Urteil des VG Gießen vom 09.01.2008

VG Gießen: aufschiebende wirkung, hessen, hauptsache, veranstaltung, veranstalter, verschulden, quelle, auflage, staatsvertrag, genehmigung

1
2
3
4
Gericht:
VG Gießen 10.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 G 4285/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 80 Abs 7 VwGO
Abänderungsanspruch bei neuem Glücksspielgesetz ohne
materielle Veränderung der Rechtslage
Tenor
Der Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Abänderung des die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs
ablehnenden Beschlusses des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ist nach § 80
Abs. 7 VwGO zulässig, aber unbegründet.
Nach § 80 Abs. 7 VwGO kann das Gericht Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs.
5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder
Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne
Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Hierbei ist das
Verwaltungsgericht zur Entscheidung berufen, da es Gericht der Hauptsache ist
(vgl. Hess. VGH, Beschl. vom 30.04.1996, 6 Q 1069/96; Kopp/Schenke, VwGO, 14.
Auflage, § 80 Rdnr. 200).
Derartig veränderte Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Es ist –
entscheidungserheblich - weder eine Veränderung der Sachlage oder der
materiellen Rechtslage eingetreten, die im Rahmen einer erforderlichen
Interessenabwägung eine Neubewertung erfordert, welche zur Anordnung der
aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs führt. Zwar ist mit Wirkung vom
01.01.2008 das Hessische Glücksspielgesetz vom 12. Dezember 2007 (GVBl. I S.
835) nebst dem dazugehörigen Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in
Deutschland (GVBl. I S. 841) in Kraft getreten, indes hat sich hierdurch die
materielle Rechtslage nicht verändert. Zwar hat sich durch Inkrafttreten der
vorzitierten Normenwerke zum 01.01.2008 formal die Rechtslage geändert, jedoch
begründet dies nicht einen Anspruch auf Abänderung nach § 80 Abs. 7 VwGO,
denn es fehlt die erforderliche materielle Rechtsänderung. Allein dem "Kind" einen
neuen Namen zu geben, begründet keinen Abänderungsanspruch nach § 80 Abs.
7 VwGO. Die insoweit ab dem 01.01.2008 geltende Neuregelung in §§ 6-11 des
Hessischen Glücksspielgesetzes hinsichtlich der Veranstaltung von Sportwetten,
der Gewinnausschüttung, der Verteilung der Spieleinsätze sowie der
Erforderlichkeit und des Umfangs einer Genehmigung für Vermittlungstätigkeiten
ist inhaltlich und materiell nahezu deckungsgleich mit den Vorschriften in §§ 1-5
des zum 31.12.2007 außer Kraft getretenen Gesetzes über staatliche
Sportwetten, Zahlenlotterien und Zusatzlotterien in Hessen vom 3. November
1998 (GVBl. I Seite 406).
Wie nach alter Rechtslage, so ist auch nach der neuen Rechtslage in § 6 des
Hessischen Glücksspielgesetzes allein das Land Hessen befugt, innerhalb seines
Staatsgebiets Sportwetten zu veranstalten und dürfen nur in den nach § 10 des
Gesetzes zugelassenen Annahmestellen die vom Land Hessen veranstalteten
5
6
Gesetzes zugelassenen Annahmestellen die vom Land Hessen veranstalteten
Sportwetten und Lotterien gewerbsmäßig vermittelt werden. Damit begründet
auch die Neuregelung durch das Hessische Glücksspielgesetz, wie es bereits alter
Rechtslage entsprach, keine Möglichkeit der Veranstaltung von Sportwetten im
Bereich des Landes Hessen durch andere Veranstalter als das Land Hessen oder
die Vermittlung von Sportwetten an außerhessische Veranstalter. Inhaltlich ist mit
der Neuregelung durch das Hessische Glücksspielgesetz keine Änderung der
materiellen Rechtslage im Bereich des Streitgegenstandes eingetreten, auch wenn
sich nach wie vor für die Kammer in der Hauptsache die Frage stellen würde, ob
das Hessische Glücksspielgesetz europarechtskonform ist oder nicht. Dies ist aber
eine Frage, die im Rahmen des Abänderungsantrages nach § 80 Abs. 7 VwGO
nicht entschieden werden kann, zumal die Kammer, ebenso wie das
Verwaltungsgericht Stuttgart, diese Frage in Bezug auf die Rechtslage bis zum
31.12.2007 bereits dem EuGH zur Beantwortung vorgelegt hat.
Fehlt es demnach insgesamt an einer streitgegenständlichen Veränderung der
Sach- oder Rechtslage, muss der Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO ohne Erfolg
bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die
Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.