Urteil des VG Koblenz vom 08.02.2010

VG Koblenz: achtung des privatlebens, privates interesse, emrk, integration, kosovo, eltern, familie, aufenthaltserlaubnis, ausreise, wider besseres wissen

VG
Koblenz
08.02.2010
3 K 206/09.KO
Ausländerrecht, Aufenthaltsgesetz
Verwaltungsgericht
Koblenz
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Verwaltungsrechtsstreit
1. des Herrn ...,
2. der Frau ...,
3. des Kindes A.,
4. des Kindes B.,
5. des Kindes C.,
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte zu 1-5: Rechtsanwälte Renner & Stumpf, Unter den
Weiden 4, 55413 Weiler,
gegen
den Rhein-Hunsrück-Kreis, vertreten durch den Landrat, Ludwigstraße 3 - 5, 55469 Simmern,
- Beklagter -
wegen Aufenthaltserlaubnis
hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
8. Februar 2010, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Lutz
Richter am Verwaltungsgericht Pluhm
Richter am Verwaltungsgericht Holly
ehrenamtlicher Richter Rentner Luckner
ehrenamtlicher Richter Pensionär Kuhn
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
Die Kläger begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen.
Sie stammen aus dem Kosovo und gehören nach eigenen Angaben der Volksgruppe der Roma an. Die
Kläger zu 1) und 2) sind im Januar 1992 als Asylbewerber nach Deutschland eingereist. Die Klägerinnen
zu 3) bis 5) wurden in Deutschland geboren (A. 1992; B. 1996; C. 1997). Die Klägerin zu 3) wurde in das
Asylverfahren der Eltern einbezogen. Für die Klägerinnen zu 4) und 5) wurde im Jahre 2006 von Amts
wegen ein Asylverfahren durchgeführt. Sämtliche Asylverfahren blieben erfolglos. Die Kläger zu 1) bis 3)
wurden nach dem Abschluss des Asylverfahrens geduldet; die Klägerinnen zu 4) und 5) sind ebenfalls im
Besitz von Duldungen.
Der Kläger zu 1) ist während seines Aufenthaltes in Deutschland mehrfach wie folgt strafrechtlich verurteilt
worden:
23. Juli 1996 135 Tagessätze zu je 20,-- DM Geldstrafe, rechtskräftig seit 3. August 1996,
Gesamtstrafe wegen verschiedener Verstöße gegen das Asylverfahrensgesetz
18. Januar 2000 150 Tagessätze zu je 30,-- DM Geldstrafe, rechtskräftig seit 4. Februar 2000,
unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen
13. Dezember 2002 120 Tagessätze zu je 15,-- € Geldstrafe, rechtskräftig seit 7. Januar 2003,
Körperverletzung und versuchte Nötigung
27. November 2003 150 Tagessätze zu je 5,-- € Geldstrafe, rechtskräftig seit 24. Dezember 2003,
gemeinschaftlicher Diebstahl
2. April 2004 180 Tagessätze zu je 8,-- € Geldstrafe, rechtskräftig seit 21. April 2004, Gesamtstrafe
wegen Gebrauch eines nicht haftpflichtversicherten Kraftfahrzeugs und gemeinschaftlichen Diebstahls
4. August 2005 60 Tagessätze zu je 10,-- € Geldstrafe, rechtskräftig seit 26. August 2005,
vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis
28. Juni 2006 Drei Monate Freiheitsstrafe, drei Jahre Bewährung, rechtskräftig seit 28. Juni 2006,
vorsätzliche Körperverletzung.
Am 8. August 2008 beantragten die Kläger die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen. Dieser Antrag
wurde mit zwei Bescheiden des Beklagten vom 24. November 2008 abgelehnt. Der dagegen eingelegte
Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung
hieß es im Wesentlichen, den Klägern stehe kein Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zu.
Ein solcher folge zunächst nicht aus § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz. Insbesondere sei den Klägern die
Ausreise nicht mit Rücksicht auf ihr Recht auf Achtung des Privatlebens im Sinne des Art. 8 EMRK
rechtlich unmöglich. Eine insoweit zu fordernde Integration der Kläger in die hiesigen Lebensverhältnisse
sei nicht feststellbar. Sie seien zu keinem Zeitpunkt im Besitz von Aufenthaltserlaubnissen gewesen. Eine
wirtschaftliche Integration sei nicht gelungen, weil der Lebensunterhalt während des fast 20-jährigen
Aufenthaltes weit überwiegend durch die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichergestellt worden sei.
So habe der Kläger zu 1) erst seit ca. neun Monaten einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz. Mit
Blick auf ihren langjährigen Aufenthalt seien die Kläger zwar grundsätzlich der deutschen Sprache
mächtig, sprächen aber auch die albanische Sprache und seien in kultureller Hinsicht in der Lage, sich im
Kosovo zurecht zu finden.
Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 Aufenthaltsgesetz stehe der unregelmäßige
Schulbesuch der Klägerinnen zu 3) bis 5) entgegen. So sei es bereits in der Grundschule zu
Schulabbrüchen und Schulausschlüssen gekommen. Insbesondere im Jahr 2001 sei es zu wiederholten
Versuchen verschiedener Stellen gekommen, auf einen ordnungsgemäßen Schulbesuch der Kinder
hinzuwirken. Dabei sei den Klägern zu 1) und 2) die Notwendigkeit der Schulbesuche verdeutlicht
worden. Ebenso habe man die Kläger darauf hingewiesen, dass sich ihr diesbezügliches Verhalten auch
aufenthaltsrechtlich auswirken könne. Diese Bemühungen seien jedoch ohne Erfolg geblieben.
Ungeachtet dessen stehe der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis auch die Straffälligkeit des Klägers zu 1)
entgegen. Der Umstand, dass die Straftaten zum Teil bereits längere Zeit zurückliegen, führe zu keiner
anderen Betrachtungsweise, weil sie nach den einschlägigen Tilgungsbestimmungen des
Bundeszentralregistergesetzes nach wie vor verwertbar seien.
Schließlich scheide auch die Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse unter Härtegesichtspunkten nach §
104a Abs. 3 Aufenthaltsgesetz aus.
Dagegen haben die Kläger am 2. März 2009 Klage erhoben.
Zu deren Begründung tragen sie vor, ihnen stehe der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung von
Aufenthaltserlaubnissen zu. Sie lebten seit fast zwanzig Jahren in Deutschland und hätten sich gut
integriert. Die Kläger zu 3) bis 5) besuchten regelmäßig die Schule und der Kläger zu 1) habe
zwischenzeitlich eine Arbeitsstelle gefunden. Damit erfüllten sie die Voraussetzungen des § 104a
Aufenthaltsgesetz. Überdies habe der Beklagte selbst ausgeführt, dass die Kläger über ausreichende
mündliche Deutschkenntnisse verfügen. Der regelmäßige Schulbesuch sei durch Zeugnisse und
entsprechende Bescheinigungen der Schule hinreichend nachgewiesen. Die Fehlzeiten der Kinder B.
und C. seien nicht so gravierend, dass sie die Versagung der Aufenthaltserlaubnis rechtfertigten. Größ-
tenteils seien die Fehlzeiten von den Eltern entschuldigt worden. Die Versagung der Aufenthaltserlaubnis
mit dieser Begründung sei daher unverhältnismäßig.
Auch die Straffälligkeit des Klägers zu 1) rechtfertige es nicht, den übrigen Klägern die
Aufenthaltserlaubnis zu versagen. Es handele sich um leichte Straftaten, die überdies mehr als fünf Jahre
zurücklägen. Unter Härtegesichtspunkten sei den Klägern daher eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
Mit Blick auf die Gesamtumstände des Falles sei die Versagung der Aufenthaltserlaubnis auch unter
Berücksichtigung des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 24. November 2008 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2009 zu verpflichten, den Klägern Aufenthaltserlaubnisse zu
erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Klage entgegengetreten und hält seine Entscheidung aus den bereits im Verwaltungsverfahren
dargelegten Gründen für rechtmäßig. Ergänzend trägt er vor, inzwischen habe der Kläger zu 1) seine
Arbeitsstelle verloren und stehe erneut im Leistungsbezug. Überdies sei nach Abfassung des
Widerspruchsbescheides bekannt geworden, dass bereits mit Beschluss des Amtsgerichts Simmern vom
9. Juni 2008 das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitsfürsorge und das Recht auf
Antragstellung gemäß SGB VIII hinsichtlich der Kinder B. und C. auf das Jugendamt des Beklagten
übertragen worden sei. Es sei für die Kinder Heimerziehung angeordnet worden. Seit dem 16. Februar
2009 sei das Kind B. mit unbekanntem Aufenthaltsort abgängig. Unter diesen Gesamtumständen könne
von einer guten Integration der Kläger erkennbar keine Rede sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie
der beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten (9 Hefte) Bezug genommen, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Der Klage muss insgesamt der Erfolg versagt bleiben.
Hinsichtlich der Klägerin zu 4) ist die Klage bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet. Letzteres gilt
auch für die zulässigen Klagen der Kläger zu 1) bis 3) und 5).
