebStV
zugrunde liegende typisierende Annahme, ein vorhandenes Rundfunkempfangsgerät
werde auch tatsächlich zum Empfang genutzt, regelmäßig nicht zutrifft. Es widerspräche
dem Grundsatz der Gebührengerechtigkeit, auch dann ausschließlich auf die
Möglichkeit des Empfangs abzustellen, wenn der Eigentümer oder Besitzer
typischerweise bei ihm vorhandene Rundfunkempfangsgeräte nicht zum Empfang nutzt.
35
OVG NRW, Urteil vom 2. März 2007, a.a.O.
36
In Bezug auf herkömmliche Rundfunkgeräte hat die Rechtsprechung - soweit ersichtlich
- nur in zwei Fällen das Bereithalten zum Empfang verneint, weil die mangelnde
subjektive Nutzungsabsicht des jeweiligen Rundfunkteilnehmers anhand objektiver
Indizien nachweisbar gewesen ist. Dabei handelte es sich zum einen um
originalverpackten Geräte bei Lebensmittel-Discountern. Hier haben das OVG NRW
(Urteil vom 2. März 2007, a.a.O.) und das OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 4. November
2004 - 12 A 11402/04 -, juris) das Bereithalten zum Empfang verneint. Die zweite
Fallgruppe bildeten Funkpeilgeräte, die aufgrund eines fernmelderechtlichen Verbots
nicht für den Rundfunkempfang genutzt werden dürfen. Für diesen Fall entschied das
Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 26. Februar 1988 - 7 C 34.87 -, juris) dass die
Rundfunkteilnahme durch das fernmelderechtliche Verbot ausgeschlossen ist.
37
Beiden Fallgruppen ist gemein, dass hier ein objektives Indiz dafür spricht, dass die
empfangsfähigen Rundfunkgeräte tatsächlich nicht zum Rundfunkempfang
bereitgehalten werden. Davon unterscheiden sich aber internetfähige PC, auch wenn
sie nach dem Vortrag der Benutzer nur zu Arbeitszwecken eingesetzt werden. Dies ist
kein hinreichendes objektives Indiz dafür, dass sie nicht auch teilweise oder zumindest
gelegentlich zu Zwecken des Rundfunkempfangs genutzt werden. Die Nutzung
internetfähiger PC zum Rundfunkempfang ist damit nicht vollkommen atypisch. Sie stellt
sich als eine Nutzung innerhalb der Bandbreite dar, die modernen Computern eigen ist.
Es liegt gänzlich nicht fern, den internetfähigen PC auch zum Radioempfang und ggf.
zum Fernsehempfang zu nutzen.
38
Dasselbe gilt auch für beruflich genutzte Computer. Zum einen ist es nicht gänzlich
ungewöhnlich, dass an Arbeitsplätzen begleitend Radio gehört wird.
39
Vgl. dazu auch VG Regensburg, Urteil vom 24. März 2009 - RO 3 K 08.01829 -, juris.
40
Zum anderen spricht zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger,
wenn er Rundfunkdarbietungen hören oder sehen will, auf eines der herkömmlichen
Geräte in seinem Haus zurückgreift. Doch führt das noch nicht zu dem Schluss, dass die
Annahme, das empfangstaugliche Rundfunkempfangsgerät werde auch tatsächlich zum
Empfang genutzt, in diesen Fällen regelmäßig nicht zutrifft.
41
4. Die Auslegung der § 2 Abs. 2 Satz 1, § 1 Abs. 1 und Abs. 2 RGebStV, wonach
internetfähige PCs der Rundfunkgebührenpflicht unterfallen, ist von Verfassungs wegen
nicht zu beanstanden. Sie verstößt weder gegen das Bestimmtheitsgebot der Art. 20
Abs. 3, 28 Abs. 1 Satz 1 GG, gegen die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1
Halbsatz 2 GG oder die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG noch gegen
42
den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Auch insoweit nimmt das Gericht auf das Urteil des OVG NRW vom 26. Mai 2009, a.a.O.
(hier: juris, Rdn. 96 - 193) Bezug.
43
5. Der internetfähige Rechner des Klägers ist kein nach § 5 RGebStV von den
Gebühren befreites Gerät.
44
a) Eine Gebührenbefreiung nach Abs. 1 Satz 1 kommt schon deshalb nicht in Betracht,
weil der Rechner zu anderen als privaten Zwecken genutzt wird (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1
RGebStV ).
45
b) Der Rechner ist auch nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV von der Rundfunkgebühr
ausgenommen.
46
Danach ist für sog. neuartige Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten
Bereich keine Rundfunkgebühr zu entrichten, wenn 1. die Geräte ein und demselben
Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen sind und 2. andere
Rundfunkempfangsgeräte dort zum Empfang bereitgehalten werden.
47
Dieser Befreiungstatbestand ist aber hier nicht einschlägig. Unabhängig von ihrem -
möglicherweise missverständlichen - Wortlaut ist die Norm nur anwendbar, wenn
sowohl das bzw. die neuartige(n) Rundfunkempfangsgerät(e) als auch die unter Nr. 2
genannten "anderen (herkömmlichen) Rundfunkempfangsgeräte" im nicht
ausschließlich privaten - also geschäftlichen - Bereich zum Empfang bereitgehalten
werden. Dieses Verständnis der Norm ist durch die Gesetzessystematik geboten.
48
So auch VG Regensburg, Urteil vom 24. März 2009 - RO 3 K 08.01829 -, juris, VG Köln,
Urteil vom 23. Juli 2009 - 6 K 4454/08 - und VG Ansbach, Urteil vom 27. August 2009 -
AN 5 K 09.00957 -, juris; a.A. VG Arnsberg, Urteil vom 7. April 2009 - 11 K 1273/08 -,
nicht rechtskräftig.
