Urteil des VG Köln vom 27.01.2005

VG Köln: landrat, beförderung, anschluss, gewinnung, form, wahrscheinlichkeit, substantiierungspflicht, bewährung, rückgriff, lebenserfahrung

Verwaltungsgericht Köln, 19 L 2728/04
Datum:
27.01.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Köln
Spruchkörper:
19. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
19 L 2728/04
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des
Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten
des Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe Der Antrag,
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dem Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu untersagen, die dem Landrat
des Rhein-Sieg-Kreises als Kreispolizeibehörde T. zum 01. September 2004
zugewiesene Beförderungsplanstelle der Besoldungsgruppe A 10 BBesO dem
Beigeladenen zu übertragen, bis über den Widerspruch des Antragstellers gegen die zu
seinen Lasten ergangene Auswahlentscheidung er- neut unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts entschieden worden ist,
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hat keinen Erfolg.
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Eine einstweilige Anordnung des vorliegend begehrten Inhalts kann gemäß § 123 Abs.
1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO nur ergehen, wenn der betreffen- de
Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Anspruch auf eine bestimmte Leis- tung
zusteht (Anordnungsanspruch), dieser Anspruch gefährdet ist und durch vorläu- fige
Maßnahmen gesichert werden muss (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzun- gen
liegen hier nicht vor.
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Für das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist zwar insoweit ein Anord-
nungsgrund gegeben, als der Anordnungsantrag auf die einstweilige Unterlassung der
Beförderung des Beigeladenen in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 BBesO bei dem
Landrat des Rhein-Sieg-Kreises als Kreispolizeibehörde T. (im Folgen- den: Landrat)
gerichtet ist. Der Landrat beabsichtigt ausweislich des Besetzungsver- merks vom 22.
September 2004 sowie der (hausinternen) Mitteilung an die Polizei- beamtinnen und
Polizeibeamten der Besoldungsgruppe A 9 BBesO (Erste Säule) vom 23. September
2004, die ihm zum 01. September 2004 zugewiesene Beförde- rungsplanstelle nach
Besoldungsgruppe A 10 BBesO (Erste Säule) dem Beigelade- nen zu übertragen. Der
Vollzug dieses Vorhabens würde die von dem Antragsteller mit seinem Widerspruch
vom 27. September 2004 im Beförderungsauswahlverfahren geltend gemachten Rechte
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vereiteln, weil er in einem Hauptsacheverfahren nach der endgültigen, nicht mehr
rückabzuwickelnden Übertragung der Beförderungsstelle an den Beigeladenen keinen
effektiven Rechtsschutz mehr erlangen könnte;
vgl. BVerwG, Urteil vom 25.08.1988 - 2 C 62.85 -, BVerwGE 80, 127 (129 f.).
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Für die beantragte einstweilige Unterlassungsanordnung gegen die vorgesehene
Beförderung des Beigeladenen hat der Antragsteller allerdings den erforderlichen
Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3
VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
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Nach geltendem Dienstrecht hat ein Beamter auch bei Erfüllung aller laufbahn-
rechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf Übertragung
eines Beförderungsamtes. Er kann vielmehr nur verlangen, in seinem beruflichen
Fortkommen nicht aus gesetz- oder sachwidrigen Erwägungen des Dienstherrn be-
einträchtigt zu werden. Die Entscheidung über eine Beförderung obliegt nach Maß-
gabe der Personalbedarfs und des Vorhandenseins freier besetzbarer Planstellen dem
pflichtgemäßen Ermessen des für den Dienstherrn handelnden Dienstvorgesetzten.