Der Klage der Klägerin zu 4) fehlt es derzeit am Rechtsschutzinteresse. Daran fehlt es nach der
gefestigten Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter anderem dann, wenn der jeweilige Kläger
unbekannten Aufenthaltes ist und die Klage quasi aus dem Verborgenen heraus führen will. So verhält es
sich im Falle der Klägerin zu 4). Mit Beschluss des Amtsgerichts Simmern vom 9. Juni 2008 wurde unter
anderem das Aufenthaltsbestimmungsrecht bezüglich der Klägerin zu 4) auf das Jugendamt des
Beklagten übertragen. Von dort wurde für die Klägerin zu 4) Heimerziehung angeordnet. Dieser
Maßnahme hat die Klägerin zu 4) sich seit dem 16. Februar 2009 entzogen und ist seither unbekannten
Aufenthaltes. Dies haben ihre in der mündlichen Verhandlung anwesenden Eltern nochmals bestätigt.
Ungeachtet dessen steht der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis keinem
der Kläger zu. Die dieses Begehren ablehnenden Bescheide des Beklagten vom 24. November 2008 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2009 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht
in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
Der Beklagte hat es zunächst zu Recht abgelehnt, den Klägern Aufenthaltserlaubnisse auf der Grundlage
des § 104a Abs. 1 Aufenthaltsgesetz – AufenthG – zu erteilen.
Hinsichtlich der Kläger zu 1) und 2) steht der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis der mangelnde
Schulbesuch der Kläger zu 3) bis 5) entgegen. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104a
Abs. 1 AufenthG setzt nach Ziffer 3 der Vorschrift voraus, dass bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren
tatsächlicher Schulbesuch nachgewiesen wird. Diesen Nachweis vermochten die Kläger zu 1) und 2)
nicht zu führen.
Der in der genannten Regelung geforderte „tatsächliche Schulbesuch“ stellt ein bildungsbezogenes
Integrationskriterium dar. Gerade die nachhaltige Erfüllung der Schulpflicht stellt eine wesentliche
Voraussetzung für eine Erfolg versprechende sprachliche und soziale Integration in die hiesigen
Lebensverhältnisse dar. Dementsprechend muss der Schulbesuch grundsätzlich für den gesamten
Zeitraum zwischen Beginn und Ende des schulpflichtigen Alters durch Zeugnisvorlage oder
Bescheinigungen der Schulen nachgewiesen werden. Ein tatsächlicher Schulbesuch kann zudem nur
dann angenommen werden, wenn das schulpflichtige Kind während eines Schuljahres allenfalls an
einzelnen, wenigen Tagen unentschuldigt dem Schulbetrieb ferngeblieben ist (OVG Lüneburg, Beschluss
vom 24. März 2009 – 10 LA 377/08 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 1. Juli 2009 – 18 B 882/09 –, juris;
VGH BW, Beschluss vom 29. Juli 2008 – 11 S 158/07 –, juris; vgl. ferner GK-Aufenthaltsgesetz,
Kommentar, Loseblattsammlung, § 104a Rdnr. 35).
Unter Anlegung dieses Maßstabes kann von einem tatsächlichen Schulbesuch der Klägerinnen zu 3) bis
5) bei weitem keine Rede sein. Die in der mündlichen Verhandlung anwesende Klägerin zu 3) hat auf
entsprechende Nachfrage angegeben, sie habe die Schule bis ins Jahr 2003 besucht. Damit hat sie die
Schule bereits mit ca. 11 Jahren verlassen. Bezüglich der Klägerinnen zu 4) und 5) hat das
Oberlandesgericht Koblenz in seinem Beschluss vom 18. Dezember 2008 – 7 UF 435/08 – festgestellt,
dass beide Klägerinnen im Schuljahr 2006/2007 die Schule nur unregelmäßig besucht hätten. Die
Klägerin zu 4) habe bis zum 14. Mai 2007 47 Tage unentschuldigt gefehlt und danach die Schule nicht
mehr besucht. Die Klägerin zu 5) haben im ersten Halbjahr einmal entschuldigt und 19 Mal unentschuldigt
gefehlt; im zweiten Halbjahr 6 Mal entschuldigt und 29 Mal unentschuldigt. Angesichts dieser Fakten ist
das Vorbringen der Kläger, die Klägerinnen zu 3) bis 5) besuchten regelmäßig die Schule, völlig
unverständlich. Es handelt sich erkennbar um eine reine Schutzbehauptung wider besseres Wissen, so
dass sich weitere Ausführungen dazu in tatsächlicher Hinsicht erübrigen.
Die Einlassungen der Kläger zu diesem Themenkomplex belegen überdies, dass die Kläger zu 1) und 2)
bis heute nicht die Bedeutung einer qualifizierten Ausbildung für die Zukunft ihrer Kinder erkannt haben
oder dies zumindest nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Dies wird weiter bestätigt durch ihr Vorbringen,
dass dieser Gesichtspunkt mit Blick auf ihren langjährigen Aufenthalt in Deutschland nur von geringem
Gewicht sei. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Demnach kann den Klägern auch nicht gefolgt werden,
sofern sie meinen, die Forderung nach der Erfüllung der Schulpflicht sei unverhältnismäßig. Dieser
Auffassung steht entgegen, dass die Regelung des § 104a AufenthG eine Vergünstigung für solche Aus-
länder beinhaltet, die sich seit längerem nur auf der Grundlage einer Duldung hier aufhalten, also der
Sache nach – wie die Kläger auch – seit Jahren vollziehbar ausreisepflichtig sind. Von daher besteht dem
Grunde nach keine Verpflichtung, den Aufenthalt dieser Personen zu legalisieren. Demnach hat der
Gesetzgeber in diesem Bereich einen breiten Gestaltungsspielraum. Wenn er derartige Vergünstigungen
daher unter anderem an den Nachweis des tatsächlichen Schulbesuchs schulpflichtiger Kinder knüpft, ist
dies sachgerecht, weil nur auf diese Weise einer unerwünschten Zuwanderung zu Lasten der
Sozialsysteme in Erfolg versprechender Weise mittel- bis langfristig entgegengewirkt werden kann.
Ferner steht dem Anspruch des Klägers zu 1) aus § 104a AufenthG entgegen, dass er wiederholt straffällig
geworden ist (vgl. § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG). Dies führt gemäß § 104a Abs. 3 AufenthG auch zu
einem weiteren Versagungsgrund für die Klägerin zu 2). Dass davon hinsichtlich der Klägerin zu 2) eine
Ausnahme nach § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG unter Härtegesichtspunkten zu machen wäre, ist schon
deshalb zu verneinen, weil die Klägerin zu 2) – wie dargelegt – die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1
AufenthG auch im Übrigen nicht erfüllt.
Steht somit den Klägern zu 1) und 2) kein Anspruch aus § 104a Abs. 1 AufenthG auf Erteilung von
Aufenthaltserlaubnissen zu, so können auch die Klägerinnen zu 3) bis 5) hieraus für sich keine
entsprechenden Ansprüche von ihren Eltern ableiten. Derartige Ansprüche scheitern ebenfalls bereits an
§ 104a Abs. 3 AufenthG. Die Klägerinnen zu 3) bis 5) erfüllen zudem weder die Voraussetzungen des §
104a Abs. 1 AufenthG noch die des § 104a Abs. 2 AufenthG.
Die minderjährigen Klägerinnen zu 3) bis 5) haben auch keinen Anspruch auf Erteilung von
Aufenthaltserlaubnissen aus § 104b AufenthG. Bezüglich der Klägerinnen zu 4) und 5) scheitert dies
schon daran, dass sie am Stichtag 01. Juli 2007 noch nicht das 14. Lebensjahr vollendet hatten (§ 104b
Nr. 1 AufenthG). Hinsichtlich der Klägerin zu 3) scheitert der Anspruch auf Erteilung der Aufent-
haltserlaubnis daran, dass ihr eine positive Integrationsprognose im Sinne des § 104b Nr. 4 AufenthG
nicht gestellt werden kann. Hiernach muss das Kind sich aufgrund seiner bisherigen Schulausbildung und
Lebensführung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland eingefügt haben und es muss
gewährleistet sein, dass es sich auch in Zukunft in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik
Deutschland einfügen wird. Auch insoweit kommt der Schulbildung schon nach dem Wortlaut der
Bestimmung ein bedeutendes Gewicht zu. Ist hier aufgrund von Zeugnissen und Schulberichten ein
ungetrübtes und positives Bild zu verzeichnen, so besteht in aller Regel keine Veranlassung, noch eine
intensive Prüfung der allgemeinen und sonstigen Lebensverhältnisse vorzunehmen. Ergibt die
Bestandsaufnahme insgesamt, dass ein ausreichendes Einfügen in die Lebensverhältnisse gelungen ist,
so wird in aller Regel auch für die Zukunft von einer positiven Prognose ausgegangen werden können,
wenn nicht konkrete Anhaltspunkte Anlass geben, eine weitere Prüfung vorzunehmen (GK-
Aufenthaltsgesetz, a.a.O., § 104b Rdnr. 13).
