Urteil des VG Köln vom 02.04.2009

VG Köln: kanal, abwasseranlage, dach, stadt, benutzungsgebühr, anfechtungsklage, mitwirkungspflicht, abgabe, rechtsgrundlage, berechnungsgrundlagen

Verwaltungsgericht Köln, 14 K 5212/07
Datum:
02.04.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 5212/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
T a t b e s t a n d
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Der Kläger ist Miteigentümer des bebauten Grundstücks H. 00 in 00000 X. . Das
Grundstück ist an den öffentlichen Kanal der Stadt X. angeschlossen.
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Im Jahre 2006 führte die Stadt X. die Erhebung einer von den Schmutzwassergebühren
getrennten Niederschlagswassergebühr ein.
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Mit Bescheid vom 13.01.2006 zog der Beklagte den Kläger und die andere
Grundstückseigentümerin für das Jahr 2006 u.a. zu Niederschlagswassergebühren in
Höhe von 268,80 EUR heran. Die Gebühren berechnete er auf der Grundlage des sog.
Flächenmaßstabes, d.h. auf der Grundlage der bebauten und/oder befestigten
Grundstücksfläche, von der aus Niederschlagswasser in die öffentliche
Abwasseranlage gelangen kann. Im Falle des Klägers legte er eine gebührenpflichtige
Fläche von 224 m² zugrunde. Der Gebührensatz pro m² bebauter/befestigter
Grundstücksfläche beträgt für 2006 1,20 EUR.
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Den nicht begründeten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 16.11.2007 zurück.
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Der Kläger hat am 04.12.2007 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass die den
Niederschlagswassergebühren zugrundeliegende Grundstücksfläche fehlerhaft
berechnet worden sei. In den öffentlichen Kanal entwässerten lediglich die Dachflächen
des Wohnhauses und einer Garage mit einer Gesamtfläche von 128,70 m². Ein
erheblicher Anteil des auf den Dachflächen anfallenden Regenwassers werde zudem in
einem Regenauffangbecken aufgefangen und zur Gartenbewässerung genutzt.
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Die Kläger beantragt sinngemäß,
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den Bescheid des Beklagten vom 13.01.2006 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 16.11.2007 aufzuheben, soweit dieser
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Niederschlagswassergebühren in Höhe von 268,80 EUR festsetzt.
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte trägt vor, dass die Umstellung der einheitlichen Abwassergebühr auf die
getrennte Niederschlags- und Schmutzwassergebühr rechtlich geboten gewesen sei. Im
Falle des Klägers sei der Gebührenberechnung zu Recht eine gebührenpflichtige
Fläche von 224 m² zugrundegelegt worden. Im Juni 2005 sei allen
Grundstückseigentümern ein Erfassungsbogen übersandt worden, auf dem die
versiegelte Fläche ihres Grundstücks angegeben worden sei. Die
Grundstückseigentümer seien in dem Erfassungsbogen um Mitteilung gebeten worden,
welche versiegelten Flächen ihres Grundstücks in den öffentlichen Kanal entwässerten.
Da der Kläger den Erfassungsbogen nicht mit entsprechenden Angaben an den
Beklagten zurückgereicht habe, sei die gesamte mit Luftbildaufnahmen ermittelte
versiegelte Fläche seines Grundstücks im Wege der Schätzung bei der
Gebührenberechnung berücksichtigt worden. Der Kläger habe den ihm erneut
übersandten Erfassungsbogen erst am 23.02.2009 zurückgereicht. Aufgrund der
Angaben im Erfassungsbogen habe er - der Beklagte - die
Niederschlagswassergebühren rückwirkend zum 01.01.2006 auf der Grundlage einer
befestigten Grundstücksfläche von 128,00 m² auf 153,60 EUR reduziert. Die befestigten
Dachflächen seien trotz der Nutzung des aufgefangenen Regenwassers zur
Gartenbewässerung in vollem Umfang zu berücksichtigen. Die Dimensionierung des
Regenwasserkanals müsse sich an Starkregenereignissen orientieren. Bei
Starkregenereignissen werde auch das auf den Dachflächen anfallende
Niederschlagswasser in den öffentlichen Kanal eingeleitet.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung
entscheiden, weil die Beteiligten ordnungsgemäß unter Hinweis auf die Möglichkeit zur
Verhandlung und Entscheidung gem. § 102 Abs. 2 VwGO zur mündlichen Verhandlung
geladen worden waren.
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Das Klagebegehren war gem. § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass der Kläger
die mit Bescheid vom 13.01.2006 festgesetzten Niederschlagswassergebühren in voller
Höhe angreift. Die Klage war nicht nur darauf gerichtet, die Gebührenerhebung
anzufechten, soweit sie die Veranlagung für die Dach- und Garagenflächen übersteigt.
Mit dem Einwand, dass ein Teil des auf den genannten Flächen anfallenden
Regenwassers zur Gartenentwässerung genutzt wird, greift der Kläger die
Niederschlagswassergebühren darüber hinausgehend an.