Dieser hat sich bei seiner Ermessensausübung gemäß Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. §§ 25
Abs. 6 Satz 1, 7 Abs. 1 LBG am Leistungsgrundsatz zu orientieren. Er ist danach
gehalten, ein Beförderungsamt demjenigen von mehreren Beförderungsbewerbern zu
übertragen, der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung für die
Wahrnehmung der betreffenden Dienstaufgaben am besten qualifiziert erscheint. Im
Übrigen ist die Auswahlentscheidung bei im Wesentlichen gleicher Qualifikation nach
pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Dem einzelnen Beförderungsbewerber steht
insoweit nur ein Anspruch auf eine rechts- und ermessensfehlerfreie
Auswahlentscheidung zu. Dieser sog. Bewerbungs- verfahrensanspruch ist gemäß §
123 Abs. 1 VwGO durch eine einstweilige Anordnung in der Weise sicherungsfähig,
dass dem Dienstherrn untersagt werden kann, vorläufig die streitbefangene
Beförderungsstelle (endgültig) zu besetzen.
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Der Antragsteller hat eine Verletzung dieses Rechts durch die Auswahlentschei- dung
des Landrats zugunsten des Beigeladenen aber nicht glaubhaft gemacht. Auf- grund der
vorliegend gebotenen Prüfung der maßgebenden Sach- und Rechtslage -
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vgl. zum Prüfungsmaßstab: BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom
24.09.2002 - 2 BvR 857/02 -, DVBl. 2002, 1633 (1634) -
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kann nicht festgestellt werden, dass die Aussichten des Antragstellers in einer neuen -
von ihm begehrten - Auswahlentscheidung offen sind, d.h. dass seine Aus- wahl
möglich ist. Die angegriffene Auswahlentscheidung verstößt im Rahmen des hier allein
relevanten Konkurrenzverhältnisses zwischen dem Antragsteller und dem
Beigeladenen nicht gegen den Leistungsgrundsatz und ist auch nicht aus sonstigen
Gründen ermessensfehlerhaft.
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Für den vom Leistungsgrundsatz geforderten Qualifikationsvergleich ist in erster Linie
auf die Ergebnisse der jeweils letzten, hinreichend zeitnahen dienstlichen Beur-
teilungen abzustellen, die den aktuellen Leistungsstand der Bewerber wiedergeben.
Denn dienstliche Beurteilungen dienen vornehmlich dem Zweck, einen am Leis-
tungsgrundsatz orientierten Vergleich der Beurteilten bei Entscheidungen über ihre
Verwendung und ihre Beförderung zu ermöglichen (vgl. § 104 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 LBG
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NRW). Bei der Auswahl unter mehreren nach Maßgabe der aktuellen dienstlichen
Beurteilung im Wesentlichen gleich qualifizierten Beförderungsbewer- bern ist es nach
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gemäß Art. 33 Abs. 2 GG
grundsätzlich geboten, vorrangig frühere, hinreichend vergleichbare dienstliche
Beurteilungen als zusätzliche Erkenntnismittel zu berücksichtigen, bevor auf
Hilfskriterien zurückgegriffen wird.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 19.12. 2002 - 2 C 31.01 -, Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr.
1, vom 27.02.2003 - 2 C 16.02 -, DÖD 2003, 2002 und vom 21.08. 2003 - 2 C 14.02 -,
IÖD 2004, 38.
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Nach der diese höchstrichterliche Rechtsprechung fortentwickelnden neueren
Rechtsprechung des 6. Senats des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen, der
die Kammer folgt, darf sich der für die Beförderung zuständige Dienstvorgesetzte im
Rahmen des Vergleichs des aktuellen Leistungsstandes der Bewerber nicht ohne
weiteres auf die Gesamturteile ihrer letzten Beurteilungen beschränken. Bei zuletzt
gleichlautend Gesamtbeurteilten muss er vielmehr der Frage nachgehen, ob Einzel-
feststellungen in den aktuellen Beurteilungen eine Prognose über die zukünftige Be-
währung im Beförderungsamt ermöglichen. Bei wesentlichen Unterschieden in den
Einzelbewertungen der den Bewerbern erteilten letzten Beurteilungen ist der Dienst-
vorgesetzte verpflichtet, eine solche "inhaltliche Ausschöpfung" zumindest ernsthaft in
den Blick zu nehmen, bevor die Ergebnisse älterer Beurteilungen für einen erwei- terten
Qualifikationsvergleich herangezogen werden. Bei der Würdigung von
Einzelbewertungen dienstlicher Beurteilungen kommt dem Dienstvorgesetzten ein
Beurteilungsspielraum zu, der nur eingeschränkt darauf verwaltungsgerichtlich
überprüfbar ist, ob der in diesem Zusammenhang anzuwendende Begriff oder der
gesetzliche Rahmen, in dem sich der Dienstherr frei bewegen kann, verkannt worden ist
oder ob von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, allgemeingültige
Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind.