Unter Anlegung dieses Maßstabes kann von einer Integration der Klägerin zu 3) in die deutschen
Lebensverhältnisse nicht ausgegangen werden, so dass auch eine positive Zukunftsprognose in dieser
Hinsicht nicht gestellt werden kann. Bezüglich des Kriteriums einer ordnungsgemäßen Schuldbildung
kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Auch die sonstigen Lebensverhältnisse der
Klägerin zu 3) lassen keine gelungene Integration erkennen. Zwar ist sie mit Blick darauf, dass sie in
Deutschland geboren und aufgewachsen ist, zumindest mündlich der deutschen Sprache hinreichend
mächtig. Auch ist zu ihren Gunsten zu bewerten, dass sie bislang nicht straffällig geworden ist. Zu
persönlichen Beziehungen der Klägerin zu 3) in Deutschland ist den Akten nichts zu entnehmen. Auf
entsprechende Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung haben die Kläger angegeben, sie
hätten hier Kontakte zu deutschen Staatsangehörigen wie auch zu Landsleuten und Personen anderer
Nationalität, wie z.B. zu in ihrer Nachbarschaft lebenden türkischen Familien. Diese Beziehungen lassen
zumindest hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Lebensführung ein gewisses Maß an Integration bei
der Klägerin zu 3) erkennen. Es ist aber nicht ersichtlich, dass sie ihre mangelnde Schulausbildung etwa
in anderer Weise oder durch Bemühungen um eine Arbeitsstelle oder gar einen Ausbildungsplatz kom-
pensiert hätte. Zwar hat sie auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung angegeben, sie habe aktuell
eine Stelle als Küchenhilfe in einem Restaurant in S. in Aussicht. Dies deutet aber noch nicht auf eine
entsprechende wirtschaftliche Integration der Klägerin zu 3) hin. Abgesehen davon, dass sie erst auf
mehrmaliges Nachfragen den Namen des Restaurants angeben konnte, ergab die weitere Befragung,
dass noch kein fester Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, sondern die Klägerin zu 3) lediglich
Gelegenheit zu einer Arbeitsprobe haben sollte. Auch bleibt zu sehen, dass die inzwischen 17 ½ Jahre
alte Klägerin zu 3) – wie dargelegt – bereits seit ihrem 11. Lebensjahr keine Schule mehr besucht und
seitdem offensichtlich nicht gearbeitet hat. Es entstand daher in der mündlichen Verhandlung der
Eindruck, dass die derzeitigen Bemühungen der Klägerin zu 3) um einen Arbeitsplatz mehr dem Druck der
drohenden Aufenthaltsbeendigung geschuldet sind, als dem ernsthaften Bemühen darum, ihren
Lebensunterhalt zukünftig selbst zu erwirtschaften. Ganz in dieses Bild passt auch der Umstand, dass die
Klägerin zu 3) ihre angeblichen Bemühungen um die Nachholung ihres Schulabschlusses nicht näher
spezifiziert hat.
Haben die Kläger demnach keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach §§ 104a
Abs. 1 bzw. 104b AufenthG, so folgt ein solcher Anspruch in ihrem Falle auch nicht aus § 25 Abs. 5
AufenthG. Hiernach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11
Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tat-
sächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht
zu rechnen ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil keinem der Kläger die Ausreise aus
rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist.
Tatsächliche Gründe, die einer Ausreise entgegenstehen könnten, werden weder von den Klägern
geltend gemacht noch sind diese sonst für die Kammer ersichtlich.
Aber auch auf das Vorliegen rechtlicher Ausreisehindernisse können die Kläger sich nicht berufen. Eine
freiwillige Ausreise ist aus rechtlichen Gründen unmöglich, wenn ihr rechtliche Hindernisse
entgegenstehen, welche die Ausreise ausschließen oder jedenfalls unzumutbar machen. Derartige
Hindernisse können sich sowohl aus inlandsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, zu denen unter
anderem diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (z.B. Art. 2 Abs. 1 und 6 Grundgesetz – GG
–) oder aus Völkerrecht (z.B. Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind, als auch auf
zielstaatsbezogene Abschiebeverbote nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG. Somit sind dem Grunde
nach auch zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse zu berücksichtigen. Letzteres gilt in Bezug auf
rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber – wie die Kläger – allerdings mit der Einschränkung, dass die
Ausländerbehörde in diesen Fällen nicht zu einer inhaltlichen Prüfung berechtigt ist, sondern gemäß § 42
Satz 1 Asylverfahrensgesetz – AsylVfG – an die (positive oder negative) Feststellung des Bundesamtes
hierzu gebunden bleibt.
Unter Anwendung dieses Maßstabes ergibt sich zunächst keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise
des Klägers zu 1).
So machen ihm zunächst nicht seine schutzwürdigen Belange aus Art. 6 GG die Ausreise unzumutbar.
Unter dem Blickwinkel des Art. 6 GG kann dies grundsätzlich nur dann angenommen werden, wenn einer
der Familienangehörigen, mit denen der Ausländer in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, aufgrund
individueller Besonderheiten mehr als im Regelfall üblich auf den persönlichen Beistand des Ausländers
angewiesen ist (VGH BW, Beschluss vom 6. Mai 1997 – 13 NF 1997 – NVwZ-RR 1997, 746 ff. und
BVerwG, Beschluss vom 15. Januar 1997 – 1 B 256/96 – Buchholz 402.240, § 47 AuslG 1990, Nr. 12).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Bezüglich der familiären Lebensgemeinschaft des Klägers
zu 1) mit den Klägerinnen zu 2) bis 5) besteht nicht die Gefahr, dass diese durch eine etwaige
Aufenthaltsbeendigung getrennt werden wird. Vielmehr sind alle Kläger vollziehbar ausreisepflichtig, so
dass unterstellt werden kann, dass der Kläger zu 1) im Familienverband in den Kosovo zurückkehren wird.
Die Kläger haben es mithin auch selbst in der Hand, freiwillig in den Kosovo auszureisen und die familiäre
Lebensgemeinschaft dort fortzuführen. Soweit in Deutschland noch eine weitere, inzwischen erwachsene
Tochter der Kläger zu 1) und 2) lebt, ist diese Beziehung unter dem Blickwinkel des Art. 6 GG nicht in
gesteigertem Maße schutzwürdig. Denn offensichtlich lebt diese Tochter nicht mehr im Haushalt der
Kläger und es sind auch keine Umstände vorgetragen, die auf ein besonderes Angewiesensein dieser
Tochter auf den Kläger zu 1) oder umgekehrt hindeuten.
Schließlich führen auch die lange Aufenthaltsdauer und die daraus resultierenden schutzwürdigen
Belange des Klägers zu 1) auf Achtung seines Familien- und Privatlebens gemäß Art. 8 EMRK nicht zu
einer rechtlichen Unmöglichkeit seiner Ausreise. Zwar greift die Verweigerung eines weitergehenden
Aufenthaltsrechts im Falle des Klägers zu 1) in den Schutzbereich dieser Bestimmung ein. Der Eingriff ist
indessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt.
Hinsichtlich des Familienlebens geht die Schutzwirkung des Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht über den
Schutzbereich des Art. 6 GG hinaus, so dass insoweit auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen
werden kann.
Der Schutzbereich des Privatlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK umfasst das Recht auf Identität und
persönliche Entwicklung und das Recht, Beziehungen mit anderen Menschen und der Außenwelt zu
begründen und zu pflegen. Der Begriff darf nicht eng ausgelegt werden. Es handelt sich um die Summe
der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines
jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Verbindungen für
die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthaltes wachsende
Bedeutung zukommt (BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 2007 – 2 BvR 304/07 –, juris; Kloesel/Christ/Häußer,
Deutsches Aufenthalts- und Ausländerrecht, Kommentar, Loseblattsammlung, Band 3 Nr. 481 Art. 8
EMRK, Rdnr. 30).
Für einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK spricht im Falle des Klägers zu 1), dass
dieser sich inzwischen seit ca. 18 Jahren in Deutschland aufhält und daher hier seinen Lebensmittelpunkt
hat. Seine Familie einschließlich entfernter Verwandter lebt ebenfalls in Deutschland. Bei der Gesamtheit
dieser bei dem Kläger zu 1) bestehenden sozialen Beziehungen handelt es sich um solche, die sein
Recht auf persönliche Entwicklung wie auch auf Achtung seiner schutzwürdigen Beziehungen zu anderen
Menschen betreffen.
Der mit der Ablehnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis verbundene Eingriff in diese Beziehungen
ist aber nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Denn er ist gesetzlich vorgesehen und stellt sich als eine
Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft für die Wahrung der öffentlichen Ruhe und
Ordnung notwendig ist.
Ob die auf diese Regelungen gestützte Maßnahme im Einzelfall zur Erreichung des in Art. 8 Abs. 2 EMRK
bezeichneten Zweckes der Wahrung der öffentlichen Ruhe und Ordnung notwendig ist, kann nur im
Rahmen einer einzelfallbezogenen Interessenabwägung beantwortet werden (BVerfG, a.a.O.). In diese
Abwägung sind neben der Dauer des Aufenthaltes im Gaststaat die sozialen, kulturellen und familiären
Beziehungen des Ausländers zum Gaststaat und zum Staat seiner Staatsangehörigkeit einzubeziehen
(EGMR, Urteil vom 23. Juni 2008 – 1683/03 – Maslov II zum Fall einer Ausweisung eines
niedergelassenen Einwanderers; ferner OVG Rh-Pf., Beschlüsse vom 16. Juli 2008 – 7 B 10529/08.OVG
–, vom 6. März 2009 – 7 B 10028/09.OVG – und vom 24. Februar 2006 – 7 B 10020/06.OVG –).