49
Auszugehen ist vom Grundsatz des § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV, wonach jeder
Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der Regelungen der §§ 5 und 6 für jedes von ihm zum
Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät Rundfunkgebühren zu entrichten hat.
50
Eine entscheidende Ausnahme von diesem Grundsatz normiert § 5 Abs. 1 Satz 1
RGebStV, allerdings nur für Rundfunkempfangsgeräte, die ausschließlich privat genutzt
werden. Die Einschränkung, dass die Gebührenfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RGebStV
nur für den privaten Bereich gilt, ergibt sich aus § 5 Abs. 2 Satz 1 und 2 RGebStV. In
diesem ausschließlich privaten Bereich gilt, vereinfacht und verkürzt ausgedrückt, die
Regelung, dass in einem Haushalt für sämtliche Geräte einschließlich eines oder
mehrerer Autoradios nur einmal Rundfunkgebühren zu zahlen sind.
51
Im Gegenzug bedeutet dies, dass im nicht ausschließlich privaten (geschäftlichen)
Bereich für jedes Gerät gesondert Rundfunkgebühren entrichtet werden müssen.
52
Auch insoweit gelten aber Einschränkungen, zunächst nach § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV
für Rundfunkempfangsgeräte im Beherbergungsgewerbe und in vermieteten
Ferienwohnungen. Dort gelten ermäßigte Gebühren.
53
Eine weitere Ausnahme für den nicht privaten/gewerblichen Bereich ist durch die
Neufassung von § 5 durch den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 8. März
2005 (GV. NRW. S. 192) normiert worden. Mit der Einfügung des (neuen) Absatz 3 gilt
für die sogenannten neuartigen Rundfunkempfangsgeräte die Regelung, dass für diese
keine gesonderten Gebühren zu entrichten sind, wenn im - ebenfalls im nichtprivaten
Bereich - bereits andere (gemeint ist: herkömmliche) Rundfunkempfangsgeräte zum
Empfang bereit gehalten werden. Anders als für sog. herkömmliche
Rundfunkempfangsgeräte gilt also für die neuartigen Rundfunkempfangsgeräte im nicht
ausschließlich privaten Bereich eine Zweitgerätefreiheit.
54
Dass nur solche (herkömmlichen) Geräte die Gebührenbefreiung eines oder mehrerer
neuartiger Geräte(s) eröffnen, die ebenfalls im nichtprivaten Bereich vorgehalten
werden, ergibt sich nicht nur aus der Systematik sondern auch aus der
Entstehungsgeschichte der Norm. In der Gesetzesbegründung (vgl. LT-Drs. 13/6202, S.
40) zur Neufassung des § 5 RGebStV heißt es dazu:
55
"Mit Nummer 5 wird § 5 neu gefasst. ... Durch die Formulierung "zu anderen als privaten
Zwecken" in Absatz 2 Satz 1 wird klargestellt, dass es keine Gebührenfreiheit für jede
Art der Nutzung gibt, die nicht ausschließlich zu privaten Zwecken erfolgt.
...Grundsätzlich hat sich für die Gebührenpflicht der Rundfunkempfangsgeräte ... im nicht
privaten Bereich deshalb keine Änderung ergeben. Der neu eingefügte Absatz 3 regelt
aber als Ausnahme die Rundfunkgebührenpflicht für "neuartige"
Rundfunkempfangsgeräte für den nicht ausschließlich privaten Bereich.
(Unterstreichung durch das Gericht) Die Regelung verfolgt das Ziel einer umfassenden
Zweitgerätebefreiung für bestimmte neuartige Geräte. ... Die neuartigen
Rundfunkempfangsgeräte sind im nicht ausschließlich privaten Bereich von der
Rundfunkgebührenpflicht befreit, soweit sie ein und demselben Grundstück oder
zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen sind und für die dort bereit gehaltenen
anderen (herkömmlichen) Rundfunkempfangsgeräte bereits Rundfunkgebühren
entrichtet werden."
56
Der Kläger hält lediglich im privaten Bereich Rundfunkgeräte zum Empfang bereit. Im
nicht ausschließlich privaten Bereich gibt es bei ihm kein herkömmliches
Rundfunkempfangsgerät - auch kein Autoradio -, das zu einer Zweitgerätefreiheit für den
internetfähigen PC führen würde.
57
6. Die Erhebung eines Säumniszuschlags in Höhe von 5,00 EUR ist rechtmäßig und
verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 4 Abs.
7 RGebStV i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 der Satzung über das Verfahren zur Leistung der
Rundfunkgebühren des Westdeutschen Rundfunks Köln (WDR- Satzung) vom 18.
November 1993 (GV. NRW. 1994 S. 245), zuletzt geändert durch Satzung vom 3. Juni
2002 (GV. NRW. S. 239).
58
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 WDR-Satzung wird ein Säumniszuschlag in Höhe von 5,00
EUR fällig, wenn geschuldete Rundfunkgebühren - wie vorliegend - nicht innerhalb
einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit (vgl. § 4 Abs. 3 RGebStV) in voller Höhe
entrichtet werden. Der Säumniszuschlag entsteht automatisch mit Ablauf der Vier-
Wochen-Frist nach dem Fälligkeitstermin. Eine vorherige Zahlungsaufforderung oder -
erinnerung ist dafür nicht erforderlich.
59
Vgl. Gall, in: Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 4 RGebStV Rn.
60
53.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über deren
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
61
III. Die Berufung war nach § 124 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die
Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
62