Insoweit trifft den Dienstvorgesetzten eine erhöhte Begründungs- und
Substantiierungspflicht, wenn er sich aufdrängenden oder zumindest naheliegenden
Unterschieden in den Einzelfeststellungen der aktuellen Beurteilungen der
Konkurrenten keine Bedeutung beimessen will.
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Vgl. st. Rspr. des 6. Senats des OVG NRW: z.B. Beschlüsse vom 27.02.2004 - 6 B
2451/03 -, IÖD 2004, 147 = RiA 2004, 248, vom 25.08.2004 - 6 B 1649/04 -, vom
10.09.2004 - 6 B 1584/04 - (juris), vom 05.11.2004 - 6 B 2182/04 - (juris), vom
29.12.2004 - 6 B 1509/04 - (n.v.).
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Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Auswahlentscheidung des Landrats
vom 22. September 2004 zu Gunsten des Beigeladenen nach summarischer Prüfung
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtlich bedenkenfrei. Der Landrat ist bei
seiner Beförderungsentscheidung zu Recht zunächst davon ausgegangen, dass der
Antragsteller und der Beigeladene nach Maßgabe des ihnen in den letzten
Regelbeurteilungen vom 10. April 2003 [jeweils für den Zeitraum vom 01. Januar 2000
bis 31. Dezember 2002] übereinstimmend zuerkannten Gesamturteils "Leistung und
Befähigung übertreffen die Anforderungen" (4 Punkte) aktuell im Wesentlichen gleich
qualifiziert sind. In einem im Ergebnis nicht zu beanstandenden weiteren
Qualifikationsvergleich des Antragstellers mit dem Beigeladenen - sowie weiteren
Konkurrenten - hat der Landrat sodann den weiteren Inhalt dieser aktuellen
Beurteilungen in den Blick genommen und ausweislich seiner im Besetzungsvermerk
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vom 22. September 2004 niedergelegten Auswahlentscheidung zunächst maßgebend
darauf abgestellt, ob einer der in die Auswahlentscheidung einzubeziehenden Beamten
in einem Hauptmerkmal mit 5 Punkten ("übertrifft die Anforderungen im besonderen
Maße") beurteilt wurde. Vor dem Hintergrund der im Besetzungsvermerk enthaltenen
Überlegung eines Eignungsvorsprungs dieser Beamten vor solchen, die in einem
Hauptmerkmal (nur) mit 3 Punkten ("entspricht voll den Anforderungen") bzw. in allen
Hauptmerkmalen mit 4 Punkten ("übertrifft die Anforderungen") und dem Hinweis auf nur
allgemeine Anforderungen an die Beförderungsstellen sind dies sachgerechte
Abwägungskriterien, um eine Prognose über die zukünftige Bewährung im Beförde-
rungsamt zu ermöglichen.