Diese Abwägung ergibt im Falle des Klägers zu 1), dass ihm eine Rückkehr in sein Herkunftsland
zumutbar ist. Die für seinen weiteren Aufenthalt in Deutschland sprechenden Gesichtspunkte sind nicht
derart gewichtig, dass sie die Ablehnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis als im Lichte des Art. 8
Abs. 2 EMRK unverhältnismäßig erscheinen lassen.
Was die Dauer des Aufenthalts anbelangt, ist geklärt, dass weder die Geburt im gegenwärtigen
Aufenthaltsland noch der langjährige Aufenthalt als solcher absolut vor der zwangsweisen
Aufenthaltsbeendigung schützen. Dabei ist allerdings die besondere Situation von Fremden, die den
größten Teil ihrer Kindheit im Gastland verbracht haben, angemessen zu berücksichtigen (EGMR a.a.O.;
OVG Rh-Pf., Beschluss vom 16. Juli 2008, a.a.O., m.w.N.). Hieraus folgt, dass nicht in erster Linie die bloße
Dauer des Aufenthaltes als solche dem Ausländer schon eine in gesteigertem Maße schutzwürdige
Position vermittelt (vgl. aber auch OVG Rh-Pf., Beschluss vom 16. Juli 2008, a.a.O.), sondern dass es
maßgeblich darauf ankommt, in welchem Umfang die persönliche Entwicklung und Identität des Auslän-
ders durch den Aufenthalt in Deutschland geprägt und wie intensiv seine persönlichen, wirtschaftlichen
und sonstigen sozialen Beziehungen hier sind. Denn gerade diese Umstände sind jene, die
ausschlaggebend für die besondere Situation des konkret betroffenen Ausländers unter dem Blickwinkel
des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK sind. Dabei liegt es auf der Hand, dass bei zunehmender Dauer des
Aufenthaltes diese Umstände mehr und mehr an Gewicht gewinnen, so dass hier letztlich in der Regel ein
Verhältnis der Wechselwirkung zwischen Aufenthaltsdauer und dem Grad der Verwurzelung festzustellen
ist (so auch BVerfG, a.a.O.; vgl. aber auch OVG Rh-Pf., a.a.O. – 7 B 10529/08.OVG –).
Dies vorausgeschickt, stellt sich die Situation des Klägers zu 1) so dar, dass dieser im Jahre 1970 im
Kosovo geboren wurde und dort bis zu seiner Ausreise im Januar 1992 gelebt hat. Er ist somit als
Erwachsener im Alter von ca. 22 Jahren nach Deutschland ausgereist und hat seine gesamte
Sozialisation im Kosovo erfahren. Damit beherrscht er nicht nur die dortige Sprache, sondern ist auch mit
den gesellschaftlichen und sonstigen kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftslandes bestens
vertraut.
Seine derzeitige Situation ist durch einen inzwischen ca. 18-jährigen Aufenthalt in Deutschland
mitgeprägt. Gleichwohl kann von einer Verwurzelung des Klägers zu 1) in die deutschen
Lebensverhältnisse im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht ausgegangen
werden.
Zugunsten des Klägers zu 1) sprechen in erster Linie seine deutschen Sprachkenntnisse, von denen sich
die Kammer in der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte. Er war erkennbar in der Lage, der
mündlichen Verhandlung zu folgen und der Kammer Rede und Antwort zu stehen. Ebenso sprechen die
von ihm dargelegten sozialen Kontakte zu Nachbarn, Arbeitskollegen und sonstigen in Deutschland
lebenden Personen für eine Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse.
In wirtschaftlicher Hinsicht kann jedoch noch nicht von einer gefestigten Position des Klägers zu 1) auf
dem deutschen Arbeitsmarkt ausgegangen werden. Die Feststellung einer gelungenen wirtschaftlichen
Integration setzt im Wesentlichen voraus, dass der Ausländer (nach wie vor) berufstätig und dadurch in die
Lage versetzt ist, den Lebensunterhalt für sich (und gegebenenfalls für seine Familie) dauerhaft zu
sichern. Beim Ausmaß der beruflichen Integration ist weiter zu berücksichtigen, ob der Ausländer über
Jahre hinweg öffentliche Sozialleistungen bezogen hat. Außerdem muss festgestellt werden, ob der
Ausländer eine Berufsausbildung absolviert hat und ihn diese Ausbildung gegebenenfalls für eine Be-
rufstätigkeit qualifiziert, die nur bevorzugt in Deutschland ausgeübt werden kann (BVerwG, Urteil vom 27.
Januar 2009 – 1 C 40.07 –, juris). Gemessen hieran kann von einer wirtschaftlichen Integration des
Klägers zu 1) nicht ausgegangen werden. Zwar hat er in der mündlichen Verhandlung angegeben, seit
dem 1. Mai 2008, bis auf eine mehrmonatige Zeit der Kurzarbeit, vollbeschäftigt zu sein. Dies hat er auch
durch Vorlage entsprechender Lohnabrechnungen belegt. Zuletzt beliefen sich seine Einkünfte auf ca.
750,-- bis 920,-- € netto pro Monat. Diese Einkünfte reichen aber ersichtlich nicht aus, um den
Lebensunterhalt einer fünfköpfigen Familie im Sinne des § 2 AufenthG sicherzustellen. So hat der Kläger
zu 1) auch für sich und seine Familie während seiner Arbeitstätigkeit zum Teil ergänzende
Sozialhilfeleistungen erhalten bzw. hätte hierauf ersichtlich einen gesetzlichen Anspruch. Eine
Berufsausbildung hat er in Deutschland ebenfalls nicht absolviert. Die von ihm ausgeübte Tätigkeit als
ungelernter Arbeiter setzt keine besondere Qualifikation voraus und ist auch keine solche, die bevorzugt
nur in Deutschland ausgeübt werden könnte. Insgesamt kann daher eine Verwurzelung des Klägers zu 1)
in wirtschaftlicher Hinsicht nicht festgestellt werden. Insbesondere kann keine Rede davon sein, dass er
sich während seines langjährigen Aufenthaltes in Deutschland eine wirtschaftliche Existenzgrundlage
geschaffen hätte, die nunmehr durch die Verweigerung eines weiteren Aufenthaltsrechts schlagartig
zunichte gemacht würde. Die vorliegenden Gesamtumstände lassen insbesondere mit Blick auf den
langjährigen Sozialhilfebezug nicht den Schluss zu, dass der Kläger zu 1) zukünftig in der Lage wäre, den
Lebensunterhalt für sich und seine Familie dauerhaft aus eigener Arbeit zu sichern.
Die Wohnverhältnisse des Klägers zu 1) sind dadurch gekennzeichnet, dass er über kein
Wohnungseigentum in Deutschland verfügt und bisher die Kosten der Unterkunft nahezu vollständig aus
öffentlichen Mitteln bestritten wurden. Er ist daher durch die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis nicht
gezwungen, etwaiges von ihm erwirtschaftetes Wohneigentum aufzugeben.
Gegen eine Verwurzelung des Klägers in die deutschen Lebensverhältnisse sprechen auch die
wiederholt von ihm verübten Straftaten. Auch wenn die letzte Verurteilung inzwischen mehrere Jahre
zurückliegt, ist die Häufigkeit und die Schwere der verübten Straftaten zu Lasten des Klägers zu 1) zu
gewichten.
Des Weiteren führen auch die Gründe, die für den langjährigen Aufenthalt des Klägers zu 1) in
Deutschland ursächlich waren, nicht dazu, dass die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis
unverhältnismäßig wäre.
In dieser Hinsicht stellt die Situation sich so dar, dass der Kläger zu 1) zusammen mit der Klägerin zu 2)
als Asylbewerber aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Deutschland eingereist ist. In dieser
Eigenschaft war ihm und seiner Familie zunächst der Aufenthalt zum Zwecke der Durchführung eines
Asylverfahrens gestattet. Diese Aufenthaltsgestattung ist ihrer Natur nach zeitlich begrenzt. Ist das
Asylverfahren – wie im Falle des Klägers zu 1) und seiner Familie – ohne Erfolg abgeschlossen, erlischt
die Aufenthaltsgestattung. Gleichzeitig hat das Bundesamt die Kläger unter Fristsetzung aufgefordert, die
Bundesrepublik Deutschland freiwillig zu verlassen und ihnen für den Fall der Nichtbefolgung die
Abschiebung in ihr Herkunftsland angedroht. Damit war für den Kläger zu 1) und seine Familien-
angehörigen zunächst unmissverständlich klar, dass sie gesetzlich verpflichtet waren, die Bundesrepublik
Deutschland zu verlassen.
Der weitere Aufenthalt des Klägers zu 1) war dadurch geprägt, dass er lediglich im Besitz von Duldungen
war. Grundlagen dieser Duldungen waren über weitreichende Zeiträume zwischen 1995 und 2005 – mit
Unterbrechungen insbesondere Mitte bis Ende 1999/Anfang 2000 und vom April 2003 bis März 2004 –
eine Reihe von Runderlassen des Ministeriums des Innern und für Sport, mit denen vor allem bezüglich
der Rückführung ethnischer Minderheiten aus dem ehemaligen Jugoslawien sogenannte zeitlich
begrenzte Abschiebestopps verfügt worden waren. Diese änderten aber für sich genommen noch nichts
am tatsächlichen Aufenthaltsstatus der hiervon begünstigten Personen. Insoweit blieb es vielmehr bei der
grundsätzlich vollziehbaren Ausreisepflicht, die lediglich im Wege der Duldung vorübergehend ausgesetzt
war. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers zu 1) auf einen Daueraufenthalt in Deutschland,
hervorgerufen durch eine sogenannte „Handreichung des Staates“, war dadurch gerade nicht begründet.