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Die Anfechtungsklage ist unzulässig, soweit die streitigen
Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2006 durch den Änderungsbescheid vom
06.03.2009 um 115,20 EUR reduziert wurden. Insoweit fehlt es an der nach § 42 Abs. 2
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VwGO erforderlichen Klagebefugnis, weil der Kläger aufgrund der
Gebührenreduzierung nicht mehr durch den Bescheid vom 13.01.2006 beschwert ist.
Von der Möglichkeit, das gerichtliche Verfahren durch Abgabe einer
verfahrensbeendigenden Erklärung zu beenden, hat der Kläger trotz des gerichtlichen
Hinweises vom 17.03.2009 keinen Gebrauch gemacht.
Die Anfechtungsklage - soweit sie gegen die nicht aufgehobene Gebührenforderung in
Höhe von 153,60 EUR gerichtet ist - ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid
des Beklagten vom 13.01.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
16.11.2007 und des Änderungsbescheides vom 06.03.2009 ist rechtmäßig und verletzt
den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage für die mit Bescheid vom 13.01.2006 erfolgte Heranziehung des
Klägers zu den streitigen Niederschlagswassergebühren sind §§ 33, 36, 37, 39 und 16
der Abwasserbeseitigungssatzung der Stadt X. vom 12.12.2005 (AbwS). Nach diesen
Bestimmungen erhebt der Beklagte für die Inanspruchnahme der öffentlichen
Abwasseranlage zur Deckung der Kosten im Sinne des § 6 Abs. 2
Kommunalabgabengesetzes (KAG NRW) und der Verbandslasten nach § 7 KAG NRW
Benutzungsgebühren (§ 33 AbwS). Die Benutzungsgebühr für die
Niederschlagswasserbeseitigung wird - getrennt von der Schmutzwassergebühr - nach
der bebauten und/oder befestigten Grundstücksfläche bemessen, von der aus
Niederschlagswasser leitungsgebunden oder nicht leitungsgebunden in die öffentliche
Abwasseranlage gelangen kann (§ 36 AbwS). Gebührenpflichtig ist der Eigentümer des
Grundstücks, von dem die Benutzung der Entwässerungsanlage ausgeht. Mehrere
Gebührenpflichtige sind Gesamtschuldner (§ 39 AbwS). Die Gebührenpflichtigen sind
verpflichtet, die Größe der befestigten Flächen sowie der Grundstücksfläche zum Zweck
der Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für eine getrennte Schmutz- und
Niederschlagswassergebühr anzugeben (§ 16 Abs. 6 AbwS). Kommt der
Gebührenpflichtige seiner Mitwirkungspflicht nicht oder nur unvollständig nach, wird die
bebaute und/oder befestigte Grundstücksfläche vom Beklagten geschätzt (§ 36 Abs. 2
AbwS). Die Benutzungsgebühr für die Niederschlagswassereinleitung beträgt je
vollendetem m² bebaute und/oder befestigte Grundstücksfläche 1,20 EUR (§ 37 AbwS).
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Der Beklagte hat die Niederschlagswassergebühren in dem angefochtenen Bescheid
auf der Grundlage der o.g. Bestimmungen zutreffend berechnet. Er hat insbesondere die
gebührenpflichtige Fläche im Falle des Klägers zu Recht gem. §§ 16 Abs. 6 und 36 Abs.
2 AbwS auf der Grundlage der Luftbildermittlungen auf 224 m² geschätzt. Der Kläger ist
seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Er hat den im Juni 2005 versandten
Erhebungsbogen nicht zeitnah mit entsprechenden Angaben zur Größe der an den
Kanal angeschlossenen Fläche an den Beklagten zurückgesandt. Der Beklagte war
gem. § 16 Abs. 6 AbwS berechtigt, die in seinem Auftrag gefertigten Luftbilder im
Rahmen der Schätzung zu verwerten und die gesamte bebaute und befestigte Fläche
bei der Gebührenberechnung zu berücksichtigen. Dass der Beklagte die verspäteten
Angaben des Klägers im am 23.02.2009 zurückgereichten Erfassungsbogen zum
Anlass für eine rückwirkende Gebührenreduzierung genommen hat, ist ein
Entgegenkommen des Beklagten, zu dem er rechtlich nicht verpflichtet war. Maßgeblich
war, dass im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides die Voraussetzungen
für die Schätzung vorlagen.
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Der Einwand des Klägers, dass die Dach- und Garagenflächen deshalb nicht in vollem
Umfang als gebührenpflichtige Flächen angesetzt dürften, weil ein Teil des auf diesen
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Flächen anfallenden Regenwassers nicht in den öffentlichen Kanal gelange, sondern
zur Gartenbewässerung eingesetzt werde, greift nicht durch. Die Gebührenpflicht
besteht nach § 36 Abs. 1 AbwS für bebaute und/oder befestigte Grundstücksflächen,
von denen Niederschlagswasser leitungsgebunden oder nicht leitungsgebunden in die
öffentliche Abwasseranlage gelangen kann. Die genannten Dach- und Garagenflächen
sind an den Kanal angeschlossen. Über den Anschluss der Dach- und Garagenflächen
kann jedenfalls in regenreichen Jahreszeiten oder auch bei Starkregenereignissen
Niederschlagswasser in den öffentlichen Kanal gelangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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