Von dieser inhaltlichen Ausschöpfung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen
ausgehend hat der Landrat zu Recht einen Leistungsvorsprung des Beigeladenen
gegenüber dem Antragsteller angenommen: Der Beigeladene hat in der dienstlichen
Beurteilung vom 10. April 2003 im Hauptmerkmal "Sozialverhalten" 5 Punkte erzielt und
war in den weiteren Hauptmerkmalen "Leistungsverhalten" und "Leistungser- gebnis"
mit jeweils 4 Punkten bewertet worden; der Antragsteller hat hingegen in der
dienstlichen Beurteilung vom 10. April 2003 im Hauptmerkmal "Leistungsergebnis" 3
Punkte und in den anderen Hauptmerkmalen "Leistungsverhalten" und "Sozialver-
halten" 4 Punkte erreicht. Auf dieser Grundlage hat der Landrat sodann, ohne dass dies
rechtlich zu beanstanden wäre, in dem weiteren Auswahlverfahren den An- tragsteller
nicht mehr berücksichtigt.
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Soweit der Antragsteller dieser zutreffend und in Übereinstimmung mit der Recht-
sprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen und der
Kammer vorgenommenen inhaltlichen Ausschöpfung der letzten dienstlichen Beurtei-
lungen durch den Landrat entgegen hält, dass einer nachträglichen Gewichtung der
Hauptmerkmale im Rahmen einer Beförderungsauswahl entgegen stehe, dass die den
Hauptmerkmalen nunmehr beigemessene Tragweite bei der Abfassung der Re-
gelbeurteilung in dieser Form nicht berücksichtigt worden sei und auch nicht habe
berücksichtigt werden können, vermag die Kammer dem - im Anschluss an den Be-
schluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10.
September 2004 - 6 B 1584/04 - a.a.O. nicht zu folgen. Dieser Einwand verkennt die
Bedeutung der Hauptmerkmale im Verhältnis zum Gesamturteil
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vgl. Nr. 9.1 BRL Pol (Das Gesamturteil basiert auf der Bewertung der Leistungs- und
Befähigungsmerkmale unter Würdigung ihrer Gewich- tung); Nr. 8.2.2 BRL Pol
(Richtsätze sind nicht nur beim Gesamturteil, sondern auch bei der Beurteilung der
Hauptmerkmale zu berücksichti- gen)
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und übersieht, dass es darum geht, die Bewertung der Hauptmerkmale zur Gewinnung
zusätzlicher Erkenntnisse für den Qualifikationsvergleich heranzuziehen. Die
Durchführung eines solchen umfassenden Qualifikationsvergleichs ist zudem nicht vom
Inhalt der jeweiligen Beurteilungsrichtlinien abhängig, sondern das Ergebnis
höherrangigen Rechts, das nicht zur Disposition des Dienstherrn steht;
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vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27.02.2004 und 29.12.2004, jeweils a.a.O..
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Insoweit kommt es für die vorliegende Auswahlentscheidung nicht entscheidend darauf
an, dass der Landrat seine Beförderungspraxis - ausgehend von der zitierten
Rechtsprechung - zum September 2004 geändert hat.
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Entgegen der Ansicht des Antragstellers hat der Landrat bei der zu Lasten des
Antragstellers getroffenen Auswahlentscheidung zu Recht dessen Schwerbehinderung
nicht berücksichtigt.
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Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-
Westfalen, der die Kammer folgt, kommt dem Umstand der Schwerbehinderung im
Rahmen einer Beförderungsentscheidung lediglich der Charakter eines sog. Hilfskri-
teriums zu, d.h. der Dienstherr braucht auf dieses Kriterium nur dann zurück zu grei- fen,
wenn im Übrigen ein Qualifikationsgleichstand zwischen den Beförderungsbe- werbern
festzustellen ist und damit auf der Ebene der Leistungsbewertung Unter- schiede von
erheblichem Gewicht nicht bestehen. Im Rahmen des ihm eröffneten Ermessens ist es
dem Dienstherrn dann überlassen, welchem weiteren sachlichen Gesichtspunkt, z.B.
der Schwerbehinderung oder sonstigen Umständen, er bei seiner Auswahlentscheidung
das größere bzw. ausschlaggebende Gewicht beimisst, wenn durch das gewählte
Auswahlkriterium das Leistungsprinzip selbst nicht in Frage ge- stellt wird;
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OVG NRW, Beschlüsse vom 04.01.1999 - 6 B 2096/98 -, ZBR 1999, 271, vom
23.12.1999 - 12 B 1857/99 -, DÖD 2000, 137, vom 28.12.1999 - 6 B 2002/99 -, ZBR
2001, 222, vom 08.11.2000 - 6 B 865/00 -, DÖD 2001, 261 (ständige Rechtsprechung);
vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26.06.1986 - 2 C 4.84 -, DVBl. 1986, 1156 (1157).