Das Gegenteil war vielmehr der Fall. Parallel zu den vorerwähnten Abschiebestopps wurden im
genannten Zeitraum nämlich auch eine Reihe von sogenannten Bleiberechtsregelungen zugunsten
dieser Personengruppen geschaffen. Im Rahmen dieser Bleiberechtsregelungen hat die ständige
Konferenz der Innenminister und –senatoren regelmäßig ausdrücklich hervorgehoben, dass für ethnische
Minderheiten aus dem Kosovo ein dauerhaftes Bleiberecht ausgeschlossen sei. Dabei handelte es sich
auch nicht etwa um bloße Verlautbarungen einzelner Mitglieder dieses Gremiums, sondern diese
Zielsetzung war den entsprechenden Bleiberechtsregelungen durchweg schriftlich vorangestellt.
Gleichwohl dienten eben diese Bleiberechtsregelungen dem Zweck,
integrierten
langjährigem Aufenthalt die Möglichkeit zu eröffnen, ihren Aufenthalt in Deutschland zu legalisieren und
auf diese Weise mittelfristig in den Genuss eines Daueraufenthaltsrechts zu gelangen. Dabei versteht es
sich von selbst, dass diese Vergünstigungen zwingend an die Erfüllung gewisser Voraussetzungen in
Gestalt bestimmter Integrationsleistungen geknüpft waren. Hierzu gehörten auch damals schon neben
einem straffreien Verhalten regelmäßig die Sicherung des Lebensunterhaltes aus eigener
Erwerbstätigkeit und die Gewährleistung eines regelmäßigen Schulbesuches minderjähriger Kinder. Da
der Kläger zu 1) und seine Familie schon damals diese Integrationsleistungen offenkundig nicht erfüllt
hatten, blieb es in ihrem Fall indessen bei dem Duldungsstatus und damit beim Fortbestand der
Ausreisepflicht.
Mit Blick auf diese konkreten Umstände des vorliegenden Falles und unter Berücksichtigung der
dargelegten rechtlichen Ausgangslage kann es in diesen Fällen nicht maßgeblich darauf ankommen, ob
und aus welchen Gründen der Beklagte etwa außerhalb der Zeiten angeordneter Abschiebestopps keine
Anstalten machte, den Aufenthalt der Familie des Klägers zu 1) zwangsweise zu beenden (vgl. aber OVG
Rh-Pf., Beschlüsse vom 8. November 2007 – 7 B 11014/07.OVG – und vom 06. März 2009 – 7 B
10028/09.OVG –). Diesem rechtlichen Ansatz steht schon der Wortlaut des § 25 Abs. 5 AufenthG
entgegen. Hiernach sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bestimmung nur erfüllt, wenn die
Ausreise des Ausländers aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist. Ob er demgegenüber
(zulässigerweise) im Wege der Verwaltungsvollstreckung hätte abgeschoben werden können, ist
hingegen gerade nicht maßgeblich.
Allerdings ist in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte anerkannt, dass die Untätigkeit einer
Behörde unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung auf Seiten des Bürgers zu einem schutzwürdigen
Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit eines bestehenden Zustandes oder seines Verhaltens führen kann.
Dies setzt aber nach ebenso einhelliger Meinung neben dem Zeitmoment unter anderem auch ein so-
genanntes Umstandsmoment voraus. Dies bedeutet, dass die Behörde neben der bloßen Untätigkeit über
einen längeren Zeitraum auch aktiv Umstände gesetzt haben muss, die aus Sicht des Betroffenen
begründeten Anlass zu der Annahme geben, die Behörde werde sich in einer bestimmten Weise
verhalten bzw. nicht verhalten. Davon kann hier aber mit Blick auf die oben dargelegten Entwicklungen
auch nicht ansatzweise die Rede sein (a.A. wohl OVG Rh-Pf., a.a.O.).
Ferner kann es bei dieser Ausgangslage auch nicht auf die Frage ankommen, „ob und wodurch“ der
Kläger zu 1) von diesen Entwicklungen erfahren hat (vgl. aber OVG Rh-P., a.a.O. – 7 B 11014/07.OVG –).
Da die Familie des Klägers zu 1) während des gesamten Aufenthaltszeitraumes in regelmäßigem Kontakt
mit Behörden und insbesondere dem Beklagten stand, kann bei lebensnaher Betrachtungsweise kein
vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass sie sich – zumindest laienhaft – ihres Aufenthaltsstatus
durchaus bewusst waren. Jedenfalls würde es die Aufklärungs- und Beratungspflicht der
Ausländerbehörde (vgl. § 82 Abs. 3 AufenthG) auch erheblich überspannen, wenn verlangt würde, diese
müsse jeden einzelnen Ausländer individuell über jedwede gesetzliche Entwicklung ausführlichst
informieren und hierüber Aktenvermerke fertigen, weil nur auf diese Weise das Entstehen von auf einen
Daueraufenthalt gerichteten Vertrauenstatbeständen vermieden werden könnte. Vielmehr ist es insoweit
zunächst Sache des Ausländers selbst, sich im Zweifelsfalle über seine aufenthaltsrechtliche Situation
und bestehende Integrationsbedingungen beim zuständigen Sachbearbeiter der Ausländerbehörde zu
informieren. Hierzu kann er jederzeit während der üblichen Dienstzeiten dort vorsprechen. Unterlässt er
dies, kann daraus resultierende Unwissenheit des Ausländers vom Ansatz her nicht zur Entstehung von
auf einen Daueraufenthalt gerichteten Vertrauenstatbeständen führen (vgl. aber OVG Rh-Pf., a.a.O.).
Sind nach alledem die sozialen, kulturellen und familiären Beziehungen des Klägers zu 1) zur
Bundesrepublik Deutschland schon nicht derart gewichtig, dass sie die Ablehnung der
Aufenthaltserlaubnis als unverhältnismäßig erscheinen lassen, so führt auch die Berücksichtigung seiner
diesbezüglichen Beziehungen zu seinem Herkunftsland Kosovo zu keinem anderen Ergebnis. Er
beherrscht die albanische Sprache wesentlich besser als die deutsche Sprache; schließlich handelt es
sich insoweit um seine Muttersprache. Im Hinblick darauf, dass er mehr als die Hälfte seines bisherigen
Lebens dort verbracht hat, ist es ihm auch ohne weiteres möglich, sich alsbald wieder in die dortigen
Lebensumstände einzufinden. Dies wird ihm durch seine Sprachkenntnisse und nicht zuletzt durch den
Umstand erleichtert, dass er nicht alleine, sondern im Verband seiner Familie dorthin zurückkehren wird.
Die wirtschaftliche Situation des Klägers zu 1) wird sich im Kosovo voraussichtlich schwierig gestalten.
Allerdings wird er auch dort grundsätzlich in der Lage sein, Tätigkeiten vergleichbar der derzeit von ihm
ausgeübten Hilfsarbeitertätigkeit auszuüben. Auch dabei werden ihm seine Sprachkenntnisse zugute
kommen. Mit Blick auf die mangelnde Qualifikation des Klägers zu 1) wird sich seine wirtschaftliche
Situation mithin stets schwierig gestalten, unabhängig davon, ob er in Deutschland oder im Kosovo lebt.
Es kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass die Chance, seinen Lebensunterhalt
dauerhaft mit eigener Arbeit zu bestreiten, für ihn in Deutschland generell nennenswert größer wäre als
im Kosovo.
Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger zu 1) keinerlei kulturelle Verbindungen mehr
zu seinem Herkunftsland hat. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Dies folgt nicht nur daraus, dass er die
dortige Sprache spricht und 22 Jahre dort gelebt hat, sondern auch daraus, dass er zusammen mit seiner
Familie wiederum Teil einer kosovarischen Großfamilie ist, mit der er in Deutschland lebt, ohne sich
allerdings – wie dargelegt – in der gebotenen Weise um eine Integration zu bemühen.
Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass dem Kläger zu 1) trotz seines ca. 18-jährigen Aufenthaltes
in Deutschland eine Integration allenfalls in rudimentären Ansätzen gelungen ist. Eine soziale,
wirtschaftliche und kulturelle Verwurzelung in Deutschland im Sinne der Rechtsprechung des EGMR folgt
hieraus indessen nicht. Eine Rückkehr in den Kosovo ist ihm daher zumutbar, zumal er noch über einen
grundlegenden sozialen und kulturellen Hintergrund bezüglich des Kosovo verfügt. Dementsprechend
muss sein privates Interesse an einem weiteren Verbleib in Deutschland zurücktreten. Die nachstehend
dargelegten einwanderungspolitischen Belange genießen in seinem Falle Vorrang.
Die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erfolgte, zum Teil erhebliche Zuwanderung
ausländischer Mitbürger nach Deutschland hat neben verschiedenen unbestreitbar positiven Effekten
auch zur Entstehung einer Reihe von gesamtgesellschaftlichen Problemfeldern geführt, die insbesondere
seit Mitte der 1990er Jahre zu einer verstärkten Diskussion betreffend die Zuwanderungspolitik geführt
haben. Ein Ergebnis dieser Debatte ist die Erkenntnis, dass ein wesentlicher Teil der mit der
Zuwanderung verbundenen sozialen und wirtschaftlichen Probleme sowie die Gefahr des Entstehens
sogenannter „Parallelgesellschaften“ Folge mangelnder Integration sind. Dementsprechend wurde auch
mit dem Erlass des derzeit geltenden Aufenthaltsgesetzes ein zentraler Schwerpunkt auf die Integration
ausländischer Mitbürger gelegt. Dies findet seinen Ausdruck unter anderem darin, dass insbesondere die
Erteilung von Aufenthaltstiteln und die damit einhergehende Aufenthaltsverfestigung in der Regel an die
Erfüllung gewisser Integrationsmindeststandards geknüpft werden. Hiermit korrespondierend wurden
erstmals umfassende Integrationsprogramme für ausländische Mitbürger gesetzlich geregelt (§§ 43 ff.
AufenthG). Demgegenüber besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass jenen Ausländern, denen eine
Integration trotz dieser Sachlage auch längerfristig nicht gelingt, grundsätzlich kein weiterer Aufenthalt
ermöglicht werden soll. Denn dies würde im Ergebnis eine Zuwanderung zu Lasten der Sozialsysteme
bedeuten, wie der Fall des Klägers zu 1) und seiner Familie eindeutig belegt. Denn mangelnde Integration
führt in der Regel zu erheblichen Bildungsdefiziten und den damit einhergehenden negativen Folgen für
die Berufswahl und insgesamt die Fähigkeit, seinen Lebensunterhalt in einer modernen Industrie- und
Dienstleistungsgesellschaft wie der Bundesrepublik Deutschland dauerhaft selbst zu verdienen. Da die
Sozialsysteme aber nicht unbegrenzt belastbar sind, sondern als Ausprägung des grundgesetzlich
verankerten Sozialstaatsprinzips unter dem Vorbehalt des Möglichen stehen, ist die entsprechende
Regulierung der Zuwanderung eine im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen
Gesellschaft bestehende Notwendigkeit zur Wahrung von Ruhe und Ordnung. Die Ablehnung der
Aufenthaltserlaubnis ist daher im Falle des Klägers zu 1) nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt und damit
verhältnismäßig.
Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu der bereits zitierten Entscheidung des EGMR (Maslov
II). Zwar hat der Gerichtshof in dieser Entscheidung unter anderem ausgeführt, er sehe wenig Raum für
die Rechtfertigung einer Ausweisung eines niedergelassenen Einwanderers aufgrund von überwiegend
nicht gewalttätiger, als Minderjähriger begangener Straftaten. Hieraus ist jedoch nicht der Schluss zu
ziehen, dass die bloße längere Verweildauer zwangsläufig in der Regel in ein Daueraufenthaltsrecht
münden muss, insbesondere dann, wenn nur vergleichsweise leichte oder keinerlei Straftaten im Raum
stehen. Gegen eine solche Interpretation der genannten Entscheidung spricht zunächst, dass die
Rechtsprechungspraxis des EGMR vorrangig kasuistisch geprägt ist (so auch Deibel, ZAR 2009, 121 ff.).
Dementsprechend ist in Bezug auf die Verallgemeinerungsfähigkeit der Entscheidungen des EGMR
insgesamt eine größere Zurückhaltung geboten, als etwa bei Grundsatzentscheidungen des
Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts. Diese Unterschiede liegen in den
Besonderheiten des deutschen Rechtssystems und der entsprechenden höchstrichterlichen Spruchpraxis
begründet.
Davon ausgehend ist vorliegend festzustellen, dass der vom EGMR entschiedene Fall sich in
wesentlichen Parametern vom Fall des Klägers zu 1) unterscheidet, so dass die dortigen Ergebnisse und
Wertungen auf den vorliegenden Fall nicht uneingeschränkt übertragbar sind. Abgesehen davon, dass
der Kläger zu 1) nicht als Minderjähriger nach Deutschland eingereist ist, ist unter anderem im Fall Maslov
II die gesamte Familie des Klägers legal nach Österreich eingereist und hat dort ein Aufenthaltsrecht
erhalten. Demgegenüber sind der Kläger zu 1) und seine Familie als Asylbewerber ohne Visum nach
Deutschland eingereist und waren zu keinem Zeitpunkt im Besitz von Aufenthaltstiteln. Auch wenn davon
auszugehen ist, dass der Aufenthaltsstatus nicht allein ausschlaggebend für das Entstehen der Rechte
aus Art. 8 Abs. 1 EMRK ist, so hat die Erteilung von Aufenthaltstiteln über längere Zeiträume doch ein
deutlich höheres Gewicht als die bloße Duldung, da mit der stetigen Erteilung und Verlängerung von
Aufenthaltstiteln das Vertrauen des Ausländers auf Gewährung eines Daueraufenthalts mit
fortschreitender Aufenthaltsdauer auch gesteigert schutzwürdig ist.
Des Weiteren sind die Eltern des Klägers im Verfahren Maslov II in Österreich eingebürgert worden, was
für einen hohen Integrationsgrad spricht. Demgegenüber sind die Kläger des vorliegenden Verfahrens bis
heute nicht im Besitz eines Daueraufenthaltsrechts, geschweige denn eingebürgert worden.
Schließlich unterscheiden sich auch die Verbindungen des Klägers im Falle Maslov II zu seinem
Heimatland in signifikanter Weise von denen des Klägers zu 1) zu seinem Herkunftsland. Anders als der
Kläger zu 1) beherrschte der Kläger im Falle Maslov II unstreitig nicht die dortige Landessprache, weil
seine Familie einer türkischsprechenden Minderheit angehörte. Hiervon kann im Falle des Klägers zu 1) –
wie dargelegt – indessen keine Rede sein.
Auch die Klägerin zu 2) kann sich unter Anlegung der vorstehend dargelegten Maßstäbe nicht auf eine
rechtliche Unmöglichkeit ihrer Ausreise berufen. Wegen der Begründung kann zur Vermeidung unnötiger
Wiederholungen zunächst auf die grundlegenden Ausführungen betreffend den Kläger zu 1) verwiesen
werden, die sinngemäß auch auf die Klägerin zu 2) zutreffen. Insbesondere kann auch bezüglich der
Klägerin zu 2) von einer Verwurzelung in die deutschen Lebensverhältnisse im Sinne der
Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht ausgegangen werden. Zwar ist die Klägerin zu 2)
– anders als der Kläger zu 1) – bislang nicht straffällig geworden. Zu ihren Lasten sind aber wiederum ihre
fehlende wirtschaftliche Integration wie auch die im Vergleich zum Kläger zu 1) weniger guten deutschen
Sprachkenntnisse zu werten. Die Klägerin zu 2) hat auch keinen qualifizierten Beruf erlernt und auch die
langen Jahre ihres Aufenthaltes in Deutschland nicht dazu genutzt, sich in irgendeiner Weise zu
qualifizieren. In diesem Zusammenhang bleibt auch zu sehen, dass beide Ehegatten über viele Jahre
hinweg im Sozialleistungsbezug standen, so dass auch die erforderliche Betreuung minderjähriger Kinder
derartigen Bemühungen nicht entgegengestanden hätte. Demgegenüber deutet der Umstand, dass für die
Klägerinnen zu 4) und 5) Heimerziehung angeordnet wurde, darauf hin, dass die Kläger zu 1) und 2)
selbst ihren elterlichen Pflichten nur unzulänglich nachgekommen sind.
Insgesamt kann daher auch bezüglich der Klägerin zu 2) nicht davon ausgegangen werden, dass sie sich
während ihres langjährigen Aufenthalts in Deutschland zielgerichtet eine Existenzgrundlage geschaffen
hätte, die mit der Beendigung des Aufenthaltes schlagartig zunichte gemacht würde.
Die sozialen Kontakte der Klägerin zu 2) gehen ebenfalls nicht über die des Klägers zu 1) hinaus.
Hinsichtlich der Klägerin zu 2) ist damit zusammenfassend festzuhalten, dass auch ihr trotz ihres ca. 18-
jährigen Aufenthaltes in Deutschland eine Integration nicht gelungen ist. Eine soziale, wirtschaftliche und
kulturelle Verwurzelung in Deutschland ist objektiv nicht feststellbar. Eine Rückkehr in den Kosovo ist ihr
daher aus den gleichen Gründen wie dem Kläger zu 1) zumutbar, zumal auch sie, vergleichbar ihrem
Ehemann, noch über einen grundlegenden sozialen und kulturellen Bezug zu ihrem Heimatland verfügt.
Dementsprechend muss ihr privates Interesse an einem weiteren Verbleib in Deutschland hinter den oben
bereits dargelegten einwanderungspolitischen Belangen zurücktreten.
Des Weiteren steht auch der Ausreise der Klägerin zu 3) nicht die Vorschrift des Art. 8 EMRK entgegen.
Dass die Verweigerung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in ihr Recht auf Achtung des Privatlebens
im Sinne des Art. 8 EMRK eingreift, liegt zwar schon deshalb auf der Hand, weil sie in Deutschland
geboren und aufgewachsen ist, mithin ihre gesamte Sozialisation in Deutschland stattgefunden hat.