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Da der Landrat vorliegend mit zutreffenden Erwägungen im Rahmen der ihm
obliegenden inhaltlichen Ausschöpfung der letzten Beurteilungen einen qualitativen
Gleichstand zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen aber nicht feststellen
konnte, war ein Rückgriff auf das Hilfskriterium der Schwebehinderung für ihn nicht
veranlasst.
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Der Antragsteller kann die von ihm angenommene Fehlerhaftigkeit der
Auswahlentscheidung auch nicht damit begründen, dass er vermeintliche Defizite der
ihm für den Zeitraum 01. Januar 2000 bis 31. Dezember 2002 erteilten Regelbeurtei-
lung vom 10. April 2003 aufzeigt.
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Es kann offen bleiben, ob die vom Antragsteller gerügten Mängel der möglicherweise
fehlenden Beurteilungsbeiträge - die der Antragsteller allerdings nicht vorlegt - bzw. der
unterbliebenen Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung tatsächlich vorliegen
oder ob nicht - entsprechend dem Vorbringen des Antragsgegners - von einer
Verwirkung des Rügerechts des Antragstellers auszugehen ist. Nach der
Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein Westfalen, der
die Kammer folgt, verletzt eine Auswahlentscheidung den
Bewerbungsverfahrensanspruch des an dem Auswahlverfahren beteiligten Bewerbers
nur dann, wenn dessen zugrunde gelegte dienstliche Beurteilung formelle oder
materielle Fehler aufweist und diese Fehler potentiell für das Auswahlergebnis
ursächlich sind;
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vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17.09.2003 - 1 B 1253/03 u.a. - und Beschluss vom
13.09.2001 - 6 B 1776/00 -, DÖD 2001, 316, jeweils mit weiteren Nachweisen.
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Eine solche Ursächlichkeit kann aufgrund der von dem Antragsteller behaupteten
Mängel nicht festgestellt werden. Es ist nämlich nicht überwiegend wahrscheinlich, dass
der Antragsteller abweichend von der Bewertung der Hauptmerkmale in der dienstlichen
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Beurteilung vom 10. April 2003 (Leistungsverhalten: 4 Punkte; Leis- tungsergebnis: 3
Punkte; Sozialverhalten: 4 Punkte) in einer neu zu erstellenden dienstlichen Beurteilung
in einem dieser Hauptmerkmale mit "5 Punkten" und im Üb- rigen mit ausschließlich "4
Punkten" zu beurteilen wäre, so dass insoweit ein qualita- tiver Gleichstand mit dem
Beigeladenen bestünde. Gegen eine solche Annahme spricht bereits der Umstand,
dass der für den Zeitraum 01. Januar bis 03. Dezember 2000 erstellte und damit nahezu
ein Drittel des Beurteilungszeitraums umfassende Beurteilungsbeitrag in sämtlichen
Hauptmerkmalen auf "3 Punkte" lautet. Zudem be- stehen für eine (erforderliche)
Steigerung gegenüber der dienstlichen Beurteilung vom 14. März 2000 in einem der
Hauptmerkmale von den dort durchgängig vergebe- nen "3 Punkten" auf "5 Punkte" in
einem Hauptmerkmal keine nachvollziehbaren An- haltspunkte; die Lebenserfahrung
steht vielmehr der Annahme einer solchen Steige- rung entgegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO; es entspricht der
Billigkeit, die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen dem
Antragsteller aufzuerlegen, weil der Beigeladene einen Sachantrag gestellt und sich
daher einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die
Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
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