Gleichwohl ist die Verweigerung des weiteren Aufenthaltes der Klägerin zu 3) auch in ihrem Falle gemäß
Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt.
Der Umstand, dass sie als in Deutschland geborene und aufgewachsene Ausländerin ihre gesamte
bisherige Sozialisation in Deutschland erfahren hat, spricht auf den ersten Blick für ihren Verbleib in
Deutschland. Allerdings hat ihr bisher ca. 17 ½-jähriger Aufenthalt nicht zu der in derartigen Fällen
regelmäßig zu erwartenden starken Verwurzelung in die hiesigen Lebensverhältnisse geführt. Zwar ist zu
ihren Gunsten in Rechnung zu stellen, dass sie der deutschen Sprache mündlich hinreichend mächtig ist,
wovon die Kammer sich in der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte. Ihre schriftlichen
Sprachkenntnisse dürften demgegenüber mit Blick auf ihren unzureichenden Schulbesuch eher
Sprachkenntnisse dürften demgegenüber mit Blick auf ihren unzureichenden Schulbesuch eher
rudimentär sein. Gegenteiliges wurde jedenfalls nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Der
Schulbesuch, der nach den bereits oben gemachten Ausführungen ein wesentliches Integrationskriterium
ist, erfolgte nur sehr unregelmäßig und wurde schließlich nach den eigenen Angaben der Klägerin zu 3)
im Alter von ca. 11 Jahren vorzeitig beendet. Dies erfolgte zudem trotz des Umstandes, dass die Eltern der
Klägerin zu 3) wiederholt von verschiedener Seite dazu angehalten wurden, den Schulbesuch ihrer
Kinder sicherzustellen. Als Folge dessen hat die Klägerin zu 3) nicht nur keinen Schulabschluss, sondern
es fehlt ihr auch jegliche Berufsausbildung. Es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, geschweige
denn sind solche vorgetragen, dass die Klägerin zu 3) etwa wegen einer körperlichen, geistigen oder
seelischen Krankheit/Störung oder Behinderung an der Erreichung einer qualifizierten Ausbildung
gehindert gewesen wäre. Soweit das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom
8. November 2007 – 7 B 11014/07.OVG – es offenbar für entscheidungserheblich hält, ob in solchen
Fällen eine „mangelnde intellektuelle Befähigung“ für derartige Umstände ausschlaggebend war, vermag
die Kammer dem nicht zu folgen.
Es versteht sich freilich von selbst, dass im Einzelfall festzustellende Integrationsdefizite einem Ausländer
nicht entgegengehalten werden können, wenn diese ihre Ursache in einer körperlichen, geistigen oder
seelischen Krankheit oder Behinderung haben. Diese Fälle hat im Übrigen auch der Gesetzgeber
gesehen und dieser Problematik durch die Schaffung entsprechender Vergünstigungsregelungen
Rechnung getragen (vgl. z.B. § 9 Abs. 2 Satz 3; § 35 Abs. 4 und § 104a Abs. 1 Satz 5 AufenthG). In ihrer
Eigenschaft als Ausnahmeregelungen sind diese Bestimmungen aber grundsätzlich als abschließend zu
betrachten, da regelmäßig davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber in derartigen Fällen den von der
Vergünstigung ausnahmsweise erfassten Personenkreis abschließend bestimmen wollte. Vor diesem Hin-
tergrund ist es nach Auffassung der Kammer mit Rücksicht auf das Gewaltenteilungsprinzip nicht ohne
weiteres zulässig, geschweige denn aus sonstigen Rechtsgründen geboten, über den gesetzlich
geregelten Rahmen hinaus im Wege richterlicher Rechtsfortbildung weitere Fallgruppen zu bilden, in
denen von der grundsätzlichen Anforderung des Vorliegens bestimmter Integrationsleistungen
abgesehen werden soll (vgl. aber OVG Rh-Pf., a.a.O. und Beschluss vom 07. Oktober 2009 – 7 B
10807/09.OVG –). Auch findet sich in der dem erkennenden Gericht bekannten Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts, Bundesverfassungsgerichts und EGMR keine Entscheidung, aus der sich ein
solcher Rechtssatz unmittelbar herleiten ließe.
Ungeachtet dieser rechtssystematischen Bedenken bleibt in den beiden zitierten Entscheidungen des
Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (a.a.O.) auch offen, anhand welcher Parameter „mangelnde
intellektuelle Befähigung“ oder „mangelndes intellektuelles Vermögen“ außerhalb der oben genannten
Fallgruppen als Prüfungskriterium im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK in tatsächlicher Hinsicht festgestellt
und in rechtlicher Hinsicht gewichtet werden soll. Dabei ist zunächst hervorzuheben, dass es nach den
Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (insbesondere Beschluss vom 7. Oktober
2009 – 7 B 10807/09.OVG –) gerade nicht um die Fälle von Lernschwächen und –behinderungen mit
Krankheitswert geht, sondern um Personen, die körperlich, seelisch und geistig gesund sind und folglich
auch intellektuell grundsätzlich in der Lage sein müssten, zum Beispiel einen einfachen
Bildungsabschluss oder ein einfaches Sprachniveau zu erreichen. Gelingt dies dem Ausländer im
Einzelfall dennoch nicht, so ist es nach allgemeiner Lebenserfahrung naheliegend, dass dies eher am
Fehlen der gebotenen Motivation und Einstellung des Betroffenen und/oder seiner
Erziehungsberechtigten liegt, als an seiner mangelnden intellektuellen Befähigung. Dafür spricht nicht
zuletzt auch die Tatsache, dass selbst Personen, bei denen Lernschwächen und –behinderungen mit
Krankheitswert objektiv festgestellt werden, bei entsprechender Förderung zum Teil in die Lage versetzt
werden, einen Bildungsabschluss zu erlangen. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass es
sich bei diesen Fragen um Umstände aus dem unmittelbaren Lebensbereich des jeweiligen Ausländers
handelt, ist zumindest zu fordern, dass er konkret darlegt und nachweist, welche Gründe ihn außerhalb
der körperlichen, seelischen oder geistigen Krankheiten oder Behinderungen derart beeinträchtigt haben,
dass ihm zum Beispiel die Erreichung eines Schulabschlusses oder das Erlernen der deutschen Sprache
auf einfachem Niveau unmöglich gewesen sein soll (vgl. § 82 Abs. 1 AufenthG). Ergeben sich in dieser
Hinsicht hingegen weder aus den Akten noch aus dem Vorbringen des Ausländers irgendwelche Anhalts-
punkte, so besteht weder für die zuständige Ausländerbehörde noch für die Gerichte eine Veranlassung,
quasi „ins Blaue hinein“ Ermittlungen in dieser Richtung anzustellen. Vielmehr muss der Ausländer sich
sodann die festgestellten Integrationsdefizite zurechnen lassen (a.A. OVG Rh-Pf., a.a.O.). Für eine
Privilegierung ist daher in diesen Fällen grundsätzlich kein Raum.
Letzteres gilt auch für die Klägerin zu 3). Dafür, dass bei ihr eine körperliche, seelische oder geistige
Behinderung oder Krankheit vorläge oder vorgelegen hätte, aufgrund derer sie nicht in der Lage gewesen
wäre, einen Schulabschluss zu erlangen, hat die Klägerin zu 3) nichts vorgetragen. Anhaltspunkte dafür
ergeben sich auch nicht aus den Akten. Allein der Umstand, dass sie eine Sonderschule besucht hat,
reicht dafür mit Blick auf das zuvor Gesagte noch nicht aus, zumal sie diese ebenfalls abgebrochen hat.
Schließlich vermittelte die Klägerin zu 3) auch in der mündlichen Verhandlung nicht den Eindruck, dass
sie unter derartigen Beeinträchtigungen leiden könnte. Sie hat vielmehr eingeräumt, es sei ein Fehler
gewesen, die Schule nicht zu beenden und sie habe sich später auch bemüht, dies nachzuholen. Sie sei
allerdings nicht mehr von einer Schule aufgenommen worden. Ungeachtet dessen, dass die Klägerin zu
3) diese Behauptungen nicht näher spezifiziert und belegt hat, handelt es sich dabei jedenfalls nicht um in
ihrer Person liegende Gründe, die ihr nicht zurechenbar wären. Damit wird offenkundig, dass der
maßgebliche Grund für die mangelnde Schulbildung der Klägerin zu 3) darin seine Ursache hat, dass sie
die Schule weitgehend nicht besucht hat.
Die weitere Folge dieser objektiv festgestellten mangelnden Qualifikation der Klägerin zu 3) ist, dass sie
weder über eine Berufsausbildung noch über einen Arbeitsplatz verfügt. Wie bereits erwähnt, wurde sie im
Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung lediglich zu einer Arbeitsprobe als Küchenhilfe in einem
Restaurant eingeladen. Ob daraus ein festes Arbeitsverhältnis folgt, ist völlig offen geblieben. Auch
bezüglich der Klägerin zu 3) kann daher keine Rede davon sein, dass diese etwa auf dem Arbeitsmarkt in
Deutschland Fuß gefasst und sich während ihres langjährigen Aufenthaltes hier zielgerichtet eine
wirtschaftliche Existenzgrundlage geschaffen hätte, die nunmehr durch die Versagung der
Aufenthaltserlaubnis zunichte gemacht würde.
Was die Wohnverhältnisse der Klägerin zu 3) und die Gründe für den langen Aufenthalt anbelangt, kann
auf die diesbezüglichen Ausführungen betreffend die Kläger zu 1) und 2) Bezug genommen werden.
Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Klägerin zu 3) – anders als ihre Eltern – bisher noch nicht im
Kosovo gelebt hat und von daher gezwungen sein wird, sich in einer für sie völlig neuen Umgebung
zurecht zu finden. Dies ist ihr aber dennoch nicht unzumutbar. Denn neben ihren Kenntnissen der
albanischen Sprache werden ihr die Kläger zu 1) und 2) bei der Eingliederung in die Lebensverhältnisse
im Kosovo behilflich sein. Im Übrigen ist hier – wenn auch mit Blick auf das Alter der Klägerin zu 3) mit
nachgeordnetem Gewicht – zu berücksichtigen, dass minderjährige Kinder grundsätzlich das
aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Dabei ist weiter in den Blick zu nehmen, dass die
Klägerin ein Kind kosovarischer Eltern ist, deren Integration in die deutschen Lebensverhältnisse – wie
vorstehend dargelegt – weitgehend fehlgeschlagen ist. Dies legt die Annahme nahe, dass ihr der
Kulturkreis des Herkunftslandes ihrer Eltern wesentlich geläufiger ist als dies für den Regelfall eines in
Deutschland geborenen und aufgewachsenen Jugendlichen anzunehmen sein dürfte.
Die wirtschaftliche Situation der Klägerin zu 3) wird sich im Kosovo voraussichtlich mit Blick auf die
dortigen wirtschaftlichen Verhältnisse schwierig gestalten. Aufgrund ihrer mangelnden Qualifikation wird
sie zukünftig allenfalls die Chance haben, auf dem dortigen Arbeitsmarkt Hilfstätigkeiten, vergleichbar
denen einer Küchenhilfe, auszuüben. Dies gilt allerdings unabhängig davon, ob sie in Deutschland oder
im Kosovo lebt. Auch in ihrem Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihre Chance, ihren
Lebensunterhalt dauerhaft mit eigener Arbeit zu bestreiten, für sie in Deutschland generell größer wäre als
im Kosovo.
Zusammenfassend ist damit für die Klägerin zu 3) ebenfalls festzuhalten, dass ihr eine Integration in die
deutschen Lebensverhältnisse nur teilweise gelungen ist. Ihre soziale, wirtschaftliche und kulturelle
Verwurzelung in Deutschland ist nicht derart ausgeprägt, dass es ihr unzumutbar wäre, zusammen mit
ihren Eltern und ihren minderjährigen Schwestern die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen.
Dementsprechend muss ihr privates Interesse an einem weiteren Verbleib in Deutschland hinter den oben
dargelegten einwanderungspolitischen Belangen zurücktreten.
Hinsichtlich der minderjährigen Klägerinnen zu 4) und 5) gelten die Überlegungen betreffend die Klägerin
zu 3) entsprechend. Mit Blick auf ihren bisherigen persönlichen und schulischen Werdegang kann von
einer Verwurzelung in die deutschen Lebensverhältnisse auch in ihrem Falle ersichtlich nicht
ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass mit Blick auf das Alter der Klägerinnen zu 4) und 5) der
Grundsatz, dass minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen, in deutlich
stärkerem Maße zum Tragen kommt, als im Falle der kurz vor Vollendung des 18. Lebensjahres
stehenden Klägerin zu 3). Dieser Grundsatz ist Ausfluss des unter anderem von Art. 6 GG geschützten
elterlichen Sorgerechts für ihre minderjährigen Kinder. Dieses Sorgerecht umfasst gemäß § 1626 Abs. 1
BGB unter anderem die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge). Die Personensorge berechtigt
die Eltern gemäß § 1631 Abs. 1 BGB unter anderem dazu, den Aufenthalt des Minderjährigen zu
bestimmen. Dieses umfassende Recht der Eltern schränkt zugleich das Selbstbestimmungsrecht des
Minderjährigen ein. Dieser ist im Grundsatz rechtlich nicht berechtigt, über seinen Aufenthaltsort
selbständig und frei zu bestimmen. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass im Rahmen der hier gebotenen
Interessenabwägung nicht nur die Integration von minderjährigen Kindern isoliert in den Blick zu nehmen
ist, sondern auch der Frage Bedeutung zukommt, in welchem Umfang ihre Eltern in den bundesdeutschen
Lebensverhältnissen verwurzelt sind. Bei dieser familienbezogenen Betrachtungsweise sind auch solche
Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die auf das Verhalten der Eltern zurückzuführen sind. Darüber hinaus
sind bei der beabsichtigten Rückführung minderjähriger Kinder die möglichen Unterstützungsleistungen
ihrer Eltern sowie deren Verbindungen im Heimatland in Rechnung zu stellen. Ferner würde ein allein aus
der Integration von minderjährigen Kindern hergeleitetes Aufenthaltsrecht dazu führen, dass den Eltern
ohne nähere Prüfung ihre Integration unter Bezugnahme auf Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK in der Regel
zumindest Abschiebungsschutz zu gewähren wäre. Dies würde einwanderungspolitische Belange der
Bundesrepublik Deutschland in ganz erheblichem Maße berühren und zu einer einseitigen Gewichtung
der privaten Belange der betroffenen Ausländer führen (Nds. OVG, Urteil vom 29. Januar 2009 – 11 LB
136/07 – m.w.N. aus Rechtsprechung und Literatur). Hiervon ausgehend ist die zwangsweise Durch-
setzung einer bestehenden Ausreisepflicht minderjähriger Kinder im Familienverband ohne Hinzutreten
besonderer Umstände des Einzelfalles nicht von vornherein unverhältnismäßig, nur weil sie nicht vom
Willen der Eltern getragen, sondern hoheitlich veranlasst ist.
Unter Beachtung dieser Grundsätze überwiegen im vorliegenden Fall die oben bereits dargelegten
einwanderungspolitischen Belange das private Interesse der Klägerinnen zu 4) und 5) an einem weiteren
Verbleib in Deutschland.
Dabei sind zugunsten der Klägerinnen zu 4) und 5) ihre deutschen Sprachkenntnisse sowie ihre in
Deutschland gewachsenen sozialen Beziehungen zu werten.
Diese Integrationsleistungen der Klägerinnen zu 4) und 5) sind unter Berücksichtigung der
Gesamtumstände des vorliegenden Einzelfalles jedoch nicht von derart erheblichem Gewicht, dass sie die
Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis als in ihrem Falle im Lichte des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig
erscheinen lassen.
In diesem Zusammenhang ist in die Überlegungen einzubeziehen, dass die Persönlichkeitsentwicklung
bei minderjährigen Kindern noch nicht abgeschlossen ist, was regelmäßig auch eine entsprechend
größere Lern- und Anpassungsfähigkeit als bei einem Erwachsenen mit sich bringt. Davon ist mangels
gegenteiliger Anhaltspunkte auch im Falle der Klägerinnen zu 4) und 5) auszugehen. Hieran anknüpfend
ist daher trotz ihrer bisherigen Sozialisation in Deutschland davon auszugehen, dass sie sich mit
entsprechender Unterstützung ihrer Eltern in deren Herkunftsland nach einer gewissen
Eingewöhnungsphase zurechtfinden werden. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen
zu 4) und 5) in einer kosovarischen Familie aufgewachsen sind, die den Kosovo vor ca. 18 Jahren
verlassen hat, so dass ihnen der kulturelle und sprachliche Hintergrund ihrer Eltern vertraut ist. Ferner ist
unstreitig, dass die Klägerinnen zu 4) und 5) neben der deutschen Sprache auch die albanische Sprache
beherrschen.
Ebenso ist es den Klägerinnen zu 4) und 5) möglich, auch im Kosovo einen Schulabschluss zu erreichen,
sofern sie dies anstreben. Ferner ist es ihnen mit Blick auf ihr geringes Alter ohne weiteres möglich und
zumutbar, im Kosovo einen neuen Freundeskreis aufzubauen.
Dabei verkennt die Kammer bei alldem nicht, dass die Klägerinnen zu 4) und 5) vor allem in der
Anfangsphase ihres Aufenthalts im Kosovo mit Anpassungsschwierigkeiten und Einschränkungen zu
kämpfen haben werden. Dies ist von ihnen indessen hinzunehmen. Es bleibt insoweit nämlich auch zu
berücksichtigen, dass die Ursache für diese voraussichtlich eintretenden Schwierigkeiten durch das oben
bereits näher dargelegte Verhalten ihrer Eltern gesetzt worden ist. Diese sind nämlich ihrer seit dem
rechtskräftigen Abschluss des Asylerstverfahrens bestehenden gesetzlichen Ausreisepflicht nicht
nachgekommen mit der Folge, dass weder in der Person der Eltern noch der minderjährigen Kinder ein
schutzwürdiges Vertrauen auf einen Daueraufenthalt in Deutschland entstehen konnte.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167
VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO.
Von einer Zulassung der Berufung durch das erkennende Gericht gemäß § 124 Abs. 1 und § 124 a Abs. 1
Satz 1 VwGO wird abgesehen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4
VwGO vorliegt.
Rechtsmittelbelehrung
...
gez. Lutz gez. Pluhm gez. Holly
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,-- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der
Beschwerde
angefochten werden.
gez. Lutz gez. Pluhm gez. Holly